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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.09.2007
Aktenzeichen: AnwZ(B) 78/06
Rechtsgebiete: BRAO


Vorschriften:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

AnwZ(B) 78/06

vom 17. September 2007

in dem Verfahren

wegen Widerrufs der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft

Der Bundesgerichtshof, Senat für Anwaltssachen, hat durch den Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof Terno, die Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann, Dr. Schmidt-Räntsch und Schaal sowie Rechtsanwalt Dr. Wüllrich, Rechtsanwältin Dr. Hauger und Rechtsanwalt Prof. Dr. Stüer nach mündlicher Verhandlung am 17. September 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des 1. Senats des Anwaltsgerichtshofs Rheinland-Pfalz vom 23. Juni 2006 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen und der Antragsgegnerin die ihr im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Auslagen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller wurde am 10. März 1987 zur Rechtsanwaltschaft und als Rechtsanwalt bei dem Amts- und Landgericht K. zugelassen. Seit dem 17. Juni 2000 ist er Fachanwalt für Strafrecht. Am 8. Juli 2004 wurde gegen den Antragsteller Ersatzzwangshaft für zehn Tage angeordnet, weil er gegen ihn verhängte Zwangsgelder in Höhe von 3.500 € zur Erzwingung der Abgabe der Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 nicht aufbrachte. In dem daraufhin eingeleiteten Widerrufsverfahren teilte das Versorgungswerk der Rechtsanwälte mit, dass sich die Beitragsrückstände für die Jahre 1994 bis 2004 des Antragstellers auf 40.207,50 € beliefen. Dazu nahm der Antragsteller nicht Stellung. Am 4. Februar 2005 widerrief die Antragsgegnerin die Zulassung des Antragstellers zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO.

Der Anwaltsgerichtshof hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner sofortigen Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 42 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BRAO), hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Ein Vermögensverfall ist gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte finanzielle Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außer Stande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen; Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere die Erwirkung von Schuldtiteln und Vollstreckungsmaßnahmen gegen ihn (st. Rspr.; vgl. Senat, Beschl. v. 25. März 1991, AnwZ(B) 73/90, BRAK-Mitt. 1991, 102; Beschl. v. 21. November 1994, AnwZ(B) 40/94, BRAK-Mitt. 1995, 126).

2. Diese Voraussetzungen lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids durch die Antragsgegnerin vor. Zu diesem Zeitpunkt unterhielt der Antragsteller keine eigenen Kanzleikonten. Er war nicht in der Lage, seine Beiträge an das Rechtsanwaltsversorgungswerk der Antragsgegnerin zu zahlen. Das führte zu Rückständen von seinerzeit 40.207,50 €. Seine finanzielle Lage war so beengt, dass er nicht in der Lage war, ein Zwangsgeld von 3.500 € zu zahlen, und dass gegen ihn Ersatzzwangshaft angeordnet werden musste. Mit der Verhängung des Zwangsgeldes hatte das Finanzamt versucht, den Antragsteller zu bewegen, Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2000 und 2001 abzugeben. Aus diesem Umstand ergibt sich, dass der Antragsteller schon seit längerem keinen Überblick mehr über seine Vermögensverhältnisse hat und dass diese schon seit längerem nicht mehr geordnet waren. Dies hat der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof auch selbst eingeräumt.

Anhaltspunkte dafür, dass ungeachtet des Vermögensverfalls die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet waren, lagen bei Erlass des Widerrufsbescheids nicht vor. Der Vermögensverfall führt regelmäßig zu einer derartigen Gefährdung, insbesondere im Hinblick auf den Umgang des Rechtsanwalts mit Fremdgeldern und den möglichen Zugriff seiner Gläubiger auf solche Gelder.

2. Ein nachträglicher Wegfall des Widerrufsgrundes, der im anwaltsgerichtlichen Verfahren zu berücksichtigen wäre (BGHZ 75, 356; 84, 149), liegt nicht vor.

a) Die Rückstände des Antragstellers bei dem Versorgungswerk sind nicht zurückgeführt worden, sondern im Gegenteil auf 54.000 € angestiegen. Wegen geringfügiger Forderungen der F. Versicherung AG und der B. Beamtenkasse sowie wegen der Abonnementrechnung der F. Zeitung sind gegen den Antragsteller Vollstreckungsbescheide ergangen. Diese Forderungen will der Antragsteller zwar beglichen haben. Nachweise hierüber hat er aber nicht vorgelegt, obwohl ihm der Anwaltsgerichtshof entsprechende Auflagen erteilt und Gelegenheit hierzu gegeben hat.

b) Im Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof hat sich zudem ergeben, dass der Antragsteller bei dem Finanzamt Steuerrückstände in Höhe von etwa 77.000 € hat. Wegen dieser Rückstände ist gegen den Antragsteller am 7. Juli 2005 Haftbefehl zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung erlassen worden. Das hat zur Folge, dass der Vermögensverfall bei dem Antragsteller jetzt auch gesetzlich vermutet wird. Diese Vermutung ist zwar widerleglich. Dazu hätte der Antragsteller aber seine Vermögensverhältnisse umfassend darlegen müssen. Das ist trotz entsprechender Ankündigungen weder vor dem Anwaltsgerichtshof noch vor dem erkennenden Senat geschehen.

c) Anhaltspunkte dafür, dass die Vermögensverhältnisse des Antragstellers zwischenzeitlich wieder geordnet wären, bestehen nicht. Sie ergeben sich auch nicht aus dem Hinweis des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vor dem Anwaltsgerichtshof, seine Vermögensverhältnisse seien durch die Trennung von seiner früheren Sozietät im Januar 2002 durcheinander geraten. Die Steuerrückstände ergäben sich daraus, dass ihm Auskünfte aus seiner früheren Sozietät gefehlt hätten und er deshalb von dem Finanzamt zu Höchstbeiträgen veranlagt worden sei. Die aufgelaufenen Rückstände ergeben sich aber aus den Steuerjahren 2000 und 2001. Auch ist nicht ersichtlich, weshalb der Antragsteller durch die fehlenden Auskünfte seiner früheren Sozietät daran gehindert gewesen sein könnte, Unterlagen für die Jahre 2002, 2003 und 2004 vorzulegen und die Beiträge an das Versorgungswerk zu leisten. Dass der Antragsteller selbst im anwaltsgerichtlichen Verfahren nicht einmal ansatzweise zu seinen Vermögensverhältnisse vorgetragen und nicht einmal Belege für die behaupteten Zahlungen vorgelegt hat, belegt vielmehr, dass der Antragsteller nach wie vor keinen Überblick über seine Vermögensverhältnisse hat und dass diese weiterhin nicht geordnet sind.

d) Angesichts der deutlich prekärer gewordenen Lage des Antragstellers ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die Interessen der Rechtsuchenden nicht mehr gefährdet wären.

Ende der Entscheidung

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