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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 13.12.2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 91/08
Rechtsgebiete: BRAO, ZPO
Vorschriften:
BRAO § 14 Abs. 2 | |
ZPO § 915 |
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat
durch
den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Tolksdorf,
die Richter Dr. Ernemann und Dr. Schmidt-Räntsch,
die Richterin Roggenbuck,
den Rechtsanwalt Dr. Frey,
die Rechtsanwältin Dr. Hauger und
den Rechtsanwalt Prof. Dr. Stüer
am 13. Dezember 2008
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen vom 14. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
Die Antragstellerin ist seit 1982 im Bezirk der Antragsgegnerin als Rechtsanwalt zugelassen. Mit Bescheid vom 22. August 2007 widerrief die Antragsgegnerin ihre Zulassung wegen Vermögensverfalls. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts B. vom 16. Juli 2007 wurde die Antragstellerin wegen Untreue durch Nichtabführung von Mandantengeldern in zwei Fälle unter Strafvorbehalt verwarnt. Das nahm die Antragsgegnerin zum Anlass, ihren Widerrufsbescheid durch Bescheid vom 26. September 2007 für sofort vollziehbar zu erklären. Die Antragstellerin hat gerichtliche Entscheidung gegen den Widerrufsbescheid und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung beantragt. Der Anwaltsgerichtshof hat die Anträge auf gerichtliche Entscheidung und auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Hauptsacheantrags zurückgewiesen. Gegen die Zurückweisung beider Anträge richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Der Senat entscheidet vorab über die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung des Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung.
Diese ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihres Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 16 Abs. 6 Satz 6 BRAO durch den Anwaltsgerichtshof ist zwar unzulässig, weil eine Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs über die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 16 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 i.V.m. § 42 Abs. 1 BRAO unanfechtbar ist (Senat, Beschl. v. 20. Oktober 2004, AnwZ (B) 67/04, unveröff.). Sie ist aber in einen nach § 42 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 2 BRAO zulässigen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Anwaltsgerichtshofs in der Hauptsache umzudeuten (vgl. Senat, Beschl. v. 20. Oktober 2004 aaO). Dieser Antrag ist unbegründet.
2.
Die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids darf - als Ausnahmefall - nur angeordnet werden, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse zu einer schon vor Bestandskraft der Widerrufsverfügung notwendigen Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist. Voraussetzung für eine solche Anordnung ist die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Widerrufsbescheid Bestandskraft erlangen wird. Des Weiteren ist zu verlangen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abkehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege geboten ist (BVerfGE 48, 292, 296 ; BGH, Beschl. v. 16. Juli 2001, AnwZ (B) 61/00, BRAK-Mitt. 2002, 36 f.;v. 9. Mai 2003, AnwZ (B) 21/03, NJW-RR 2003, 1642, 1643; v. 20. Oktober 2004, AnwZ (B) 67/04; v. 1. September 2008, AnwZ (B) 92/07, [...]).
3.
Im Zeitpunkt der Anordnung der sofortigen Vollziehung lagen diese Voraussetzungen vor. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
a)
Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Widerrufsbescheid Bestandskraft erlangen wird.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Widerrufsbescheid rechtzeitig eingelegt worden ist. Denn jedenfalls spricht nach der derzeitigen Aktenlage alles dafür, dass das Rechtsmittel unbegründet ist und der Widerrufsbescheid damit Bestandskraft erlangen wird.
aa)
Ein Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Das war bei Erlass des Widerrufsbescheids der Fall. Zu diesem Zeitpunkt war die Antragstellerin mit drei Haftbefehlen zur Erzwingung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Schuldnerverzeichnis des Amtsgerichts B. eingetragen.
bb)
Für einen nachträglichen Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nichts ersichtlich. Vielmehr gilt nach wie vor die Vermutung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Die Antragstellerin ist nämlich inzwischen mit insgesamt 14 Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Ihre Verbindlichkeiten haben sich von 34.275,86 EUR bei Erlass des Widerrufsbescheids auf derzeit 101.358,60 EUR erhöht.
b)
Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege geboten. Ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug besteht dann, wenn Fremdgelder bei dem Rechtsanwalt konkret gefährdet sind. Davon muss ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt in jüngerer Zeit wegen Veruntreuung verurteilt wurde (Senat, Beschl. v. 22. Oktober 2001, AnwZ (B) 41/01, BGH-Report 2002, 132; Beschl. v. 1. September 2008, AnwZ (B) 92/07, [...]). Das ist hier der Fall. Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts B. vom 16. Juli 2007 ist die Antragstellerin wegen Untreue durch Nichtabführung von Mandantengeldern in zwei Fällen unter Strafvorbehalt verwarnt worden. Das niedrige Strafmaß ist für die Beurteilung, ob eine konkrete Gefahr für die Rechtsuchenden besteht, ohne Bedeutung. Aus dem im Berufungsverfahren bestätigten Urteil der 29. Zivilkammer des Landgerichts K. vom 13. Juli 2006 ergibt sich ferner, dass die Antragstellerin einem früheren Mandanten nach Kündigung des Mandatverhältnisses im Frühjahr 2005 von zu treuen Händen überlassenen Geldbeträgen von insgesamt 144.344,20 EUR auch einen Teilbetrag von 7.000 EUR vorenthalten hat, den sie nach ihrer eigenen Abrechnung zurückzuzahlen hatte. Die konkrete Gefährdung von Fremdgeldern besteht fort. Dafür spricht auch, dass die Antragstellerin ihre hohen Schulden bislang nicht zurückgeführt hat, obwohl ihr nach ihren Angaben ein Finanzdienstleister, allerdings gegen monatliche Zahlungen von 850 EUR, einen Betrag von 75.000 EUR zugesagt hat, und dass ihr selbst bei dessen vollständigen Einsatz weiterhin etwa 20.000 EUR Schulden blieben, deren Rückführung durch die Antragstellerin nicht erkennbar ist.
Ende der Entscheidung
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