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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 05.06.2003
Aktenzeichen: I ZB 43/02
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 50 Abs. 1 Nr. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

I ZB 43/02

vom

5. Juni 2003

in der Rechtsbeschwerdesache

betreffend das Löschungsverfahren der Marke Nr. 396 44 337

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. Juni 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert

beschlossen:

Tenor:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluß des 30. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 20. November 2002 wird auf Kosten der Markeninhaberin zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 ? festgesetzt.

Gründe:

I. Für die Markeninhaberin ist seit dem 13. März 1997 die Marke "Energieketten" für die Waren

Gelenkige Ketten und Rohre aus Metall zur Aufnahme und Führung von Schläuchen, elektrischen Leitungen und Lichtleitungen; Zwischenstege zur Einteilung des Aufnahmeraums für solche Ketten und Rohre; Führungsrinnen aus Metall für derartige Ketten und Rohre; Zugentlastungsschellen, Kammleisten mit Kabelbändern, Zahn- und Schneidklemmen aus Metall; gelenkige Ketten und Rohre aus Kunststoff zur Aufnahme und Führung von Schläuchen, elektrischen Leitungen und Lichtleitungen; Zwischenstege aus Kunststoff zur Einteilung des Aufnahmeraums derartiger Ketten und Rohre; Führungsrinnen aus Kunststoff für derartige Ketten und Rohre; Zugentlastungsschellen, Kammleisten mit Kabelbändern, Zahn- und Schneidklemmen aus Kunststoff in das Markenregister eingetragen.

Die Antragstellerinnen haben die Löschung der Marke beantragt. Sie haben die Auffassung vertreten, bei dem Wort "Energieketten" handele es sich um einen seit langem eingeführten Fachbegriff, der für die beanspruchten Waren beschreibend und damit freihaltebedürftig sei.

Die Markeninhaberin hat den Löschungsanträgen widersprochen.

Die zuständige Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die angegriffene Marke gelöscht. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin ist erfolglos geblieben.

Mit der (nicht zugelassenen) Rechtsbeschwerde rügt sie eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Die Antragstellerin zu 2 beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

II. Das Bundespatentgericht hat angenommen, die Marke "Energieketten" sei wegen Nichtigkeit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG zu löschen, weil sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden sei und diese Schutzhindernisse gegenwärtig fortbestünden (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Dazu hat es ausgeführt:

Bei der Marke "Energieketten" handele es sich um eine Angabe, die im Verkehr zur Bezeichnung der von der Marke erfaßten Waren diene oder dienen könne. Die Angabe sei daher freihaltebedürftig. Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weil erhebliche Teile des Verkehrs in der Bezeichnung wegen ihres beschreibenden Inhalts eine Sachangabe und nicht einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Erzeugnisse sähen.

III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist statthaft. Das Bundespatentgericht hat sie zwar nicht zugelassen. Ihre Statthaftigkeit folgt jedoch daraus, daß ein im Gesetz aufgeführter, die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde eröffnender Verfahrensmangel gerügt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 2.10.2002 - I ZB 27/00, GRUR 2003, 546 = WRP 2003, 655 - TURBO-TABS, m.w.N.). Hier beruft sich die Rechtsbeschwerde auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG).

Darauf, ob die Rüge durchgreift, kommt es für die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde nicht an (BGH GRUR 2003, 546, 547 - TURBO-TABS).

2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet, weil der gerügte Verfahrensverstoß nicht gegeben ist. Sie beanstandet ohne Erfolg eine Verletzung des Gebots der Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 83 Abs. 3 Nr. 3 MarkenG).

a) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, das Bundespatentgericht habe in dem angefochtenen Beschluß entscheidungserhebliches Vorbringen der Markeninhaberin nicht in seine Erwägungen einbezogen. Die Markeninhaberin habe vorgetragen, bei der Bezeichnung "Energieketten" handele es sich um einen Fachbegriff für Energiekreisläufe oder einen Teil derselben, der insbesondere die Produktion, Umwandlung, Lagerung, Beförderung, Verteilung und den Verbrauch verschiedener Energieformen umfasse. Dieser Fachbegriff werde in der Energietechnik, -wirtschaft und -politik - und ebenso für Energiezyklen (wie beispielsweise Nahrungsketten) sowie in der Biologie - verwendet. Zwischen dem biologisch-physikalischen Bedeutungsgehalt des Begriffs "Energieketten" im dargestellten Sinne und den Waren, für welche die gleichlautende Wortmarke eingetragen sei, bestehe keinerlei sachlicher oder begrifflicher Zusammenhang.

Der Sachvortrag der Markeninhaberin zum Bedeutungsgehalt des Begriffs "Energieketten" sei entscheidungserheblich. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung lasse nicht erkennen, daß das Bundespatentgericht das entscheidungserhebliche Vorbringen der Markeninhaberin zum biologisch-physikalischen Bedeutungsgehalt des Begriffs "Energieketten" überhaupt erwogen habe.

b) Damit dringt die Rechtsbeschwerde nicht durch. Die Vorschrift des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, daß sie Gelegenheit haben, sich zu dem der gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt und zur Rechtslage zu äußern, und daß das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und in Erwägung zieht (BVerfGE 86, 133, 144). Dies ist im Streitfall geschehen.

Ein Verstoß des Bundespatentgerichts gegen Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich nicht daraus, daß es sich mit dem in Rede stehenden Vortrag der Markeninhaberin nicht ausdrücklich in den Beschlußgründen auseinandergesetzt hat. Dies war schon deshalb entbehrlich, weil das von der Rechtsbeschwerde in Bezug genommene Vorbringen der Markeninhaberin nicht entscheidungserheblich war (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.1996 - I ZB 8/96, GRUR 1997, 223, 224 = WRP 1997, 560 - Ceco; Beschl. v. 30.1.1997 - I ZB 3/95, GRUR 1997, 637, 638 f. = WRP 1997, 762 - Top Selection). Das Bundespatentgericht hat festgestellt, daß der Begriff "Energieketten" für den Bereich der beanspruchten Waren eine rein beschreibende Sachangabe darstellt. Diese Feststellung hat es unter anderem auf eine Vielzahl von zur Akte gereichten Patentschriften gestützt, bei denen das Anmeldedatum jeweils vor dem Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke lag. Die Beurteilung des Bundespatentgerichts, deren Richtigkeit im Verfahren der zulassungsfreien Rechtsbeschwerde nicht zu überprüfen ist, daß es der Marke "Energieketten" deshalb an jeglicher Unterscheidungskraft fehle und insoweit auch ein Freihaltebedürfnis bestehe, wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß dem Wort "Energieketten" daneben auch noch ein anderer Bedeutungsinhalt zukommt. Die Rechtsbeschwerde weist selbst zutreffend darauf hin, daß die Frage nach einem etwaigen Freihaltebedürfnis und der Unterscheidungskraft einer Bezeichnung jeweils konkret bezogen auf die Waren und Dienstleistungen beantwortet werden muß, für welche die Marke angemeldet worden ist. An diesen Beurteilungsmaßstab hat sich das Bundespatentgericht gehalten.

IV. Danach war die Rechtsbeschwerde auf Kosten der Markeninhaberin (§ 90 Abs. 2 MarkenG) zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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