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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 01.09.2008
Aktenzeichen: AnwZ (B) 92/07
Rechtsgebiete: BRAO, ZPO
Vorschriften:
BRAO § 42 Abs. 5 Satz 2 | |
BRAO § 16 Abs. 5 | |
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 | |
ZPO § 915 |
BUNDESGERICHTSHOF
BESCHLUSS
vom 1. September 2008
in dem Verfahren
wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter Dr. Ganter, die Richter Dr. Ernemann, Dr. Schmidt-Räntsch und Schaal sowie die Rechtsanwältin Kappelhoff und die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich und Prof. Dr. Stüer ohne mündliche Verhandlung
am 1. September 2008
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der sofortigen Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Bayerischen Anwaltsgerichtshofes vom 9. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wurde 1974 erstmals zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Die Antragsgegnerin widerrief die Zulassung mit Bescheid vom 16. Februar 2007 nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls.
Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers. Mit Bescheid vom 2. Juli 2008 hat die Antragsgegnerin gemäß § 16 Abs. 6 Satz 2 BRAO die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids vom 16. Februar 2007 angeordnet. Der Antragsteller hat mit dem an den Bayerischen Anwaltsgerichtshof gerichteten Schriftsatz vom 22. Juli 2008, welcher formlos an den Senat weitergeleitet wurde, die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner sofortigen Beschwerde beantragt.
II.
Der Antrag ist gemäß § 42 Abs. 5 Satz 2 i.V. mit § 16 Abs. 5 BRAO zulässig; er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
1. Die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids darf - als Ausnahmefall - nur angeordnet werden, wenn sie im überwiegenden öffentlichen Interesse zu einer schon vor Bestandskraft der Widerrufsverfügung notwendigen Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist. Erste Voraussetzung für eine solche Anordnung ist die hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Widerrufsbescheid Bestandskraft erlangen wird. Desweiteren ist zu verlangen, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abkehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege geboten ist (BVerfGE 48, 292, 296; BGH, Beschl. v. 16. Juli 2001 - AnwZ (B) 61/00, BRAK-Mitt. 2002, 26 f.; v. 9. Mai 2003 - AnwZ (B) 21/03, NJW-RR 2003, 1642, 1643; Beschl. v. 20. Oktober 2004 - AnwZ (B) 67/04).
2. Im Zeitpunkt der Anordnung der sofortigen Vollziehung lagen diese Voraussetzungen vor. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
a) Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Widerrufsverfügung Bestandskraft erlangen wird.
aa) Ein Vermögensverfall wird nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO vermutet, wenn der Rechtsanwalt in dem vom Vollstreckungsgericht zu führenden Schuldnerverzeichnis (§ 915 ZPO) eingetragen ist. Das war im Zeitpunkt der Widerrufsverfügung der Fall.
bb) Für einen nachträglichen Wegfall des Widerrufsgrundes, der im gerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), ist nichts ersichtlich. Vielmehr gilt nach wie vor die Vermutung nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO. Mit Beschluss vom 14. September 2007 hat das Amtsgericht A. nämlich die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen mangels Masse abgelehnt. Der Antragsteller hat zudem am 27. Mai 2008 erneut die eidesstattliche Versicherung abgegeben (AG A. , Az. 1 M ).
b) Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war im überwiegenden öffentlichen Interesse zur Abwehr konkreter Gefahren für die Rechtsuchenden oder die Rechtspflege geboten. Ein überwiegendes öffentliches Interesse am Sofortvollzug besteht dann, wenn Fremdgelder bei dem Rechtsanwalt konkret gefährdet sind. Davon muss ausgegangen werden, wenn der Rechtsanwalt in jüngerer zeit wegen Veruntreuung verurteilt wurde oder kein Anderkonto unterhält (BGH, Beschl. v. 22. Oktober 2001 - AnwZ (B) 41/01, BGHR 2002, 32). Das Amtsgericht A. hat den Antragsteller wegen Untreue in mehreren Fällen rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt. Dass der Antragsteller gegen dieses Urteil Rechtsmittel eingelegt hat, ist für die Beurteilung, ob eine konkrete Gefahr für die Rechtsuchenden besteht, ohne Bedeutung. Der Antragsteller hat selbst eingeräumt, dass er wegen Kontopfändungen zeitweise bei ihm eingegangene Fremdgelder nicht unverzüglich weiterleiten konnte. Die konkrete Gefährdung von Fremdgeldern besteht fort. Dafür spricht bereits, dass der Antragsteller kein Anderkonto unterhält, vielmehr werden sämtliche Geldgeschäfte über das Konto seiner Ehefrau abgewickelt.
Ende der Entscheidung
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