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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.04.2002
Aktenzeichen: BLw 2/02
Rechtsgebiete: GrdstVG
Vorschriften:
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
26. April 2002
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 26. April 2002 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Wenzel und die Richter Prof. Dr. Krüger und Dr. Lemke sowie die ehrenamtlichen Richter Siebers und Gose
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den undatierten, auf mündliche Verhandlung vom 4. Dezember 2001 ergangenen Beschluß des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen.
Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 215.000 €
Gründe:
I.
Mit notariellem Vertrag vom 5. Oktober 2000 verkaufte der Beteiligte zu 1, der einen Schweinemastbetrieb unterhält, dem Beteiligten zu 2 die im Grundbuch von H. , Blatt 355, verzeichnete Fläche der Gemarkung H. , Flur 46, Flurstück 32, zum Preis von 420.000 DM. Der Beteiligte zu 2 ist kein Landwirt. Mit Vertrag vom 8. Juni 2000/Nachtrag vom 16. Juli 2000 hatte daher der Beteiligte zu 1 die anschließend verkaufte Fläche für die Dauer von zehn Jahren, davon die ersten fünf Jahre pachtfrei, zurückgepachtet, um sie wie bisher bewirtschaften zu können. Der Beteiligte zu 2 bot dem Beteiligten zu 1 ferner eine Verlängerung der Pachtzeit nach deren Ablauf um weitere zehn Jahre zu ortsüblichem Pachtzins an.
Im Rahmen des eingeleiteten Genehmigungsverfahrens zeigte der Landwirt H. W. , der in etwa 7 km Entfernung einen Vollerwerbsbetrieb mit rund 42 ha Eigenland und 27 ha Pachtland bewirtschaftet, Interesse an einem Erwerb der Fläche an.
Aufgrund dessen übte die Beteiligte zu 3 mit Bescheid vom 4. Januar 2001 das Vorkaufsrecht nach dem Reichssiedlungsgesetz zugunsten von H. W. aus. Gegen diesen Bescheid haben die Beteiligten zu 1 und 2 Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt mit dem Antrag, den Grundstückskaufvertrag zwischen ihnen zu genehmigen und die Unwirksamkeit der Vorkaufsrechtsausübung festzustellen.
Das Landwirtschaftsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen. Mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgen sie den Antrag auf Genehmigung des Grundstückskaufvertrages weiter.
II.
Das Beschwerdegericht hält den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG für gegeben. Die Veräußerung der Fläche an den Beteiligten zu 2 habe nachteilige Auswirkungen auf die Agrarstruktur, da der Landwirt W. an dem Erwerb der Fläche ein dringendes Interesse habe. Der Umstand, daß die verkaufte Fläche an den Beteiligten zu 1 für zehn Jahre rückverpachtet sei, stehe dem nicht entgegen, da der Erwerb zukunftsorientiert sei und langfristig der Sicherung des Betriebes diene.
III.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG kann die Genehmigung einer Grundstücksveräußerung gemäß § 2 GrdstVG versagt werden, wenn dies eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens zur Folge hätte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats liegt dieser Versagungsgrund vor, wenn ein landwirtschaftlich genutztes Grundstück an einen Nichtlandwirt veräußert wird, obwohl ein Landwirt die Fläche zur Aufstockung seines Betriebs dringend benötigt und bereit und in der Lage ist, das Land zu den Bedingungen des Kaufvertrages zu erwerben (BGHZ 75, 81, 83 f; 94, 292, 294 f; 112, 86, 88). Diese Voraussetzungen hat das Beschwerdegericht im konkreten Fall zu Recht bejaht.
a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde steht der Umstand, daß H. W. im Jahre 1988 12 ha seines Landes an die Gemeinde H. verkauft hat, der Annahme eines Aufstockungsbedarfs nicht entgegen. Der Verkauf an die Gemeinde beruhte darauf, daß die Fläche als Gewerbegebiet ausgewiesen worden war. Daß H. W. sie an sich weiter benötigte, zeigt sich an seinen jahrelangen - wenngleich erfolglosen - Bemühungen um Tauschflächen. Zu Recht hat das Beschwerdegericht diesen Bedarf auch dadurch als gesteigert angesehen, daß W. zwischenzeitlich seinen Viehbestand noch aufgestockt hat. Dazu bedurfte es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde keiner näheren Feststellungen zu der zeitlichen Abfolge und zu dem Verhältnis von Viehbestand und Grundstücksbestand. Denn der Grundstücksbestand ist nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts im wesentlichen gleich geblieben, da die verkauften Flächen durch Anpachtungen ausgeglichen werden konnten. Eine Aufstockung des Viehbestandes unterstreicht daher in jedem Fall das Bestreben von W. , seinen Betrieb weiter zu vergrößern, um sich auf dem Markt behaupten und entwickeln zu können. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht hieraus gefolgert hat, daß der von W. angestrebte Erwerb der Verbesserung der Agrarstruktur dient und daß angesichts dessen eine Veräußerung an einen Nichtlandwirt zu einer ungesunden Bodenverteilung im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG führt.
b) Der Rechtsbeschwerde ist auch nicht dahin zu folgen, daß die von dem Beschwerdegericht angenommene Dringlichkeit des Aufstockungsbedarfs mit der in dem Kaufvertrag mit dem Beteiligten zu 2 vereinbarten Rückverpachtung in Widerspruch stehe. Das Erfordernis der Dringlichkeit ist nicht in erster Linie zeitlich orientiert. Es geht - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht darum, daß der erstrebte Erwerb des Landwirts eilig sein müsse, daß er keinen Zeitaufschub dulde. Vielmehr ist der Begriff "dringend" im Hinblick auf die Auswirkungen des Rechtsgeschäfts für die Agrarstruktur zu sehen. Allein darauf kommt es bei der Auslegung des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG an (BVerfGE 21, 73, 86). Das bedeutet, daß der Zuerwerb für den Betrieb des Landwirts dringlich vor allem im Sinne einer gesteigerten Notwendigkeit sein muß. Das schließt zeitliche Erwägungen zwar nicht aus, läßt aber Raum für die von dem Beschwerdegericht berücksichtigte Überlegung der Zukunftsorientiertheit. So ist es nicht rechtsfehlerhaft, wenn das Beschwerdegericht dem Umstand Rechnung getragen hat, daß W. ein besonderes Interesse an einer mittel- bis langfristigen Perspektive seines Betriebes dargelegt hat. Das vergebliche Bemühen, Tauschflächen zu erhalten, die mittelfristige Kompensation des Verkaufs an die Gemeinde durch Pachtflächen machen hinreichend deutlich, daß der Erwerb der Flächen des Beteiligten zu 1 auch mit Rücksicht auf die zehnjährige Rückverpachtungspflicht eine sinnvolle und für die Entwicklung des Betriebes notwendige Maßnahme darstellt, die der Verbesserung der Agrarstruktur dient.
Soweit die Rechtsbeschwerde darauf verweist, daß der Vertrag dem Beteiligten zu 1 die Option auf eine Verlängerung der Pacht um weitere zehn Jahre gewährt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Die Wertung der konkreten Umstände durch das Beschwerdegericht dahin, daß es völlig offen sei, ob es zu einer Wahrnehmung dieser Option kommen werde, läßt Rechtsfehler nicht erkennen. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, wenn das Beschwerdegericht der bloßen Möglichkeit einer Pachtverlängerung für die Frage der Notwendigkeit des Erwerbs zum Zwecke der Verbesserung der Agrarstruktur keine erhebliche Bedeutung beigemessen hat.
IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.
Ende der Entscheidung
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