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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.05.1998
Aktenzeichen: BLw 39/97
Rechtsgebiete: BGB, LwAnpG, DDR:/LPGG F. 2.07.1982
Vorschriften:
BGB § 419 | |
LwAnpG § 69 Abs. 2 | |
DDR/LPGG F. 2. Juli 1982 § 25 Abs. 3 Satz 1 |
Ein Vertrag, durch den die LPG als werbendes Unternehmen ihr gesamtes Vermögen auf ein anderes Unternehmen übertragen hat, ohne daß die Übertragung unter die Vorschriften des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes fällt, ist nichtig und begründet keine Haftung des Übernehmers nach § 419 BGB.
BGH, Beschl. v. 8. Mai 1998 - BLw 39/97 - OLG Dresden AG Chemnitz
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
8. Mai 1998
in der Landwirtschaftssache
betreffend die Zahlung einer Abfindung nach dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 8. Mai 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt und Dr. Wenzel sowie die ehrenamtlichen Richter Kreye und Dahm
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 29. Juli 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren beträgt 21.552,98 DM.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes mit einer Fläche von 10,81 ha, den sein Vater (Erblasser) in die LPG Typ I "N. W. " G. eingebracht hatte. Der Antragsteller trat vor 1970 ebenfalls in die LPG ein. Die Vollversammlung der LPG beschloß am 12. September 1972 mehrheitlich den Zusammenschluß mit der LPG Typ III "M. " G. . Der Beschluß wurde durch Entscheidung des Rates des Kreises vom 8. Oktober 1974 für verbindlich erklärt. Der Antragsteller hielt den Beschluß der Vollversammlung dennoch für nicht bindend und verweigerte die Zahlung des Inventar- und Investbeitrages sowie der für die Bewirtschaftung des ihm für seine Viehhaltung überlassenen Weidelandes durch die KAP G. in Rechnung gestellten Futtermittelkosten. Durch Urteil vom 5. Februar 1976 verurteilte ihn das Kreisgericht Zschopau zur Zahlung der entsprechenden Beträge, wobei es einen Betrag von 1.993,80 Mark/DDR je Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche als aus dem Vermögen der LPG Typ I "N. W. " erbracht ansah. Durch Beschluß der Mitgliederversammlung vom 12. Oktober 1976 wurde der Antragsteller aus der LPG ausgeschlossen. Der ihm zu dieser Zeit kraft Erbfolge gehörende Betrieb wurde von der LPG Typ III "M. " im Rahmen eines Kreispachtverhältnisses weiter bewirtschaftet.
Mit Schreiben vom 1. Oktober 1990 forderte der Antragsteller die LPG "M. " G. zur Auszahlung des anteiligen Inventar- und Investbeitrages in Höhe von 1.993,80 DM je Hektar auf.
Am 17. April 1991 beschloß die Vollversammlung der LPG "M. ", die LPG ohne Abwicklung aufzulösen und zusammen mit anderen LPGen eine Aktiengesellschaft zu gründen. Durch notarielles Gründungsprotokoll vom 30. August 1991 wurde die Antragsgegnerin gegründet. Sie übernahm das gesamte Betriebsvermögen der Gründer-LPGen und übertrug diesen dafür Aktien im Nennbetrag von insgesamt 3.299.000 DM, von denen auf die LPG (T) "M. " 14.670 Aktien im Nennbetrag von je 50 DM entfielen. Die Antragsgegnerin sollte zugleich die erwünschte Auflösung der Gründer-LPGen durch Übertragung der Aktien auf die Mitglieder vorbereiten. Die Antragsgegnerin wurde am 30. Juni 1992 in das Handelsregister des Amtsgerichts Bayreuth und nach Sitzverlegung am 3. Mai 1993 in das Handelsregister des Amtsgerichts Chemnitz eingetragen.
Der Antragsteller hat von der Antragsgegnerin die Zahlung des auf den Erblasser entfallenden Anteils am Fondsvermögen der LPG Typ I in Höhe von 10,81 ha x 1.993,90 DM = 21.552,98 DM verlangt. Das Landwirtschaftsgericht und das Oberlandesgericht haben dem Antrag entsprochen. Hiergegen richtet sich die - zugelassene - Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist sachlich begründet.
1. Zu Recht hat das Beschwerdegericht allerdings den Anteil des Erblassers am Vermögen der LPG Typ I "N. W. " G. als eine dem Inventarbeitrag gleichstehende Leistung i. S. des § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG angesehen, für die der Antragsteller gemäß § 51 a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 44 Abs. 1 Nr. 1 LwAnpG 1991 eine Abfindung beanspruchen kann. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Senats (BGHZ 120, 349 ff; 123, 23 ff m.Anm. Schweizer, EWIR 1993, 1013; Senatsbeschl. v. 24. November 1993, BLw 38/93, AgrarR 1994, 126 = WM 1994, 314). Hiervon vorliegend abzuweichen, besteht kein Anlaß. Soweit die Rechtsbeschwerde die Berechnung des Fondsanteiles bestreitet, ist ihr Vorbringen im Hinblick auf den zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens gemachten Klagevortrag der LPG Typ III "M. " und das Urteil des Kreisgerichts Zschopau in dem Verfahren C /75 unsubstantiiert, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt hat.
2. Im Ergebnis zutreffend ist das Beschwerdegericht auch davon ausgegangen, daß der nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 LwAnpG in fünf gleichen Jahresraten zu erfüllende Anspruch inzwischen in voller Höhe fällig geworden ist. Nach § 51 a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 49 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG 1991 wird der Anspruch zwar erst nach Feststellung der Jahresbilanz fällig, die nach dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs zu erstellen ist (§ 51 a Abs. 3 Satz 2 LwAnpG 1991). Da der Anspruch im Zeitpunkt seiner Geltendmachung aber noch nicht gegeben war, sondern erst mit Inkrafttreten der ersten Novelle des LwAnpG am 7. Juli 1991 entstanden ist, kommt als maßgebliche Bilanz nur die Umwandlungsbilanz zum 30. Juni 1991 in Betracht, welche die Vollversammlung am 17. Oktober 1991 festgestellt hat. Denn weitere Bilanzen sollten von der LPG nach der beschlossenen Umwandlung nicht mehr erstellt werden und können für die Fälligkeit eines die LPG betreffenden Anspruchs nicht maßgeblich sein (vgl. Senatsbeschl. v. 1. Juli 1994, BLw 100/93, AgrarR 1994, 297 = WM 1994, 1897). Folglich ist der geltend gemachte Anspruch mit der Feststellung der Umwandlungsbilanz fällig geworden. Daß die beschlossene Umwandlung nicht wirksam vollzogen wurde und die LPG deswegen seit 1. Januar 1992 kraft Gesetzes aufgelöst ist (§ 69 Abs. 3 S. 1 LwAnpG), hat die eingetretene Fälligkeit nicht wieder beseitigt. Wenn aber der geltend gemachte Anspruch bereits mit Feststellung der Umwandlungsbilanz fällig wurde, ist inzwischen auch die fünfte Jahresrate zur Zahlung fällig.
3. Nicht gefolgt werden kann dagegen der Ansicht des Beschwerdegerichts, daß die Antragsgegnerin für den geltend gemachten Anspruch passivlegitimiert sei. Denn sie ist weder durch Umwandlung Gesamtrechtsnachfolgerin (Senatsbeschl. v. 7. November 1997, Blw 26/97, WM 1997, 2403) noch durch wirksame Vermögensübernahme Einzelrechtsnachfolgerin der LPG (T) "M. " G. geworden, wie das Beschwerdegericht annimmt. Die bei Gründung der Antragsgegnerin eingegangene Verpflichtung und die dingliche Übereignung des gesamten Betriebsvermögens sind vielmehr nichtig (§ 134 BGB). Sie haben insbesondere nicht nach den gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen der übertragenden Auflösung (vgl. BGHZ 76, 352, 354 ff.; 103, 184, 187 ff.; Henze, ZIP 1995, 1473 ff.; ders., Festschr. Boujong [1996] S. 233 ff.; Lutter/Drygala, Festschr. Kropff [1997] S. 191 ff.) Wirksamkeit erlangt. Diese Grundsätze sind entgegen der in der Literatur von Hommelhoff/Schubel (ZIP 1998, 537, 547) vertretenen Ansicht auf die LPG nicht anwendbar. Sie beruhen nämlich auf der Überlegung, daß den gesetzlichen Strukturänderungsregelungen des Gesellschaftsrechts nach ihrer historischen Entwicklung keine Ausschließlichkeitswirkung zukommt, die in ihnen ausgestalteten verschiedenen Möglichkeiten der Vermögensübernahme im Wege der Gesamtrechtsnachfolge unter Beibehaltung der Beteiligungen also neben die seit jeher zulässige Gesamtvermögensübertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge treten (Henze, ZIP 1995, 1473, 1475). Dieses in § 179 a AktG (§ 361 AktG a.F.) ausdrücklich anerkannte Prinzip gilt jedoch nicht im Landwirtschaftsanpassungsrecht. Hier war das Vermögen der LPG nach dem bis 31. Dezember 1991 fortgeltenden § 25 Abs. 3 Satz 1 LPGG 1982 grundsätzlich unteilbar und unveräußerlich. Es konnte nur insoweit verteilt werden oder auf ein Unternehmen anderer Rechtsform übergehen, als der Gesetzgeber dies in dem Landwirtschaftsanpassungsgesetz ausdrücklich zugelassen hat (§ 69 Abs. 1 und 2 LwAnpG). Das Landwirtschaftsanpassungsgesetz sieht aber für den Übergang des LPG-Vermögens auf einen anderen Rechtsträger nur die Gesamtrechtsnachfolge im Wege des Zusammenschlusses, der Teilung oder des identitätswahrenden Formwechsels vor, nicht dagegen die Einzelrechtsnachfolge im Wege der Vermögensübernahme. Sie war auch vorher nicht zulässig. Die Übertragung des LPG-Vermögens auf die Antragsgegnerin entbehrte daher der Rechtsgrundlage und war wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig (§ 134 BGB). Etwas anderes hätte nur dann zu gelten, wenn die LPG sich vor oder zusammen mit der Vermögensübertragung aufgelöst hätte, die Vermögensübertragung also zur Verwertung im Rahmen der Liquidation erfolgt wäre. Das ist indessen nicht der Fall. Nach dem am 17. April 1991 gefaßten Vollversammlungsbeschluß sollte die LPG gerade "ohne Abwicklung" aufgelöst werden. Ein solcher Beschluß ist aber nichtig (OLG Rostock, AgrarR 1996, 201, 202 m. Anm. Schweizer). Im übrigen sind die an der Gründung der Antragsgegnerin beteiligten LPGen selbst davon ausgegangen, daß sie als werbende Unternehmen fortbestehen und Aktionäre werden, daß sie ihre "Aktivitäten" unter dem einheitlichen Dach der Antragsgegnerin abwickeln und die "erwünschte Auflösung der landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vorbereiten" sollen (vgl. Senatsbeschl. v. 7. November 1997, BLw 26/97, aaO). Mangels eines entsprechenden Beschlusses sind sie daher ab 1. Januar 1992 kraft Gesetzes aufgelöst (§ 69 Abs. 3 LwAnpG). Die Antragsgegnerin besteht dagegen trotz des Gründungsmangels weiter (Wenzel, Der Bestandsschutz fehlerhaft umgewandelter LPG-Unternehmen, AgrarR 1998, 139, 142 f). Sie hat jedoch für die gegen die LPG (T) "M. " i.L. bestehenden Ansprüche nicht nach § 419 BGB einzustehen, weil die Bestimmung zwar kein wirksames Kausalgeschäft, wohl aber eine wirksame dingliche Übereignung der einzelnen Vermögensgegenstände und (oder) Abtretung von Forderungen voraussetzt (BGHZ 54, 101,103; BGH, Urt. v. 28. Juni 1966, VI ZR 253/64, NJW 1966, 1748). Daran fehlt es hier, weil § 25 Abs. 3 Satz 1 LPGG 1982 unter der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch das dingliche Erfüllungsgeschäft erfaßt.
Da die Parteien diesen rechtlichen Gesichtspunkt bisher nicht bedacht haben, muß ihnen hierzu rechtliches Gehör gewährt und die Sache zurückverwiesen werden. Die Antragsgegnerin erhält dadurch zudem Gelegenheit, die Rückübertragung des übernommenen Vermögens - falls nicht schon geschehen - durch eine mit der LPG i.L. zu treffende Vereinbarung abzuwenden, welche auch die Übernahme der Verbindlichkeiten der LPG i.L. sicherstellt.
Ende der Entscheidung
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