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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.09.2005
Aktenzeichen: AnwZ(B) 64/04
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ(B) 64/04

vom 26. September 2005

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Präsidenten des Bundesgerichtshofs Prof. Dr. Hirsch den Richter am Bundesgerichtshof Basdorf, die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Otten und den Richter am Bundesgerichtshof Dr. Frellesen sowie die Rechtsanwälte Dr. Wüllrich, Dr. Frey und die Rechtsanwältin Dr. Hauger nach mündlicher Verhandlung

am 26. September 2005

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des I. Senats des Anwaltsgerichtshofs Berlin vom 15. April 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten

Der Geschäftswert für das Verfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der 1937 geborene Antragsteller ist seit 1980 Mitglied der Rechtsanwaltskammer B. . Durch Bescheid vom 14. April 2003 hat die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO wegen Vermögensverfalls widerrufen. Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 BRAO), bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind.

1. Ein Vermögensverfall wird nach dieser Vorschrift vermutet, wenn der Rechtsanwalt in das vom Insolvenzgericht (§ 26 Abs. 2 InsO) oder vom Vollstreckungsgericht (§ 915 ZPO) zu führende Verzeichnis eingetragen ist. Im Übrigen liegt ein Vermögensverfall vor, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, geraten und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen Diese Voraussetzungen waren bei Erlass der Widerrufsverfügung erfüllt.

Der Antragsteller war zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung mit zwei Haftbefehlen - Forderungen der B. Wasserbetriebe und einer Frau B. - im Schuldnerverzeichnis eingetragen, so dass die Vermutung des Vermögensverfalls eingreift. Der Antragsteller hat die Berechtigung dieser Forderungen nicht bestritten und weitere Verbindlichkeiten eingeräumt, allerdings auf erhebliches, wenn auch hoch belastetes Grundvermögen in W. und auf weiteres Grundvermögen in der ehemaligen DDR verwiesen. Nach eigenen Angaben ist dieses Vermögen, über das Rechtsstreitigkeiten anhängig sind, jedoch nicht ohne weiteres verfügbar. Näherer Aufklärung bedarf es insoweit nicht, weil der Antragsteller selbst nicht bestreitet, zur Zeit nicht in der Lage zu sein, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse sei erst nach Klärung der Rechtsstreitigkeiten zu erwarten.

2. Der Vermögensverfall ist auch nicht nachträglich weggefallen. Der Antragsteller ist nunmehr mit fünf Haftbefehlen im Schuldnerverzeichnis eingetragen und hat die eidesstattliche Versicherung abgegeben.

3. Der Rechtsanwalt ist der Auffassung, dass unabhängig von der Beurteilung seiner Vermögensverhältnisse eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht gegeben sei, weil er nur in eigenen Angelegenheiten tätig werde.

a) Der Vermögensverfall indiziert die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden, weil der Rechtsanwalt die für Mandanten bestimmten Gelder regelmäßig nicht wirksam vor dem Zugriff der Gläubiger schützen kann. Nur wenn nach den Umständen, in denen sich der Rechtsanwalt befindet, ein Zugriff auf Mandantengelder fern liegt, kann ein Ausnahmefall angenommen werden. Ein solcher Ausnahmefall, bei dem auch eine abstrakte Gefährdung der Rechtsuchenden kaum denkbar ist, liegt nicht schon dann vor, wenn der Rechtsanwalt zukünftig nur noch in eigenen oder Familienangelegenheiten tätig werden will (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2000 - AnwZ(B)13/99). Eine solche Selbstbeschränkung ist nicht kontrollierbar und kann jederzeit aufgegeben werden (vgl. auch Senatsbeschlüsse vom 18. Oktober 2004 - AnwZ(B) 70/03, BRAK-Mitt. 2005, 27; vom 12. Januar 2004 - AnwZ(B) 17/03; vom 14. Juli 2003 - AnwZ(B) 61/02).

b) Dies gilt auch für den vorliegenden Fall.

Auch wenn der Antragsteller glaubhaft gemacht hat, dass er schon seit Jahren nur noch in eigenen Sachen tätig wird, kann er diese Selbstbeschränkung jederzeit aufgeben, ohne dass die Antragsgegnerin dies auch nur erfährt. Eine wirksame Kontrolle oder Sicherungsmaßnahmen, mit denen eine Gefährdung reduziert werden kann, sind nicht möglich (vgl. Senatsbeschluss vom 18. April 2005 - AnwZ(B) 38/04). Unter diesen Umständen kann auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die in der Widerrufsverfügung und in dem angefochtenen Beschluss aufgeführten Verbindlichkeiten mit Mandatsverhältnissen nicht im Zusammenhang stehen und der Antragsteller sich bisher nichts hat zu schulden kommen lassen, eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden nicht ausgeschlossen werden.

Der Geschäftswert für das Verfahren war in der für Fälle der vorliegenden Art üblichen Höhe - und damit abweichend vom Anwaltsgerichtshof - festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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