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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.10.1998
Aktenzeichen: I ZR 163/96
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 3

Zur Frage der Irreführung einer Werbung mit Preissenkungen in Fällen, in denen der als herabgesetzt beworbene Preis bereits früher (hier: innerhalb der letzten sechs Monate) vor der Werbung verlangt worden ist.

BGH, Urt. v. 29. Oktober 1998 - I ZR 163/96 - OLG Nürnberg LG Nürnberg-Fürth


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 163/96

Verkündet am: 29. Oktober 1998

Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Teppichpreiswerbung

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Oktober 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Pokrant

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 11. Juni 1996 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte vertreibt in etwa 110 Filialen innerhalb Deutschlands Orientteppiche, Teppiche und Teppichböden. Sie bewarb mit zehn Werbebeilagen, die der "O. Post" in der Zeit vom 31. August 1994 bis zum 27. Januar 1995 beigefügt waren, u.a. folgende Teppiche: Seiden-Hereke, China; Original Nepal Sherpa; Abadeh-Galerie, Persien; Marokko Berber; Merino Sarough; Nain, Persien. Ferner bot sie verschiedene Teppichböden, so z.B. einen "feinen bzw. schweren Cat-Loop" und einen "prächtigen Schurwoll-Berber" mit Preisen pro Quadratmeter an. Während in den Werbebeilagen vom 31. August 1994, 28. September 1994 und 7. Dezember 1994 jeweils nur ein Preis für eine Ware genannt war, wurde in den anderen Beilagen dem jeweiligen aktuellen (neuen) Preis ein durchgestrichener, höherer (Alt-)Preis unmittelbar gegenübergestellt. Bei den Teppichen, die jeweils in verschiedenen Formaten angeboten wurden, handelte es sich nicht um Einzelstücke bzw. Unikate, sondern um standardisierte Massenware, die jeweils in größeren Stückzahlen bei wenigen Importeuren bezogen wird. In allen Werbeprospekten befand sich der Hinweis "Bei allen Angeboten Maß-, Farb- und Musterabweichungen vorbehalten".

Die Klägerin, die Orientteppiche, Teppiche und Textilien vertreibt, hat die Prospektwerbung der Beklagten als irreführend beanstandet, weil die Beklagte verschiedene Teppiche und Teppichböden über einen längeren Zeitraum immer wieder als besonders günstige, weil preisreduzierte Kaufgelegenheit angeboten habe, obwohl sie diese Waren auch vor der jeweiligen Werbung zu den bereits gesenkten oder sogar noch niedrigeren Preisen beworben habe. Die durchgestrichenen Preise habe sie in den vorangegangenen sechs Monaten nicht verlangt.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt, der Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen,

zu Wettbewerbszwecken in öffentlichen Ankündigungen oder Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, mit Preisreduzierungen für Orient-Teppiche, Teppiche und Teppichböden zu werben, wenn diese Orient-Teppiche, Teppiche und Teppichböden bereits innerhalb der letzten sechs Monate zuvor zu demselben Preis oder einem geringeren Preis als dem angekündigten angeboten worden sind,

insbesondere, wenn die während des Winterschlußverkaufs verlangten Preise gegenüber den innerhalb der letzten sechs Monate verlangten Preisen tatsächlich nicht reduziert sind.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie habe nicht stets dieselbe Ware beworben, sondern jeweils andere Teppiche und Teppichböden. Die in den Werbebeilagen angegebenen Produktbezeichnungen, wie etwa Seiden-Hereke, China, seien lediglich Gattungs- und Sammelbegriffe, die nicht maßgeblich seien. Entscheidend sei vielmehr, daß die beworbene Ware jeweils aus verschiedenen Lieferungen, teilweise auch von verschiedenen Lieferanten, stamme. Für die einzelnen Stücke habe sie aber die höheren Altpreise jeweils über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten verlangt.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.

Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter; die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Werbung der Beklagten mit der Preissenkung für irreführend gehalten. Dazu hat es ausgeführt:

Grundsätzlich sei es zwar zulässig, mit Preisgegenüberstellungen in der beanstandeten Form zu werben. Eine Preisgegenüberstellung sei aber dann irreführend, wenn der frühere Preis nicht "in letzter Zeit" verlangt worden sei. Dies sei vorliegend der Fall. In den Werbeprospekten nenne die Beklagte schlagwortartig einen Anlaß für die beworbenen Angebote und bringe ihn in Zusammenhang mit den Preisreduzierungen. Der angesprochene Verkehr laufe damit Gefahr, die schlagwortartig herausgestellten Anlässe als Grund für die Preisreduzierung anzunehmen und werde geneigt sein, eine derart als besonders preisgünstig dargestellte Kaufgelegenheit auch zu nutzen. Der Kunde werde irregeführt, wenn der angeblich aus aktuellem Anlaß herabgesetzte Preis bereits längere Zeit vorher gegolten habe. Welcher Zeitraum hierfür anzusetzen sei, könne zwar nicht einheitlich bestimmt werden. Angesichts des Umstands, daß es sich um höherwertige, langlebige Güter handele, seien aber sechs Monate angemessen. Danach sei vorliegend eine Irreführung gegeben. Einem Vergleich der zwischen August 1994 und Januar 1995 verteilten Werbebeilagen sei zu entnehmen, daß die Beklagte für eine Reihe von Teppichen und Teppichböden mit jeweils den gleichen Preisen geworben habe. Auch in den sieben Beilagen, in denen sie mit den höheren, durchgestrichenen Preisen geworben habe, entspreche der genannte aktuelle Preis den früher verlangten Preisen. Eine wirkliche Preissenkung habe daher nicht stattgefunden.

Ob die Teppiche in den einzelnen Werbebeilagen aus verschiedenen Lieferungen stammten, sei unerheblich. Da die Beklagte nicht Einzelstücke, sondern nach Gattungsmerkmalen bestimmte, standardisierte Massenware anbiete, sei allein maßgeblich, ob die von ihr in den Prospekten unter den jeweiligen Gattungsmerkmalen beworbenen Teppiche und Teppichböden in den letzten sechs Monaten vor der Werbung mit den durchgestrichenen Preisen tatsächlich zu diesen höheren oder bereits zu den gesenkten Preisen angeboten worden seien. Im übrigen habe die Beklagte nicht den ihr obliegenden Nachweis dafür erbracht, daß sie im fraglichen Zeitraum die durchgestrichenen Preise für die jeweiligen Teppiche auch tatsächlich verlangt habe. Darauf, ob zwischen der Werbung mit dem alten Preis und der Preissenkung ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten gelegen habe, komme es nicht an, da nur beanstandet werde, daß die Beklagte Neupreise in der Werbung herausstelle, obwohl diese bereits in den letzten sechs Monaten gegolten hätten.

II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Werbung sei irreführend i.S. des § 3 UWG und rechtfertige das ausgesprochene Verbot, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Gegenstand des Unterlassungsbegehrens, dem das Berufungsgericht in der beantragten Form entsprochen hat, ist das Verbot der Werbung mit Preisherabsetzungen, wenn die Waren bereits innerhalb der letzten sechs Monate zuvor zu demselben Preis oder zu einem geringeren Preis als dem angekündigten angeboten worden sind. Entgegen der Ansicht der Revision geht es nicht darum, wie lange der durchgestrichene Altpreis vor der Werbung verlangt worden ist. Der Verbotsausspruch knüpft, dem Antrag entsprechend, nicht an den durchgestrichenen Altpreis an; der Beklagten soll vielmehr verboten werden, mit Preisreduzierungen - gleich ob mittels durchgestrichener Preise oder auf sonstige Weise - zu werben, wenn der herabgesetzte Preis innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor der Werbung mit der Preisherabsetzung bereits - und sei es auch nur einmal - verlangt worden ist. Ein so weitgehendes Verbot läßt sich indessen aus § 3 UWG nicht herleiten.

2. Eine Werbung mit Preisherabsetzungen - sei es in Form der Gegenüberstellung der eigenen Alt- und Neupreise oder in sonstiger Weise - ist wettbewerbsrechtlich grundsätzlich zulässig. Sie darf den Verkehr allerdings nicht über die herausgestellte Sparwirkung und die besondere Preisgünstigkeit, die ihn zum Kauf veranlassen soll, irreführen. So hat der Bundesgerichtshof in den Fällen der Werbung für eine Preissenkung mit durchgestrichenen höheren Altpreisen eine Irreführung dann bejaht, wenn der frühere höhere Altpreis nicht, nicht ernsthaft, insbesondere nicht über einen längeren Zeitraum, oder nicht in letzter Zeit verlangt worden war oder wenn überhöhte Preise angesetzt worden waren, um eine Preissenkung vortäuschen zu können, oder wenn sonst über das Ausmaß der Preissenkung irregeführt wurde (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 29.2.1996 - I ZR 6/94, GRUR 1996, 796, 798 = WRP 1996, 734 - Setpreis, m.w.N.; vgl. auch Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., § 3 UWG Rdn. 296 ff.; v. Gamm, Wettbewerbsrecht, 5. Aufl., Kap. 22 Rdn. 63; Köhler/Piper, UWG, § 3 Rdn. 273).

Eine irreführende Preisherabsetzung kommt allerdings nicht nur in den Fällen der Gegenüberstellung von Alt- und Neupreisen in Betracht, sondern auch dann, wenn der - meist aus besonderem Anlaß - angeblich gesenkte Preis bereits vor der Werbung gegolten hat und daher eine Preissenkung in Wahrheit nicht vorliegt. Davon ist auch das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend ausgegangen. Ihm kann jedoch nicht darin beigetreten werden, daß der als herabgesetzt bezeichnete Preis in den letzten sechs Monaten nicht - auch nicht ein einziges Mal - verlangt worden sein darf.

3. In tatsächlicher Hinsicht hat das Berufungsgericht allerdings auf der Grundlage der vorgelegten Werbebeilagen rechtsfehlerfrei festgestellt, daß die Beklagte in zahlreichen Fällen für die gleiche Ware den als herabgesetzt bezeichneten Preis auch schon vorher verlangt hatte.

Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, es habe sich dabei nicht um identische Teppichware gehandelt. Es kommt nicht auf die Identität der konkret beworbenen Einzelstücke, sondern - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - auf die der jeweiligen Teppichart (Gattungsware) an. Bei Gattungsware bezieht der Verkehr den Hinweis auf die Preissenkung nicht auf das konkret beworbene Einzelstück, sondern auf Waren vergleichbarer Güte und Qualität (vgl. Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 300; OLG Karlsruhe WRP 1979, 225; OLG Hamm WRP 1968, 447).

Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, daß es sich bei der beworbenen Teppichware um Gattungsware gehandelt hat, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand. Für die vom Verbotsausspruch ebenfalls umfaßten Teppichböden wird diese Annahme von der Revision nicht in Zweifel gezogen. Entgegen der Ansicht der Revision sind aber auch die beworbenen Teppiche als Gattungsware anzusehen (vgl. auch OLG Karlsruhe WRP 1979, 225 für Berberteppiche; Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 296, 300). Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Klägerin, das vom Berufungsgericht - ohne daß ein Berichtigungsantrag gestellt worden ist - als unstreitig behandelt worden ist (BU 5), handelt es sich bei den beworbenen Teppichen nicht um Einzelstücke bzw. Unikate, sondern um standardisierte Massenware, die jeweils in größeren Stückzahlen bei wenigen Importeuren bezogen wird. Die Klägerin hat weiter unbestritten vorgetragen, daß die Teppiche auf entsprechende Bestellung von diesen Importeuren in den Manufakturen der jeweiligen Herkunftsländer nach bestimmten Standards geknüpft werden und lediglich in der Farbgebung und den Mustern teilweise voneinander abweichen; der Markt für standardisierte Orientteppiche habe sich in den letzten 20 Jahren entwickelt, als zahlreiche Filialisten entstanden seien.

Soweit die Revision sich darauf beruft, daß die Teppiche - weil handgeknüpft und von verschiedenen Produzenten stammend - nicht stets die gleiche Qualität hätten, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, mit dem sie in der Revisionsinstanz nicht gehört werden kann. Im übrigen würden unter den hier gegebenen Umständen nach der allgemeinen Lebenserfahrung weder eine teilweise handwerkliche Herstellung noch unterschiedliche Lieferquellen und Einkaufspreise den Verkehr veranlassen, die Preissenkung auf das jeweilige konkrete Einzelstück oder die jeweilige Lieferung zu beziehen. Farb- und Musterabweichungen sollen überdies nach der eigenen Werbung der Beklagten ohne Bedeutung bleiben; denn in ihren Werbebeilagen findet sich in unterschiedlicher Hervorhebung der Hinweis "Bei allen Angeboten Maß-, Farb- und Musterabweichungen vorbehalten". Da die in den Prospekten meist nur in einem Format abgebildeten Teppiche zudem in unterschiedlichen Größen angeboten werden, kann es aus der Sicht des Verkehrs auch schon deshalb nicht auf das abgebildete konkrete Einzelstück ankommen.

Unter diesen Umständen braucht - anders als die Revision meint - dem von der Beklagten unter Beweis gestellten Vorbringen zu den einzelnen Lieferungen, den Lieferquellen und der Preisgestaltung vom Zeitpunkt der Anlieferung der konkreten Ware an nicht weiter nachgegangen zu werden.

4. Nach alledem ist davon auszugehen, daß die Beklagte für ihre Teppichware mit Preisreduzierungen geworben hat, obwohl die Ware zuvor schon zu demselben oder einem geringeren Preis als dem angekündigten angeboten worden war. Gleichwohl erweist sich das Verbot jedenfalls in dem ausgesprochenen Umfang nicht als gerechtfertigt. Denn die Annahme, daß eine Irreführung immer dann vorliege, wenn die als neu bezeichneten Preise bereits innerhalb der letzten sechs Monate - und sei es auch nur ein einziges Mal - verlangt worden seien, läßt sich mit der allgemeinen Lebenserfahrung nicht in Einklang bringen. Dies wird von der Revision zu Recht gerügt.

a) Die Frage, innerhalb welchen Zeitraums vor der Werbung der als herabgesetzt bezeichnete oder ein niedrigerer Preis nicht verlangt worden sein darf, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung und läßt sich nicht einheitlich beantworten. Insoweit gilt nichts anderes als für die Frage, wie lange der Werbende einen durchgestrichenen Altpreis gefordert haben muß, um diesen als ernsthaft verlangt ansehen zu können (vgl. u.a. BGH, Urt. v. 28.6.1974 - I ZR 62/72, GRUR 1975, 78, 79 = WRP 1974, 552 - Preisgegenüberstellung I). Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Warenart, die Verhältnisse des Betriebs und die Wettbewerbssituation. Danach läßt sich ein fester Zeitraum, innerhalb dessen der gesenkte Preis auch nicht einmal vorher verlangt worden sein darf, nicht generell bestimmen. Die Marktsituation kann unter Umständen schon kurzfristig einen anzuerkennenden Anlaß zu Preisänderungen geben, auf die auch hingewiesen werden darf (Baumbach/Hefermehl aaO § 3 UWG Rdn. 296; Gloy/Helm, Hdb. Wettbewerbsrecht, 2. Aufl., § 49 Rdn. 256; GroßkommUWG/Lindacher, § 3 Rdn. 911). Das hat das Berufungsgericht nicht hinreichend beachtet.

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, ein fester Zeitraum von sechs Monaten, innerhalb dessen der gesenkte Preis auch nicht einmal gegolten haben darf, sei aufgrund der Langlebigkeit und Höherwertigkeit von Orientteppichen generell gerechtfertigt, begegnet durchgreifenden Bedenken.

Das Berufungsgericht hat dabei zunächst unberücksichtigt gelassen, daß die Beklagte in den Werbebeilagen nicht nur teure Orientteppiche, sondern auch Teppiche zu Preisen von 100,-- bis 300,-- DM sowie Teppichböden zu geringen Quadratmeterpreisen beworben hat. Hinsichtlich dieser weder hochpreisigen noch langlebigen Waren fehlt es an einer nachvollziehbaren Begründung für die Annahme einer Frist von sechs Monaten.

Aber auch soweit sich die Werbeaussage auf höherwertige Orientteppiche und Teppichböden bezieht, ist die Annahme des Berufungsgerichts, der Verkehr erwarte bei der Werbung mit einer Preissenkung, daß der neu angebotene, gesenkte Preis innerhalb der letzten sechs Monate auch nicht einmal gefordert worden sei, nicht frei von Rechtsirrtum. Ein Unternehmer muß auch aus der Sicht des Verkehrs bei seiner Preisgestaltung und der Werbung hierfür auf veränderte Betriebsverhältnisse und Marktsituationen reagieren können. Eine undifferenzierte starre Fristbemessung würde ihn in seiner unternehmerischen Freiheit unangemessen einengen. Es sind die verschiedensten Umstände denkbar, die Anlaß zu Preissenkungen in einem kürzeren zeitlichen Rahmen geben können. So können etwa eine Produktionseinstellung, ein Modellwechsel, ein stark abweichender Modetrend, eine erhebliche Preissenkung des Herstellers oder eine plötzlich auftretende Konkurrenz es notwendig erscheinen lassen, einen schon zuvor gesenkten Preis nochmals herabzusetzen und dafür zu werben. Darüber hinaus gehören Teppiche und Teppichböden zu den schlußverkaufsfähigen Textilien nach § 7 Abs. 3 Nr. 1 UWG (Baumbach/Hefermehl aaO § 7 UWG Rdn. 43). Diese unterliegen, worauf die Revision zutreffend hinweist, halbjährlichen Preisherabsetzungen und werden auch nach der Lebenserfahrung innerhalb der regulären Verkaufszeiten üblicherweise durch Sonderangebote mit dem Hinweis auf die Höhe der herabgesetzten Preise angeboten. Mit diesen Erfordernissen läßt sich das vom Berufungsgericht ausgesprochene Verbot (ebenso OLG Bremen WRP 1971, 530, 532) nicht in Einklang bringen; denn danach dürfte die Ware im Bereich des Teppichhandels lediglich in einem Schlußverkauf pro Jahr (Winter- oder Sommerschlußverkauf) mit einer herausgestellten Preissenkung beworben werden. Eine feste Frist von sechs Monaten ist aber auch deshalb zu lang bemessen, weil beispielsweise in einem Schlußverkauf oder aber in einem Teilräumungsverkauf nicht mit dem Hinweis auf die Höhe der Preissenkung geworben werden könnte, wenn einige Monate vor dem Schlußverkauf ein Teilräumungsverkauf oder umgekehrt durchgeführt worden wäre. Ferner wäre zwischen zwei Schlußverkäufen keine weitere Werbung mit herausgestellter Preissenkung möglich. Es müßte daher entweder auf die herausgestellte Preissenkung im Schlußverkauf oder auf eine solche zwischen den Schlußverkäufen verzichtet werden. Daß der Verkehr solche Werbebeschränkungen erwartet, läßt sich den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht entnehmen.

Schließlich begegnet der Verbotsausspruch deshalb weiteren Bedenken, weil er sich auch auf Fälle erstreckt, in denen die Preissenkung lediglich einige Tage vor der Werbung stattgefunden und der niedrigere, neue Preis damit bereits einige Tage vor der Werbung gegolten hat. Zwar versteht der Verkehr den Hinweis auf eine Preissenkung aus aktuellem Anlaß, von der das Berufungsgericht bei einigen der Werbebeilagen ausgegangen ist und auf die sich auch der "Insbesondere"-Teil des Antrags mit dem beispielhaften Hinweis auf den Winterschlußverkauf bezieht, dahin, daß die Preise vor diesem aktuellen Anlaß noch nicht gesenkt waren (vgl. Baumbach/Hefermehl aaO § 7 UWG Rdn. 57; Gloy/Helm aaO § 49 Rdn. 257; GroßkommUWG/Lindacher, § 3 Rdn. 912). Das bedeutet indessen aber nur, daß lediglich auf den aktuellen Anlaß, z.B. den Winterschlußverkauf, und nicht - wie im Tenor ausgesprochen - auf die konkrete Werbung für diesen abzustellen ist. Der Verkehr hat sich an die zeitlich gestaffelte, mehrfache Bewerbung aus Anlaß eines aktuellen Ereignisses, z.B. eines Winterschlußverkaufs, gewöhnt. Sie ist nicht irreführend.

III. Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Frage, innerhalb welchen Zeitraums der gesenkte Preis vor der Werbung mit einer Preissenkung nicht verlangt worden sein darf, um eine Irreführung auszuschließen, bedarf unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung weiterer tatrichterlicher Feststellungen. Dabei wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob eine nicht auf die konkrete Verletzung beschränkte Verbotsform mit einer festen Zeitbestimmung überhaupt eine ausreichend faßbare Einschränkung enthält, um auf alle Umstände reagieren zu können, die auch aus der Sicht des Verkehrs einen berechtigten Anlaß zur Preissenkung geben können. Die Klägerin wird im wiedereröffneten Berufungsrechtszug Gelegenheit haben, den unter II. geäußerten Bedenken Rechnung zu tragen und ihren Klageantrag an die rechtliche Beurteilung anzupassen. Das Berufungsgericht wird auch auf Klärung hinzuwirken haben, in welchem Verhältnis der Hauptantrag und der "Insbesondere"-Antrag zueinander stehen. Während der Hauptantrag jede Werbung mit einer Preissenkung verbietet, wenn auch nur einmal innerhalb von sechs Monaten vor der Werbung der gesenkte Preis verlangt worden ist, knüpft der "Insbesondere"-Antrag daran an, daß der während des Winterschlußverkaufs verlangte Preis gegenüber den innerhalb der letzten sechs Monate verlangten Preisen tatsächlich nicht verringert worden ist. Wann eine solche Verringerung vorliegt und ob diese ausgeschlossen ist, wenn auch nur einmal für einige Tage innerhalb der Sechs-Monats-Zeit der gesenkte Preis verlangt worden ist, läßt sich diesem Antrag nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen.

Ende der Entscheidung

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