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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.05.1998
Aktenzeichen: BLw 42/97
Rechtsgebiete: GrdstVG
Vorschriften:
GrdstVG § 9 Abs. 1 Nr. 1 | |
GrdstVG § 10 |
a) Eine Genehmigung unter Auflagen ist nur zulässig, wenn damit ein Versagungsgrund ausgeräumt werden kann; ohne Versagungsgrund ist für eine Auflage kein Raum.
b) Bei der Veräußerung einer landwirtschaftlichen Besitzung an einen Nichtlandwirt bleibt das Kaufinteresse derjenigen Landwirte außer Betracht, die nur einzelne Parzellen oder die Ländereien ohne die Hofstelle erwerben möchten. Dieser Grundsatz gilt auch im Beitrittsgebiet.
BGH, Beschl. v. 8. Mai 1998 - BLw 42/97 - OLG Dresden AG Chemnitz
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
8. Mai 1998
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 8. Mai 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt und Dr. Wenzel sowie die ehrenamtlichen Richter Kreye und Dahm
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 3 gegen den Beschluß des Oberlandesgerichts Dresden - Landwirtschaftssenat - vom 5. August 1997 wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 3 hat der Beteiligten zu 1 die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten; Gerichtskosten fallen nicht an.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 5.000 DM.
Gründe
I.
Mit notariellem Vertrag vom 6. Mai 1996 verkauften die Beteiligten zu 2 eine landwirtschaftliche Besitzung (deren Bewirtschaftung sie im Jahre 1991 eingestellt hatten), bestehend aus den Flurstücken Nr. 5/2, 5/5 und 68 mit einer Gesamtgröße von 17.3246 ha an die Beteiligte zu 1 zu einem Kaufpreis von 150.000 DM. Von dem vereinbarten Kaufpreis soll eine bestehende Grundschuld in Höhe von 72.000 DM abgelöst werden. Die Flurstücke Nr. 5/2 und 68 sind mit Pachtvertrag vom 2. Juli 1991 einer Agrargenossenschaft zur Nutzung überlassen. Die Beteiligte zu 1 beabsichtigt auf der ehemaligen Hofstelle (Flurstück Nr. 5/5) ein Pferde- und Reitsportzentrum zu errichten und die Flurstücke 5/2 und 68 als Futter- und Weideflächen zu verwenden.
Für den am 13. Mai 1996 beim Staatlichen Amt für Landwirtschaft gestellten Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrags wurde mit Zwischenbescheid vom 15. Mai 1996 (dem Notar zugestellt am 20. Mai 1996) die Entscheidungsfrist auf drei Monate verlängert. Auf öffentlichen Hinweis der Genehmigungsbehörde über die Veräußerung der genannten Grundstücke bekundete eine Agrargenossenschaft mit Schreiben vom 10. Juni 1996 ihr Interesse am Erwerb der Flurstücke 5/2 und 68. Die Pächterin der genannten Flurstücke teilte in einem Schreiben vom 17. Juli 1996 mit, daß sie das Flurstück 68 und eine Teilfläche aus dem Flurstück 5/2 erwerben wolle. Die S. L. GmbH unterrichtete die Genehmigungsbehörde am 21. Juli 1996 darüber, daß nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen ein agrarstruktureller Bedarf für die verkauften Grundstücke nicht festgestellt werden könne.
Mit Bescheid vom 11. Juli 1996 wurde der genannte Kaufvertrag unter der Auflage genehmigt, daß die Flurstücke 5/2 und 68 an einen ortsansässigen Landwirt oder die S. L. GmbH weiter zu veräußern sind, sofern die Beteiligte zu 1 nicht binnen zwölf Monaten eine eigene landwirtschaftliche Urproduktion betreibt. Gegen diesen am 12. Juli (Beteiligte zu 1) und am 13. Juli (Beteiligte zu 2) zugestellten Bescheid hat die Beteiligte zu 1 am 23. Juli 1996 beim Landwirtschaftsgericht Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt mit dem Ziel, eine Genehmigung ohne Auflage zu erreichen. Das Landwirtschaftsgericht hat den Bescheid vom 11. Juli 1996 aufgehoben und den Kaufvertrag ohne Auflage genehmigt. Die dagegen erhobene sofortige Beschwerde des Regierungspräsidiums hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers mit dem Ziel, die Genehmigung mit einer Auflage zu versehen, die im wesentlichen der des Bescheids vom 11. Juli 1996 entspricht.
II.
Das Beschwerdegericht stuft die Beteiligte zu 1 als Nichtlandwirtin ein, sieht aber für den Kaufvertrag keinen Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG. Der Verkauf der landwirtschaftlichen Besitzung sei als Einheit zu beurteilen. Bei der Frage, ob eine ungesunde Bodenverteilung vorliege, sei das Kaufinteresse derjenigen Landwirte außer Betracht zu lassen, die nur einzelne Parzellen ohne die Hofstelle erwerben möchten. Kaufinteressenten für die ganze landwirtschaftliche Besitzung seien nicht vorhanden. Anhaltspunkte dafür, daß der Kaufpreis in einem groben Mißverhältnis zum Wert der Grundstücke stehe, seien nicht gegeben. Ohne Versagungsgrund sei auch für eine Auflage kein Raum.
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde (vgl. § 24 Abs. 1 LwVG) ist unbegründet.
Es geht der Rechtsbeschwerde nur darum, ob die Genehmigung mit einer Auflage an den Erwerber (§ 10 GrdstVG) verbunden werden darf. Auflagen sind aber nur zulässig, wenn damit ein Versagungsgrund ausgeräumt werden kann. Liegt also ein Versagungsgrund überhaupt nicht vor, so ist auch für eine Auflage kein Raum. Dies folgt nunmehr deutlich aus § 9 Abs. 1 GrdstVG und ist deshalb auch in der Literatur völlig unbestritten (vgl. Ehrenforth, RSG und GrdstVG, § 10 GrdstVG Anm. 1 b S. 460; Hasel, GrdstVG, § 10 Anm. 1; Herminghausen, Beträge zum Grundstückverkehrsgesetz S. 68; Lange, GrdstVG, 2. Aufl., § 10 Anm. 3; Pikalo/Bendel, GrdstVG, § 10 Anm. G I 1 a; Treutlein/Crusius, GrdstVG, § 10 Anm. 3; Vorwerk/v. Spreckelsen, GrdstVG, § 10 Rdn. 6; Wöhrmann, GrdstVG, § 10 Rdn. 17). Demgemäß hat der Senat in seiner Rechtsprechung zur Grundstückverkehrsgenehmigung nach Kontrollratsrecht wiederholt ausgeführt, eine Auflage sei nicht möglich, falls ein Versagungsgrund überhaupt nicht vorliege (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Juli 1954, V BLw 5/54, RdL 1954, 244, 245; v. 7. Dezember 1954, V BLw 47/54, DNotZ 1955, 19 und v. 31. Januar 1956, V BLw 51/55, DNotZ 1956, 313, 314). Dies entsprach auch der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Freiburg (RdL 1950, 19, 20 und 1950, 69, 73) und wurde auch einheitlich in der Literatur vertreten (vgl. z.B. Baur, RdL 1950, 77, 78; ders. DNotZ 1951, 310, 311; Kollmeyer, DNotZ 1951, 63, 65). An dieser Auffassung bleibt festzuhalten, weil sich die Regelung des Grundstückverkehrsgesetzes zu dieser Frage nicht von seinen Vorläuferregelungen unterscheidet, vielmehr selbst deutlich zum Ausdruck bringt, daß eine Auflage einen Versagungsgrund zur Voraussetzung hat. In die Freiheit des Grundstückverkehrs kann nur nach Maßgabe der im einzelnen geregelten Versagungsgründe eingegriffen werden. Andere Zwecke lassen sich auch mit einer Auflage nicht verfolgen.
Mit Recht verneint das Beschwerdegericht einen Versagungsgrund nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG, auf den die Rechtsbeschwerde allein noch abstellt. Der Senat hält in ständiger Rechtsprechung eine ungesunde Verteilung von Grund und Boden unter anderem nur dann für gegeben, wenn der Erwerber Nichtlandwirt ist (hier vom Berufungsgericht festgestellt) und ein Vollerwerbslandwirt (unter Umständen auch ein Nebenerwerbslandwirt, vgl. BGHZ 112, 86) "das Grundstück" zu Aufstockungszwecken benötigt und zum Erwerb bereit und in der Lage ist (vgl. z.B. BGHZ 75, 81, 84; 94 292, 294). Diese Rechtsprechung wird auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 21, 99, 101; 21, 306, 309) gebilligt. Mit Recht hebt das Beschwerdegericht bei Prüfung dieser Voraussetzungen auf den gesamten Kaufgegenstand, d.h. alle verkauften Grundstücke als Einheit ab und stellt insoweit unangefochten (§ 27 Abs. 2 LwVG; § 56I ZPO) fest, daß Kaufinteressenten für die landwirtschaftliche Besitzung insgesamt nicht vorhanden sind, sondern nur zwei Agrargenossenschaften, die Acker- und Grünlandflächen (Flurstücke Nr. 5/2 und 68) oder gar nur Teile hiervon erwerben wollen. Der Senat hat bereits ausgesprochen, daß bei der Veräußerung einer landwirtschaftlichen Besitzung an einen Nichtlandwirt das Kaufinteresse derjenigen Landwirte außer Betracht zu lassen ist, die nur einzelne Parzellen oder die Ländereien ohne die Hofstelle erwerben möchten (vgl. Beschl. v. 25. April 1961, V BLw 30/60, RdL 1961, 148, 149). An dieser noch zu einer Vorläuferregelung des Grundstückverkehrsgesetzes ergangenen Entscheidung bleibt festzuhalten, denn insoweit hat sich die Rechtslage durch § 9 Abs. 1 GrdstVG nicht geändert. Es geht um die Genehmigungsfähigkeit eines bestimmten Grundstückskaufvertrages, der in der Regel als Einheit gewertet werden muß und der nur insgesamt genehmigungsfähig ist oder für den ein Versagungsgrund besteht. Insoweit hat der Senat aber ausgeführt, es sei nicht angängig, den Verkäufer auf den Verkauf einzelner Teilflächen zu verweisen oder unter dem angemessenen genehmigungsfähigen Gesamtpreis zu verkaufen. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn sich aus den Umständen oder den Interessen der Vertragspartner die Möglichkeit einer Teilung des Vertrages und des Genehmigungsantrags ergäbe, muß hier nicht entschieden werden, denn das Beschwerdegericht hat in tatrichterlicher Würdigung den Vertrag als Einheit gewürdigt, was auch die Rechtsbeschwerde nicht bezweifelt. Ihre Auffassung läuft darauf hinaus, den Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG somit unzulässigerweise doch im Blick auf einzelne Teilflächen zu prüfen und diese Teilung über eine Auflage durchzusetzen mit dem Hinweis, damit werde ja nicht der Veräußerer, sondern nur der Erwerber belastet und der Veräußerer könne auch nicht auf einem Teil seiner Grundstücke "sitzenbleiben". Sie verkennt dabei schon, daß eine Auflage auch mittelbar den Veräußerer belastet, weil er einem gesetzlichen Rücktrittsrecht des Erwerbers ausgesetzt wird (§ 10 Abs. 2 GrdstVG). Vor allem aber tut sie den zweiten Schritt vor dem ersten. Es geht nämlich nach dem oben ausgeführten Ansatzpunkt zunächst einmal darum, zu prüfen, ob für den konkreten Vertrag ein Versagungsgrund besteht und erst dann um die Frage, ob dieser etwa durch eine Auflage oder Bedingung ausgeräumt werden kann. Es mag sein, daß der Erwerb von Land für die nur mit wenig Eigentumsland ausgestatteten Betriebe im Bereich der neuen Bundesländer agrarpolitisch gefördert wird und daß aus dieser Sicht Auflagen der von der Rechtsbeschwerde erstrebten Art wünschenswert wären. Das Genehmigungsverfahren dient aber nicht der positiven Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstückverkehrs, sondern nur der Abwehr von Gefahren für die Agrarstruktur (BGHZ 94, 292, 294), die vom Senat in langjähriger gefestigter Rechtsprechung umschrieben worden sind. Damit ist auch eine Auflage nicht zu einer positiven Lenkung des Grundstückverkehrs zulässig (vgl. auch Bericht des Ernährungsausschusses zu § 10 GrdstVG, zitiert nach Lange, Grundstückverkehrsgesetz, Anm. 1). Es mag beim Verkauf von landwirtschaftlichen Betrieben öfter Fälle geben, in denen nur bestimmte Teilflächen das Erwerbsinteresse von Landwirten finden. Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist es aber unzulässig, in die Veräußerungsfreiheit des Eigentümers (d.h. auch seine Entscheidung darüber, was und zu welchen Bedingungen er verkauft) mehr einzugreifen, als dies zur Abwehr von Gefahren für die Agrarstruktur erforderlich ist (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG; BVerfGE 26, 215, 222 f).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 44, 45 LwVG. Gerichtskosten fallen nicht an, das Regierungspräsidium ist von Gerichtskosten befreit (§ 42 Abs. 2 LwVG). Diese Tatsache hindert jedoch nicht, es mit den außergerichtlichen Kosten des Beschwerdegegners zu belasten (vgl. Senatsbeschl. v. 11. Oktober 1955, V BLw 24/55, NJW 1955, 1796).
Ende der Entscheidung
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