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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 19.09.2001
Aktenzeichen: I ZR 128/99
Rechtsgebiete: SVS/RVS
Vorschriften:
SVS/RVS Ziffer 5.4.3 (Fassung 1994) |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 19. September 2001
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. September 2001 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Prof. Dr. Bornkamm und Pokrant
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Streithelferin der Klägerin gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 6. Zivilsenat, vom 21. April 1999 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Revision einschließlich der Kosten der Streithilfe trägt die Streithelferin der Klägerin.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin nimmt das beklagte Speditionsunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht wegen des Verlustes von bei der Beklagten eingelagerten Videokameras auf Schadensersatz in Anspruch.
Die T. in Hamburg (im folgenden: T. ) verkaufte am 30. Juni 1997 an die Klägerin 100 Videokameras zum Gesamtpreis von 60.000,-- DM. Die Verkäuferin beauftragte die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juli 1997, die Ware bei ihr abzuholen und bei sich bis zur schriftlichen Freistellung zur Verfügung der Klägerin einzulagern. In dem Auftragsschreiben war ferner der Hinweis enthalten, daß das Gut handelsüblich gegen Diebstahl, Transportschäden und Verluste aller Art zu versichern sei. Sämtliche Kosten sollten zu Lasten der Klägerin gehen. Die Beklagte hat die ordnungsgemäße Übernahme der Ware schriftlich bestätigt.
Nachdem die Klägerin den Kaufpreis an die T. bezahlt hatte, gab diese das Gut mit schriftlicher Erklärung gegenüber der Beklagten vom 8. Juli 1997 zur Auslieferung an die Klägerin frei. Als die Beklagte den Transport zur Klägerin am 9. Juli 1997 vorbereiten wollte, stellte sie fest, daß die Ware aus ihrem Lager entwendet worden war.
Die T. hat am 25. September 1997 sämtliche Ansprüche gegen die Beklagte wegen des streitgegenständlichen Schadensfalles an die Klägerin abgetreten. Die Beklagte ist bei der auf ihrer Seite beigetretenen Streithelferin transport-/lagerversichert; die SVS/RVS-Versicherung hat sie bei der Streithelferin der Klägerin gezeichnet.
Die Klägerin und ihre Streithelferin haben die Auffassung vertreten, die Beklagte sei der Klägerin sowohl aus eigenem als auch aus abgetretenem Recht der T. zum Schadensersatz verpflichtet. Der Klägerin stehe aus eigenem Recht zumindest ein deliktischer Schadensersatzanspruch zu, da sie infolge der Freigabe des Gutes durch die T. Eigentümerin der bei der Beklagten eingelagerten Ware geworden sei. Die Beklagte habe den Diebstahl des Gutes grob fahrlässig verschuldet, da sie es nicht ordnungsgemäß gelagert habe. Soweit die Beklagte der Klägerin aus abgetretenem Recht der T. zum Schadensersatz verpflichtet sei, könne sie sich nicht auf den Haftungsausschluß gemäß § 41 Buchst. a ADSp (in der Fassung vom 1. März 1989, im folgenden: ADSp a.F.) berufen, da der eingetretene Schaden nicht von ihrer, der Beklagten, SVS/RVS-Versicherung gedeckt sei. Der Haftungsausschluß zugunsten des SVS/RVS-Versicherers ergebe sich aus Ziffer 5.4.3 der SVS/RVS-Versicherungsbedingungen.
Die Klägerin macht über den nach ihrer Behauptung an die T. gezahlten Kaufpreis von 60.000,-- DM hinaus entgangenen Gewinn als weiteren Schaden geltend. Dazu hat sie behauptet, sie habe die Ware bereits mit Vertrag vom 28. Juni 1997 an die M. S.r.l. für umgerechnet 78.000,-- DM weiterverkauft gehabt. Ferner beansprucht die Klägerin Erstattung außergerichtlicher Kosten in Höhe von 1.395,87 DM.
Die Klägerin und ihre Streithelferin haben beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 79.395,85 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte und ihre Streithelferin sind dem entgegengetreten und haben geltend gemacht, aufgrund der Einbeziehung der ADSp a.F. in den Vertrag zwischen der T. und der Beklagten sei die Haftung der Beklagten ausgeschlossen. Ein Haftungsausschluß zugunsten des SVS/RVS-Versicherers ergebe sich weder aus Ziffer 5.4.3 noch aus Ziffer 5.6 der Versicherungsbedingungen. Der Vorwurf grober Fahrlässigkeit sei nicht gerechtfertigt. Die Beklagte habe ihre Obliegenheiten im Zusammenhang mit der abgeschlossenen Lagerversicherung auch ordnungsgemäß erfüllt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin und ihrer Streithelferin ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte und ihre Streithelferin beantragen, verfolgt die Streithelferin der Klägerin das Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat Schadensersatzansprüche der Klägerin aus eigenem Recht gemäß § 823 Abs. 1 BGB verneint, weil es der Klägerin nicht gelungen sei, ihre Eigentümerstellung zum Zeitpunkt des Diebstahls der Ware darzulegen; Ansprüche aus abgetretenem Recht der T. seien nicht gegeben, weil die Beklagte berechtigt sei, sich auf den Haftungsausschluß nach § 41 Buchst. a ADSp a.F. zu berufen. Dazu hat es ausgeführt:
Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung scheitere daran, daß die Voraussetzungen für einen Eigentumserwerb der Klägerin gemäß § 931 BGB nicht festgestellt werden könnten.
Der von der Klägerin aus abgetretenem Recht der T. geltend gemachte Schadensersatzanspruch sei ebenfalls nicht begründet, weil sich die Beklagte auf den Haftungsausschluß nach § 41 Buchst. a ADSp a.F. berufen könne. Die Haftungsbefreiung nach der genannten Bestimmung scheitere nicht an dem von der Klägerin und ihrer Streithelferin erhobenen Vorwurf grob fahrlässigen Fehlverhaltens der Beklagten, weil der SVS/RVS-Versicherer auch in Fällen grober Fahrlässigkeit und sogar bei vorsätzlichem Verhalten für Schäden einzustehen habe. Entgegen der Auffassung der Klägerin und ihrer Streithelferin sei der geltend gemachte Schaden von der Speditionsversicherung gedeckt, da sich ein Haftungsausschluß weder aus Ziffer 5.4.3 noch aus Ziffer 5.6 der SVS/RVS-Versicherungsbedingungen ergebe. Die Beklagte habe zwar eine Lagerversicherung abgeschlossen. Diese decke den Schadensfall jedoch nicht ab, weil sich der Versicherer des von der Beklagten abgeschlossenen Lagerversicherungsvertrages auf Leistungsfreiheit nach Nr. 9.1 seiner Versicherungsbedingungen berufen könne. Die Beklagte müsse sich nämlich vorhalten lassen, daß der Schaden durch eine grob fahrlässige Organisation der von ihr übernommenen Pflichten bei der Überwachung des Lagers eingetreten sei.
Der von dem SVS/RVS-Versicherer zu ersetzende Schaden umfasse nicht nur den von der Klägerin an die T. gezahlten Kaufpreis als Güterschaden, sondern auch den von der Klägerin behaupteten entgangenen Gewinn (Ziff. 3.1.2, Ziff. 7.1.1 der SVS/RVS-Versicherungsbedingungen), so daß der geltend gemachte Schadensersatzanspruch auch nicht teilweise gegen die Beklagte begründet sei. Ein Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten stehe der Klägerin nicht zu, weil die Beklagte nicht verpflichtet sei, den entstandenen Schaden zu ersetzen.
II. Die Revision hat keinen Erfolg. Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
1. Das Berufungsgericht hat der Klägerin ohne Rechtsverstoß einen Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Eigentumsverletzung versagt.
Die Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe nicht dargetan, zum Zeitpunkt des Diebstahls bereits Eigentümerin der Ware gewesen zu sein, läßt einen Rechtsfehler nicht erkennen. Einen durch Einigung und Abtretung des Herausgabeanspruchs seitens der T. allein in Betracht kommenden Eigentumsübergang nach § 931 BGB hat das Berufungsgericht mit der Begründung verneint, es lasse sich nicht feststellen, daß sich das entwendete Lagergut zum Zeitpunkt der Abtretung noch im Besitz der Beklagten befunden habe. Die Freistellung seitens der T. , die als Abtretung gewertet werden könnte, sei am 8. Juli 1997 erfolgt. Der genaue Zeitpunkt der Entwendung sei jedoch unaufgeklärt geblieben; dieser müsse zwischen der am 3. Juli 1997 erfolgten Einlagerung und dem am 9. Juli 1997 festgestellten Verlust liegen.
a) Die Revision beruft sich demgegenüber ohne Erfolg darauf, daß die Wirksamkeit des Eigentumsübergangs auf die Klägerin nach § 931 BGB nicht davon abhänge, ob die Beklagte im Zeitpunkt der Freistellungserklärung der T. vom 8. Juli 1997 noch im Besitz der Videokameras gewesen sei; es käme nicht darauf an, ob der unmittelbare Besitzer bekannt sei. Denn die Freistellungserklärung sei dahin auszulegen, daß nicht nur der Herausgabeanspruch gegen die Beklagte, sondern auch gegen den jeweiligen Besitzer habe abgetreten werden sollen.
Für eine so weitgehende Auslegung der Freistellungserklärung finden sich weder im Wortlaut der Erklärung vom 8. Juli 1997 noch im Klagevorbringen irgendwelche Anhaltspunkte. Zum damaligen Zeitpunkt bestand, da der Verlust unstreitig erst am 9. Juli 1997 festgestellt wurde, keinerlei Veranlassung zu der Annahme, ein Dritter könnte inzwischen unmittelbarer Besitzer des eingelagerten Gutes geworden sein. Im übrigen wäre eine Eigentumsverletzung selbst dann noch nicht dargetan, wenn die Freistellungserklärung vom 8. Juli 1997 zu einem Eigentumsübergang geführt haben sollte. Denn die Klägerin müßte bereits zum Zeitpunkt des Verlusteintritts Eigentümerin gewesen sein. Der genaue Zeitpunkt der Entwendung ist jedoch ungeklärt geblieben und kann mithin auch vor dem 8. Juli 1997 gelegen haben.
b) Die Revision vermag auch mit ihrer weiteren Rüge nicht durchzudringen, im Streitfall sei eine Ausnahme von dem Grundsatz gerechtfertigt, daß die Klägerin die Darlegungs- und Beweislast dafür trage, im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses bereits Eigentümerin der Ware geworden zu sein. Die Revision hält eine Umkehr der Beweislast für geboten, weil die Beklagte die Unaufklärbarkeit des Zeitpunkts der Entwendung durch ihr grob fahrlässiges Organisationsverschulden verursacht habe, indem sie - entgegen ihrer Verpflichtung - das Gut während der Einlagerung nicht laufend überwacht und kontrolliert habe. Dem kann nicht beigetreten werden.
Die Revision beruft sich in diesem Zusammenhang ohne Erfolg auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, nach der in Fällen der Produkthaftung eine Beweislastumkehr (BGHZ 104, 323, 333) und in Fällen der Arzthaftung Beweiserleichterungen (BGHZ 132, 47, 49 f.) in Betracht kommen können. Unabhängig davon, daß im Streitfall keine vergleichbaren Umstände vorliegen, die in anderen Haftungsbereichen zur Anerkennung von Beweiserleichterungen geführt haben, ist es bei Schadensersatzansprüchen aus einer Eigentumsverletzung allenfalls denkbar, den Kausalitäts- oder Verschuldensnachweis zu erleichtern, nicht aber einen Geschädigten von der Beweislast zu entbinden, im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses überhaupt Eigentümer einer entwendeten Sache gewesen zu sein. Auch aus der von der Revision angeführten Rechtsprechung des Senats zum Umfang der die Lagerorganisation betreffenden Darlegungspflicht des Spediteurs (u.a. BGH, Urt. v. 27.2.1997 - I ZR 221/94, TranspR 1997, 440, 442 = NJW-RR 1997, 1390, 1391) ergibt sich nichts anderes.
2. Die Revision wendet sich auch ohne Erfolg gegen die weitere Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stünden aus abgetretenem Recht der T. ebenfalls keine Ansprüche gegen die Beklagte zu, weil diese sich auf den Haftungsausschluß nach § 41 Buchst. a ADSp a.F. berufen könne.
a) Das Berufungsgericht ist ohne Rechtsverstoß und von der Revisionserwiderung unbeanstandet davon ausgegangen, daß die Klägerin an sich berechtigt wäre, den ihr entstandenen Schaden einschließlich eines entgangenen Gewinns wegen des gescheiterten Weiterverkaufs der Ware im Wege der Drittschadensliquidation aufgrund der Abtretungsvereinbarung mit der T. gegenüber der Beklagten geltend zu machen, da die Beklagte ihre vertraglich übernommene Verpflichtung nicht erfüllt hat, die Ware ordnungsgemäß einzulagern und vollständig an die von der T. bezeichnete Berechtigte, die Klägerin, herauszugeben.
b) Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch gleichwohl für unbegründet erachtet, weil der Beklagten der Haftungsausschluß gemäß § 41 Buchst. a ADSp a.F. zugute komme.
Nach dieser Regelung ist der Spediteur in den Fällen, in denen er infolge ausdrücklichen oder vermuteten Auftrags eine Speditionsversicherung abgeschlossen hat (§ 39 ADSp a.F.), von der Haftung für jeden durch diese Versicherung gedeckten Schaden frei.
aa) Das Berufungsgericht hat diese Regelung zu Recht für grundsätzlich anwendbar gehalten, weil die ADSp in die vertraglichen Beziehungen der Beklagten zur T. einbezogen worden sind. Dies wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Ebenfalls ist unstreitig, daß die Beklagte bei der Streithelferin der Klägerin die SVS/RVS-Versicherung gezeichnet hat. Diese umfaßt gemäß Ziffer 3.1.2 SVS/RVS grundsätzlich den von der Klägerin an die T. gezahlten Kaufpreis als Vermögensschaden einschließlich des entgangenen Gewinns, weil die Klägerin die Videokameras jedenfalls nach ihrem Vortrag bereits vor der Einlagerung und damit vor Schadenseintritt weiterverkauft hatte (vgl. Ziffer 7.1.1 SVS/RVS). Eine Deckungspflicht der Speditionsversicherung entfällt auch nicht deshalb, weil der Beklagten grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Denn nach Ziffer 3.3.5 SVS/RVS ist die Speditionsversicherung selbst bei vorsätzlichem Verhalten leistungspflichtig.
bb) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß einer Deckung durch die Speditionsversicherung im Sinne des § 41 Buchst. a ADSp a.F. nicht ein Haftungsausschluß nach Ziffer 5.4.3 SVS/RVS (oder auch Ziffer 5.6) entgegensteht.
Nach dieser Regelung sind Güterschäden vom Versicherungsschutz ausgeschlossen, die während einer vom Wareninteressenten verfügten Lagerung verursacht worden sind, soweit sie durch eine Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Leitungswasser- oder Sturmversicherung "gedeckt sind oder hätten gedeckt werden können".
(1) Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte zwar eine Lagerversicherung abgeschlossen, der Schadensfall ist aber von dieser Versicherung nicht gedeckt. Denn der Versicherer des von der Beklagten abgeschlossenen Lagerversicherungsvertrages, die Nebenintervenientin auf seiten der Beklagten, ist nicht leistungspflichtig, weil er sich auf Leistungsfreiheit nach Nr. 9.1 seiner Versicherungsbedingungen berufen kann. Dazu hat das Berufungsgericht näher ausgeführt, daß die Beklagte sich vorhalten lassen müsse, den Schaden durch eine fehlerhafte Organisation der von ihr übernommenen Pflichten bei der Überwachung des Lagers in grob fahrlässiger Weise verschuldet zu haben. Diese tatrichterlichen Feststellungen lassen einen Rechtsfehler nicht erkennen und werden von der Revision auch nicht beanstandet.
(2) Die Revision vertritt vielmehr die Ansicht, es komme nicht - wie das Berufungsgericht gemeint habe - darauf an, ob der konkrete Schaden durch die Lagerversicherung tatsächlich gedeckt sei, sondern allein darauf, ob das Risiko, das sich verwirklicht und zum Schadenseintritt geführt habe, also die Diebstahlsgefahr, durch eine der in Ziffer 5.4.3 SVS/RVS genannten Versicherungen abstrakt hätte versichert werden können. Dem kann nicht beigetreten werden.
Durch die Fassung "gedeckt sind oder hätten gedeckt werden können" wird zum Ausdruck gebracht, daß nicht nur lagerversicherte, sondern auch lagerversicherbare Schäden zu einem Versicherungsausschluß aus der Speditionsversicherung führen. Ist ein Schaden nach den üblichen auf dem Versicherungsmarkt angebotenen Policen ausgeschlossen, so greift trotz Bestehens einer Lagerversicherung der Ausschluß nach Ziffer 5.4.3 SVS/RVS nicht ein (vgl. Eickmeier, Reichweite und Grenzen der Haftungsfreizeichnung gemäß § 41a ADSp unter dem Einfluß der neugefaßten Speditionsversicherungsbedingungen, S. 146 Fn. 467, der allerdings von Gefahren und nicht von Schäden spricht). Davon ist hier auszugehen. Das Berufungsgericht hat nicht nur festgestellt, daß der eingetretene Schadensfall von der Lagerversicherung nicht gedeckt ist, sondern auch, daß er niemals zu einem Deckungsschutz im Rahmen eines Lagerversicherungsvertrages führen könnte (BU 12 Abs. 2). In einem solchen Fall kann der von der Revision angeführte Grundsatz der Subsidiarität der Speditionsversicherung nicht eingreifen und zu einer Befreiung des SVS/RVS-Versicherers führen. Subsidiarität eines Versicherungsschutzes kann nur gegenüber einer anderen realisierbaren Schutzmöglichkeit bestehen. Daran fehlt es hier. Soweit die Revision eine uneingeschränkte Subsidiarität insbesondere aus dem Leistungsausschluß nach Ziffer 5.1 SVS/RVS herleiten will, ist dem entgegenzuhalten, daß dort von "gedeckten Gefahren", in Ziffer 5.4.3 SVS/RVS hingegen von "Schäden" die Rede ist. Daß mit der abweichenden Wortwahl auch sachlich etwas Unterschiedliches gemeint ist, läßt sich mit dem Hinweis der Revision auf die Entstehungsgeschichte der Ausschlußtatbestände in Ziffer 5. SVS/RVS und die Anknüpfung an Ziffer 3.1 SVS/RVS nicht hinreichend widerlegen. Eine Einschränkung der Subsidiarität läßt sich im übrigen auch der Regelung der Ziffer 3.3.6 SVS/RVS entnehmen, wonach der SVS/RVS-Versicherer auch Schäden zu ersetzen hat, die dadurch entstehen, "daß eine wirksam abgeschlossene Schadenversicherung durch eine fehlerhafte Maßnahme des Spediteurs oder Zwischenspediteurs unwirksam wird".
Vorstehende Auslegung entspricht auch dem Interesse des Auftraggebers. Mit der gemäß § 39 ADSp a.F. grundsätzlich bestehenden Verpflichtung zum Abschluß eines Speditionsversicherungsvertrages soll der Auftraggeber, der die Kosten der Speditionsversicherung zu tragen hat, möglichst umfassend abgesichert werden. Die Speditionsversicherung ersetzt die Haftung des Spediteurs nach den Bestimmungen der ADSp und greift gemäß Ziffer 3.3.5 SVS/RVS sogar bei Schäden ein, die durch vorsätzliches Verhalten des Spediteurs entstanden sind. Würde der Auffassung der Revision gefolgt, so wäre der Auftraggeber auch in Fällen der vorliegenden Art, in denen die Bedingungen des Lagerversicherers eine Haftungsbefreiung bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit des Spediteurs vorsehen, einem erheblichen Risiko ausgesetzt. Er würde bei Insolvenz des Spediteurs Gefahr laufen, keinerlei Versicherungsschutz zu erlangen.
Einer Inanspruchnahme der Streithelferin der Beklagten für den streitgegenständlichen Schaden steht zudem entgegen, daß ungeklärt ist, auf welche Weise die Videokameras aus dem Lager der Beklagten abhanden gekommen sind. Insbesondere steht nicht fest, ob das eingelagerte Gut durch einen Einbruchdiebstahl entwendet wurde, was aber Voraussetzung wäre für eine Leistungspflicht des Lagerversicherers. Ein Einbruchdiebstahl liegt nach § 1 Abs. 2 Buchst. a der Allgemeinen Bedingungen für die Einbruchdiebstahl- und Raubversicherung (abgedruckt bei Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Aufl., S. 986 ff.) zwar auch vor, wenn mittels falscher Schlüssel in einen Raum eines Gebäudes eingedrungen wird. Es fehlt hier jedoch an hinreichend konkreten Anhaltspunkten, daß dies der Fall war. Das Berufungsgericht hat dazu auch keine Feststellungen getroffen.
3. Die Revision rügt schließlich auch erfolglos, daß das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Streithelferin der Klägerin über die Versicherungssumme von 5.000,-- DM nach Ziffer 6.2 SVS/RVS hinaus leistungspflichtig ist. Entgegen der Ansicht der Revision genügt es für die schriftliche Mitteilung einer über 5.000,-- DM hinausgehenden gewünschten Versicherungssumme (Ziffer 6.2 Satz 3 SVS/RVS), daß die T. in dem Auftragsschreiben an die Beklagte vom 3. Juli 1997 (Anlage K 16) den Warenwert im Zusammenhang mit der Bitte um Abschluß einer Diebstahlversicherung mit 60.000,-- DM angegeben hat (vgl. auch Koller, Transportrecht, 3. Aufl., Ziff. 6. SVS/RVS Rdn. 4).
III. Danach war die Revision der Streithelferin der Klägerin zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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