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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 23.10.1998
Aktenzeichen: BLw 27/98
Rechtsgebiete: LwAnpG, BGB, LwVG


Vorschriften:

LwAnpG § 51a Abs. 1
LwAnpG § 44 Abs. 1
LwAnpG § 69
LwAnpG § 44 Abs. 1 Ziff. 1, 2 u. 3
BGB § 157
BGB § 779
LwVG § 44
LwVG § 45
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 27/98

vom

23. Oktober 1998

in der Landwirtschaftssache

betreffend die Zahlung einer Abfindung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 23. Oktober 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt und Dr. Wenzel sowie die ehrenamtlichen Richter Gose und Komp

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 12. Mai 1998 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landwirtschaftsgerichts Bautzen vom 28. November 1997 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen und der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten in den beiden Rechtsmittelverfahren zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 283.946,84 DM.

Gründe

I.

Die Antragstellerin verlangt die Zahlung einer Abfindung aus dem abgetretenen Recht ihres Ehemannes, R. B. , gemäß §§ 51 a Abs. 1, 44 Abs. 1 LwAnpG.

R. B. brachte seinen landwirtschaftlichen Betrieb mit 66,84 ha in die LPG "F. E. " P. ein. Mit Schreiben vom 10. November 1990 forderte er ihn von der Antragsgegnerin als Rechtsnachfolgerin der LPG zurück und bat um vermögensrechtliche Auseinandersetzung. Am 23. März 1991 beschloß die Mitgliedervollversammlung, die "Vermögensverwaltung der LPG Z. Gesellschaft bürgerlichen Rechts" (GbR) zu gründen und das ungeteilte Gesamtvermögen auf diese unter gleichzeitiger Auflösung der LPG zu übertragen. In das LPG-Register wurde ein Auflösungsvermerk eingetragen. Durch Verfügung des Registergerichts vom 25. November 1996 wurde eingetragen, daß die LPG nach § 69 LwAnpG mit Wirkung vom 31. Dezember 1991 aufgelöst und eine Liquidatorin bestellt sei.

R. B. verlangte von der GbR die Zahlung einer Abfindung. In einem gegen die GbR und gegen die von ihr am 10. Mai 1991 gegründete "Vermögensverwaltungs GmbH LPG Z. " geführten Vorprozeß machte er als Teilforderung des auf 387.738,84 DM bezifferten Anspruchs nach § 44 Abs. 1 Ziff. 1, 2 und 3 LwAnpG eine Teilforderung von 100.000 DM geltend. In diesem Verfahren schlossen die dort beteiligten Parteien am 3. Februar 1993 einen gerichtlichen Vergleich, wonach sich die GbR und die GmbH gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 60.000 DM in drei Raten verpflichteten. Weiter heißt es darin:

"2. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, daß der Anteil des Antragstellers am Vermögen der Antragsgegnerin zu 1) 1,383 % beträgt. Die Antragsgegner werden zum 31.12.1996 eine Vermögensabrechnung vornehmen. Wenn sich dann herausstellt, daß der Anteil des Antragstellers am Gesamtvermögen den Betrag von 60.000,00 DM übersteigt, so wird eine Nachzahlung seitens der Antragsgegner erfolgen. Wenn diese Nachzahlung erfolgt, soll der Betrag von 10.372,50 DM abgezogen werden. Wenn sich ein geringerer Vermögensanteil ergibt, werden keine Nachforderungen an den Antragsteller getätigt werden.

3. Die Mitgliedschaft des Antragstellers in der GbR endet mit dem 03.02.1993.

4. Nach Erfüllung der in diesem Vergleich benannten Verpflichtungen bestehen zwischen den Parteien aus der Mitgliedschaft des Antragstellers in der GbR keinerlei Forderungen mehr. Es bestehen ebenfalls keine Forderungen mehr aus der früheren Mitgliedschaft des Antragstellers in der LPG Z. ."

Die GbR zahlte den vereinbarten Betrag, führte aber die in Ziff. 2 vorgesehene Vermögensabrechnung bisher nicht durch.

Die Antragstellerin hat aus abgetretenem Recht ihres Ehemannes beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung weiterer 309.747,08 DM nebst Zinsen zu verpflichten. Das Landwirtschaftsgericht hat den Antrag abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihm in Höhe von 283.946,84 DM stattgegeben. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde.

II.

Das Beschwerdegericht ist der Ansicht, durch den im Vorverfahren abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich seien die vermögensrechtlichen Abfindungsansprüche aus der Mitgliedschaft des Zedenten nicht abschließend abgefunden. Dies hält der rechtlichen Prüfung nicht stand.

Die Auslegung des Beschwerdegerichts verstößt gegen § 157 BGB, weil sie den mit dem Vergleich verfolgten Zweck nicht berücksichtigt und den Grundsatz einer nach beiden Seiten interessengerechten Auslegung verletzt (vgl. BGHZ 109, 19, 22; 131, 136, 138). Sie ist daher für den Senat nicht bindend und kann von diesem deshalb selbst vorgenommen werden, weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht mehr zu erwarten sind (BGHZ 65, 107, 112).

Das Beschwerdegericht nimmt an, die damaligen Beteiligten seien bei Vergleichsabschluß - zu Unrecht - davon ausgegangen, daß die LPG ohne Abwicklung wirksam aufgelöst sei, daß R. B. zumindest durch nachträglichen Beitritt Mitglied der GbR geworden sei und sich seine Abfindung nach seinem Anteil am GbR-Vermögen richte. Gleichwohl hält es den Vergleich für wirksam und nicht etwa nach § 779 BGB für nichtig. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, weil die Wirksamkeit der LPG-Auflösung, des Beitritts zur GbR sowie Art und Umfang der Abfindung nach den getroffenen Feststellungen vor dem Vergleich als streitig und ungewiß angesehen wurden, es sich also nicht um einen Sachverhalt handelt, der nach dem Inhalt des Vertrags diesem als feststehend zugrunde lag. Wenn aber die Wirksamkeit der LPG-Auflösung ungewiß war, verstößt die gewählte Auslegung, daß Forderungen gegen die Antragsgegnerin von dem Vergleich nicht mit erfaßt sein sollten, gegen den Zweck der Ziffer 4 des Vergleichs, die Forderungen "aus der früheren Mitgliedschaft des (damaligen) Antragstellers in der LPG Z. " mit einzubeziehen. Denn diese Forderungen konnten nur dadurch mit einbezogen sein, daß die getroffene Regelung Wirkung auch zugunsten der Antragsgegnerin entfaltete, deren Existenz den Beteiligten nach der bestehenden Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtslage als durchaus möglich erschien.

Die Auslegung des Beschwerdegerichts ist darüber hinaus interessenwidrig. Sie führt dazu, daß R. B. insgesamt eine höhere Abfindung erhält, als ihm nach dem Gesetz zusteht. Geht man nämlich mit dem Beschwerdegericht davon aus, daß er seine Mitgliedschaft in der LPG wirksam gekündigt hatte und erst nachträglich wieder in die GbR eingetreten ist, steht ihm zusätzlich zu seinem vollen Anspruch nach § 44 Abs. 1 LwAnpG ein Anteil am Vermögen der GbR zu, der nach den getroffenen Feststellungen wiederum dem nach Arbeitsleistung und Fläche personifizierten Anteil am LPG-Vermögen entspricht. Auch dies macht die Auslegung fehlerhaft und zwingt dazu, die Ziffer 4 des Vergleichs dahin zu verstehen, daß sämtliche Ansprüche aus der Mitgliedschaft des R. B. in der LPG und einer - unterstellten - Mitgliedschaft in der GbR abgegolten sein sollten.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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