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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.02.1998
Aktenzeichen: BLw 51/97
Rechtsgebiete: LwVG
Vorschriften:
LwVG § 26 Abs. 2 | |
LwVG § 27 |
Hat das Beschwerdegericht einen geltend gemachten Anspruch (hier: Abfindungsergänzung) mit mehreren, voneinander unabhängigen und selbsttragenden Erwägungen verneint, so muß der Rechtsbeschwerdeführer in der Beschwerdebegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angefochtene Entscheidung nicht tragen; andernfalls ist die Rechtsbeschwerde insgesamt unzulässig.
BGH, Beschl. v. 5. Februar 1998 - BLw 51/97 - OLG Oldenburg AG Bersenbrück
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
5. Februar 1998
in der Landwirtschaftssache
Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 5. Februar 1998 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Hagen und die Richter Dr. Vogt und Dr. Wenzel - gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 4 LwVG ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 10. Zivilsenats - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 6. November 1997 wird auf Kosten der Beteiligten zu 1, die der Beteiligten zu 3 die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten hat, als unzulässig verworfen.
Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 87.051,31 DM.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um Nachabfindungsansprüche nach § 13 HöfeO.
Die 1985 geborene Beteiligte zu 3 ist Hoferbin eines Hofes nach ihrem 1995 verstorbenen Vater R. H. , der wiederum seinen 1992 verstorbenen Vater J. H. (im folgenden: Erblasser) kraft letztwilliger Verfügung vom 18. Oktober 1987 beerbt hat. Darin vermachte der Erblasser der Beteiligten zu 1 am Hof einen "Nießbrauch bis zum Lebensende".
Die Beteiligte zu 2 ist ein weiteres Kind des Erblassers. Sie erhielt nach einer rechtskräftigen Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts als weichende Erbin von der Beteiligten zu 3 eine Abfindung von 22.575 DM.
Nach dem Tode des Erblassers verpachtete die Beteiligte zu 1 ihr Nießbrauchsrecht an ihren Sohn R. H. bis zum 30. Juni 2003 gegen ein jährliches Pachtentgelt von 10.000 DM (Baranteil und Naturalleistungen).
Die Eigenbewirtschaftung des Hofes wurde nach dem Freitod von R. H. aufgegeben, die landwirtschaftlichen Nutzflächen sind verpachtet, das lebende und tote Inventar wurde verkauft. Der Erlös beträgt 180.209,80 DM.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben auf der Grundlage dieses Erlöses Nachabfindungsansprüche geltend gemacht, wobei sich die Beteiligte zu 1 Pachtentgelte in Höhe von 45.000 DM anrechnen lassen will. Das Landwirtschaftsgericht hat die Beteiligte zu 3 verpflichtet, an die Beteiligte zu 2 45.052,30 DM nebst Zinsen und an die Beteiligte zu 1 65.677,59 DM nebst Zinsen zu zahlen. Auf sofortige Beschwerden aller Beteiligten hat das Oberlandesgericht dem erweiterten Zahlungsantrag der Beteiligten zu 2 in Höhe von 86.817,68 DM stattgegeben, den auf Zahlung von 87.051,31 DM nebst Zinsen gerichteten Zahlungsantrag der Beteiligten zu 1 ganz abgewiesen. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1, die ihren Zahlungsantrag weiterverfolgt.
II.
Das Beschwerdegericht verneint einen Nachabfindungsanspruch der Beteiligten zu 1 nach § 13 HöfeO, weil sie nicht zum Kreis der Berechtigten gehöre. Der Erblasser habe sie durch Testament von der Erbfolge ausgeschlossen und ihr nur ein Nießbrauchvermächtnis zugewandt, dessen Wert nach ihrer Lebenserwartung 180.000 DM betrage (18 x 10.000 DM). Mit dessen Annahme sei sie aus dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten ausgeschieden und könne auch keinen Restpflichtteil mehr beanspruchen, weil ihr Pflichtteil geringer sei als der Wert des Vermächtnisses (§§ 2305, 2307 BGB). Hilfsweise nimmt das Berufungsgericht einen Verzicht der Beteiligten zu 1 auf ihren Nachabfindungsanspruch an. Das durch Testament ausgesetzte Altenteil (Nießbrauch) sei nämlich mit einem Verzicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 HöfeO "beschwert" gewesen. Dieser durch Annahme des Vermächtnisses erklärte Verzicht umfasse im vorliegenden Fall auch den Nachabfindungsanspruch, weil die nachträgliche Inventarveräußerung das Altenteil nur ganz unwesentlich beeinträchtige.
III.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig. Das Beschwerdegericht hat sie zwar zugelassen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 LwVG), sie hätte aber auch in der vorgeschriebenen Form begründet werden müssen (§ 26 Abs. 2 Satz 1 LwVG; Senatsbeschl. v. 21. April 1994, BLw 114/93, BGHR LwVG § 26 Abs. 2, Begründung 1). Daran fehlt es. Die Rechtsbeschwerde kann nur auf eine für die Entscheidung ursächlich gewordene Gesetzesverletzung gestützt werden (§ 27 Abs. 1 LwVG). Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer im einzelnen darlegen muß, worin er eine Gesetzesverletzung findet, d.h. er muß zum Ausdruck bringen, welche Rechtsfrage das Instanzgericht unzutreffend beantwortet haben soll und wie sie seiner Ansicht nach zu beantworten ist. Beim Angriff auf tatrichterliche Feststellungen muß der Beschwerdeführer unter Bezeichnung der entsprechenden Tatsachen darlegen, aus welchen Gründen sie seiner Ansicht nach fehlerhaft getroffen worden sind (vgl. Senatsbeschl. v. 21. April 1994, aaO). Es besteht insoweit kein Unterschied zur Begründung einer Revision (vgl. Senatsbeschlüsse v. 1. Juli 1994, BLw 100/93 und v. 28. April 1995, BLw 10/94, BGHR LwVG § 26 Abs. 2 Begründung 2 und Begründung 3). Insoweit ist jedoch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes folgendes anerkannt: Hat das Instanzgericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muß der Rechtsmittelkläger in der Rechtsmittelbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht tragen, andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig. Die Rechtsmittelbegründung muß nämlich - im Falle ihrer Berechtigung - geeignet sein, das gesamte Urteil in Frage zu stellen (vgl. BGH, Beschl. v. 25. Januar 1990, IX ZB 89/89, NJW 1990, 1184; BGH, Urt. v. 15. Juni 1993, XI ZR 111/92, NJW 1993, 3073, 3074; BGH, Beschl. v. 10. Januar 1996, IV ZB 29/95, NJW-RR 1996, 572). Dieser Grundsatz gilt auch im Rechtsbeschwerdeverfahren. Dementsprechend hat der Senat im Rahmen der Abweichungsbeschwerde (§ 24 Abs. 2 Nr. 1 LwVG) - falls die angefochtene Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt war - stets verlangt, daß eine Abweichung in bezug auf alle diese Gründe dargelegt wird (vgl. z.B. Senatsbeschl. v. 11. Dezember 1956, V BLw 43/56, LM § 24 LwVG Nr. 18).
Wie unter Ziffer II dargestellt, hat das Berufungsgericht die Abweisung auf zwei verschiedene rechtlich selbständige Gründe gestützt, indem es einmal annahm, ein Nachabfindungsanspruch sei nicht entstanden, andererseits in einer Hilfserwägung dargelegt hat, die Beteiligte zu 1 habe auf einen Abfindungsergänzungsanspruch jedenfalls verzichtet (§ 14 Abs. 2 Satz 1 HöfeO analog). Die Rechtsbeschwerdebegründung befaßt sich ausschließlich mit dem ersten Gesichtspunkt, zur Frage des Verzichts enthält sie nichts. Damit ist die Rechtsbeschwerde insgesamt unzulässig.
Es war nicht erforderlich, die Beteiligte zu 1 auf die Zulässigkeitsbedenken hinzuweisen (§ 139 Abs. 2 ZPO entsprechend). Sie könnte die Beschwerdebegründung nach Ablauf der Begründungsfrist (§ 26 Abs. 2 Satz 2 LwVG) ohnehin nicht mehr ergänzen. Eine Wiedereinsetzung kommt auch nicht in Betracht, da ihrem Verfahrensbevollmächtigten die Notwendigkeit einer umfassenden Begründung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bekannt sein mußte (§ 26 Abs. 5 LwVG; § 22 Abs. 2 Satz 2 FGG).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 44, 45 LwVG.
Ende der Entscheidung
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