Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 14.05.1998
Aktenzeichen: I ZB 9/96
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 43 Abs. 1
MarkenG § 82
DRAGON

MarkenG § 43 Abs. 1

Die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ist auch dann zulässig, wenn die Widerspruchsmarke im Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung des jüngeren Zeichens bereits seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist.

MarkenG § 82

Die Frage der Benutzung einer Marke unterliegt im Widerspruchsverfahren dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz; demnach sind, wenn die Einrede der mangelnden Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG erstmals im Beschwerdeverfahren erhoben wird, die für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend heranzuziehen.

BGH, Beschl. v. 14. Mai 1998 - I ZB 9/96 - Bundespatentgericht


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

I ZB 9/96

Verkündet am: 14. Mai 1998

Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in der Rechtsbeschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung A 53 320/34 Wz

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Mai 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Prof. Dr. Ullmann, Starck und Pokrant

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Anmelderin wird der Beschluß des 26. Senats (Marken-Beschwerdesenats III) des Bundespatentgerichts vom 22. November 1995 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000,-- DM festgesetzt.

Gründe:

I. Die Anmelderin begehrt mit ihrer am 13. Oktober 1992 eingereichten Anmeldung Schutz für das Wortzeichen

"RACOON"

für die Waren "Zigarren, Zigaretten; Rauchtabak; Raucherartikel, nämlich Tabakdosen, Zigarren- und Zigarettenspitzen, Zigarren- und Zigarettenetuis, Aschenbecher, sämtliche vorgenannten Waren nicht aus Edelmetallen, deren Legierungen oder damit plattiert, Pfeifenständer, Pfeifenreiniger, Zigarrenabschneider, Pfeifen, Feuerzeuge, Taschenapparate zum Selbstdrehen von Zigaretten, Zigarettenpapier, Zigarettenfilter".

Der gemäß § 5 Abs. 2 WZG bekanntgemachten Anmeldung hat die Inhaberin des nachfolgend abgebildeten prioritätsälteren Warenzeichens Nr. 1 110 920, eingetragen seit dem 2. September 1987 u.a. für die Waren "Rauchtabak, Raucherartikel, nämlich Zigarettenpapier, Zigarettenfilter, Zigarettenhülsen" aus den Gründen des § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG widersprochen, und zwar bezüglich der Waren "Zigarren, Zigaretten, Rauchtabak; Raucherartikel: nämlich Zigarettenpapier, Zigarettenfilter".

Die Prüfungsstelle für Klasse 34 Wz des Deutschen Patentamts hat durch zwei Beschlüsse, einer hiervon ist im Erinnerungsverfahren ergangen, die zeichenrechtliche Übereinstimmung bejaht und dem angemeldeten Zeichen die Eintragung (insgesamt) versagt.

Die Beschwerde der Anmelderin ist erfolglos geblieben (BPatG GRUR 1996, 414).

Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Anmelderin ihr Eintragungsbegehren weiter.

II. Das Bundespatentgericht hat - unter Anwendung des neuen Markenrechts - markenrechtliche Verwechslungsgefahr bejaht und dazu ausgeführt: Bei jeweils deutscher Aussprache der einander gegenüberstehenden Marken bestehe im Hinblick auf die teils identischen, teils eng verwandten Waren und der zumindest beim Kauf von Tabakwaren mitunter herrschenden ungünstigen akustischen Übermittlungsbedingungen eine die Verwechslungsgefahr begründende Klangähnlichkeit.

Die von der Anmelderin im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Beschwerde erhobene Nichtbenutzungseinrede sei in jedem Fall verspätet erfolgt und daher nicht mehr zuzulassen gewesen.

III. Die infolge ihrer Zulassung statthafte und auch sonst zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Zutreffend ist das Bundespatentgericht nach dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 davon ausgegangen, daß im Streitfall auf den ursprünglich nach § 5 Abs. 4 Nr. 1 WZG erhobenen Widerspruch nunmehr die Vorschrift des § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG anzuwenden (§ 158 Abs. 2 Satz 2 MarkenG) und zu prüfen ist, ob das bekanntgemachte Zeichen der Anmelderin mit der prioritätsälteren Widerspruchsmarke nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG kollidiert und ihr deshalb die Eintragung versagt werden muß.

2. Der angefochtene Beschluß kann schon deshalb keinen Bestand behalten, weil er - wie die Rechtsbeschwerde mit Erfolg rügt - durch Bestätigung der Entscheidung der Prüfungsstelle die Eintragung des angemeldeten Zeichens rechtsfehlerhaft über den Umfang des Widerspruchs hinaus versagt hat.

Die Widersprechende hat ihren Widerspruch aus dem Zeichen Nr. 1 110 920 ausdrücklich auf die Waren "Zigarren, Zigaretten, Rauchtabak; Raucherartikel: nämlich Zigarettenpapier, Zigarettenfilter" beschränkt. Das Warenverzeichnis des angemeldeten Zeichens enthält darüber hinaus jedoch weitere Raucherartikel, die vom Widerspruch nicht erfaßt sind. Die Beschränkung des Widerspruchs haben sowohl die Prüfungsstelle des Deutschen Patentamts wie das Bundespatentgericht unbeachtet gelassen, obwohl sowohl unter der Geltung des Warenzeichengesetzes als auch unter den Vorschriften des Markengesetzes anerkannt ist, daß ein Widerspruch beschränkt auf bestimmte Waren des angemeldeten Zeichens eingelegt werden kann (vgl. Busse/Starck, Warenzeichengesetz, 6. Aufl., § 5 Rdn. 9 f.; Althammer/Ströbele, Markengesetz, § 42 Rdn. 29; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 42 Rdn. 17). Die Beschränkung des Widerspruchs auf die vorangehend aufgeführten Waren ergibt sich eindeutig aus der Widerspruchsschrift, in der angeführt ist, daß sich der Widerspruch gegen die besonders erwähnten Waren richte.

Da angesichts der Fristgebundenheit des Widerspruchs eine spätere Erweiterung des in ihm enthaltenen Angriffs gegen die angemeldete Marke nach Ablauf der Widerspruchsfrist nicht zulässig ist (vgl. BPatG Mitt 1975, 85), kann für den Umfang des Widerspruchs auch nichts daraus hergeleitet werden, daß die Widersprechende die Entscheidung der Prüfungsstelle im Beschwerdeverfahren verteidigt hat und sich (möglicherweise) diese Entscheidung auch in dem ausgesprochenen Umfang hat zu eigen machen wollen.

3. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG kann eine bekanntgemachte Warenzeichenanmeldung im Fall eines Widerspruchs nicht eingetragen werden (§ 42 Abs. 2 Nr. 1, § 158 Abs. 2 MarkenG), wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfaßten Waren für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, daß die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Das Bundespatentgericht hat die Waren teils für identisch und teils für ähnlich gehalten und wegen der Ähnlichkeit der Marken Verwechslungsgefahr angenommen. Diese Beurteilung hält - soweit sich der Widerspruch auf die besonders bezeichneten Waren erstreckt - der rechtlichen Nachprüfung stand.

Zutreffend - und von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen - ist das Bundespatentgericht von teils identischen, teils eng verwandten Waren der einander gegenüberstehenden Marken ausgegangen.

Das Bundespatentgericht hat des weiteren im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, daß die Widerspruchsmarke in ihrem Gesamteindruck von dem Wortbestandteil "DRAGON" geprägt ist. Es ist weiter davon ausgegangen, daß zwischen den Wörtern "DRAGON" und "RACOON" bei jeweils deutscher Aussprache eine die Verwechslungsgefahr begründende Klangähnlichkeit bestehe. Das rügt die Rechtsbeschwerde ohne Erfolg als erfahrungswidrig.

Das Bundespatentgericht hat aus der Tatsache, daß der deutsche Verkehr heute in der Regel Englisch spreche, nicht entnommen, daß die Masse der zum Teil weniger gebildeten Verbraucher, auf deren Verständnishorizont abzustellen sei, über Sprachkenntnisse verfüge, die über den weithin bekannten englischen Grundwortschatz hinausgehen. Es hat die in Frage stehenden Markenwörter diesem Grundwortschatz nicht zugerechnet und ist deshalb von einer Aussprache nach den Regeln der deutschen Sprache ausgegangen. Das kann aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden.

Die Rechtsbeschwerde kann sich bezüglich ihrer Annahme, der Verkehr werde, selbst wenn ihm, wovon auszugehen sei, die deutsche Bedeutung der Markenwörter nicht bekannt sei, einer englischen Aussprache befleißigen, schon deshalb nicht auf einen entsprechenden Erfahrungssatz berufen, weil allenfalls das Wort "RACOON" angesichts des verdoppelten "o" einen Hinweis auf die englische Sprache enthalten mag, das Wort "DRAGON" aber, wie das Bundespatentgericht festgestellt hat, vom deutschen Verkehr eher wie eine deutsche Phantasiebezeichnung verstanden wird. Muß hiervon ausgegangen werden, ist auch die Annahme einer deutschen Aussprache naheliegend, zumal, wie das Bundespatentgericht zutreffend angeführt hat, der weniger gebildete Teil des Verkehrs in der Regel keine weiteren Überlegungen über die sprachliche Herkunft einer Kennzeichnung anstellt. Dementsprechend bedurfte es keiner weiteren Feststellungen zur Frage der Aussprache des Wortes "RACOON", zumal das Bundespatentgericht auch hätte heranziehen können, daß englische Wörter in einzelnen Verkehrskreisen auch dann durchaus nach deutschen Ausspracheregeln ausgesprochen werden, wenn die Herkunft des Wortes aus der englischen Sprache und dessen korrekte Aussprache bekannt sind.

4. Das Bundespatentgericht hat die von der Anmelderin im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Beschwerde erhobene Einrede der Nichtbenutzung des Widerspruchszeichens gemäß § 82 MarkenG i.V. mit §§ 523, 282 Abs. 2, § 296 Abs. 2 ZPO für seine Entscheidung unberücksichtigt gelassen, weil die Anmelderin im Beschwerdeverfahren nach dem vorausgegangenen Verfahrensgang nicht mehr ohne grobe Mißachtung ihrer Sorgfaltspflicht darauf hätte vertrauen dürfen, daß das Beschwerdegericht sich ihrer Auffassung zur Frage der Verwechslungsgefahr anschließen würde und weil die Zulassung der somit verspätet erhobenen Einrede im Hinblick auf die der Widersprechenden noch zu gewährende Gelegenheit einer Stellungnahme den Abschluß des Verfahrens auch verzögert hätte. Die hiergegen von der Rechtsbeschwerde erhobenen Rügen greifen durch.

Rechtsfehlerfrei ist das Bundespatentgericht davon ausgegangen, daß sich die Frage der Benutzung gemäß § 158 Abs. 3 MarkenG im Streitfall nach § 43 Abs. 1 MarkenG bestimmt. Des weiteren hat es in nicht zu beanstandender Weise angenommen, daß es sich bei dem Bestreiten der Benutzung der Widerspruchsmarke um einen Verfahrensvorgang handelt, der, wie der Begründung zum Regierungsentwurf des Markengesetzes zu entnehmen ist (BT-Drucks. 12/6581, S. 92), der bis dahin geltenden Regelung in § 5 Abs. 7 WZG im wesentlichen entspricht und deshalb ebenso zu beurteilen ist. Daraus folgt, daß die Frage der Benutzung einer Widerspruchsmarke dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz unterliegt und damit eine Ausnahme von dem das patentamtliche und patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Grundsatz darstellt, daß der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und das Vorbringen der Beteiligten bis zum Erlaß der Entscheidung in jeder Lage des Verfahrens zu berücksichtigen ist (vgl. § 12 Abs. 1 WZG i.V. mit § 46 PatG, § 13 Abs. 3 WZG i.V. mit § 87 PatG; § 59 Abs. 1, § 73 Abs. 1 MarkenG). Daraus hat das Bundespatentgericht zutreffend abgeleitet, daß die Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke in entsprechender Anwendung der Vorschriften der Zivilprozeßordnung als verspätet zurückgewiesen werden kann (vgl. BPatGE 17, 151; 19, 202; 23, 158).

Danach sind, wenn die Einrede der mangelnden Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG erstmals im Beschwerdeverfahren erhoben wird, die für die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel im Berufungsverfahren geltenden Vorschriften entsprechend heranzuziehen, weil es sich bei dem patentgerichtlichen Beschwerdeverfahren um eine zweite - nunmehr gerichtliche - Tatsacheninstanz handelt, die durch die Beschwerde als einem echten Rechtsmittel eröffnet wird (vgl. BGH, Beschl. v. 29.4.1969 - X ZB 14/67, GRUR 1969, 562, 563 - Appreturmittel; Beschl. v. 10.1.1995 - X ZB 11/92, GRUR 1995, 333, 337 - Aluminium-Trihydroxid).

Nach § 296 Abs. 2 ZPO können Angriffs- und Verteidigungsmittel, die entgegen § 282 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig mitgeteilt werden, zurückgewiesen werden, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und die Verspätung auf grober Nachlässigkeit beruht. Der Annahme des Bundespatentgerichts, die Anmelderin habe dadurch ihre prozessuale Sorgfaltspflicht grob mißachtet, daß sie die Einrede der Nichtbenutzung erst im Termin zur mündlichen Verhandlung über die Beschwerde angebracht habe, kann auf der gegebenen Tatsachengrundlage nicht beigetreten werden.

Das Bundespatentgericht hat unentschieden gelassen, ob die Einrede der mangelnden Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, auf die die Anmelderin sich durch ihren Hinweis auf das neue Recht bezogen hat, zulässig erhoben worden ist. Die vom Bundespatentgericht hierzu unter Bezugnahme auf einen Beschluß des 24. Senats des Bundespatentgerichts (BPatGE 35, 40 = GRUR 1995, 588, 589) geäußerten Zweifel greifen nicht durch.

Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hat der Widersprechende im Fall, daß der Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung nach der Veröffentlichung der Eintragung des angemeldeten Zeichens endet und die Anmelderin die Benutzung bestreitet, glaubhaft zu machen, daß die Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Dieser Wortlaut läßt, wie auch das Bundespatentgericht (aaO) nicht verkennt, die Auslegung zu, daß damit auch die Fälle erfaßt werden sollen, in denen die Benutzungsschonfrist (Fünfjahresfrist seit Eintragung) bereits vor Eintragung des jüngeren angegriffenen Zeichens abgelaufen ist. Es hat allerdings angenommen, daß eine einschränkende Auslegung von § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erforderlich sei, weil der Gesetzgeber die Einrede der Nichtbenutzung nur in den Fällen habe eröffnen wollen, in denen sie bisher wegen der bei Eintragung bzw. Bekanntmachung des angemeldeten Zeichens noch nicht abgelaufenen Benutzungsschonfrist auf Dauer ausgeschlossen gewesen sei. Dieser Auffassung kann nicht beigetreten werden. Sie verkürzt die Rechte der Anmelder im Widerspruchsverfahren entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, ohne daß für eine derartige Einschränkung hinreichende Anhaltspunkte aus dem Willen des Gesetzgebers oder einer sonst interessengemäß erforderlichen Differenzierung unterschiedlicher Fallgestaltungen erkennbar wird.

Bei der Auslegung von § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ist zu berücksichtigen, daß der dort verwendete Begriff "Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung", der in gleicher Weise in anderen Vorschriften (§ 25 Abs. 2 Satz 2 oder § 55 Abs. 3 Satz 2 MarkenG) verwendet wird, keine Bezugnahme auf die (ursprüngliche) fünfjährige Schonfrist enthält, die - an anderen Stellen - mit der Umschreibung "sofern sie zu diesem Zeitpunkt seit mindestens fünf Jahren eingetragen ist" umschrieben wird (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 1, § 25 Abs. 2 Satz 1, § 55 Abs. 3 Satz 1 MarkenG). Der Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG erfaßt demgemäß auch die im Satz 1 der genannten Vorschrift geregelten Fälle. Für die Auslegung kann es - anders als das Bundespatentgericht (aaO) gemeint hat - nicht darauf ankommen, ob noch zusätzliche Anhaltspunkte für dieses Verständnis zu finden sind. Vielmehr ist vom Wortlaut der Bestimmung auszugehen. Auch unter Berücksichtigung der Bedeutung des Benutzungszwangs, die Rolle für weitere Eintragungen weitgehend offenzuhalten, kann nicht angenommen werden, eine Marke sei im Widerspruchsverfahren zu löschen, obwohl voraussehbar ist, daß das Recht aus der Widerspruchsmarke wegen Nichtbenutzung letztlich nicht durchsetzbar ist, vielmehr mit der Eintragungsbewilligungsklage die Eintragung des im Widerspruchsverfahren gelöschten Zeichens durchgesetzt werden kann. Die Erwägung des Bundespatentgerichts, der Gesetzgeber könne nicht vorgesehen haben, daß in einem länger dauernden Verfahren der Widersprechende gegebenenfalls mehrfach die Einrede der Nichtbenutzung zu widerlegen habe, ist demgegenüber keine tragfähige Begründung.

Zutreffend weisen Ingerl/Rohnke (aaO, § 43 Rdn. 11) auch darauf hin, daß die vom Bundespatentgericht (aaO) vorgenommene einschränkende Auslegung von § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG - anders als es das Bundespatentgericht gesehen hat - Art. 10, 11 MarkenRL widersprechen würde. Denn nach diesen Bestimmungen ist das Recht aus der älteren Marke schon dann nicht durchsetzbar, wenn die Voraussetzung des Art. 10 Abs. 1 MarkenRL, nämlich die (nicht gerechtfertigte) Nichtbenutzung der älteren Marke, vorliegt.

Durfte demnach die Anmelderin nach Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 die Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG im Fall, daß die Fünfjahresfrist erst nach der Bekanntmachung des angemeldeten Zeichens, aber vor dem Zeitpunkt der Entscheidung im Widerspruchsverfahren abläuft, bestreiten, kann dieses Verhalten nicht als Verletzung der prozessualen Sorgfaltspflicht angesehen werden.

Daß der in Frage stehende Fünfjahreszeitraum der Nichtbenutzung bereits früher, nämlich schon im Laufe des Beschwerdeverfahrens oder schon im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Markengesetzes abgelaufen war, die Anmelderin dies gewußt und sie deshalb die Einrede der mangelnden Benutzung schon früher hätte erheben können, hat das Bundespatentgericht nicht festgestellt.

5. Demnach wird das Bundespatentgericht im neueröffneten Beschwerdeverfahren die Beschränkung des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke zu beachten und der Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nachzugehen haben.

IV. Der angefochtene Beschluß war danach aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückzuverweisen (§ 89 Abs. 4 MarkenG).

Ende der Entscheidung

Zurück