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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 25.04.2008
Aktenzeichen: BLw 22/07
Rechtsgebiete: RSG, LwVG


Vorschriften:

RSG § 4
RSG § 10
LwVG § 24 Abs. 2 Nr. 1
LwVG § 36 Abs. 1
LwVG § 37
LwVG § 44
LwVG § 45
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 22/07

vom 25. April 2008

in der Landwirtschaftssache

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 25. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die Richter Dr. Lemke und Dr. Czub sowie die ehrenamtlichen Richter Gose und Karle

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 wird der Beschluss des 7. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Celle vom 19. September 2007 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Einwendungen des Beteiligten zu 2 gegen die Mitteilung der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts für begründet und die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3 für nicht wirksam erklärt sowie der Bescheid der Genehmigungsbehörde vom 9. Januar 2007 aufgehoben worden ist.

Die Gerichtskosten des Verfahrens trägt der Beteiligte zu 2, der der Beteiligten zu 3 auch die außergerichtlichen Kosten der Rechtsmittelverfahren zu erstatten hat.

Der Gegenstandswert wird auf 252.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 9. Oktober 2006 übertrug der Beteiligte zu 1 dem Beteiligten zu 2 seinen landwirtschaftlichen Obstbaubetrieb zur Größe von knapp 8 ha nebst Wohnhaus. Als Gegenleistung wurden die Zahlung einer monatlichen Rente von 1.000 € auf Lebenszeit des Beteiligten zu 1, mindestens aber für 14 Jahre, und ein lebenslängliches Wohnrecht für den Beteiligten zu 1 an sämtlichen Räumen des Hofhauses einschließlich des Rechts auf kostenlose Nutzung einer Garage und einer Werkstatt vereinbart.

Nachdem der Notar den Vertrag zur Genehmigung eingereicht hatte, übte die Beteiligte zu 3 das Vorkaufsrecht nach § 4 RSG aus. Die Genehmigungsbehörde teilte dem Notar dies mit und stellte fest, dass die Genehmigung des Vertrags zu versagen gewesen wäre. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung des Beteiligten zu 2 hat das Amtsgericht - Landwirtschaftsgericht - zurückgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde hat das Oberlandesgericht - Senat für Landwirtschaftssachen - die Einwendungen des Beteiligten zu 2 gegen die Mitteilung der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts für begründet und die Vorkaufsrechtsausübung für nicht wirksam geworden erklärt sowie den Bescheid der Genehmigungsbehörde insoweit aufgehoben; im Übrigen hat es den Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen und die Genehmigung des Vertrags nach dem Grundstücksverkehrsgesetz versagt. Mit der - nicht zugelassenen - Rechtsbeschwerde will die Beteiligte zu 3 die vollständige Zurückweisung der sofortigen Beschwerde erreichen.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Da das Beschwerdegericht sie nicht zugelassen hat, ist sie nur unter den in § 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG genannten Voraussetzungen als Abweichungsrechtsbeschwerde zulässig. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Das Beschwerdegericht meint, das von der Beteiligten zu 3 ausgeübte Vorkaufsrecht sei zivilrechtlich nicht wirksam geworden, weil es sich bei dem Vertrag vom 9. Oktober 2006 nicht um einen für das Bestehen des Vorkaufsrechts notwendigen Kaufvertrag handele. Denn das vereinbarte Wohnrecht diene neben der monatlichen Rente der Alterssicherung des Beteiligten zu 1. Solche Übertragungsverträge seien auch dann nicht als Kaufvertrag zu qualifizieren, wenn sich der Übergeber hohe Gegenleistungen versprechen lasse.

b) Demgegenüber vertritt der Bundesgerichtshof die Auffassung, dass ein auf Lebenszeit bestelltes Wohnungsrecht für den Verkäufer neben einem bezifferten Kaufpreis zu der Gegenleistung des Käufers zählt (Urt. v. 14. Februar 2003, V ZR 54/02, NJW-RR 2003, 732, 733 m.w.N.).

c) Die Auffassung des Beschwerdegerichts enthält den abstrakten Rechtssatz, dass ein Kaufvertrag (§ 433 BGB) immer dann nicht vorliegt, wenn als Gegenleistung für die Grundstücksübertragung ein Wohnrecht für den Verkäufer vereinbart wird. Damit weicht das Beschwerdegericht von der genannten Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab (vgl. dazu Senat, BGHZ 89, 149 ff.). Auf dieser Abweichung beruht die angefochtene Entscheidung. Das führt zur Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde.

2. Diese ist auch im Übrigen zulässig (§§ 24, 25 LwVG) und begründet. Das Beschwerdegericht hat der sofortigen Beschwerde des Beteiligten zu 2 zu Unrecht teilweise stattgegeben. Denn die nach § 10 RSG zulässigen Einwendungen gegen die Entscheidung der Genehmigungsbehörde (vgl. dazu Senat, Beschl. v. 24. November 2006, BLw 11/06, NL-BzAR 2007, 98, 100; Schulte, RdL 1965, 305, 312 f.) sind nicht begründet. Das hat das Beschwerdegericht in dem die sofortige Beschwerde zurückweisenden Teil seines Beschlusses rechtskräftig entschieden. Auch berührt die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung durch das Beschwerdegericht die Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nicht. Denn mit dem Zugang des Bescheids der Genehmigungsbehörde vom 9. Januar 2007 bei dem Notar gilt für das Rechtsverhältnis zwischen dem Beteiligten zu 1 und der Beteiligten zu 3 der Vertrag vom 9. Oktober 2006 als genehmigt (§ 6 Abs. 1 Satz 3 RSG). Damit wird die Gültigkeit des Vertrags, die Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts ist, gesetzlich fingiert. Die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung wirkt sich nicht auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Veräußerer und der Vorkaufsberechtigten aus.

Ob die Beteiligte zu 3 - wie der Beteiligte zu 2 gemeint hat - kein Vorkaufsrecht hatte, weil es sich bei dem Vertrag vom 9. Oktober 2006 nicht um einen Kaufvertrag, sondern um eine gemischte Schenkung handelt, ist von den Landwirtschaftsgerichten im Genehmigungsverfahren nicht zu prüfen (vgl. Senat, BGHZ 41, 114, 118; Beschl. v. 3. Juni 1976, V BLw 16/75, AgrarR 1977, 65; Barnstedt/Steffen, LwVG, 7. Aufl., § 21 Rdn. 163 ff.; Schulte, aaO).

3. Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit darin die Einwendungen des Beteiligten zu 2 gegen die Mitteilung der Genehmigungsbehörde über die Ausübung des Vorkaufsrechts für begründet und die Vorkaufsrechtsausübung für nicht wirksam erklärt sowie der Bescheid der Genehmigungsbehörde auch insoweit aufgehoben worden ist.

III.

Die Kostentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat ihre Grundlage in den §§ 36 Abs. 1, 37 LwVG.

Ende der Entscheidung

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