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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 02.10.1997
Aktenzeichen: I ZR 105/95
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 15 Abs. 1 und 2
Dr. St. ... Nachf.

MarkenG § 15 Abs. 1 und 2

Eine infolge Fortführung durch einen nicht promovierten Kaufmann unrichtig gewordene sog. Doktorfirma wird vom Fortführenden befugt gebraucht, wenn dieser die Irreführung durch einen Nachfolgezusatz beseitigt; das gilt auch dann, wenn der Nachfolgezusatz erst nach Jahren und nach mehreren Nachfolgen beigefügt wird.

BGH, Urt. v. 2. Oktober 1997 - I ZR 105/95 OLG Hamburg LG Hamburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 105/95

Verkündet am: 2. Oktober 1997

Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 2. Oktober 1997 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Dr. Bornkamm

für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 6. April 1995 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, die jetzt als Dr. St. & Co. Nachf. GmbH firmiert, ist bundesweit und im europäischen Ausland tätig. Sie schließt "Partnerschaftsverträge" mit selbständigen Maklern, die berechtigt und verpflichtet sind, den Namen "Dr. St. & Co. Nachf." zu führen und für ihre Maklergeschäfte das gesamte Formularwesen und das System der Klägerin zu benutzen. Diese unterhält eine Rechnungsstelle und führt für die Partner das Inkasso aus. Dieses System wurde von dem ehemaligen Firmeninhaber H. E. entwickelt, von dem die Klägerin das Unternehmen gepachtet hat.

Die Klägerin ist 1974 als offene Handelsgesellschaft im Handelsregister des Amtsgerichts K. eingetragen worden; im Laufe des Revisionsverfahrens ist sie in eine GmbH umgewandelt worden. Sie geht auf eine Firma "Dr. St. & Co." zurück, die ein Dr. St. im Jahre 1912 in L. gegründet und bis in die zwanziger Jahre geführt hat. Danach übernahm sein Schwiegersohn F. das Unternehmen und führte es unter der gleichen Firma bis Februar 193I weiter. Von dem Kaufmann F. übernahm im Februar 1931 der Kaufmann H. E. das Unternehmen.

Bis zum Jahre 1937 wechselte der Inhaber des Unternehmens mehrfach, bis H. E. es wieder übernahm, ohne daß sich die Firma änderte. Seit 1960 wird die Firma - von einer Sitzverlegung in den Jahren 1964 bis 1974 unterbrochen - beim Handelsregister des Amtsgerichts K. geführt. Im Jahr 1967 wurde sie - noch vor Rechtskraft eines letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof entschiedenen Rechtsstreits (BGHZ 53, 65) - um einen Nachfolgezusatz auf "Dr. St. & Co. Nachf." erweitert.

Mit Pachtvertrag vom 31. Dezember 1974 verpachtete H. E. das Unternehmen zunächst an seinen Sohn M. E. und einen W. K. und mit einem weiteren Pachtvertrag vom 6. Oktober 1983, dessen Wirksamkeit zwischen den Parteien streitig ist, mit Wirkung vom l. Januar. 1986 an die Kaufleute Eig. und Ei. ; später trat der Dipl.-Volkswirt G. als weiterer Pächter hinzu. H. E. ist im August 1984 verstorben und wurde von seiner im Mai I994 verstorbenen Witwe F. E. und seinem Sohn M. E. beerbt.

Die Beklagte, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde im Mai 1991 von dem Dipl.-Kaufmann Dr. W. St. gegründet und im März 1992 in das Handelsregister des Amtsgerichts H. eingetragen. Sie firmiert als "Dr. St. & Co. Immobilien GmbH". Gegenstand des Unternehmens ist u.a. die Vermittlung von Immobilien im In- und Ausland. Die Beklagte ist nach demselben Vertriebssystem wie die Klägerin auf dem Immobilienmarkt tätig. Sie schließt "Kooperationsverträge" mit Maklern, die ihrerseits selbständig tätig werden. Im Jahre 1987 gab es geschäftliche Kontakte zwischen dem Geschäftsführer der Beklagten und der Klägerin mit dem Ziel, eine Partnerschaft einzugehen; diese ist jedoch nicht zustande gekommen.

Mit ihrer Klage erstrebt die Klägerin Unterlassung der Verwendung der Firma "Dr. St. & Co. Immobilien", deren Löschung im Handelsregister sowie Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung.

Die Klägerin hat vorgetragen, ihre prioritätsältere Firma sei mit der Firma "Dr. St. & Co. Immobilien" der Beklagten verwechslungsfähig. Zwar könne der Beklagten angesichts des Namens ihres Mitbegründers und Geschäftsführers Dr. St. nicht untersagt werden, den Namen "Dr. St. " in ihrer Firma zu führen, gleichwohl müsse sie durch Hinzufügung von Zusätzen einen die Verwechslungsgefahr ausschließenden Abstand zur Firma der Klägerin schaffen.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat im Wege der Widerklage das Ziel verfolgt, der Klägerin die Führung der Firma "Dr. St. & Co. Nachf. oHG" zu verbieten, und in die Löschung ihrer Firma im Handelsregister einzuwilligen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Führung der Firma "Dr. St. & Co." sei schon seit dem Jahre 1930 unzulässig gewesen, mithin hätten auch alle Nachfolger und damit auch die Klägerin nicht kraft abgeleiteten Rechts das Recht zur Führung der Firma erlangen können. Der Auszug aus dem Handelsregister lasse erkennen, daß die Firma "Dr. St. & Co." bei insgesamt neun Unternehmensveräußerungen innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren stets fortgeführt worden sei, obwohl keine an dem Unternehmen beteiligte Person Dr. St. geheißen habe und obwohl das Geschäft wiederholt von einem Einzelunternehmer betrieben worden sei. Die Firma "Dr. St. & Co." bzw. "Dr. St. & Co. Nachf." habe sich im Laufe der Zeit verselbständigt und sei ohne irgendeinen Bezug zu einem Handelsgeschäft zum Gegenstand von häufigen Transaktionen gemacht worden. Dem Mitbegründer und Geschäftsführer der Beklagten sei es nicht verwehrt, ein Unternehmen mit dem Firmenbestandteil "Dr. St. " zu gründen. Sie, die Beklagte, sei nicht gegründet worden, um sich an den guten Ruf der Klägerin anzuhängen.

Die Klägerin ist der Widerklage entgegengetreten und hat vorgetragen, sie führe ein gewachsenes Immobilienunternehmen, das in der gesamten Zeit seines mehr als achtzigjährigen Bestehens nur Makler- und Immobiliengeschäfte betrieben habe, wobei je nach wechselnden Umständen der Nachweis und die Vermittlung von Landgütern, mittelständischen Geschäften und Handwerksbetrieben, Gaststätten und Hotels oder ländlichem und städtischem Grundbesitz im Vordergrund der Geschäftstätigkeit gestanden habe. Bei jedem Inhaberwechsel sei stets in die Fortführung der bisherigen Firma eingewilligt worden.

Das Landgericht hat der Klage entsprochen und die Widerklage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben.

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte das Klageabweisungsbegehren und ihr Widerklagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Unterlassungsanspruch dem Verpächter M. E. oder der Klägerin selbst zustehe, da der Verpächter die Klägerin zur Geltendmachung der Ansprüche ermächtigt habe.

Den Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte hat das Berufungsgericht aus § 5 Abs. 1 und 2, § 6 Abs. 3, § 15 Abs. 2 und 4 MarkenG für begründet erachtet. Es hat die Firmen der Parteien als verwechslungsfähig, die Firma der Klägerin als prioritätsälter und die Klägerin als zur Firmenführung berechtigt angesehen. Die Klägerin habe mit dem Pachtverhältnis das Recht erworben, die Firma "Dr. St. & Co. Nachf. oHG" zu führen. Die Firma sei nicht irreführend und ihre Fortführung stehe im Einklang mit § 22 HGB. Die erforderliche Einwilligung liege zugunsten der Klägerin schon mit dem Pachtvertrag aus dem Jahre 1983 vor.

Es sei davon auszugehen, daß der Schwiegersohn des Firmengründers von diesem und der Nachfolger E. von jenem eine Einwilligung zur Firmenfortführung erhalten habe. Die Firmierung der Klägerin sei nicht deshalb unzulässig, weil der Schwiegersohn des Firmengründers als nicht promovierter Einzelkaufmann eine irreführende Firma verwendet habe und er schon deshalb, ebenso wie seine Nachfolger, in deren Fortführung nicht habe wirksam einwilligen können. § 22 HGB ermögliche die Fortführung einer Firma, wenn diese einen schützenswerten Besitzstand verkörpere und den Verkehr nicht täusche. Die Firma Dr. St. & Co. sei ursprünglich in der gesetzlichen Form entstanden und verkörpere insofern einen wirtschaftlichen Wert. Der früheren, die Firma der Klägerin betreffenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGHZ 53, 65 ff.) könne nicht sicher entnommen werden, was gelten solle, wenn der Vorgänger eine irreführende Firma benutzt habe. Über die Frage, ob die Einwilligung eines Vorgängers in die Firmenfortführung wirksam sei, wenn dieser die Firma nicht habe führen dürfen, habe der Bundesgerichtshof in jener Entscheidung nicht befunden. Es sei nicht geboten, eine den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Firma, die einen in Jahrzehnten gewachsenen Wert darstelle, entgegen dem Grundsatz der Firmenbeständigkeit allein deshalb zu vernichten, weil sie zu einem früheren Zeitpunkt irreführend gewesen sei. Wenn es möglich sei, eine rechtswidrige Firma durch Zusätze, die eine Täuschung des Verkehrs verhinderten, für die Zukunft zulässig zu machen, dann mache es keinen Unterschied, ob die Rechtswidrigkeit einer ursprünglich zulässigen Firma erst in der Person des gegenwärtigen Inhabers entstanden sei oder ob dieser einen bereits rechtswidrigen Zustand fortsetze. Entscheidend bleibe, daß in beiden Fällen ein schützenswerter Besitzstand vorhanden sei und in Zukunft eine Irreführung des Verkehrs ausgeschlossen werde.

Zu Recht habe das Landgericht auch dem Antrag auf Löschung, dem Feststellungsantrag und dem Antrag auf Auskunftserteilung entsprochen. Diese bestünden auch nach der durch Inkrafttreten des Markengesetzes entstandenen neuen Gesetzeslage.

Aus alledem ergebe sich des weiteren, daß die Widerklage auch nach dem neuen Recht unbegründet sei.

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

l. Das Berufungsgericht hat - ohne dies ausdrücklich zu erwähnen - nicht verkannt, daß seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes am l. Januar 1995 nach § 153 Abs. 1 MarkenG die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin nur dann zugesprochen werden können, wenn sie ihr sowohl nach neuem Recht zustehen als auch nach den bisherigen Vorschriften, also § 16 UWG, zugestanden haben. Bezüglich der Beurteilung nach § 16 UWG hat sich das Berufungsgericht, wie dem Zusammenhang der Gründe des Berufungsurteils zu entnehmen ist, den Ausführungen des Landgerichts angeschlossen und diese, im Rahmen seiner Beurteilung nach den Vorschriften des Markengesetzes, mitüberprüft, weil, wie es rechtsfehlerfrei angenommen hat, die Neuregelung durch das Markengesetz keine Rechtsänderung, sondern lediglich eine Zusammenfassung und Kodifizierung des bisher schon geltenden Rechts gebracht hat (vgl. Begr. des Regierungsentwurfs, BT-Drucks. 12/6581, S. 67 und 76; vgl. auch BGHZ 130, 276, 280 - Torres; zuletzt BGH, Urt. v. 24.4.1997 - I ZR 44/95 - PowerPoint, zur Veröffentlichung vorgesehen).

2. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht die Klägerin als prozeßführungsbefugt angesehen. Im Fall der Verpachtung eines Geschäftsbetriebs nebst Einräumung des Rechts zur Benutzung der Firma, wie sie im Streitfall gegeben ist, ist der Verpächter als zur Führung des Prozesses zur Abwehr eines Namensmißbrauchs befugt anzusehen. Dabei ist in der Rechtsprechung offengeblieben, ob auch dem Pächter - abgesehen von dem während seiner Zeit der Unternehmensführung gegebenenfalls durch tatsächlichen Gebrauch entstandenen eigenen Firmenrecht jüngerer Priorität - ein eigener Anspruch zustehen könne (BGH, Urt. v. 28.10.1958 - I ZR 114/57, GRUR 1959, 87, 89 - Fischl). Jedenfalls ist der unter der fraglichen Firma handelnde Pächter bei einer ausdrücklichen Ermächtigung durch den Verpächter - wie sie der Klägerin im Streitfall erteilt worden ist - als zur Geltendmachung der Firmenrechte im Wege der gewillkürten Prozeßstandschaft berechtigt anzusehen (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1989 - I ZR 217/86, GRUR 1990, 361, 362 - Kronenthaler).

3. Zu Recht hat das Berufungsgericht weiter angenommen, daß die Klägerin im Streitfall einen Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte nur dann geltend machen kann, wenn sie sich ihres Unternehmenskennzeichens befugterweise bedient. Dabei ist es davon ausgegangen, daß der Kaufmann F. und seine Nachfolger jeweils in die Firmenfortführung eingewilligt haben. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, die Firma der Klägerin entspreche der materiellen und formellen Rechtslage: Sie sei nicht irreführend und stehe im Einklang mit § 22 HGB. Der Zusatz "Nachf." stelle für den Verkehr klar, daß die Firma nicht aus dem Namen des gegenwärtigen Geschäftsinhabers gebildet sein müsse, so daß sich der Schluß verbiete, bei ihr sei ein "Dr. St. " tätig. Soweit der Zusatz "& Co." den Eindruck vermitteln solle, die Firma werde zur Zeit von einer Gesellschaft betrieben, sei dies richtig. Hiergegen wendet sich die Revision nicht. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht, daß der Zusatz "Nachf." etwa nur eine Änderung bezüglich der Angabe "& Co." beinhaltet. In seiner die Firma der Klägerin betreffenden früheren Entscheidung hat der Bundesgerichtshof bezüglich des Doktortitels in der Firma lediglich ausgeführt, seine Verwendung verstoße gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit und werde von dem Firmenfortführungsrecht des § 22 Abs. 1 HGB nicht gedeckt, es sei denn, es werde durch einen in den Firmennamen aufzunehmenden Nachfolgezusatz klargestellt, daß das Publikum mit einer akademischen Vorbildung des jetzigen Geschäftsinhabers nicht rechnen könne (BGHZ 53, 65, 68). Wie der vom Bundesgerichtshof angesprochene Nachfolgezusatz gestaltet sein muß, ist in der Entscheidung nicht behandelt. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, der Zusatz "Nachf." stelle für den Verkehr klar, daß die Firma nicht aus dem Namen des gegenwärtigen Geschäftsinhabers gebildet sein müsse, so daß sich der Schluß verbiete, bei ihr sei ein "Dr. St. " tätig, kann nicht als erfahrungswidrig erachtet werden. Der Zusatz ist allgemein gehalten und verdeutlicht, daß die in der Firma enthaltenen spezifischen Angaben, die insbesondere in der Wiedergabe des Doktortitels zu sehen sind, nicht mehr den derzeitigen Geschäftsverhältnissen entsprechen. Anhaltspunkte dafür, daß der Zusatz in der Firma der Klägerin vom Verkehr nur dahin verstanden wird, daß nicht (mehr) eine Personenmehrheit unter der Firma tätig ist, sind nicht ersichtlich. Zwar ist neben dem Zusatz "Nachf." auch der sog. Inhaberzusatz im Geschäftsleben gebräuchlich. Es kann jedoch nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht angenommen werden, daß allein ein solcher geeignet sein könnte, einen Irrtum über die Berechtigung eines bestimmenden Gesellschafters zur Führung des Doktortitels auszuschließen, zumal ein der Einzelfirma vergleichbarer Inhaberzusatz bei einer GmbH ohnehin nicht in Betracht kommt.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Firma der Klägerin stehe im Einklang mit § 22 HGB. Die Revision meint, eine wirksame Einwilligung in die Firmenfortführung durch den Schwiegersohn F. des Firmengründers Dr. St. und die nachfolgenden Inhaber sei nicht möglich gewesen, weil diese bereits eine unzulässige Firma geführt hätten. Dem kann nicht beigetreten werden.

Zwar ist davon auszugehen, daß der Kaufmann F. und seine Rechtsnachfolger auch deshalb eine unzulässige Firma geführt haben, weil infolge eines fehlenden Nachfolgezusatzes jedenfalls der Doktortitel in der Firma irreführend gewesen ist (vgl. BGHZ 53, 67 f.). Allerdings hätte der Kaufmann F. , wie sich aus § 22 Abs. 1 HGB ergibt, durch einen Nachfolgezusatz, wie er tatsächlich im Jahre 1967 in die Firma aufgenommen worden ist, diese in Einklang mit der formellen und materiellen Rechtslage bringen können. In diese Rechtsposition des Vorgängers sind auch die jeweiligen Nachfolger eingetreten mit der Folge, daß jeder von ihnen einen Nachfolgezusatz hätte aufnehmen und die Firmenführung damit hätte rechtmäßig machen können. Mit dieser Maßgabe bestand aus Rechtsgründen kein Hindernis, in die jeweilige Firmenfortführung wirksam einzuwilligen. Der Annahme einer rückwirkenden Heilungswirkung bezüglich der Unzulässigkeit der Firma, wie sie die Revision in der Beurteilung des Berufungsgerichts sieht, bedarf es hierfür nicht. Vielmehr ist davon auszugehen, daß die Firma jedenfalls seit der Beifügung des Nachfolgezusatzes formell und materiell rechtmäßig ist und nicht (mehr) irreführt. Allein diese Beurteilung wird dem in § 22 HGB enthaltenen Anliegen gerecht, bei Übertragungen von Handelsgeschäften den in der Firma enthaltenen Goodwill zu erhalten, und dabei nicht mit dem im Firmenrecht tragenden Grundsatz der Firmenwahrheit zu kollidieren. Entgegen der Ansicht der Revision kann der Firmenwahrheit nicht allein durch ein Weglassen des Doktortitels beim fortgeführten Namen entsprochen werden; eine dahingehende Auffassung ergibt sich insbesondere nicht aus der die Firma der Klägerin betreffenden Entscheidung des Bundesgerichtshofes in BGHZ 53, 65, 67. Bereits dort ist ausgeführt, daß auch durch einen Nachfolgezusatz dem Verkehr in hinreichend deutlicher Weise die Erkenntnis vermittelt werde, daß die in der Firma enthaltene Angabe über die geschäftlichen Verhältnisse nicht mehr zutreffe, im Streitfall also ein Dr. St. nicht (mehr) bestimmender Gesellschafter im Unternehmen der Klägerin sei.

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt, wie das Berufungsgericht von der Revision unangegriffen und zutreffend ausgeführt hat, von den den Entscheidungen RGZ 25, l, 5 und BGHZ 30, 288, 291 ff. zugrundeliegenden Sachverhalten. In den dort entschiedenen Fällen war jeweils schon die ursprüngliche Firma firmenrechtlich unzulässig, so daß von einer absoluten Unzulässigkeit der in Frage stehenden Firma auszugehen war, die einer Firmenfortführung durch einen Nachfolger entgegenstand. Dagegen war im Streitfall die ursprüngliche Firmierung firmenrechtlich nicht zu beanstanden; sie wurde erst mit der Firmenfortführung durch den Einzelkaufmann F. (relativ) unzulässig. Dieser Mangel der Firma konnte, wie im Jahre 1967 geschehen, durch die Beifügung des Nachfolgezusatzes beseitigt werden. 4. Das Berufungsgericht hat auch ohne Rechtsverstoß angenommen, daß die Firma der Beklagten geeignet ist, Verwechslungen mit dem geschützten Unternehmenskennzeichen der Klägerin hervorzurufen und jedenfalls nicht den gebotenen Abstand wahrt. Das beanstandet die Revision mit der Rüge, das Berufungsgericht habe außer acht gelassen; daß der Gründer der Beklagten tatsächlich den bürgerlichen Namen Dr. St. trage. Deshalb seien die Grundsätze der Rechtsprechung für den Fall der Gleichnamigkeit im Firmenrecht anzuwenden gewesen. Das greift nicht durch.

Das Berufungsgericht hat sich zur Begründung seiner Auffassung in zulässiger Weise (§ 543 Abs. 2 ZPO) auf die Begründung des landgerichtlichen Urteils bezogen, zumal die Beklagte insoweit in der Berufungsbegründung keine Einwendungen erhoben hat. Die Annahme des Landgerichts, daß natürliche Personen, hier der Gesellschafter und Geschäftsführer der Beklagten, Dr. W. St. , grundsätzlich berechtigt sind, sich unter ihrem bürgerlichen Namen im Geschäftsleben zu betätigen, entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGH, Urt. v. 22.11.1984 - I ZR 101/82, GRUR 1985, 389, 390 = WRP 1985, 210 - Familienname; Urt. v. 28.2.1991 - I ZR 110/89, GRUR 1991, 475, 478 = WRP 1991, 477 - Caren Pfleger). Für die hier in Frage stehende Firmenbildung ist dabei zwischen einer nach förmlichem Firmenrecht notwendigen und einer freigestellten Aufnahme des bürgerlichen Namens in die Firma - so wie hier für den Fall einer GmbH - zu unterscheiden. Jedoch ist anerkannt, daß auch im Fall der Verwendung des bürgerlichen Namens in einer Firma ohne gesetzlichen Zwang, also gewillkürt, die Grundsätze des Rechts der Gleichnamigen Anwendung zu finden haben (BGH, Urt. v. 20.9.1967 - Ib ZR 105/65, GRUR 1968, 212, 213 f. - WRP 1968, 95 - Hellige).

Allerdings sind in einem derartigen Fall strengere Anforderungen an das Interesse des Prioritätsjüngeren zur Verwendung seines Namens zu stellen, so daß diesem auch eine weitergehende Pflicht zur Beseitigung der Verwechslungsgefahr obliegen kann. So liegt es, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, auch im Streitfall. Demgemäß wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, alles Erforderliche und Zumutbare zu unternehmen, um eine Verwechslungsgefahr zu vermeiden. Hieraus ergibt sich insbesondere die Verpflichtung der Beklagten, durch unterscheidungskräftige Zusätze einen hinreichenden, die Verwechslungsgefahr ausschließenden Abstand zur Firma der Klägerin zu suchen. Daß die Beifügung der (nicht kennzeichnungskräftigen) Branchenangabe "Immobilien" zu einem hinreichenden Abstand von der Firma der Klägerin schon deshalb nicht führt, weil beide Parteien sich gerade eben in dieser Branche betätigen, hat das Landgericht zutreffend angeführt (vgl. BGH, Urt. v. 18.3.1993 - I ZR 178/91, GRUR 1993, 574, 575 - Decker, insoweit in BGHZ 122, 71 nicht enthalten). Die Angabe verstärkt hier die Verwechslungsgefahr sogar.

Auch durch den Nachfolgezusatz in der Firma der Klägerin wird die Verwechslungsgefahr mit der angegriffenen Unternehmenskennzeichnung der Beklagten nicht ausgeschlossen. Denn dieser Zusatz ist als beschreibende Angabe ungeeignet, den Eindruck der Firma der Klägerin (mit) zu bestimmen, so daß er bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr grundsätzlich nicht mit in Betracht gezogen werden kann.

Es entspricht den Anforderungen an die Pflicht der Beklagten zur Beseitigung der Verwechslungsgefahr, daß Unterlassungsbegehren und Urteilsausspruch nicht auf die Verwendung des Namens "Dr. St. " schlechthin, sondern rechtsfehlerfrei nur auf die konkret verwendete Firmenbezeichnung "Dr. St. & Co. Immobilien" gerichtet sind.

5. Bezüglich des Antrags auf Löschung sowie des Feststellungsantrags und des Antrags auf Auskunftserteilung hat sich das Berufungsgericht, weil die Beklagte keine besonderen Berufungsgründe genannt hat, ebenfalls auf die Ausführungen des Landgerichts bezogen. Auch dies ist verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden und wird von der Revision auch nicht in Frage gestellt. Die Ansprüche sind nach § 15 Abs. 4 und 5, § 19 Abs. 5 MarkenG, § 16 Abs. 1 und 2 UWG, § 242 BGB begründet.

6. Aus den vorangehenden Ausführungen, insbesondere zu Ziffer 3, ergibt sich zugleich, daß die Widerklage unbegründet ist, weil die Firma der Klägerin formellem und materiellem Recht entspricht.

III. Danach war die Revision der Beklagten mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Erdmann Mees v. Ungern-Sternberg Starck Bornkamm

Ende der Entscheidung

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