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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.10.2006
Aktenzeichen: I ZB 113/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 720a | |
ZPO § 807 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 26. Oktober 2006
in dem Zwangsvollstreckungsverfahren
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Oktober 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Pokrant, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann
beschlossen:
Tenor:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Gießen - 7. Zivilkammer - vom 28. September 2005 wird auf Kosten des Schuldners zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.500 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Gläubigerin hat gegen den Schuldner das gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbare Urteil des Landgerichts B. vom 24. September 2004 (Aktenzeichen: 8 O 501/98) erwirkt. Sie betreibt aus der vollstreckbaren Ausfertigung dieses Urteils gegen den Schuldner, der Rechtsanwalt ist, die Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO. Die Gläubigerin hat beantragt, den Schuldner zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß § 807 ZPO zu laden. Dieser hat gegen seine Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung Widerspruch erhoben, den er im Wesentlichen damit begründet hat, dass die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Verfahren der Sicherungsvollstreckung nicht verlangt werden könne.
Das Amtsgericht (Vollstreckungsgericht) hat den Widerspruch zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Schuldner seinen Widerspruch gegen die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung weiter. Die Gläubigerin hat sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.
II. Die gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Gläubigerin ist berechtigt, gegen den Schuldner das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO zu betreiben.
1. Das Beschwerdegericht hat das Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung im Rahmen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO für zulässig erachtet. Es hat seine Annahme im Wesentlichen aus der Entstehungsgeschichte des § 720a ZPO hergeleitet. Darüber hinaus hat das Beschwerdegericht angenommen, der Zweck der Sicherungsvollstreckung, dem Gläubiger bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Titels eine Sicherung zu verschaffen, könne nur erreicht werden, wenn der Gläubiger die Möglichkeit habe, im Verfahren zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung das zur Sicherung seiner Forderung vorhandene Vermögen zu ermitteln. Der Beruf des Schuldners rechtfertige keine andere Beurteilung. Die dagegen gerichteten Angriffe der Rechtsbeschwerde haben keinen Erfolg.
2. a) Die Vorschrift des § 720a ZPO dient den Interessen des Gläubigers. Sie räumt ihm die Möglichkeit ein, aus einem auf Zahlung von Geld lautenden Urteil, das nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist, schon vor Erbringung der Sicherheit die Vollstreckung einzuleiten (§ 720a Abs. 1 ZPO). Die Bestimmung erlaubt dem Gläubiger zwar keine Befriedigung, wohl aber die Pfändung mit Rang wahrender Wirkung. Damit vervollständigt die Norm den Schutz des Gläubigers vor wirtschaftlichen Verlusten, die ihm durch ein Beiseiteschaffen der Haftungsmasse durch den Schuldner oder durch einen Vermögensverfall des Schuldners drohen (vgl. MünchKomm.ZPO/Krüger, 2. Aufl., § 720a Rdn. 1).
Die Frage, ob der Gläubiger aufgrund eines gegen Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärten Urteils im Rahmen der Sicherungsvollstreckung nach § 720a Abs. 1 ZPO ohne Sicherheitsleistung auch die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung durch den Schuldner gemäß § 807 ZPO verlangen kann, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten (die Frage bejahend: OLG Stuttgart NJW 1980, 1698; OLG Düsseldorf NJW 1980, 2717; OLG Hamm MDR 1982, 416; KG MDR 1989, 745; OLG Koblenz MDR 1991, 63, unter Aufgabe von NJW 1979, 2521; OLG Frankfurt am Main Rpfleger 1996, 468; OLG Hamburg MDR 1999, 255; MünchKomm.ZPO/Krüger aaO § 720a Rdn. 4; Zöller/Stöber, ZPO, 25. Aufl., § 720a Rdn. 7; Musielak/Lackmann, ZPO, 4. Aufl., § 720a Rdn. 4; Stein/Jonas/Münzberg, ZPO, 22. Aufl., § 720a Rdn. 5; Wieczorek/Schütze/Heß, ZPO, 3. Aufl., § 720a Rdn. 8; Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 720a Rdn. 8; Hölk, MDR 2006, 841; die Frage verneinend: LG Mainz JurBüro 1987, 926; LG Berlin Rpfleger 1980, 352; Fahlbusch, Rpfleger 1979, 248).
b) Wie der Bundesgerichtshof nach Erlass der angefochtenen Entscheidung im Rahmen eines Aussetzungsantrags nach Art. 46 EuGVVO entschieden hat (Beschl. v. 2.3.2006 - IX ZB 23/06, Rpfleger 2006, 328 = MDR 2006, 892), kann der Gläubiger im Rahmen der Sicherungsvollstreckung gemäß § 720a ZPO von dem Schuldner die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 807 ZPO verlangen, ohne selbst Sicherheit leisten zu müssen. Das folgt aus Sinn und Zweck der Vorschrift, die dem Gläubiger den Zugriff auf das Schuldnervermögen im Wege der Sicherungsvollstreckung eröffnet. Dem Gläubiger soll eine dem Arrest vergleichbare Sicherung verschafft werden, indem er auch vor einer Schmälerung der Haftungsmasse durch den Schuldner geschützt wird (BT-Drucks. 7/2729, S. 21, 45, 109 f.; 7/5250, S. 16). Dieser Zweck ist aber nur dann sicher zu erreichen, wenn der Schuldner auch im Rahmen der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO die eidesstattliche Versicherung abgeben muss. Denn nur auf diesem Wege kann der Gläubiger zuverlässig ermitteln, ob der Schuldner Vermögen besitzt, auf das er im Wege der Sicherungsvollstreckung zugreifen kann (BGH Rpfleger 2006, 328, 329; OLG Hamburg MDR 1999, 255; MünchKomm.ZPO/Krüger aaO § 720a Rdn. 4). Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung ist eine zweckgerichtete Maßnahme zur Vorbereitung zulässiger, hier auf Sicherung beschränkter, Vollstreckungszugriffe. Aus vergleichbaren Erwägungen ist allgemein anerkannt, dass der dingliche Arrest ein zur Herbeiführung der Offenbarungsversicherung genügender Titel ist (BGH Rpfleger 2006, 328, 329, m.w.N.).
Den Eintritt eventueller Nachteile kann der Schuldner dadurch abwenden, dass er Schutzanträge nach §§ 712, 714 ZPO stellt. Darüber hinaus kann er von der Abwendungsbefugnis gemäß § 720a Abs. 3 ZPO Gebrauch machen und im Übrigen bei einer entsprechenden Sachlage gegebenenfalls auch darlegen, dass das Verlangen des Gläubigers nach Abgabe der eidesstattlichen Versicherung rechtsmissbräuchlich sei, weil dieser bereits in anderer Weise hinreichend gesichert sei (OLG Hamburg MDR 1999, 255; Hölk aaO S. 842). Für einen weitergehenden Schuldnerschutz besteht keine Notwendigkeit. Dementsprechend unterliegt die Vorschrift des § 720a ZPO auch keinen ernstlichen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. Hölk aaO S. 842).
III. Danach war die Rechtsbeschwerde des Schuldners mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
Ende der Entscheidung
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