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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 21.06.1999
Aktenzeichen: AnwZ (B) 88/98
Rechtsgebiete: BRAO, ZPO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 8
BRAO § 42 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 915
ZPO § 901
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ (B) 88/98

vom

21. Juni 1999

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Geiß, die Richter Dr. Fischer, Basdorf und Dr. Ganter, die Rechtsanwälte Dr. Kieserling und Dr. Müller sowie die Rechtsanwältin Dr. Christian am 21. Juni 1999 nach mündlicher Verhandlung

beschlossen:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des 2. Senats des Niedersächsischen Anwaltsgerichtshofs in Celle vom 21. September 1998 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 100.000 DM festgesetzt.

Gründe:

I.

Der 42jährige Antragsteller ist seit 1987 - mit einer fünfmonatigen Unterbrechung wegen Widerrufs infolge Vermögensverfalls in den Jahren 1996/97 - zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Aus dem Amt des Notars wurde er nach knapp dreijähriger Tätigkeit Anfang 1997 auf eigenen Antrag entlassen. Die Zulassung des Antragstellers ist mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 14. April 1998 gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. erneut wegen Vermögensverfalls widerrufen worden. Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3 BRAO). Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO a.F. ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, daß dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.). Der Vermögensverfall wird vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Widerrufsverfügung erfüllt. Im Schuldnerverzeichnis waren drei Haftbefehle nach § 901 ZPO wegen Forderungen in Gesamthöhe von über 15.000 DM (Nr. 15-17 der Forderungsaufstellung in der Widerrufsverfügung und im angefochtenen Beschluß des AGH) gegen den Antragsteller eingetragen. Der damals bestehende, den Widerruf rechtfertigende Vermögensverfall wird ferner belegt durch 15 weitere von Mitte 1997 bis zum Widerruf erfolgte Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Antragsteller wegen Forderungen in unterschiedlicher Höhe, von unter 100 DM bis über 11.000 DM; ferner war der Antragsteller im März 1997 wegen insgesamt dreier Veruntreuungen zu sechs Monaten Freiheitsstrafe mit Bewährung und über 6.000 DM Geldstrafe verurteilt worden.

Daß der Antragsteller seine belastende Vermögenssituation nicht selbst verschuldet hat, steht im Interesse der Rechtsuchenden dem Widerruf der Zulassung nicht entgegen. Dafür, daß deren Interessen durch den Vermögensverfall hier - ausnahmsweise - nicht gefährdet wären, ist nichts ersichtlich.

2. Der Antragsteller hat nicht hinreichend dargetan, daß der Grund für den Widerruf der Zulassung nachträglich zweifelsfrei weggefallen und folglich von dem an sich gerechtfertigten Widerruf abzusehen wäre (vgl. BGHZ 84, 149, 150). Die unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung in der Beschwerdeinstanz vorgelegte Darstellung seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse ist nicht geeignet, eine hinreichende Konsolidierung der Vermögensverhältnisse zu belegen. Zwar hat der Antragsteller die Tilgung einer Mehrzahl der gegen ihn geltend gemachten, in diesem Verfahren zu seinem Nachteil verwerteten Forderungen belegt. Auch sind zwei der drei für die Vermutung des Vermögensverfalls herangezogene Haftbefehle gelöscht (Nr. 16 und Nr. 18 der Forderungsaufstellung). Der dritte Haftbefehl (Nr. 17) besteht hingegen fort, wenngleich der Antragsteller bei einer noch offenen Höhe der Forderung von 11.000 DM auch hier Raten zahlt. Ähnlich ist der Sachstand bei zwei von insgesamt fünf (Nr. 9, 12 und 15 - getilgt) nach Erlaß der Widerrufsverfügung im Schuldnerverzeichnis eingetragenen Haftbefehlen (Nr. 14 und 19). Insbesondere besteht seit Mai 1999 wegen einer Finanzamtsforderung ein weiterer Haftbefehl zur Erzwingung der eidesstattlichen Versicherung gegen den Antragsteller. Insoweit hat er weder zur Höhe noch zur beabsichtigten Erledigung dieser Forderung Hinreichendes vorgetragen. Sein Vortrag zu seiner Einkommenssituation und -entwicklung begründet insgesamt keinen hinreichenden Anhalt für die konkrete Erwartung, er könne hieraus alsbald seine offenen Verbindlichkeiten vollständig tilgen. Bei dieser Sachlage kann von einem zweifelsfreien Wegfall des Widerrufsgrundes, der eine Aufhebung der Widerrufsverfügung rechtfertigen könnte, nicht die Rede sein.

Ende der Entscheidung

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