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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 19.02.2009
Aktenzeichen: BLw 14/08
Rechtsgebiete: HöfeVfO, LwVG


Vorschriften:

HöfeVfO § 11 Abs. 1
LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat

am 19. Februar 2009

durch

den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und

die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub -

gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG

ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter -

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 16. Juni 2008 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1, die der Beteiligten zu 2 auch die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu ersetzen hat, als unzulässig verworfen.

Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 112.097,28 EUR.

Gründe:

I.

Die Beteiligte zu 1 ist die eheliche Tochter und Erbin des am 11. Dezember 2006 verstorbenen früheren Landwirts Wilhelm H. (Erblasser). Die Beteiligte zu 2 ist seine nichteheliche Tochter.

Die Beteiligten streiten darüber, ob der im Grundbuch von J. Blatt 572 mit einem Hofvermerk eingetragene Grundbesitz beim Tod des Erblassers noch ein Hof im Sinne der Höfeordnung war.

Das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - hat dem auf die Feststellung, dass die Besitzung am 11. Dezember 2006 kein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen ist, gerichteten Antrag der Beteiligten zu 2 stattgegeben. Das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie die Feststellung beantragt hat, dass die Besitzung im Zeitpunkt des Todes des Erblassers ein Hof im Sinne der Höfeordnung gewesen ist, zurückgewiesen.

Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 ihren Antrag weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht statthaft. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat (§ 24 Abs. 1 LwVG) und ein Fall von § 24 Abs. 2 Nr. 2 LwVG nicht vorliegt, wäre sie nur unter den Voraussetzungen der Divergenzrechtsbeschwerde nach § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG zulässig. Daran fehlt es jedoch.

1.

Eine Divergenz in diesem Sinne liegt nur vor, wenn das Beschwerdegericht in einem seine Entscheidung tragenden Grund einem abstrakten Rechtssatz (Obersatz) gefolgt ist, der von einem in der Vergleichsentscheidung benannten Rechtssatz abweicht (Senat, BGHZ 89, 149, 151) . Diese Abweichung ist von der Rechtsbeschwerde aufzuzeigen; ein Hinweis auf Unterschiede in einzelnen Elementen der Begründung der miteinander verglichenen Entscheidungen reicht für die Statthaftigkeit der Abweichungsrechtsbeschwerde ebenso wenig aus wie ein Hinweis auf eine möglicherweise fehlerhafte Rechtsanwendung im Einzelfall (st.Rspr., vgl. schon Senat , Beschl. v. 1. Juni 1977, V BLw 1/77, AgrarR 1977, 327, 328; Beschl. v. 19. Februar 2004, BLw 24/03, NL-BzAR 2004, 192, 193).

2.

Diesen Anforderungen wird die Rechtsbeschwerde nicht gerecht.

a)

Soweit sie eine Abweichung von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Januar 1965 (V ZR 213/62, RdL 1965, 74, 75) und von dem Beschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 4. Februar 1988 (AgrarR 1988, 196, 197) geltend macht, fehlt es daran.

aa)

Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung zwar den Rechtssatz aufgestellt, dass das Landwirtschaftsgericht bei einer im Rahmen seiner Zuständigkeit zu treffenden Entscheidung auch über bürgerlichrechtliche Vorfragen befinden muss. Aber das Beschwerdegericht hat seiner Entscheidung keinen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt. Es hat vielmehr die bürgerlichrechtliche Vorfrage, ob Erb- oder Pflichtteilsansprüche der Beteiligten zu 2 bestehen, geprüft. Letztlich entscheiden musste es diese Frage bei der Beurteilung der Zulässigkeit des Feststellungsantrags jedoch nicht, zumal es hierüber nicht mit Rechtskraftwirkung hätte entscheiden können.

bb)

Das Oberlandesgericht Hamm hat in der genannten Entscheidung keinen abstrakten Rechtssatz aufgestellt, sondern - entsprechend der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs - eine bürgerlichrechtliche Vorfrage entschieden.

b)

Der angefochtene Beschluss weicht - entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde - auch nicht von den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 1. Dezember 1952 (BGHZ 8, 183, 186 ), 9. Februar 1998 (II ZB 15/97, NJW 1998, 1870) und 11. September 2003 (IX ZB 37/03, NJW 2003, 3558) sowie von der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 8. Februar 1995 (NJW-RR 1995, 846, 847) ab. Ihnen liegt jeweils der abstrakte Rechtssatz zugrunde, dass eine Behauptung glaubhaft gemacht ist, wenn für ihre Richtigkeit eine überwiegende bzw. ernstliche Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit besteht. Davon ist das Beschwerdegericht nicht abgewichen. Es hat sich nicht mit einem geringeren Überzeugungsgrad bei der Glaubhaftmachung von tatsächlichen Behauptungen zufrieden gegeben, sondern bei der Beurteilung des rechtlichen Interesses. Mit dessen nach § 11 Abs. 1 HöfeVfO notwendigen Glaubhaftmachung hat sich das Beschwerdegericht nicht auseinandergesetzt. Entweder hat es dieses Tatbestandsmerkmal übersehen; das wäre zwar rechtsfehlerhaft, führte aber nicht zur Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde. Oder es hat - was nahe liegt - Erwägungen zur Glaubhaftmachung für überflüssig erachtet. Ein rechtliches Interesses ist nämlich glaubhaft gemacht, wenn die Tatsachen, die es begründen, glaubhaft gemacht sind (OLG Frankfurt am Main aaO); insoweit gibt es jedoch keine streitigen Behauptungen, welche die Beteiligte zu 2 hätte glaubhaft machen müssen.

c)

Eine Divergenz zu den Entscheidungen des Senats vom 28. April 1995 (BLw 73/94 - 75/95 -, AgrarR 1995, 235, 237), des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 27. September 2005 (AuR 2006, 143, 144, 146) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 13. Dezember 2005 (AuR 2006, 243, 245) besteht ebenfalls nicht. Es fehlt schon an dem von der Rechtsbeschwerde in den angefochtenen Beschluss hineingelesenen Rechtssatz, dass es für die Wiederaufnahme der Bewirtschaftung des Hofes nicht auf spätere Planungen ankomme, sondern dass die Reaktivierung des Hofes wegen des hierfür erforderlichen enormen finanziellen Aufwands unwahrscheinlich sei. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung nämlich auf die Planungen der Beteiligten zu 1 gestützt, sie jedoch für nicht hinreichend zeitlich rückwirkend und für nicht ernsthaft gehalten. Der Hinweis auf die Stellungnahme der Landwirtschaftskammer, die eine Reaktivierung des Hofes aus wirtschaftlichen Gründen für unwahrscheinlich hält, hat dem Beschwerdegericht ersichtlich nur zur Verstärkung seiner Erwägungen gedient.

III.

Die Kostentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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