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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 18.02.2005
Aktenzeichen: AnwZ 3/03
(1)
Rechtsgebiete: BRAO
Vorschriften:
BRAO §§ 164 bis 170 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 18. Februar 2005
in dem Verfahren
wegen Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof
Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch, den Richter Basdorf, die Richterin Dr. Otten, den Richter Dr. Frellesen, die Rechtsanwälte Prof. Dr. Salditt und Dr. Wüllrich sowie die Rechtsanwältin Kappelhoff
am 18. Februar 2005
beschlossen:
Tenor:
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen und dem Antragsgegner die ihm entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.
Der Geschäftswert wird auf 25.000 € festgesetzt.
Gründe:
A.
Der Antragsteller ist als Rechtsanwalt beim Landgericht K. und seit dem 1. Juli 2002 auch als Rechtsanwalt beim Oberlandesgericht D. zugelassen. Seinen ursprünglich gestellten Antrag auf Simultanzulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof lehnte der Antragsgegner ab. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Senat mit Beschluß vom 14. Juli 2003 (AnwZ 1/02, nicht veröffentlicht) zurückgewiesen, nachdem das Bundesverfassungsgericht mit Beschluß vom 31. Oktober 2002 (BVerfGE 106, 216) die Verfassungsbeschwerde gegen den - in einem Parallelverfahren ergangenen - Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 4. März 2002 (BGHZ 150, 70) nicht zur Entscheidung angenommen hatte.
Mit Schreiben vom 2. September 2003 beantragte der Antragsteller sodann, unter Aufgabe seiner bisherigen Zulassung beim Oberlandesgericht D. außerhalb des Verfahrens nach §§ 164 ff. BRAO als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof zugelassen zu werden. Der Antragsgegner lehnte auch diesen Antrag mit Bescheid vom 4. November 2003 ab. Dagegen richtet sich der Antrag auf gerichtliche Entscheidung. Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
B.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem der Antragsteller sein Begehren auf Singularzulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof weiterverfolgt, ist zulässig (§§ 162, 163, 170, 21 Abs. 2, §§ 37, 39 BRAO). Er hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I.
Der Antragsteller erfüllt nicht die förmlichen Voraussetzungen, von denen nach §§ 164 ff. BRAO die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof abhängig ist. Nach § 170 Abs. 1 in Verbindung mit § 164 BRAO kann das Bundesministerium der Justiz nur solche Bewerber als Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof zulassen, die ihm durch den Wahlausschluß für Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof benannt worden sind. Eine solche Benennung des Antragstellers durch den Wahlausschuß ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt. Der Antragsteller begehrt, außerhalb des Wahlverfahrens nach §§ 164 ff. BRAO als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof zugelassen zu werden.
Das Bundesministerium der Justiz kann Bewerber nicht unabhängig von deren Benennung durch den Wahlausschuß als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof zulassen. Soweit § 170 BRAO dem Bundesministerium der Justiz bei der Entscheidung über die Zulassung ein Ermessen bzw. Prüfungsrecht einräumt, bezieht sich dieses nur auf die fachliche und persönliche Eignung des zu ernennenden Bewerbers aus dem Kreis der vom Wahlausschuß benannten Bewerber (vgl. Feuerich/Weyland, BRAO, 6. Aufl., § 170 Rdnr. 5). Dem Bundesministerium der Justiz wird damit nicht die Befugnis eingeräumt, Bewerber außerhalb des Wahlverfahrens nach §§ 164 ff. BRAO zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof zuzulassen.
II.
Der Antragsteller meint, ihm sei außerhalb des in §§ 164 ff. BRAO vorgesehenen Verfahrens die Singularzulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof zu erteilen, weil das in den §§ 164 bis 170 BRAO geregelte Verfahren, das die Aufnahme des Bewerbers in Vorschlagslisten, dessen Wahl durch den Wahlausschuß und die abschließende Auswahl durch das Bundesministerium der Justiz vorsieht, mit Art. 12 Abs. 1, Art. 3, Art. 20 Abs. 3 GG nicht vereinbar sei. Damit hat der Antragsteller keinen Erfolg. Die Bestimmungen in §§ 164 bis 170 BRAO über das Auswahlverfahren für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof sind nicht verfassungswidrig.
1. Durch § 170 Abs. 1 in Verbindung mit § 164 BRAO wird in die Berufsfreiheit des Rechtsanwalts (Art. 12 Abs. 1 GG) eingegriffen. Als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof kann nur zugelassen werden, wer das in §§ 164 ff. BRAO vorgesehene Wahlverfahren durchlaufen hat. Diese Einschränkung der Berufsfreiheit des Rechtsanwalts betrifft nicht die Berufswahl, sondern sie enthält nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Senats nur eine Berufsausübungsregelung, mag sie auch Elemente enthalten, die einer Beschränkung der Berufswahl nahekommen (BVerfG, Beschluß vom 24. März 1982, 1 BvR 278/75, nicht veröffentlicht, unter B I 1; BGH, Beschlüsse vom 14. Mai 1975 - AnwZ 7/75, 10. Mai 1978 - AnwZ 11/78 und 23. Juni 1980 - AnwZ 2/80, jeweils nicht veröffentlicht; ferner BGH, Beschluß vom 28. Februar 1983 - AnwZ 37/82, BRAK-Mitt. 1983, 135, 136 unter II 2 b).
Das Verfahren nach §§ 164 ff. BRAO schränkt nicht die Freiheit ein, den Beruf des Rechtsanwalts zu wählen, sondern setzt lediglich der Ausübung dieses Berufs mit Bezug auf einen speziellen Bereich der einem Rechtsanwalt eröffneten Tätigkeiten Grenzen. Um eine Einschränkung des Grundrechts auf freie Berufswahl handelt es sich hierbei nicht, weil die Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof kein eigenständiges Berufsbild begründet. Zwar trifft der Rechtsanwalt, der als bei dem Bundesgerichtshof zugelassener Rechtsanwalt tätig wird, eine grundlegende und auf Dauer ausgerichtete Entscheidung, eine - in beruflicher Hinsicht - "Lebensentscheidung" (vgl. BVerfGE 33, 125, 161 zum Facharzt). Nach seiner Zulassung muß er seine bisherigen Mandate aufgeben. Er ist darauf angewiesen, neue Mandanten zu gewinnen, die ihn mit der Vertretung in Revisionen oder Beschwerden in Zivilsachen betrauen, und muß auch eine bisherige Sozietät aufgeben (§ 172 a BRAO). Zudem ist seine Postulationsfähigkeit auf das Auftreten vor dem Bundesgerichtshof, den anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes, dem gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe und dem Bundesverfassungsgericht beschränkt (§ 172 BRAO). Auch benötigt der als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof zugelassene Anwalt spezielles Fachwissen für das Revisions- und Beschwerdeverfahren.
Diese Besonderheiten der Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof rechtfertigen es aber nicht, die Entscheidung, sich dieser Tätigkeit zu widmen, einer Berufswahl gleichzusetzen und die in §§ 164 ff. BRAO geregelten Zulassungsvoraussetzungen nach den Maßstäben für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von Einschränkungen der Berufswahlfreiheit zu beurteilen. Da die Zulassungsbeschränkungen für die Vertretung in zivilrechtlichen Revisions- und Beschwerdeverfahren nur einen Teil der anwaltlichen Berufsausübung betreffen und da dieser Teil infolge Einschränkung des Revisionszugangs - vor der Reform des Revisionsrechts: § 554 b ZPO a.F.; seit Einführung der Zulassungsrevision: §§ 543, 544 ZPO, § 26 Nr. 8 und 9 EGZPO - seinerseits begrenzt ist, können die Zulassungsbeschränkungen nach §§ 164 ff. BRAO, wie das Bundesverfassungsgericht ausgeführt hat, nicht den gleichen strengen Anforderungen unterliegen wie in den Fällen, in denen qualifizierten Bewerbern der Zugang zu einem Beruf aufgrund von Bedürfnisprüfungen schlechthin versperrt wird (Beschluß vom 24. März 1982, aaO unter B I 1).
Auch nach den Gesetzesmaterialien liegt den Zulassungsbeschränkungen in §§ 164 ff. BRAO kein eigenständiges Berufsbild des Rechtsanwalts bei dem Bundesgerichtshof zugrunde. Die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof ist nicht als originäre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ausgestaltet, sondern als bloßer Zulassungswechsel innerhalb der - als Einheit verstandenen - Rechtsanwaltschaft (BT-Drucks. 3/120, S. 110 zu § 178). Die besondere Stellung der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof ist (nur) durch ihren Wirkungskreis bedingt; diese bleibt aber "ein Teil der gesamten Anwaltschaft" (BT-Drucks. 3/120, S. 110 zu § 176).
2. Gesetzliche Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung sind nur dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie - unter Beachtung des Gebotes der Verhältnismäßigkeit - durch hinreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sind (BVerfGE 106, 216, 219 im Anschluß an BVerfGE 93, 362, 369 und BVerfGE 103, 1, 10). Diesen Anforderungen genügt das in §§ 164 ff. BRAO geregelte Auswahlverfahren für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof. Es gibt jedem Bewerber eine faire Chance, entsprechend seiner Eignung berücksichtigt zu werden (vgl. BVerfG, Beschluß vom 3. August 2004, 1 BvR 135/00, noch nicht veröffentlicht, Rdnr. 27).
a) Gründe des Gemeinwohls, die eine Einschränkung der anwaltlichen Berufsausübungsfreiheit hinsichtlich der Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof rechtfertigen, liegen vor. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 24. März 1982 ausgeführt, daß angesichts der für die anwaltliche Berufsausübung verbleibenden vielfältigen Möglichkeiten weder Rechtsanwälte unverhältnismäßig beeinträchtigt werden, noch im übrigen die durch Art. 12 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen der gesetzgeberischen Regelungsbefugnis überschritten werden, wenn der Gesetzgeber für einen speziellen Teil der anwaltlichen Tätigkeit aus schwerwiegenden Gemeinschaftsbelangen (Sicherung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit der Rechtsanwaltschaft beim Bundesgerichtshof als eines wichtigen Organs der Rechtspflege) Berufsausübungsbeschränkungen als unerläßlich betrachtet (aaO unter B I 1).
Diese Erwägungen haben weiterhin Gültigkeit. Die Besonderheiten des zivilrechtlichen Revisionsrechts stellen hohe Anforderungen an den bei dem Bundesgerichtshof tätigen Rechtsanwalt. Sie rechtfertigen es, nur solche Bewerber als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof zuzulassen, die für diese Tätigkeit besonders qualifiziert sind (Senatsbeschluß vom 28. Februar 1983, aaO S. 136 unter II 2 b aa). Auch in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Gebots der Singularzulassung der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (§ 171 BRAO) hat das Bundesverfassungsgericht das überkommene Gemeinwohlinteresse an einer Stärkung der Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft als legitim anerkannt (BVerfGE 106, 216, 220).
b) Die gesetzliche Ausgestaltung des Auswahlverfahrens genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Mit den Bestimmungen in §§ 164 ff. BRAO wird nicht nur das Gemeinwohlinteresse an der Gewinnung besonders qualifizierter Bewerber für die Tätigkeit als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof gewahrt, sondern auch der Anspruch der Bewerber auf chancengleichen Zugang zu dieser Tätigkeit.
aa) Die Bundesrechtsanwaltsordnung schreibt für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof ein dreistufiges Verfahren vor.
Die Entscheidung darüber, welche Bewerber dem Wahlausschluß vorgeschlagen werden, obliegt den Rechtsanwaltskammern (§ 166 Abs. 2 BRAO) nach Maßgabe der in § 166 Abs. 3 BRAO geregelten Zulassungsvoraussetzungen und der persönlichen und fachlichen Eignung der Bewerber (BT-Drucks. 3/120, S. 110 f. zu § 180 a.E.; BGH, Beschluß vom 28. Februar 1983, aa0 S. 136 unter II 2 b aa). Das Vorschlagsrecht der Bundesrechtsanwaltskammer auf der Grundlage der Vorschläge der Rechtsanwaltskammern gewährleistet eine flächendeckende Einbeziehung aller geeigneten Bewerber und bietet Bewerbern aus allen Rechtsanwaltskammerbezirken die Chance, an der Wahl teilzunehmen. Die Vorstände der Rechtsanwaltskammern beurteilen die Eignung eines Bewerbers aufgrund ihrer Erfahrungen hinsichtlich dessen bisheriger anwaltlicher Tätigkeit (vgl. BGH, Beschluß vom 28. Februar 1983, aaO). Die Bundesrechtsanwaltskammer vergleicht darüber hinaus die Bewerber aus den verschiedenen Rechtsanwaltskammerbezirken miteinander. Die Rechtsanwaltskammer bei dem Bundesgerichtshof schließlich bringt die besondere Sachkunde der bei dem Bundesgerichtshof bereits zugelassenen Rechtsanwälte ein, ohne daß deren Interessen bei dem Vorschlagsrecht oder im Wahlausschuß ein Übergewicht erlangen können (BVerfG, Beschluß vom 24. März 1982, aaO unter B II 1).
Die anschließende Entscheidung darüber, welche Bewerber dem Bundesministerium der Justiz benannt werden, fällt in einer Wahl, der ebenfalls eine Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung des Bewerbers zugrunde liegt (§ 167 Abs. 1 BRAO). Im Wahlausschuß (§ 165 Abs. 1 BRAO) wirken außer den wahlberechtigten Rechtsanwälten der Präsident und die Vorsitzenden Richter der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs mit, die insbesondere die aus der richterlichen Sicht zu stellenden Anforderungen an einen zivilrechtlichen Revisionsanwalt zur Geltung bringen.
Auch die abschließende Entscheidung des Bundesministeriums der Justiz darüber, welche Bewerber aus dem Kreis der vom Wahlausschuß benannten zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof zugelassen werden, ist kein Formalakt, sondern beruht nochmals auf einer selbständigen Prüfung, welche der vom Wahlausschuß benannten Bewerber für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof am besten geeignet sind (Feuerich/Weyland, aaO, § 170 Rdnr. 5).
Dieses - auf allen drei Stufen dem Prinzip der Bestenauslese verpflichtete - Auswahlverfahren nach §§ 164 ff. BRAO ist geeignet und erforderlich, um das legitime Gemeinwohlinteresse an einer Stärkung der Rechtspflege durch eine leistungsfähige und in Revisionssachen besonders qualifizierte Anwaltschaft zu verfolgen. Sachgerechte Verfahrensalternativen für die Auswahl der am besten qualifizierten Bewerber sind zwar vorstellbar, begründen aber nicht die Verfassungswidrigkeit der gegenwärtigen Regelung.
bb) Es begegnet insbesondere keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, daß der Entscheidung des Bundesministeriums der Justiz über die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof eine Wahl vorausgeht. In einem demokratischen Rechtssystem kann nicht zweifelhaft sein, daß Personalentscheidungen auf der Grundlage von Wahlen getroffen werden dürfen (BVerfG, Beschluß vom 24. März 1982, aaO unter B I 3). Das Grundgesetz sieht für die Ernennung von Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern ein Wahlverfahren ausdrücklich vor (vgl. Art. 94 Abs. 1, 95 Abs. 2, 98 Abs. 4 GG). Das Wahlverfahren nach der Bundesrechtsanwaltsordnung entspricht weitgehend dem Verfahren zur Richterwahl nach dem Richterwahlgesetz. Der Richterwahlausschuß hat als Vorbild für den Wahlausschuß für Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof gedient (BT-Drucks. 3/120, S. 110 zu § 178).
Die Vorschriften über die Zusammensetzung des Wahlausschusses und über dessen Verfahren in §§ 165 ff. BRAO verstoßen ebenfalls nicht gegen Grundrechte des Bewerbers. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 24. März 1982 ausgeführt, daß das in § 165 Abs. 1 BRAO vorgesehene Zusammenwirken aller Kräfte, die ein berechtigtes Interesse an der Auswahl haben, Sachverstand und Objektivität bei der Auswahl am ehesten gewährleiste und auch hinlänglich geeignet erscheine, unterschiedliche Motivationen auszugleichen (aaO unter B I 3). Im übrigen lasse die gesetzliche Regelung eine gerichtliche Überprüfung durch den Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs zu, ob in einem konkreten Wahlverfahren der Grundsatz der Wahl- und Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt worden sei (aaO).
Auch diese Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts, denen die ständige Rechtsprechung des Senats zur - nach der Natur der Sache begrenzten - gerichtlichen Überprüfung der im Auswahlverfahren getroffenen Entscheidungen entspricht (Senatsbeschluß vom 28. Februar 1983, aaO unter II 1 und 2 m.Nachw.), sind weiterhin gültig. Entgegen der Auffassung des Antragstellers verstößt es nicht gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG, daß die Eignungsanforderungen für die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof und die Kriterien für die Auswahl unter mehreren geeigneten Bewerbern vom Gesetzgeber nicht im einzelnen geregelt worden sind. Eine gesetzliche Normierung der Eignungskriterien ist erforderlich, wenn es um den Zugang zu einem Beruf geht (vgl. BVerfGE 33, 125, 163 und 75, 295). Die Bestimmungen über die Zulassung als Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof stellen jedoch, wie dargelegt, nur eine Berufsausübungsregelung dar (BVerfG, Beschluß vom 24. März 1982, aaO unter B I 1). Unter diesen Umständen reicht es aus, daß die gesetzlichen Vorschriften Sachverstand und Objektivität im Auswahlverfahren durch das Zusammenwirken aller Kräfte, die ein berechtigtes Interesse an der Auswahl haben, gewährleisten (BVerfG, aaO unter B I 3).
c) Auch die nicht auf die Eignung des Bewerbers, sondern auf den objektiven Bedarf abstellende Regelung in § 168 Abs. 2 BRAO, nach welcher der Wahlausschuß aus den Vorschlagslisten die doppelte Anzahl von Rechtsanwälten benennt, die er für die Zulassung bei dem Bundesgerichtshof für angemessen hält, ist nicht verfassungswidrig.
aa) Die Vorschrift des § 168 Abs. 2 BRAO verstößt nicht gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot (Art. 20 Abs. 3 GG). Zwar hat der Gesetzgeber dem mit der Bedarfsprüfung beauftragten Wahlausschuß in § 168 Abs. 2 BRAO keine Vorgaben zur Bestimmung der Anzahl zuzulassender Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof gemacht, sondern hierfür den unbestimmten Rechtsbegriff "angemessen" verwandt. Der Umstand, daß das Gesetz keine Kriterien für die Bemessung der Neuzulassungen vorsieht, wird aber dadurch ausgeglichen, daß über die Anzahl der Neuzulassungen der sachkundig und gemischt zusammengesetzte Wahlausschuß (§ 165 Abs. 1 BRAO) entscheidet, dessen Zusammensetzung sicherstellt, daß partikulare Motivationen und Interessen nicht zu Lasten der Objektivität der Auswahlentscheidung gehen (BVerfG, Beschluß vom 24. März 1982, aaO unter B I 1).
bb) Ob die konkreten Entscheidungen des Wahlausschusses über die jeweils erforderlichen Neuzulassungen zu Bedenken Anlaß geben könnten, unterliegt gerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerfG, aaO unter B I 1), ist im vorliegenden Verfahren aber nicht zu prüfen, weil der Antragsteller nur die gesetzliche Regelung selbst angreift, nicht aber eine bestimmte Wahl und die dieser Wahl vorausgegangene Beschlußfassung über die Zahl der Neuzulassungen. Es geht hier nur um die grundsätzliche Frage, ob eine Beschränkung der Anzahl der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte, wie sie in § 168 Abs. 2 BRAO geregelt ist, in verfassungsrechtlicher Hinsicht überhaupt zulässig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat dies in seiner Entscheidung vom 24. März 1982 bejaht, indem es die Regelung in § 168 Abs. 2 BRAO erörtert und gebilligt hat (aaO unter B I 1). Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts rechtfertigt keine andere Beurteilung.
aaa) Die Bestimmung in § 168 Abs. 2 BRAO räumt dem Wahlausschluß einen Beurteilungsspielraum bei der Bestimmung der angemessenen Zahl der bei dem Bundesgerichtshof zuzulassenden Rechtsanwälte ein. Deren Anzahl hat sich - ebenso wie bei der Bedarfsprüfung für die Bestellung eines Notars (§ 4 BNotO) - nach den Erfordernissen einer geordneten Rechtspflege zu richten. Bezugspunkt für die Bemessung der Neuzulassungen ist dementsprechend der Geschäftsanfall bei den Zivilsenaten des Bundesgerichtshofs. Im Hinblick darauf hat der Wahlausschuß bei der ihm obliegenden Bedarfsprüfung das Bedürfnis nach einer angemessenen Versorgung der Rechtsuchenden, die Wahrung einer geordneten Altersstruktur der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof und das Vorhandensein ausreichender Betätigungsmöglichkeiten für die bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Anwälte zu berücksichtigen (vgl. Bundesministerium der Justiz, Vorschläge zur Neuregelung des Rechts der Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof, Bericht der Kommission, 1998, S. 35). Diese Kriterien - auch das zuletzt genannte - sind weiterhin sachgerecht, um das Gemeinwohlinteresse an einer leistungsfähigen und in Revisionssachen besonders qualifizierten Anwaltschaft (BVerfGE 106, 216, 220) zu verfolgen und auch in Zukunft besonders qualifizierte Bewerber als Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof zu gewinnen (Kommissionsbericht, S. 33).
bbb) In seiner Entscheidung vom 31. Oktober 2002 (BVerfGE 106, 216) hat das Bundesverfassungsgericht das Festhalten an einer eigenständigen Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof erneut gebilligt. Es hat das Gebot der Singularzulassung der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (§ 171 BRAO) als weiterhin mit dem Verfassungsrecht, insbesondere Art. 12 Abs. 1 GG, vereinbar angesehen (aaO, 222 f.). Zwar folgt daraus nicht ohne weiteres die Zulässigkeit einer zahlenmäßigen Beschränkung der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte, wie sie § 168 Abs. 2 BRAO vorsieht. Beide Regelungen hängen aber insofern sachlich eng zusammen, als das Gebot der Singularzulassung eine zahlenmäßige Beschränkung der ausschließlich bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwaltschaft geradezu fordert. Ohne eine Bedarfsregelung (§ 168 Abs. 2 BRAO) wäre das Institut einer besonderen Rechtsanwaltschaft, die ausschließlich bei dem Bundesgerichtshof zugelassen ist (§ 171 BRAO) und im wesentlichen auch nur vor diesem Gericht auftreten kann (§ 172 BRAO), nicht aufrechtzuerhalten. Die vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß angesehene Einheit von berufsrechtlicher Lokalisation (§§ 171, 18 BRAO), eingeschränkter Postulationsfähigkeit (§ 172 BRAO) und Kanzleisitz (§ 27 BRAO) der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof (aaO, 223) setzt die fortbestehende Zulässigkeit der Bedarfsprüfung nach § 168 Abs. 2 BRAO voraus.
Der enge sachliche Zusammenhang der Regelungen in § 168 Abs. 2 BRAO einerseits und §§ 171, 172 (sowie § 172 a) BRAO andererseits ergibt sich daraus, daß dem Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof die - allein ihm obliegenden - Beschränkungen seiner Berufsausübungsfreiheit in §§ 171 ff. BRAO im Interesse der Rechtspflege nur auferlegt werden können, wenn dem im wesentlichen auf die Bearbeitung zivilrechtlicher Revisionsverfahren beschränkten Rechtsanwalt bei dem Bundesgerichtshof ein ausreichendes Betätigungsfeld offensteht, das ihm auch in wirtschaftlicher Hinsicht eine berufliche Existenz ermöglicht. Gerade besonders gute und qualifizierte Rechtsanwälte sind für eine ausschließliche Tätigkeit bei dem Bundesgerichtshof, die von ihnen die Aufgabe ihrer bisherigen Sozietäten und ihrer bisherigen Mandate verlangt, nur zu gewinnen, wenn ihnen bei dem Bundesgerichtshof eine ausfüllende Beschäftigung mit ausreichendem wirtschaftlichen Ertrag geboten wird (Kommissionsbericht, S. 33).
ccc) Die vom Bundesverfassungsgericht (aaO, 222 f.) aufgeworfene Frage nach den Auswirkungen der Reform des Zivilprozesses, insbesondere der Einführung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 ZPO n.F. auf das Revisionsverfahren, ist gegenwärtig dahin zu beantworten, daß das Gebot der Singularzulassung nach § 171 BRAO - und damit auch die Bedarfsprüfung nach § 168 Abs. 2 BRAO - weiterhin sachlich gerechtfertigt sind.
Die Änderung des Revisionsrechts hat nicht zu einer derartigen Veränderung der Geschäftsbelastung der Zivilsenate des Bundesgerichtshofs geführt, daß im Hinblick auf das Interesse der Rechtspflege eine Öffnung der Tätigkeit der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof für eine unbegrenzte Anzahl von Rechtsanwälten vertretbar oder gar geboten erscheinen ließe. Hinzu kommt, daß selbst eine Steigerung der Rechtsmitteleingänge bei dem Bundesgerichtshof aufgrund der mit der Reform des Zivilprozesses neu eingeführten Rechtsmittel - Nichtzulassungsbeschwerde und Rechtsbeschwerde - nicht ohne weiteres zu einer Steigerung des wirtschaftlichen Ertrags der Rechtsanwälte bei dem Bundesgerichtshof führen würde. Denn aufgrund der streitwertunabhängigen Statthaftigkeit von zugelassenen Revisionen sowie von Rechtsbeschwerden und - vorbehaltlich einer Gesetzesänderung - ab 1. Januar 2007 (§ 26 Nr. 8 EGZPO) auch von Nichtzulassungsbeschwerden sowie aufgrund des Umstands, daß Revisionen - anders als nach früherem Recht - sowie Nichtzulassungsbeschwerden und Rechtsbeschwerden auch gegen Rechtsmittelentscheidungen des Landgerichts mit vergleichsweise niedrigem Streitwert statthaft sind, zeichnet sich jetzt bereits ab, daß sich die wirtschaftliche Situation der bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte durch die Reform des Zivilprozeßrechts jedenfalls nicht verbessert hat und deshalb - im Interesse der Rechtspflege an einer leistungsfähigen und in Revisionssachen besonders qualifizierten Anwaltschaft (BVerfGE 106, 216, 220) - ein Wegfall der Beschränkung des Zugangs zur Rechtsanwaltschaft bei dem Bundesgerichtshof nicht sachgerecht wäre.
Ende der Entscheidung
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