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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 09.11.2001
Aktenzeichen: BLw 7/01
Rechtsgebiete: LwAnpG


Vorschriften:

LwAnpG § 36 Abs. 2 Satz 1
LwAnpG § 37

Entscheidung wurde am 30.01.2002 korrigiert: In den Gründen muß es unter I. im zweiten Absatz richtig wie folgt heißen: "Auf dieser Grundlage einigte sich die Erblasserin am 22. Oktober 1991 mit der Antragsgegnerin... . Am 4. März 1992 wurde die Antragsgegnerin ... eingetragen." Unter III. entfällt im Absatz 2 letzter Satz das "nicht", so daß es richtig heißen muß: "Wird geltend gemacht, der angebotene Betrag sei zu niedrig, ... ."
Der Antrag auf gerichtliche Bestimmung einer im Umwandlungsbeschluß ordnungsgemäß angebotenen Barabfindung kann nur innerhalb der Frist von § 36 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG gestellt werden (Einschränkung des Senatsbeschlusses v. 1. Juli 1994, BLw 105/93, AgrarR 1995, 23 ff).
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BLw 7/01

vom

9. November 2001

in der Landwirtschaftssache

betreffend die Bestimmung einer Barabfindung

Der Bundesgerichtshof, Senat für Landwirtschaftssachen, hat am 9. November 2001 durch die Richter Prof. Dr. Krüger, Dr. Klein und Dr. Gaier sowie die ehrenamtlichen Richter Andreae und Kreye

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 19. Januar 2001 wird auf Kosten der Antragsteller, die der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu erstatten haben, zurückgewiesen.

Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 63.709,68 DM.

Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Erben nach der am 4. April 1992 verstorbenen C. M. T. (im folgenden: Erblasserin). Die Erblasserin war Mitglied der LPG "H. J.", K. (im folgenden: LPG). Am 22. Oktober 1991 beschloß die Generalversammlung der LPG, die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft in eine eingetragene Genossenschaft, die Antragsgegnerin, umzuwandeln. Im Umwandlungsbeschluß wurde den Mitgliedern der LPG gemäß näherer Aufgliederung eine Barabfindung für ihre Beteiligung angeboten. Im Hinblick auf die wirtschaftliche Situation der Antragsgegnerin sollte die Abfindung 20 % des errechneten Wertes der Beteiligung der ausscheidenden Mitglieder betragen.

Der Wert der Beteiligung der Erblasserin an der LPG war mit 72.996 DM errechnet. Auf dieser Grundlage einigte sich die Erblasserin am 22. Oktober 1991 mit der Antragsgegnerin, ihre Beteiligung an der Antragsgegnerin auf 73 Anteile à 1.000 DM zu bestimmen. Am 4. März 1992 wurde die Antragsgegnerin in das Genossenschaftsregister eingetragen.

Die Antragsteller machen geltend, der Erblasserin sei keine angemessene Barabfindung angeboten worden. Sie haben beantragt, die anzubietende Barabfindung auf 63.709,68 DM zu bestimmen. Das Landwirtschaftsgericht hat dem Antrag stattgegeben, das Oberlandesgericht hat ihn auf die Beschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Antragsteller, mit der sie die Wiederherstellung der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts erstreben.

II.

Das Beschwerdegericht verneint ein Recht der Antragsteller auf Bestimmung der angemessenen Barabfindung durch das Gericht. Es meint, eine gerichtliche Bestimmung komme nicht mehr in Betracht, weil die Erblasserin die ihr angebotene Abfindung nicht innerhalb der Frist von § 36 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG abgelehnt, sondern sich mit der Antragsgegnerin über die Fortsetzung ihrer Mitgliedschaft und die Höhe ihrer Anteile an dem Unternehmen geeinigt habe.

III.

Die Rechtsbeschwerde ist schon deshalb nicht begründet, weil der Antrag auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Barabfindung nicht innerhalb der von § 36 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG bestimmten Frist gestellt worden ist.

Die Aufhebung des Gesetzes über die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften durch das Landwirtschaftsanpassungsgesetz machte die Umwandlung der bestehenden Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften notwendig (§ 69 LwAnpG). Die mit der Umwandlung verbundene grundlegende Umgestaltung der Rechte und Pflichten der Mitglieder der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften gebietet es, jedem Mitglied, das die Umwandlung nicht mit vollziehen will, das Ausscheiden aus dem umgewandelten Unternehmen anzubieten (vgl. zum Umwandlungsgesetz Dehmer, Umwandlungsgesetz und Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 207 UmwG Rdn. 1; Kallmeyer/Meister/Klöcker, Umwandlungsgesetz, 2. Aufl., § 207 Rdn. 3; Lutter/Decher, Umwandlungsgesetz, 2. Aufl., § 207 Rdn. 5). Das Angebot muß auf den Erwerb der Anteile oder Mitgliedschaftsrechte an dem umgewandelten Unternehmen gehen. Ist dem umgewandelten Unternehmen aufgrund seiner Rechtsform der Erwerb eigener Anteile verwehrt, ist es auf Barabfindung gegen Ausscheiden zu richten. Der Umwandlungsbeschluß muß den angemessenen Betrag für den Anteilserwerb bzw. die Abfindung der Mitgliedschaft enthalten (§ 36 Abs. 1 Satz 1, 2 LwAnpG). Wird geltend gemacht, der angebotene Betrag sei zu niedrig, ist die angemessene Abfindung auf Antrag durch das Gericht zu bestimmen (§ 37 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG).

Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung einer Frist, innerhalb deren der Antrag gestellt werden muß. Durch Beschluß vom 22. Februar 1994, BLw 98/93, hat der Senat hierzu entschieden, daß der Antrag auf gerichtliche Bestimmung ohne Einhaltung einer Frist gestellt werden kann, wenn der Umwandlungsbeschluß keine Regelung der Barabfindung enthält (BGHZ 125, 166, 169 ff). Im Beschluß vom 1. Juli 1994, BLw 105/93, AgrarR 1995, 23 ff, hat der Senat allgemein formuliert, der Antrag auf gerichtliche Bestimmung der angemessenen Barabfindung sei nicht fristgebunden. Im Beschluß vom 8. September 1995, BLw 28/95, hat der Senat den Beschluß vom 1. Juli 1994 unter Hinweis auf den Beschluß vom 22. Februar 1994 dahin zitiert, daß für die Antragstellung jedenfalls dann keine Frist bestehe, wenn der Umwandlungsbeschluß kein Barabfindungsgebot enthält, und dem den Fall gleichgesetzt, daß der Umwandlungsbeschluß zwar ein Barabfindungsangebot aufweist, die Höhe der angebotenen Abfindung jedoch nicht erkennbar macht (BGHZ 131, 260, 262 f).

An der weitergehenden Aussage im Beschluß vom 1. Juli 1994 hält der Senat nicht fest. Erfolgt das Angebot der Abfindung im Umwandlungsbeschluß ordnungsgemäß, beziffert oder in von den Mitgliedern berechenbarer Weise und wird nur die Höhe des Angebots zur gerichtlichen Überprüfung gestellt, muß der Antrag auf gerichtliche Bestimmung innerhalb der in § 36 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG bestimmten Frist gestellt werden. Das Angebot einer Abfindung beschränkt die wirtschaftliche Dispositionsfreiheit des umgewandelten Unternehmens nachhaltig. Aus diesem Grund kann das Angebot nur zeitlich begrenzt angenommen werden (§ 36 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG, § 209 Satz 1 UmwG). Dasselbe gilt für den Antrag auf gerichtliche Bestimmung der Höhe der Barabfindung, soweit die ordnungsgemäß angebotene Abfindung von einem Mitglied als zu niedrig erachtet wird (Neixler/Schramm/Behr, AgrarR 1993, 65, 70; zum UmwG Ganske, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., Textausgabe des Umwandlungsgesetzes mit Begründungen der Regierungsentwürfe, S. 234, 87; Lutter/Decher, § 212 UmwG Rdn. 4; Kallmeyer/Meister/Klöcker, § 212 UmwG Rdn. 7; unklar Nies in Rechtshandbuch Vermögen und Investitionen in der ehemaligen DDR, § 37 LwAnpG Rdn. 5). Das gerichtliche Verfahren dient in diesem Falle allein dazu, die Angemessenheit des Angebots zu prüfen. Die Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung darf jedoch nicht dazu führen, die Frist zur Disposition über die Mitgliedschaft auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Ansonsten würde das Risiko der Teilhabe der Mitglieder an der wirtschaftlichen Entwicklung des umgewandelten Unternehmens auf Dauer von seinen Mitgliedern ferngehalten. Das umgewandelte Unternehmen hätte auf unbegrenzte Zeit damit zu rechnen, nach einer gerichtlichen Bestimmung einer anderen als der im Umwandlungsbeschluß angebotenen Abfindung seinen Mitgliedern zahlungspflichtig zu werden. Seine wirtschaftliche Dispositionsfreiheit bliebe auf Dauer beschränkt. Nur soweit die gerichtliche Überprüfung zu einer vom Angebot der Genossenschaft abweichenden Festsetzung führt, muß dem antragstellenden Mitglied nach der Neubestimmung noch einmal Zeit für die Entscheidung gewährt werden, das geänderte Angebot anzunehmen und aus der Genossenschaft auszuscheiden oder in dieser zu verbleiben (§ 36 Abs. 2 Satz 2 LwAnpG, § 209 Satz 2 UmwG).

Könnte der Antrag auf gerichtliche Bestimmung zeitlich unbeschränkt gestellt werden, liefe die in § 36 Abs. 2 Satz 1 LwAnpG bestimmte Frist im wesentlichen leer. Der Schutz, den die Bestimmung dem umgewandelten Unternehmen gewährt, tritt nur dort zurück, wo die Abfindung nicht ordnungsgemäß angeboten ist oder es an einem Angebot überhaupt fehlt. Auf diese Umstände kann die Anfechtung des Umwandlungsbeschusses gestützt werden (§ 37 Abs. 2 Satz 2 LwAnpG). Insoweit besteht daher kein Anlaß, die umgewandelte Genossenschaft durch eine kürzere Antragsfrist zu schützen.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.

Ende der Entscheidung

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