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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.10.1999
Aktenzeichen: BLw 17/99
Rechtsgebiete: LwAnpG
Vorschriften:
LwAnpG § 44 Abs. 1 |
a) Bei der Berechnung von Abfindungsansprüchen nach § 44 Abs. 1 LwAnpG ist eingebrachtes Bodenreformland zugunsten eines Erben des Landeinbringers zu berücksichtigen, wenn der Erbe zuteilungsfähig war. Daß es ihm - förmlich - zugeteilt worden ist, ist nicht Voraussetzung.
b) Hat ein an sich zuteilungsfähiger Erbe die Übernahme des Bodens abgelehnt, so findet das Grundstück bei der Berechnung der Abfindungsansprüche keine Berücksichtigung.
BGH, Beschl. v. 26. Oktober 1999 - BLw 17/99 - OLG Naumburg AG Magdeburg
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
26. Oktober 1999
in der Landwirtschaftssache
betreffend die Zahlung einer Abfindung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 26. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Dr. Vogt und Prof. Dr. Krüger sowie die ehrenamtlichen Richter Kreye und Dahm
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Senats für Landwirtschaftssachen des Oberlandesgerichts Naumburg vom 9. Juni 1999 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Eltern des Antragstellers traten 1955 in die LPG "B. " G. G. ein. Der Vater brachte dabei eine landwirtschaftliche Nutzfläche von rund 7,3 ha ein, bei der es sich um Bodenreformland handelte. Die LPG schloß sich später mit anderen Genossenschaften zu einer kooperativen Abteilung zusammen, von der sich - nach weiteren Zusammenschlüssen - im Jahre 1976 die LPG (P) Bo. abspaltete. Zu dieser LPG traten die Eltern des Antragstellers über.
1982 verstarb der Vater und wurde von seiner Ehefrau, dem Antragsteller und einem Bruder zu je 1/3 beerbt. Mitte 1990 erhielt die Mutter den seinerzeit geleisteten Pflichtinventarbeitrag zurück sowie einen Betrag für Wertschöpfung aus Arbeit.
Am 8. Januar 1991 beschloß die Vollversammlung die Umwandlung der LPG (P) Bo. in die Antragsgegnerin; eingetragen wurde die Umwandlung am 29. November 1991. Zwischenzeitlich, am 5. April 1991, war die Mutter gestorben und wurde von dem Antragsteller beerbt.
Der Antragsteller ist der Auffassung, daß ihm als Erbe seiner Mutter wegen der Überlassung des Bodenreformlandes ein Abfindungsanspruch nach §§ 51 a, 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG zustehe. Er hat im Wege des Stufenantrags Auskunft und Zahlung des sich daraus ergebenden Betrages verlangt. Das Landwirtschaftsgericht hat durch Teilbeschluß dem Auskunftsantrag stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Abweisungsantrag weiter. Der Antragsteller beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.
II.
Die - zulässige - Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Die Rechtsbeschwerde zieht nicht in Zweifel, daß dem Antragsteller grundsätzlich als Erbe seiner Mutter ein Anspruch nach §§ 51 a Abs. 1, 44 Abs. 1 Nr. 2 LwAnpG zustehen kann, da die Mutter als Mitglied mit ihrem Tod am 5. April 1991 aus der damals noch bestehenden LPG (P) Bo. ausgeschieden ist. Die Ausführungen des Beschwerdegerichts dazu sind rechtlich auch nicht zu beanstanden. Die Folge ist, daß der geltend gemachte Auskunftsanspruch bestehen kann.
2. Zutreffend - und von der Rechtsbeschwerde ebenfalls nicht angegriffen - geht das Beschwerdegericht ferner davon aus, daß die Einbringung eines Bodenreformgrundstücks bei der Berechnung der Abfindungsansprüche nach § 44 LwAnpG zu berücksichtigen ist (vgl. Senat, Beschl. v. 8. Dezember 1995, BLw 32/95, ZIP 1996, 525). Die Rechtsbeschwerde wendet sich allerdings dagegen, daß das Beschwerdegericht das vom Vater des Antragstellers eingebrachte Bodenreformland für berücksichtigungsfähig hält, obwohl dieses Land nach dessen Tod der Mutter des Antragstellers nicht zugewiesen wurde. Diese Rechtsauffassung ist jedoch grundsätzlich nicht zu beanstanden.
a) Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 17. Dezember 1998 im einzelnen dargelegt, daß das Bodenreformland vererblich war (V ZR 200/97, NJW 1999, 1470, vorgesehen für BGHZ). Es fiel folglich mit dem Tode des Eigentümers - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nicht automatisch in den Bodenfonds zurück. Das kraft erbrechtlicher Nachfolge erworbene Eigentum unterlag allerdings öffentlich-rechtlichen Beschränkungen. Es vermittelte keine gesicherte Rechtsposition. Der Erbe konnte das Eigentum an dem Bodenreformland nur behalten, wenn er zu dem zuteilungsfähigen Personenkreis gehörte, wenn er also LPG-Mitglied oder Arbeiter in der Land-, Forst- oder Nahrungsgüterwirtschaft war (§§ 1, 4 Abs. 1 der Verordnung über die Durchführung des Besitzwechsels bei Bodenreformgrundstücken vom 7. August 1975, GBl DDR I S. 629 [BesitzwechselVO]). Bei mehreren Erben mußten sich die Miterben auf einen von ihnen, der die Voraussetzungen erfüllte, einigen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BesitzwechselVO). Nur unter diesen Voraussetzungen konnte das Bodenreformland dem Rechtsnachfolger zugeteilt werden, anderenfalls war es durch Verwaltungsakt in den Bodenfonds zurückzuführen (§ 4 Abs. 3 BesitzwechselVO).
b) Angesichts dieser Regelungen kann nicht schon die formelle, durch Erbschaft erlangte Eigentümerstellung für die Frage entscheidend sein, ob ein Bodenreformgrundstück bei der Bemessung der Abfindung eines ausgeschiedenen Mitglieds zu berücksichtigen ist. Maßgeblich ist vielmehr grundsätzlich die Zuweisung unter den Voraussetzungen der Besitzwechselverordnung. Andererseits kann es aber auch nicht darauf ankommen, ob ein Bodenreformgrundstück dem Erben, der die Voraussetzungen erfüllte, tatsächlich zugeteilt worden ist oder ob es, wenn eine Zuteilung nicht in Betracht kam, in den Bodenfonds zurückgeführt wurde. Denn die mögliche Übertragung an einen Erben ist in der Praxis in vielen Fällen - wie auch hier - ebenso unterblieben wie die Rückführung in den Bodenfonds (vgl. BGH, Urt. v. 17. Dezember 1998, V ZR 200/97, NJW 1999, 1470, 1472). Es gäbe in diesen Fällen dann keinen Anknüpfungspunkt für die zu entscheidende Frage. Richtig ist es daher - wie es das Beschwerdegericht angenommen hat -, darauf abzustellen, ob der Erbe zuteilungsfähig war oder ob das Grundstück in den Bodenfonds hätte zurückgegeben werden müssen. Da die Mutter des Antragstellers zuteilungsfähig war, kommt man - grundsätzlich - zu einer Berücksichtigung des Bodenreformlandes im Rahmen der Abfindung nach § 44 LwAnpG.
3. Mit Erfolg macht die Rechtsbeschwerde hingegen geltend, daß das Beschwerdegericht ihren unter Beweis gestellten Sachvortrag unberücksichtigt gelassen hat, daß sich die Mutter des Antragstellers geweigert habe, das Bodenreformland zu übernehmen. Eine Zuteilung an den Erben, der an sich die Voraussetzungen der Zuteilung erfüllte, unterblieb nämlich, wenn dieser zur Übernahme des Bodenreformgrundstücks nicht bereit war. Das Beschwerdegericht hat dies verkannt, wenn es sich mit dem Vorbringen der Antragsgegnerin nur unter dem Gesichtspunkt eines endgültigen Verzichts auf das Grundstück auseinandergesetzt hat. Ein Verzicht war nicht Voraussetzung dafür, daß eine Zuteilung an den Erben ausschied. Dazu genügte schon die Ablehnung einer Übernahme, da unter diesen Umständen nicht gewährleistet war, daß er das Grundstück zweckentsprechend nutzen werde (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BesitzwechselVO).
Ende der Entscheidung
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