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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 10.08.2006
Aktenzeichen: I ZB 99/05
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO
Vorschriften:
BRAGO § 57 | |
BRAGO § 58 | |
ZPO § 887 Abs. 1 | |
ZPO § 887 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 10. August 2006
in der Rechtsbeschwerdesache
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Prof. Dr. Bornkamm, Dr. Büscher, Dr. Schaffert und Dr. Bergmann
am 10. August 2006
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 2. August 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 1.969,68 € festgesetzt.
Gründe:
I. Die Beklagten sind gemäß Teilanerkenntnisurteil des Landgerichts vom 26. September 2002 verurteilt worden, bezüglich in ihrem Sondereigentum stehender Einheiten Auskunft zu erteilen durch eine prüffähige Flächen- und Kubaturberechnung samt Bereichszuordnungen für die Nutzungsarten Wohn-, Sozial- und Bürofläche, Produktionsräume und Lagerflächen. Die zu erteilenden Auskünfte waren durch die maßgeblichen Grundriss- und Schnittzeichnungen zu belegen. Mit Beschluss des Landgerichts vom 27. April 2004 ist die Klägerin ermächtigt worden, die Auskunftserteilung gemäß dem Teilanerkenntnisurteil auf Kosten der Beklagten zu 1, 5 bis 9 und 12 vornehmen zu lassen. Jedem Beklagten wurde die Vorauszahlung eines bestimmten Geldbetrages aufgegeben. Gegen diesen Beschluss haben die betroffenen Beklagten sofortige Beschwerde eingelegt, die vom Oberlandesgericht zurückgewiesen wurde.
Die Klägerin hat nunmehr Kostenfestsetzung für das Ermächtigungsverfahren erster Instanz und für das Beschwerdeverfahren beantragt. Sie geht davon aus, dass hinsichtlich jedes betroffenen Antragsgegners eine besondere Angelegenheit vorliegt.
Das Landgericht ist hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens von einer einzigen Angelegenheit ausgegangen. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr in den Vorinstanzen erfolgloses Kostenfestsetzungsbegehren weiter.
II. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, im vorliegenden Fall liege unabhängig davon, ob bei einer Zwangsvollstreckung gegen mehrere Schuldner grundsätzlich jede Vollstreckung gegen einen anderen Schuldner eine besondere Angelegenheit bilde, eine einzige Angelegenheit vor. Eine solche sei dann gegeben, wenn ein gerichtliches Verfahren stattfinde, in dem der Gläubiger ermächtigt werde, auf Kosten des Schuldners die von diesem geschuldete Handlung vornehmen zu lassen, und der Schuldner zur Leistung eines Kostenvorschusses verurteilt werde (§ 887 Abs. 2 ZPO). Hier werde - wenn auch im Rahmen der Zwangsvollstreckung - erst im kontradiktorischen Verfahren vor dem Prozessgericht, nicht vor dem Vollstreckungsgericht, ein Titel geschaffen. Es bestehe kein Grund, die Kostentragung hier anders zu behandeln als die Verurteilung von Gesamtschuldnern in einem normalen Klageverfahren. Dort falle die Gebühr für den Prozessbevollmächtigten des Klägers nur einmal an.
III. Die Rechtsbeschwerde ist nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache.
1. Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, so wiedergeben, dass dem Rechtsbeschwerdegericht eine rechtliche Überprüfung möglich ist (BGH, Beschl. v. 7.4.2005 - IX ZB 63/03, WM 2005, 1246; Beschl. v. 10.1.2006 - VI ZB 26/05, WRP 2006, 480 m.w.N.). Im vorliegenden Fall lässt der angefochtene Beschluss nicht erkennen, gegen welche der im Rubrum genannten zwölf Beklagten und in welcher Höhe die Antragstellerin Kostenfestsetzung begehrt hat. Den Ausführungen unter Ziffer I. der Gründe der angefochtenen Entscheidung ist zwar zu entnehmen, dass lediglich die "betroffenen" Beklagten als Beschwerdeführer an dem Verfahren vor dem Oberlandesgericht beteiligt waren, dessen Kosten Gegenstand des Kostenfestsetzungsbegehrens der Antragstellerin sind. Um welche der zwölf Beklagten des Ausgangsverfahrens es sich dabei handelt, kann der angefochtenen Entscheidung jedoch nicht entnommen werden, da auch im Rubrum die Klägerin und sämtliche Beklagte nur mit dieser Parteibezeichnung aufgeführt sind. In der Begründung der Rechtsbeschwerde werden allerdings die Beklagten zu 1, 5 bis 9 und 12 als diejenigen beteiligten Beklagten benannt, gegen die sich das Kostenfestsetzungsbegehren der Antragstellerin richtet. Es ist daher davon auszugehen, dass auch nur diese Beklagten Rechtsbeschwerdegegner sein sollen. Da sich die Parteien des Rechtsbeschwerdeverfahrens somit (gerade noch) ermitteln lassen, kann offen bleiben, ob die angefochtene Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist, weil sie sowohl die Beteiligten als auch den Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, und schon deshalb wegen eines Verfahrensmangels nach § 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO aufzuheben ist. Denn der angefochtene Beschluss verletzt, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, das sachliche Recht. Die Verfahrensökonomie gebietet es, hierauf einzugehen und den Beschluss aus diesem Grunde aufzuheben.
2. Der Ansicht des Beschwerdegerichts, die Kosten, die in einem Verfahren auf einen nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO gestellten Antrag entstünden, seien nicht anders zu behandeln als die Kosten bei einer Verurteilung von Gesamtschuldnern in einem normalen Klageverfahren mit der Folge, dass die Gebühr nur einmal anfalle, kann nicht beigetreten werden. Mit der Rechtsbeschwerde ist von der Anwendbarkeit der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 368-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. I S. 390) auszugehen (§ 61 Abs. 1 RVG). Der Antrag nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO ist eine Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung i.S. der §§ 57, 58 BRAGO (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 33. Aufl., § 57 BRAGO Rdn. 40; v. Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 57 Rdn. 3, 21; Keller in Riedel/Sußbauer, BRAGO, 8. Aufl., § 58 Rdn. 30). Jeder gegen einen einzelnen von mehreren Schuldnern gerichtete Antrag stellt eine Vollstreckungsmaßnahme dar, die jeweils die Vollstreckungsgebühr des § 57 BRAGO anfallen lässt, da es sich um mehrere Angelegenheiten i.S. der § 57 Abs. 1, § 58 BRAGO handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 18.7.2003 - IXa ZB 146/03, NJW-RR 2003, 1581 m.w.N.). Für die Tätigkeit im Verfahren über Beschwerden in der Zwangsvollstreckung gemäß § 793 ZPO sind die §§ 57, 58 BRAGO gleichfalls anzuwenden (vgl. Hartmann aaO § 61 BRAGO Rdn. 1), so dass für das Beschwerdeverfahren bei einem Antrag nach § 887 Abs. 1 und 2 ZPO kein abweichender Begriff der Angelegenheit zugrunde zu legen ist. Die Beschwerdegebühr nach § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, die auch bei Beschwerden in der Zwangsvollstreckung anfällt (Hartmann aaO § 57 BRAGO Rdn. 1; v. Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert aaO § 61 Rdn. 2), kann bei einer Mehrheit von Beschwerden, selbst wenn von derselben Angelegenheit auszugehen wäre, grundsätzlich mehrfach entstehen, wie sich aus dem Vergleich mit der abweichenden Regelung für das Erinnerungsverfahren nach § 61 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BRAGO ergibt (Hartmann aaO § 61 BRAGO Rdn. 15; v. Eicken in Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert aaO § 61 Rdn. 12). Schließlich wären die Antragsgegner, soweit sie jeweils nur hinsichtlich der ihnen zustehenden Sondereigentumseinheit, also auf die Vornahme jeweils verschiedener Handlungen, in Anspruch genommen worden sein sollten, ohnehin keine Gesamtschuldner, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht geltend macht.
Ende der Entscheidung
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