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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.02.2007
Aktenzeichen: AnwZ (B) 88/05
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO § 42 Abs. 1 | |
BRAO § 223 Abs. 3 |
b) Das gilt auch dann, wenn der Antrag hilfsweise neben dem trotz Erledigung aufrechterhaltenen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Widerrufsbescheid gestellt wird. Die sofortige Beschwerde ist dann ohne Zulassung nur gegen eine Zurückweisung des Hauptantrags statthaft.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 21. Februar 2007
in dem Verfahren
wegen Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Zulassungswiderrufs
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Terno, die Richterin Dr. Otten, die Richter Dr. Ernemann und Dr. Schmidt-Räntsch, den Rechtsanwalt Dr. Wosgien, die Rechtsanwältin Kappelhoff und den Rechtsanwalt Dr. Martini
am 21. Februar 2007
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Bayerischen Anwaltsgerichtshofs vom 16. September 2005 wird als unzulässig verworfen.
Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu ersetzen. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 3.000 €.
Gründe:
I.
Der 1962 geborene Antragsteller wurde am 18. November 1991 zur Rechtsanwaltschaft und am 20. Mai 1999 als Rechtsanwalt bei dem Amtsgericht M. , den Landgerichten M. und M. und dem Oberlandesgericht M. zugelassen. Am 3. Juni 2004 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft mit der Begründung, aufgrund von vier Eintragungen des Antragstellers in das Schuldnerverzeichnis sei zu vermuten, dass dieser in Vermögensverfall geraten sei.
Dagegen hat der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Nach einem Hinweis des Anwaltsgerichtshofs auf die bereits vor Beteiligung des Antragstellers erfolgte Bezahlung des größten Teils der den Eintragungen zugrunde liegenden Forderungen hat die Antragsgegnerin ihren Bescheid am 24. Mai 2005 aufgehoben. Daraufhin hat der Antragsteller seinen Antrag geändert und beantragt nunmehr festzustellen, dass der Widerruf vom 3. Juni 2004 rechtswidrig war. Diesen Antrag hat der Anwaltsgerichtshof als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.
II.
Das eingelegte Rechtsmittel ist nicht statthaft.
1. Seine Statthaftigkeit folgt nicht aus § 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO.
a) Gegenstand des Antrags war zwar zunächst der Widerruf der Zulassung als Rechtsanwalt. Dieser Widerruf ist aber während des Verfahrens aufgehoben worden. Jetzt beantragt der Antragsteller die Feststellung, dass der seinerzeit ausgesprochene Widerruf nicht rechtmäßig war. Ein solcher Fortsetzungsfeststellungsantrag und seine Zurückweisung (als unbegründet oder unzulässig) stehen einem Antrag auf Aufhebung des Widerrufs der Zulassung und seiner Zurückweisung nicht gleich.
b) Ein Fortsetzungsfeststellungsantrag ist in der Bundesrechtsanwaltsordnung als Rechtsinstitut nicht vorgesehen (Senat, Beschl. v. 1. März 1993, AnwZ (B) 29/92, BRAK-Mitt. 1993, 105 f.; v. 29. Mai 2000, AnwZ (B) 33/99, BRAK-Mitt. 2000, 257, 258; Beschl. v. 18. April 2005, AnwZ (B) 28/04). Der Senat lässt solche Anträge in Anlehnung an § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO dennoch in verfassungskonformer Erweiterung des Rechtsschutzsystems der Bundesrechtsanwaltsordnung ausnahmsweise zu, wenn dem Antragsteller anders effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 GG) gegen die Entscheidung, deren Rechtswidrigkeit nachträglich festgestellt werden soll, nicht gewährt werden kann und die beantragte Feststellung eine Rechtsfrage klären hilft, die sich der Rechtsanwaltskammer und dem Rechtsanwalt bei künftigen Gelegenheiten ebenso stellen wird (BGHZ 137, 200, 201 f.; Beschl. v. 1. März 1993, AnwZ (B) 29/92, aaO; Beschl. v. 11. Juli 1994, AnwZ (B) 4/94, NJW 1995, 2105; Beschl. v. 6. November 2000, AnwZ (B) 3/00, NJW 2001, 1572, 1573; Beschl. v. 13. Januar 2003, AnwZ (B) 59/01, NJW 2003, 965, 966). Bei (im vorliegenden Fall allerdings zweifelhaftem) Vorliegen dieser Voraussetzungen wird, das ist dem Antragsteller zuzugeben, die Prüfung der mit dem erledigten Widerrufsbescheid aufgeworfenen Sachfragen ganz oder teilweise fortgesetzt.
c) Das führt aber nicht dazu, dass gegen eine Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs hierüber ohne Zulassung die sofortige Beschwerde an den Bundesgerichtshof gegeben ist (Senat, Beschl. v. 3. März 1997, AnwZ (B) 57/96, BRAK-Mitt. 1997, 128). Die sofortige Beschwerde ist in den in § 42 Abs. 1 BRAO genannten Fällen ohne Zulassung statthaft, weil sie Entscheidungen betreffen, die unmittelbar an die berufliche Existenz des Betroffenen rühren (Beschl. v. 22. Mai 1985, AnwZ (B) 42/84, NJW 1985, 1842, 1843). Diese innere Rechtfertigung mag auch bei anderen, dort nicht genannten qualitativ gleichwertigen Entscheidungen gegeben sein und eine entsprechende Anwendung von § 42 Abs. 1 BRAO erlauben (Senat, Beschl. v. 22. Mai 1985, aaO). Sie fehlt aber bei der Entscheidung über einen Fortsetzungsfeststellungsantrag. Er kommt nämlich nur in Betracht, wenn sich die nach § 42 Abs. 1 BRAO anfechtbare Maßnahme in der Hauptsache erledigt hat (Senat, Beschl. v. 22. Mai 1985, aaO). Es geht dann nicht mehr unmittelbar um die berufliche Existenz des Antragstellers und auch nicht mehr um Einzelheiten seines Falles, sondern allenfalls um die Klärung von eventuell für andere Rechtsfälle bedeutsamen allgemeinen Rechtsfragen. Gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs über solche Fragen soll aber nach der konzeptionellen Grundentscheidung des Gesetzgebers in § 223 Abs. 3 BRAO die sofortige Beschwerde nicht ohne weiteres zulässig sein, sondern nur, wenn der Anwaltsgerichtshof sie zugelassen hat. Das hat der Senat für den Fall eines von vornherein nur gestellten Fortsetzungsfeststellungsantrags entschieden (Beschl. v. 21. Februar 2007, AnwZ (B) 86/06, zur Veröffentlichung bestimmt). Für den hier vorliegenden Fall eines Fortsetzungsfeststellungsantrags nach Eintritt der Erledigung im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof gilt nichts anderes.
2. Die Statthaftigkeit seines Rechtsmittels lässt sich auch nicht aus einem Verfahrensfehler des Anwaltsgerichtshofs ableiten.
a) Der Anwaltsgerichtshof hat den Antragsteller allerdings nach der Aufhebung des angefochtenen Widerrufsbescheids durch die Antragsgegnerin aufgefordert, seinen Antrag zurückzunehmen. Das war fehlerhaft und mag den Antragsteller davon abgehalten haben, die der Verfahrenssituation angemessenen Erklärungen abzugeben. Der Antragsteller hatte aber ohnehin keine Möglichkeit, die ihn interessierende Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Widerrufs eine Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zuzuführen.
b) Der Verfahrenssituation, die durch die Aufhebung ihres Widerrufsbescheids durch die Antragsgegnerin entstanden war, hätte es entsprochen, dass die Beteiligten die Hauptsache für erledigt erklären. Wäre das geschehen, wäre nur noch über die Kosten zu entscheiden gewesen, die nicht dem Antragsteller, sondern der Antragsgegnerin aufzuerlegen gewesen wären, weil der Widerruf von Anfang an nicht gerechtfertigt war. Gegen die Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs hierüber wäre die sofortige Beschwerde nicht gegeben gewesen (Senat, Beschl. v. 7. Dezember 1981, AnwZ (B) 14/81, BRAK-Mitt. 1982, 75; Beschl. v. 3. März 1997, AnwZ (B) 57/96, BRAK-Mitt. 1997, 128; Beschl. v. 19. November 2001, AnwZ (B) 71/00, NJOZ 2002, 771, 772; Beschl. v. 29. September 2003, AnwZ (B) 66/02, NJW 2004, 1173).
c) Der Antragsteller hätte, etwa im Hinblick auf die unterschiedliche Form der Bescheidung bei dem Widerruf einerseits und bei seiner Aufhebung andererseits, auch bei seinem ursprünglichen Sachantrag bleiben und die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufs nur hilfsweise beantragen können. Das hätte ihm aber ebenfalls nicht die Möglichkeit verschafft, die Rechtswidrigkeit der Widerrufsverfügung der Antragsgegnerin einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof zuzuführen. In einem solchen Fall ist der Hauptantrag als unzulässig zu verwerfen, wenn, wie hier, die Erledigung in der Hauptsache tatsächlich eingetreten (Senat, Beschl. v. 1. März 1993, AnwZ (B) 29/92, BRAK-Mitt. 1993, 105; Beschl. v. 14. Juni 1993, AnwZ (B) 16/93, BRAK-Mitt. 1993, 221; Beschl. v. 24. Oktober 1994, AnwZ (B) 21/94, BRAK-Mitt. 1995, 124) und über den Hilfsantrag zu entscheiden ist (Senat, Beschl. v. 13. Januar 2003, AnwZ (B) 59/01, NJW 2003, 965, 966). Gegen die Verwerfung des Hauptantrags als unzulässig wäre dann die sofortige Beschwerde gegeben (Senat, Beschl. v. 24. Oktober 1994, AnwZ (B) 21/94, BRAK-Mitt. 1995, 124; Beschl. v. 13. Januar 2003, AnwZ (B) 59/01, NJW 2003, 965). Zu einer Überprüfung eines hilfsweise gestellten Antrags, die Rechtswidrigkeit der Verfügung festzustellen, kommt es aber nur, wenn der Anwaltsgerichtshof in einem solchen Fall verfahrensfehlerhaft die Erledigung in der Hauptsache feststellt und den Hilfsantrag nicht prüft (Senat, Beschl. v. 13. Januar 2003, AnwZ (B) 59/01, NJW 2003, 965, 966). Hat der Anwaltsgerichtshof aber über beide Anträge entschieden, dann ist die sofortige Beschwerde nur hinsichtlich der Entscheidung über den Hauptantrag nach § 42 Abs. 1 BRAO ohne Zulassung statthaft, hinsichtlich des Hilfsantrags dagegen nur, wenn sie nach § 223 Abs. 3 BRAO zugelassen worden ist. Im Beschwerdeverfahren würde dann nur geprüft, ob Erledigung in der Hauptsache eingetreten ist, nicht aber, ob die erledigte Verfügung rechtswidrig war.
3. Auch aus § 223 Abs. 3 BRAO folgt die Statthaftigkeit der Beschwerde nicht, weil sie der Anwaltsgerichtshof nicht zugelassen hat.
4. Der Senat kann über das unzulässige Rechtsmittel ohne mündliche Verhandlung entscheiden (BGHZ 44, 25).
III.
Bei der Kostenentscheidung hat der Senat im Hinblick auf die fehlerhafte Aufforderung des Anwaltsgerichtshofs zur Rücknahme des Antrags §§ 200 Satz 1 BRAO, 16 Abs. 1 KostO angewendet.
Ende der Entscheidung
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