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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 26.11.1997
Aktenzeichen: I ZR 109/95
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 1 | |
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2 |
UWG § 1, § 13 Abs. 2 Nr. 2
Zum Beseitigungsanspruch eines Wettbewerbsvereins gegen einen Gewerbetreibenden, der für Einträge in seine "Handelsinformationsdatei" und sein "Wirtschaftsregister" mit Angeboten geworben hat, die in Formularschreiben enthalten waren, die - allein zum Zweck der Täuschung - rechnungsähnlich gestaltet waren.
BGH, Urt. v. 26. November 1997 - I ZR 109/95 OLG Köln LG Köln
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 26. November 1997
Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 26. November 1997 durch die Richter Prof. Dr. Ullmann, Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Dr. Bornkamm
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 12. April 1995 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Beklagte versandte im August 1993 unter der Firma "H. -Handelsinformationsverlag Inhaber T. P. " (im folgenden: H. ) an Gewerbetreibende mit Formularschreiben Angebote über die Eintragung der Empfänger in eine "Handelsinformationsdatei". Nach dem kleingedruckten Text dieser Angebote sollte der Vertrag durch Zahlung der Eintragungskosten zustandekommen. Den Formularschreiben waren Überweisungsscheine beigefügt, die teilweise schon individuell ausgefüllt waren.
Mit Schreiben vom 23. August 1993 mahnte der klagende Wettbewerbsverein, zu dessen Mitgliedern der Verband Deutscher Adreßbuchverleger gehört, den Beklagten ab. Zur Begründung erklärte er, das Formularschreiben vermittele den unzutreffenden Eindruck, es handele sich um eine Rechnung für einen früher erteilten Auftrag. Unter dem 30. August 1993 gab der Beklagte die verlangte Unterlassungserklärung ab. Darin verpflichtete er sich unter Versprechen einer Vertragsstrafe, es zu unterlassen, aus bereits versandten Schreiben mit dem vorbezeichneten, sich aus der Anlage der Unterlassungserklärung ergebenden Inhalt "geleistete Zahlungen einzubehalten und/oder Rechte herzuleiten, insbesondere Forderungen anzumahnen und/oder sonst beizutreiben zu versuchen, sofern die Adressaten nicht deutlich und unmißverständlich darauf hingewiesen sind, daß sie zur Zahlung nicht verpflichtet sind."
Ebenfalls unter dem 30. August 1993 versandte der Beklagte, nunmehr unter der Firma "R. -Register-Datenservice Inhaber T. P. ", an eine Vielzahl von Gewerbetreibenden erneut Formularschreiben, mit denen die Eintragung in ein "Wirtschaftsregister" angeboten wurde. Auch diese Schreiben enthielten - unter der fettgedruckten Überschrift "Eintragungsofferte . Firmen-Eintragung" - im kleingedruckten Text den Hinweis, das Angebot werde durch Zahlung des angegebenen Betrages angenommen. Dieser "Eintragungskosten" genannte Betrag war durch Anordnung und Einrahmung hervorgehoben. Ein vorbereitetes Überweisungsformular war beigefügt.
Nach beiden Formularschreiben des Beklagten sollte sich der Eintragungsauftrag jeweils um zwölf Monate verlängern, falls er nicht spätestens drei Monate vor Ablauf des Eintragungszeitraums gekündigt werde.
Bei Zahlung des angegebenen Betrages versandte der Beklagte zumindest an einzelne Kunden Bestätigungsschreiben, in denen er "für den am ... [= Datum der Zahlung] erteilten Auftrag zur Eintragung gemäß Angebot vom ... [= Datum des Anschreibens]" dankte und nunmehr die versprochenen Leistungen seines "Register-Datenservice" kurz darstellte.
Der Kläger ist der Auffassung, beide Angebotsschreiben seien wettbewerbswidrig. Die Schreiben mit den beigefügten Überweisungsträgern vermittelten nach ihrer Gesamtaufmachung den Eindruck einer Bestätigung oder Rechnung. Der bereits ausgewiesene Betrag werde deshalb bei flüchtiger Betrachtung als Rechnungssumme angesehen und bezahlt. Die Möglichkeit, daß der Beklagte aus den auf diese Weise zustande gekommenen Verträgen fortdauernd Nutzen ziehen könne, sei ein wettbewerbswidriger Störungszustand, den er beseitigen müsse.
Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die Empfänger seiner beiden - im Antrag wiedergegebenen - Formularschreiben, soweit sie Zahlungen geleistet hätten, darauf hinzuweisen, daß es sich lediglich um ein Angebot und nicht um eine Rechnung mit entsprechender Zahlungsverpflichtung gehandelt habe.
Der Beklagte ist dem entgegengetreten. Er sei nicht zur Aufklärung verpflichtet, weil seine Formularschreiben nicht irreführend seien, und zudem alle Kunden, die auf sein Angebot hin gezahlt hätten, sein oben erwähntes Bestätigungsschreiben erhalten hätten. Der Beklagte hat weiter die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen (OLG Köln WRP 1995, 652 ).
Mit seiner Revision beantragt der Kläger, das landgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Beklagte durch die Versendung seiner beiden Formularschreiben wettbewerbswidrig gehandelt habe, weil er es dabei systematisch darauf angelegt habe, durch Täuschung Geschäftsabschlüsse herbeizuführen. Seine Anschreiben hätten allein bezweckt, durch eine Gestaltung, die einem Rechnungsformular nachempfunden sei, vorzutäuschen, es handele sich um eine Rechnung für bereits bestellte Leistungen. Die Hinweise auf eine "Eintragungsofferte" und der kleingedruckte Zusatz "Wir bieten Ihnen die Eintragung der Daten ..." träten nicht nur für den flüchtigen Betrachter in den Hintergrund. Dies gelte um so mehr, als in beiden Anschreiben auf Handelsregistereintragungen (z.B. "Wir bestätigen die Neueintragung beim zuständigen Amtsgericht, Abt. Handelsregister") Bezug genommen werde, die von den angeschriebenen Gewerbetreibenden bereits veranlaßt worden seien.
Das Berufungsgericht hat gleichwohl den geltend gemachten Beseitigungsanspruch als unbegründet angesehen. Die Versendung der Formularschreiben habe zwar zu einem Störungszustand geführt, nämlich der Gefahr eines Irrtums der Empfänger, es handele sich um eine Rechnung, nicht um ein bloßes Angebot. Aufgrund des zwischenzeitlichen Vertragsschlusses des Beklagten mit den einzelnen Kunden habe sich aber der Störungszustand gewandelt. Eine Störung könne nur noch darin gesehen werden, daß der Kunde annehme, die Wirksamkeit des Vertrages sei nicht zu beseitigen, obwohl - soweit Kunden nicht inzwischen rechtskräftig zur Zahlung verurteilt worden seien - zumindest in aller Regel ein Anfechtungsrecht (§§ 119, 123 BGB) oder Rücktrittsrecht (§ 13 a UWG) bestehe. Einen Anspruch auf Beseitigung dieser (Folge-)Störung habe der Kläger nach bisheriger Rechtsprechung nicht. Es sei auch nicht gerechtfertigt, den Rechtsschutz in dieser Weise auszudehnen, weil dies den Grundsatz aushöhlen würde, daß auch Verträge wirksam seien, die durch wettbewerbswidriges Handeln im Sinne von §§ 1 und 3 UWG zustande gekommen seien. Andernfalls müßten derartige Beseitigungsansprüche in der Mehrzahl von Fällen irreführender Werbung zuerkannt werden. Im übrigen könnten die Vertragspartner unter den gegebenen Umständen durch einen Unterlassungsanspruch, wie er in der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 7. Oktober 1993 (I ZR 293/91, BGHZ 123, 330 - Folgeverträge I) anerkannt worden sei, weitgehend geschützt werden.
Der Beseitigungsanspruch könne auch nicht aus der Unterlassungsverpflichtung des Beklagten vom 30. August 1993 hergeleitet werden, weil diese keine Pflicht zur Aufklärung aller Kunden begründet habe.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision des Klägers bleibt im Ergebnis ohne Erfolg.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß der Klageantrag nicht auf einen vertraglichen Anspruch gestützt werden kann. Aus der Verpflichtungserklärung des Beklagten vom 30. August 1993, die auf ein Unterlassen gerichtet ist, kann der Kläger - entgegen der Ansicht der Revision - keinen Anspruch auf das geforderte positive Tun, die Aufklärung der Kunden, herleiten.
2. Die Klage kann auch nicht auf einen Beseitigungsanspruch gestützt werden.
a) Der mit der Klage geltend gemachte Beseitigungsanspruch war allerdings zunächst begründet.
(1) Der Kläger ist als Wettbewerbsverein in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG auch zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Beseitigungsansprüche klagebefugt (vgl. dazu auch - zu einer früheren Fassung des § 13 UWG - BGH, Urt. v. 13.11.1953 - I ZR 79/52, GRUR 1954, 163, 165 - Bierlieferungsverträge; Urt. v. 22.12.1961 - I ZR 110/60, GRUR 1962, 315, 318 f. - Deutsche Miederwoche; Großkomm.UWG/Erdmann, § 13 Rdn. 22; vgl. weiter - zu l3 Abs. 2 Nr. 2 UWG - Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 7. Aufl., Kap. 23 Rdn. 2 f.; Gloy/Gloy, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 2. Aufl., § 19 Rdn. 5; Baumbach/ Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., § 13 UWG Rdn. 4). Die Klagebefugnis von Verbänden zur Förderung gewerblicher Interessen für Beseitigungsansprüche ist allerdings in § 13 Abs. 2 UWG nicht ausdrücklich geregelt. Von den dort allein genannten Unterlassungsansprüchen unterscheidet sich ein Beseitigungsanspruch dadurch, daß er nicht auf die Unterbindung zukünftiger Verletzungshandlungen, sondern auf die Beseitigung eines fortwirkenden rechtswidrigen Störungszustands gerichtet ist (vgl. BGH, Urt. v. 23.2.1995 - I ZR 15/93, GRUR 1995, 424, 426 = WRP 1995, 489 - Abnehmerverwarnung; Urt. v. 4.2.1993 - I ZR 319/90, WRP 1993, 396, 397 - Maschinenbeseitigung). Jedenfalls dann, wenn ein Wettbewerbsverein wie hier mit dem wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch Interessen der Allgemeinheit wahrnimmt, ist jedoch die entsprechende Anwendung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG angebracht, weil Beseitigungsansprüche in der Zielrichtung vielfach mit den Unterlassungsansprüchen gleichlaufen und ebenfalls der Abwehr rechtswidriger wettbewerblicher Beeinträchtigungen dienen (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 23.2.1995 - I ZR 75/93, GRUR 1995, 427, 428 = WRP 1995, 493 - Schwarze Liste; Urt. v. 28.1.1977 - I ZR 109/75, GRUR 1977, 614, 616 - Gebäudefassade; Gloy/Gloy aaO § 21 Rdn. 13; Teplitzky aaO Kap. 22 Rdn. 9 ff.).
(2) Nach der rechtsfehlerfreien Beurteilung des Berufungsgerichts hat der Beklagte bei der Gestaltung und Versendung seiner Formularschreiben wettbewerbswidrig im Sinne der §§ 1 und 3 UWG gehandelt (vgl. dazu weiter BGHZ 123, 330 - Folgeverträge I; BGH, Urt. v. 26.1.1995 - I ZR 39/93, GRUR 1995, 358 = WRP 1995, 389 - Folgeverträge II). Er hat es dabei - wie das Berufungsgericht festgestellt hat - systematisch darauf angelegt, darüber hinwegzutäuschen, daß seine Formularschreiben nur Angebote enthielten, um statt dessen den Eindruck zu erwecken, es würden bereits in Auftrag gegebene Leistungen in Rechnung gestellt. Der Beklagte hat es demgemäß unterlassen, in seinen Formularschreiben die von ihm angebotenen Leistungen näher darzustellen. Anders als üblich war eine Unterschrift des Kunden nicht zu einer ausdrücklichen Auftragsbestätigung, sondern nur auf dem beigefügten Überweisungsträger vorgesehen.
(3) Das im Rahmen eines Gesamtplans auf systematische Täuschung angelegte Verhalten des Beklagten hat zu einem rechtswidrigen Störungszustand geführt. Dieser Störungszustand erschöpfte sich - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht in der Gefahr, daß die angeschriebenen Kunden einer Täuschung über den wahren Inhalt der Anschreiben erlagen. Der Beklagte hat durch sein Täuschungshandeln vielmehr plangemäß eine Lage geschaffen, in der er bei den Kunden, die er getäuscht hatte, systematisch den von ihm bewirkten Täuschungszustand weiter ausbeuten und - gegebenenfalls auch ohne weiteres aktives Tun - die Früchte aus seinen rechtswidrigen Täuschungshandlungen ziehen konnte.
Bei dieser Beurteilung kann offenbleiben, ob auch im Verhältnis zu Kunden, die der beabsichtigten Täuschung unterlegen sind, Verträge zustande gekommen sind, wie der Senat in seinen früheren Entscheidungen, die gleichartige Fälle betrafen (BGHZ 123, 330, 334 - Folgeverträge I; BGH GRUR 1995, 358, 360 - Folgeverträge II), angenommen hat (vgl. zu dieser Frage BGHZ 109, 171, 177 m.w.N.; BGH, Urt. v. 29.11.1994 - XI ZR 175/93, NJW 1995, 953). Für die Annahme, daß die Täuschung zu einem Störungszustand geführt hat, genügt es, daß diejenigen Kunden, die nur aufgrund der Täuschung die in den Formularschreiben ausgewiesenen Beträge an den Beklagten gezahlt haben, in der Folgezeit davon ausgehen mußten, vertraglich gebunden zu sein.
Die Entstehung des Störungszustands ist weiterhin unabhängig davon, ob ein Teil der Kunden bewußt die Vertragsangebote des Beklagten annehmen wollte. Die Wettbewerbswidrigkeit des auf Täuschung angelegten Vorgehens liegt gerade darin, daß sich der Beklagte dadurch in die Lage versetzt hat, aus den mit seinen Schreiben eingeleiteten Kundenbeziehungen Vorteile zu ziehen, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, ob diese Verbindungen nur durch Täuschung zustande gekommen sind. In gleicher Weise ist der Störungszustand nicht schon dann entfallen, wenn ein Teil der getäuschten Kunden in der Folgezeit die Täuschung erkannt hat.
Die Bestimmung in den Formularschreiben, daß sich die Vertragslaufzeit bei Nichteinhalten der Kündigungsfrist ohne weiteres verlängere, konnte es dem Beklagten zudem erleichtern, in diesen Fällen auch für Folgejahre Forderungen zu stellen. Die Gefahr, daß die in den Formularschreiben vorgesehenen Kündigungsfristen nicht eingehalten wurden, war gerade bei denjenigen Kunden groß, die nur deshalb die in den Formularschreiben genannten Beträge an den Beklagten überwiesen haben, weil sie seine Schreiben als Rechnung verstanden haben.
(4) Zur Beseitigung des Störungszustands war der mit der Klage geforderte Hinweis notwendig. Es mag sein, daß die verlangte Aufklärung nicht in allen Fällen ausreichend war, um zu verhindern, daß getäuschte Kunden Erfüllungsleistungen erbringen, sei es unter der Fortwirkung der Täuschung, sei es im Glauben, dazu trotz der Täuschung - insbesondere wegen Verstreichens der Anfechtungsfrist - verpflichtet zu sein. Der geforderte Hinweis war aber jedenfalls geeignet, zur Beseitigung des Störungszustands einen wesentlichen Beitrag zu leisten.
(5) Es war dem Beklagten auch nicht unzumutbar, den von ihm geschaffenen Störungszustand durch einen aufklärenden Hinweis an alle Gewerbetreibenden, die auf seine Formularschreiben mit Zahlungen reagiert haben, zu beseitigen. Da sein Vorgehen, das den Grund des Beseitigungsanspruchs bildet, auf bewußte und systematische Täuschung angelegt war, konnte ihm auch die im Klageantrag genannte Handlung abverlangt werden, auch wenn diese geeignet war, ihn bloßzustellen.
Durch die geforderten Hinweise wäre auch nicht in unzumutbarer Weise in Vertragsbeziehungen zwischen dem Beklagten und Dritten eingegriffen worden. Dies gilt nicht nur für die Fälle, in denen auf die Formularschreiben hin Zahlungen nur unter dem Eindruck der Täuschung geleistet worden waren, sondern auch für diejenigen Fälle, in denen die angeschriebenen Gewerbetreibenden den Vertragsschluß wollten. Es liegt in der Natur des auf Täuschung angelegten Vorgehens des Beklagten und des von ihm geschaffenen Störungszustands, daß nicht bekannt ist, wer von den Empfängern seiner Formularschreiben im einzelnen der beabsichtigten Täuschung erlegen ist. Der Umstand, daß die Beseitigung des Störungszustands dementsprechend einen aufklärenden Hinweis an alle Kunden des Beklagten erfordert hätte, wäre zu seinen Lasten gegangen.
(6) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts wird der wettbewerbsrechtliche Schutz gegen irreführende Werbung nicht überdehnt, wenn in Fällen der vorliegenden Art ein Beseitigungsanspruch zuerkannt wird. Ein Beseitigungsanspruch setzt das Bestehen eines rechtswidrigen Störungszustands voraus. Ein solcher war - wie dargelegt - unter den besonderen Voraussetzungen des vorliegenden Falles gegeben. Er fehlt aber im allgemeinen bei einer irreführenden Werbung, die nicht wie hier entsprechend einem Gesamtplan auf systematische Täuschung und spätere Fruchtziehung unter Ausnutzung der Täuschung angelegt ist. Ein wettbewerbsrechtlicher Anspruch auf Beseitigung von Fehlvorstellungen, die durch eine irreführende Werbung hervorgerufen worden sind, besteht grundsätzlich nicht, weil die Fehlvorstellungen als solche nur Folge des wettbewerbswidrigen Handelns, nicht selbst ein rechtswidriger Störungszustand sind.
(7) Die Geltendmachung eines wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruchs durch einen Wettbewerbsverein setzt in entsprechender Anwendung des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG voraus, daß das Fortbestehen des zu beseitigenden Störungszustands eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs wäre (vgl. Teplitzky aaO Kap. 23 Rdn. 3). Auch diese Voraussetzung war hier gegeben. Der Störungszustand war dadurch gekennzeichnet, daß die Gefahr der Ausnutzung von Kundenbeziehungen bestand, die bewußt und systematisch durch Täuschung geschaffen worden waren und die unter bewußter Ausnutzung der Täuschung abgewickelt werden sollten. Störungszustände, die sich aus einem solchen Handeln ergeben, sind aber ebenso wie Wettbewerbshandlungen, die solche Mittel einsetzen, stets geeignet, den Wettbewerb auf dem einschlägigen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (vgl. BGH GRUR 1995, 358, 360 - Folgeverträge II).
b) Der Beseitigungsanspruch ist jedoch in der Folgezeit unbegründet geworden.
Auch der Beseitigungsanspruch steht unter dem Gebot der Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Der Anspruch setzt deshalb nicht nur voraus, daß der Störungszustand fortbesteht, sondern daß zu dessen Beseitigung die erstrebte Maßnahme (noch) geboten ist, also eine weniger einschneidende Maßnahme zur Störungsabwehr nicht ausreicht (vgl. BGH GRUR 1995, 424, 426 - Abnehmerverwarnung, m.w.N.). Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles kann danach der mit der Klage geltend gemachte Beseitigungsanspruch nicht mehr zuerkannt werden.
(1) Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, daß der Beklagte auch unter der Voraussetzung, daß von einem wirksamen Vertragsschluß mit getäuschten Kunden ausgegangen wird (vgl. dazu oben II 2 a) (1)), schon kraft Gesetzes verpflichtet war, die Geltendmachung von Forderungen gegenüber seinen durch die Formularschreiben gewonnenen Kunden zu unterlassen, solange er nicht sicherstellen konnte, daß diese Forderungen nicht unter dem fortwirkenden Eindruck der Irreführung erfüllt werden (vgl. BGHZ 123, 330 - Folgeverträge I; BGH GRUR 1995, 358 - Folgeverträge II). Der Kläger war zudem nicht gehindert, einen entsprechenden Unterlassungstitel gegen den Beklagten zu erwirken.
(2) Im konkreten Fall treten entscheidend weitere Umstände hinzu, welche insgesamt, zusammen mit dem bereits genannten Gesichtspunkt, der Zuerkennung des beantragten Beseitigungsanspruchs insbesondere deshalb entgegenstehen, weil sie seine Durchsetzung als unverhältnismäßig erscheinen lassen:
So hat bereits die strafbewehrte Unterlassungserklärung des Beklagten vom 30. August 1993 den Störungszustand hinsichtlich der Empfänger des unter der Firma H. versandten Formularschreibens weitgehend beseitigt.
Dazu kommt, daß das von dem Beklagten zumindest an einzelne Kunden gesandte Bestätigungsschreiben bei manchen der getäuschten Kunden zu einer Aufklärung über die Sachlage geführt haben kann.
Weiter ist davon auszugehen, daß unter den Umständen des vorliegenden Falles auch der Zeitablauf bis zu dem für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt in entscheidender Weise dazu beigetragen hat, die Gefahr weiterer Beeinträchtigungen des lauteren Wettbewerbs zu vermindern. Gewerbetreibende, die der Täuschung durch den Beklagten erlegen waren, hatten in dieser Zeit zumindest im Wege des Ausspruchs von Kündigungen die Möglichkeit, ihre Beziehungen zu dem Beklagten zu lösen. Auch aus diesem Grund wird unter denjenigen Gewerbetreibenden, die im maßgeblichen Zeitpunkt noch Kundenbeziehungen zu dem Beklagten unterhalten haben, die auf seine Anschreiben zurückgingen, der Anteil derjenigen eher gewachsen sein, die damals - aus welchen Gründen auch immer - solche Beziehungen tatsächlich gewollt haben.
III. Die Revision des Klägers war danach zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Ullmann
Mees
v. Ungern-Sternberg
Starck
Bornkamm
Ende der Entscheidung
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