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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 20.10.1999
Aktenzeichen: I ZR 167/97
Rechtsgebiete: UWG
Vorschriften:
UWG § 3 |
a)
Zur Frage der irreführenden Gestaltung einer Werbebeilage, in der auf den ersten Seiten original Orient-Teppiche und anschließend mechanisch hergestellte Teppiche, die in einem für Orient-Teppiche typischen Muster abgebildet und mit orientalischen Herkunftsbezeichnungen versehen sind, angeboten werden.
b)
Bei der Frage, ob eine Anzeigen- oder Beilagenwerbung einen irreführenden Eindruck vermittelt, ist jedenfalls dann nicht auf den flüchtigen Verbraucher abzustellen, wenn es sich um Waren von nicht ganz unerheblichem Wert und einer nicht nur kurzen Lebensdauer handelt (hier: Teppiche). Der Grad der Aufmerksamkeit des durchschnittlich informierten und verständigen Durchschnittsverbrauchers, auf dessen Verständnis es ankommt, hängt von der jeweiligen Situation ab. Die Begriffe "flüchtig" und "verständig" schließen sich nicht gegenseitig aus.
BGH, Urt. v. 20. Oktober 1999 - I ZR 167/97 - Kammergericht LG Berlin
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 20. Oktober 1999
Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Starck, Dr. Bornkamm und Dr. Büscher
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 18. Februar 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht hinsichtlich des Klageantrags zu c) zum Nachteil der Beklagten erkannt hat.
Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten unter Abänderung des Teilurteils der Kammer für Handelssachen 91 des Landgerichts Berlin vom 7. Februar 1995 die Klage abgewiesen.
Unter Abänderung der Kostenentscheidung im Schlußurteil des Landgerichts Berlin vom 31. März 1995 werden die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens dem Kläger zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 auferlegt. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat ebenfalls der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3 zu tragen. Die Kosten der Revision trägt der Kläger.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte betreibt in ihren Verkaufsstätten in Berlin und in Waltersdorf bei Berlin den Einzelhandel mit Teppichen und Teppichböden. Als Beilage zu Berliner Tageszeitungen vom 5. und 6. Mai 1994 verbreitete sie den Prospekt "Riesige Auswahl China-Teppiche". Darin waren auf Seite 4 unter der Überschrift "Konsequent preiswert" Teppiche mit persischen Mustern abgebildet, die Bezeichnungen wie "K. Medaillon-Moud", "K.-Birdjend" oder "K.-Herati" trugen. Es handelte sich dabei um mechanisch hergestellte Teppiche.
Der Kläger, ein rechtsfähiger Verband, der satzungsgemäß die Einhaltung der Regeln des lauteren Wettbewerbs überwacht, hat neben anderen Beanstandungen der Werbebeilage, die nicht mehr Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, die Werbung auf Seite 4 des Prospekts als irreführend angegriffen und Unterlassung begehrt. Er hat vorgebracht, aufgrund der Abfolge im Prospekt und der Gestaltung der Werbung gehe der Leser ohne ausdrücklichen Hinweis, daß es sich um Webteppiche handele, davon aus, daß handgeknüpfte Orient-Teppiche angeboten würden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Prozeßführungsbefugnis des Klägers in Abrede gestellt. In der Sache hat sie vorgetragen, das Wort "Webteppich" sei branchenfremd, und es bestehe ein jahrzehntelanger Handelsbrauch, Velour-Teppiche mit den orientalischen Namen der jeweiligen Provenienz zu kennzeichnen.
Das Landgericht hat die Beklagte durch Teilurteil antragsgemäß unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Teppiche zu werben
...
c) mit der Abbildung von Teppichen im Orient-Teppich-Muster, ohne unmißverständlich und deutlich hervorgehoben darauf hinzuweisen, daß es sich um Webteppiche handelt, insbesondere blickfangmäßig mit der Abbildung des Teppichs "K. Medaillon-Moud" zu werben, ohne unmißverständlich darauf hinzuweisen, daß es sich um einen Webteppich aus Polypropylen handelt.
Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat die beanstandete Werbung als irreführend im Sinne des § 3 UWG angesehen und dazu ausgeführt:
Die Werbung der Beklagten für Teppiche, die das Aussehen von Orient-Teppichen hätten und die mit orientalischen Herkunftsbezeichnungen versehen seien, sei irreführend, solange nicht darauf hingewiesen werde, daß es sich um Webteppiche handele. Dabei könne dahinstehen, ob die Bezeichnungen der Teppiche, die die Beklagte gewählt habe, einem Handelsbrauch entsprächen. Denn es sei zu beachten, daß die Beklagte in der Werbebeilage auf den ersten drei Seiten intensiv für Original-Orient-Teppiche geworben habe, deren Preise sich nicht einmal erheblich von denen von Webteppichen unterschieden. Ohne daß der flüchtige Verbraucher, von dem hier auszugehen sei, dies erkenne, erfolge der Übergang auf maschinengewebte Ware auf der weiteren Seite 4. Weder die Abfolge im Prospekt noch die Gestaltung der ersten vier Seiten ließen erkennen, daß es sich um eine qualitativ ganz andere Ware handele. Zumindest in der konkret vorgenommenen Gestaltung sei die Werbung irreführend. Das sei auch bei der hier insbesondere angegriffenen blickfangmäßigen Abbildung des Teppichs "K. Medaillon-Moud" der Fall. Erst bei genauerer Lektüre der sehr kleinen Schrift unter der Teppichabbildung könne der Leser erfahren, daß es sich offenbar um einen gewebten Teppich handele; denn der Vermerk unter dem Teppich ende mit "Teppich-Spezialfaser 100 % Polypropylen". Dies erschließe sich für den flüchtigen Betrachter aber erst dann, wenn er die gesamte Anzeige zur Kenntnis genommen und insbesondere auch den Text unter der Abbildung der Teppiche bis zu Ende gelesen habe. Damit habe die Beklagte erreicht, daß sich ein Kunde, der sich eigentlich nur für original Orient-Teppiche interessiere, mit dieser Anzeige bis ins einzelne beschäftige.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.
1. Entgegen der von der Revision vertretenen Ansicht begegnet es allerdings keinen Bedenken, daß das Berufungsgericht die Prozeßführungsbefugnis des Klägers nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG bejaht hat.
Aufgrund der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, daß der Kläger nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung in der Lage ist, seine satzungsgemäßen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen. Dies wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt.
Zu Recht hat das Berufungsgericht aber auch angenommen, daß dem klagenden Verband eine erhebliche Zahl von Gewerbetreibenden angehört, die sich auf demselben räumlichen und sachlichen Markt mit der Beklagten als Wettbewerber begegnen (so auch schon BGH, Urt. v. 25.4.1996 - I ZR 82/94, WRP 1996, 1102, 1103 - Großimporteur). Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, daß sich der hier maßgebliche räumliche Markt auf den Raum Berlin einschließlich des angrenzenden Brandenburger Umlandes erstreckt, da dieser im wesentlichen durch die Geschäftstätigkeit des werbenden Unternehmens bestimmt wird. In diesem räumlichen Bereich verfüge der Kläger nach der im letzten Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Mitgliederliste vom 8. November 1996 über zumindest sechs Mitglieder, die unmittelbar mit Teppichen handelten; eines dieser Mitglieder habe eine überragende Marktbedeutung. Hinzu kämen drei Versandhandelsunternehmen, die zumindest im Nebensortiment Teppiche führten. Außerdem gehöre dem Kläger der Möbelfachverband Berlin-Brandenburg mit insgesamt 75 Mitgliedern an, von denen zumindest 34 Mitglieder mit Teppichen und Waren verwandter Art handelten. Mittelbar zählten zu den Mitgliedern des Klägers auch die im Verband des Bodenbelag-, Heimtextilien- und Tapetenhandels zusammengeschlossenen Gewerbetreibenden, von denen eine ganze Reihe mit Teppichen, Teppichböden und verwandten Waren handelten. Aufgrund der erheblichen Zahl der Gewerbetreibenden und deren zumindest nicht unbedeutenden wirtschaftlichen Gewichts könne vorliegend ein mißbräuchliches Vorgehen des klagenden Verbandes ausgeschlossen werden.
Diese Beurteilung beruht auf zutreffenden rechtlichen Erwägungen (vgl. näher BGH WRP 1996, 1102, 1103 - Großimporteur; Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 122/95, GRUR 1998, 417, 418 = WRP 1998, 175 - Verbandsklage in Prozeßstandschaft). Sie wird auch von den getroffenen Feststellungen getragen. Soweit die Revision beanstandet, die Beklagte habe hinsichtlich der durch die beiden Fachverbände vermittelten mittelbaren Mitglieder keine Überprüfungsmöglichkeit, ist diese Beanstandung durch die Vorlage der Listen der beiden Fachverbände behoben, in denen die Mitglieder namentlich benannt sind. Ohne Erfolg beruft sich die Revision weiter darauf, die mittelbaren Mitglieder führten ganz überwiegend keine Teppiche. Die Revision läßt dabei unbeachtet, daß nicht nur der enge Markt des Teppichhandels zu berücksichtigen ist. Zu den Waren gleicher oder verwandter Art im Sinne des § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG gehören auch Teppichböden und sonstige Fußbodenbeläge sowie in gewissem Umfang auch Heimtextilien (BGH WRP 1996, 1102, 1103 - Großimporteur). Den vom Kläger vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen zum Bestand und zur Geschäftstätigkeit der Mitglieder der beiden Fachverbände, die im Wege des Freibeweises berücksichtigt werden können, läßt sich hinreichend entnehmen, daß im klagenden Verband Gewerbetreibende aus der einschlägigen Branche nach Zahl und wirtschaftlichem Gewicht - die unmittelbaren Mitglieder eingeschlossen - repräsentativ vertreten sind.
2. Die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Klage sei mit dem Antrag zu c wegen Irreführung nach § 3 UWG begründet, hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung allerdings nicht stand.
a) Entgegen der Ansicht der Revision ist das Berufungsgericht allerdings zu Recht davon ausgegangen, daß der Unterlassungsantrag und der ihm entsprechende Urteilsausspruch hinreichend bestimmt sind (§ 253 Abs. 2 Nr. 2, § 313 Abs. 1 Nr. 4 ZPO).
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart undeutlich gefaßt sein, daß der Streitgegenstand und der Umfang der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts nicht mehr klar umrissen sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen kann und im Ergebnis dem Vollstreckungsgericht die Entscheidung darüber überlassen bleibt, was dem Beklagten verboten ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 5.6.1997 - I ZR 69/95, GRUR 1998, 489, 491 = WRP 1998, 42 - Unbestimmter Unterlassungsantrag III; Urt. v. 15.7.1999 - I ZR 204/96, GRUR 1999, 1017 = WRP 1999, 1035 - Kontrollnummernbeseitigung). Dementsprechend sind Klageanträge, die auslegungsbedürftige Formulierungen enthalten wie "unmißverständlich" und "deutlich hervorgehoben", in der Regel als zu unbestimmt und damit unzulässig anzusehen. Davon ist der Senat auch bei Begriffen wie "eindeutig", "angemessen" oder "unübersehbar" ausgegangen (vgl. BGH, Urt. v. 11.10.1990 - I ZR 35/89, GRUR 1991, 254, 255 = WRP 1991, 216 - Unbestimmter Unterlassungsantrag I; BGH GRUR 1999, 1017 - Kontrollnummernbeseitigung, jeweils m.w.N.). Gleichwohl kann der Klageantrag trotz der Verwendung derartiger Begriffe den Verbotstatbestand im Einzelfall ausreichend genau umschreiben (vgl. BGH GRUR 1999, 1017 f. - Kontrollnummernbeseitigung). So liegt es auch hier. Der mit "ohne ... darauf hinzuweisen" eingeleitete Nebensatz schränkt das begehrte Verbot im vorliegenden Fall nicht ein; er soll lediglich klarstellen, daß die Werbung mit der Abbildung von Teppichen im Orient-Teppich-Muster nicht als solche - als in jedem Fall wettbewerbswidrig - verboten werden soll, sondern nur im Hinblick darauf, daß diese bei Fehlen einer Aufklärung der Verbraucher darüber, daß es sich um Webteppiche handele, irreführend sei. Da sich hier die Bedeutung des mit "ohne" eingeleiteten Zusatzes in dieser Klarstellung erschöpft, wird die Bestimmtheit des Antrags nicht dadurch berührt, daß die darin verwendeten Begriffe "unmißverständlich" und "deutlich hervorgehoben" für sich genommen unbestimmt sind (vgl. BGH GRUR 1999, 1017, 1018 - Kontrollnummernbeseitigung, m.w.N.). Nichts anderes gilt für den "insbesondere"-Teil des Antrags. Daß darin nur von "unmißverständlich" und nicht auch von "unerheblich" die Rede ist, ist entgegen der Ansicht der Revision ohne entscheidende Bedeutung. Im Falle der Verurteilung der Beklagten nach dem Klageantrag wäre es ihre Sache, einen Weg zu finden, wie sie das als irreführend beanstandete Verhalten in Zukunft durch Aufklärung des Verbrauchers vermeidet. Eine Aufklärung des Verbrauchers muß klar und eindeutig sein. Wenn darauf durch die Aufnahme dieser oder ähnlicher Begriffe in dem Antrag hingewiesen wird, ist dies für die Bestimmtheit des Klageantrags unschädlich (so BGH GRUR 1999, 1017, 1018 - Kontrollnummernbeseitigung). Die Verwendung des Begriffs "blickfangmäßig" im "insbesondere"-Teil des Antrags bezieht sich ersichtlich auf die konkrete Verletzungsform, nämlich die Abbildung des Teppichs "K. Medaillon-Moud" auf Seite 4 der Werbebeilage. Insoweit bildet die konkrete Verletzungsform für das Antragsverständnis eine hinreichende Orientierung.
Den Bestimmtheitsanforderungen genügt auch die Verwendung des Begriffs "Orient-Teppich-Muster". Anders als die Revision meint, ist im Zusammenhang mit einer Teppichwerbung eindeutig, daß nicht Muster von Orient-Teppichen gemeint sind. Vielmehr bezieht sich der Begriff unmißverständlich auf Teppiche, die Muster enthalten, wie sie für Orient-Teppiche typisch sind, ohne daß zum Ausdruck gebracht werden müßte, welche Provenienzen im einzelnen gemeint sind. Wie die zu den Akten gereichten Beispiele der Werbung auch anderer Unternehmen ausweisen, hat der Begriff "Orient-Teppich-Muster" einen hinreichend deutlichen Inhalt, bei dem nicht die Gefahr besteht, daß erst das Vollstreckungsgericht darüber entscheiden müßte, ob eine Werbung von dem Verbotsantrag erfaßt wird. Derartige Bedenken bestehen entgegen der Ansicht der Revision auch nicht aufgrund der Verwendung des Begriffs "Webteppich". Darauf, ob der Begriff branchenfremd ist, kommt es nicht an. Denn aus den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ergibt sich hinreichend deutlich, was gemeint ist. Das Berufungsgericht (BU 23) hat ersichtlich auf den Gegensatz abstellen wollen zwischen den auf den Seiten 1 bis 3 der Werbebeilage beworbenen Teppichen, die sämtlich mit "Echt-Orient, handgeknüpft" bzw. "Echt-Orient, handgearbeitet" gekennzeichnet sind, und den auf Seite 4 beworbenen Teppichen, die das Aussehen von Orient-Teppichen haben, bei denen aber zusätzlich angeführt ist, daß sie zu 100 % aus Polypropylen bzw. aus reiner Schurwolle bestehen. Im unstreitigen Teil des Tatbestandes (BU 4) wird überdies klargestellt, daß es sich bei den auf Seite 4 der Werbebeilage beworbenen Teppichen um "mechanisch hergestellte Teppiche" handelt.
b) Die Revision rügt aber mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die beanstandete Werbung als Verstoß gegen das Irreführungsverbot des § 3 UWG gewertet hat.
Das Berufungsgericht hat bei seiner Annahme, die Gestaltung der Werbung auf Seite 4 der Werbebeilage vermittele den irreführenden Eindruck, es handele sich um original Orient-Teppiche, bewußt auf den flüchtigen Verbraucher abgestellt. Dem kann für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses hinsichtlich der streitgegenständlichen Werbung nicht beigetreten werden. Der Grad der Aufmerksamkeit des durchschnittlich informierten und verständigen Verbrauchers, auf dessen Verständnis es ankommt, ist abhängig von der jeweiligen Situation. Er wird vor allem von der Bedeutung der beworbenen Waren oder Dienstleistungen für den angesprochenen Verbraucher abhängen und wird beispielsweise dort eher gering, d.h. flüchtig sein, wo es um den Erwerb geringwertiger Gegenstände des täglichen Bedarfs geht. Auch das erste Durchblättern von Werbebeilagen oder Zeitungsanzeigen wird regelmäßig flüchtig erfolgen, wobei sich die Begriffe "flüchtig" und "verständig" nicht gegenseitig ausschließen. Erst im Falle eines am Angebot einer bestimmten - nicht völlig geringwertigen - Ware oder Dienstleistung entweder von vorneherein bestehenden oder bei flüchtiger Durchsicht geweckten Interesses wird die Werbung mit größerer Aufmerksamkeit wahrgenommen. Diese situationsadäquate Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers ist für die Ermittlung des Verkehrsverständnisses maßgebend. Mögliche Mißverständnisse flüchtiger oder uninteressierter Leser haben dabei zurückzutreten (so schon BGH, Urt. v. 19.9.1996 - I ZR 72/94, GRUR 1997, 304, 306 = WRP 1997, 179 - Energiekosten-Preisvergleich II; vgl. auch zu § 1 UWG BGH, Urt. v. 26.3.1998 - I ZR 231/95, GRUR 1998, 1037, 1038 = WRP 1998, 727 - Schmuck-Set). Davon ist auch vorliegend auszugehen. Bei den angebotenen Waren handelt es sich um solche von nicht unerheblichem Preis und einer nicht nur kurzen Lebensdauer. Der über Orient-Teppiche durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der an einem Erwerb interessiert ist, wird eine entsprechende Werbung in der Regel nicht nur flüchtig betrachten, sondern sich ihr mit normaler Aufmerksamkeit zuwenden. Er wird einer Kaufentscheidung erfahrungsgemäß erst dann nähertreten, wenn er sich weiter informiert hat.
Der Umstand, daß das Berufungsgericht bei der Feststellung des Verkehrsverständnisses bewußt den flüchtigen Verbraucher zum Maßstab genommen hat, hat ersichtlich das Ergebnis beeinflußt. Wird - wie geboten - auf den Durchschnittsverbraucher abgestellt, der sich aufgrund eines vorhandenen Interesses mit der beanstandeten Werbebeilage mit normaler Aufmerksamkeit beschäftigt, so ist eine Irreführung zu verneinen. Der von der Werbung angesprochene Verbraucher wird zwar - wie das Berufungsgericht zu Recht festgestellt hat - die auf Seite 4 der Werbebeilage abgebildeten Teppiche aufgrund ihres für Orient-Teppiche typischen Musters und der orientalischen Herkunftsbezeichnungen auf den ersten Blick für original Orient-Teppiche halten, zumal solche Teppiche auch auf den vorangehenden ersten drei Seiten angeboten werden. Er wird sich jedoch nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei vorhandenem Interesse auch mit den unter jeder Abbildung befindlichen kleingedruckten Erläuterungen befassen; dies schon allein deshalb, weil daraus zu entnehmen ist, in welchen Größen und mit welchen Preisen die jeweiligen Teppiche zu erwerben sind. Er wird auch bei nur durchschnittlicher Aufmerksamkeit wahrnehmen, daß es sich um Teppiche entweder aus "100 % Polypropylen" oder "Schurwolle" handelt, die - wie sich aus dem Zusammenhang mit den ersten drei Seiten der Werbebeilage ergibt und was auch unstreitig ist - mechanisch hergestellt sind. Der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher wird daraus schließen können, daß es sich nicht um original Orient-Teppiche handelt. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts werden die angesprochenen Verbraucher auch nicht durch die auf den ersten drei Seiten enthaltenen Angebote irritiert; denn sie werden, wenn sie sich ihnen näher zuwenden, erkennen, daß dort im Gegensatz zu den Angeboten auf Seite 4 der - meist sogar herausgestellte - Hinweis "Echt-Orient, handgeknüpft" bzw. in einem Fall "Echt-Orient, handgearbeitet" enthalten ist. Soweit sie den Unterschied zwischen den auf den Seiten 1 bis 3 einerseits und Seite 4 andererseits angebotenen Teppichen nicht kennen oder auf ihn keinen Wert legen, weil für ihre Kaufentscheidung allein der optische Eindruck maßgebend ist, scheidet eine relevante Irreführung schon deshalb aus, weil der Unterschied für sie keine wertbildende Bedeutung besitzt. Verbraucher, die den Unterschied kennen und Wert auf einen original Orient-Teppich legen, werden die erläuternden Hinweise verstehen und deshalb nicht irregeführt. Überdies erkennt dieser Teil der Verbraucher ohnehin, daß die Werbebeilage insgesamt nicht das Angebot eines ausschließlich auf original Orient-Teppiche spezialisierten Hauses darstellt; denn auf Seite 5 wird unter der Überschrift "Über 1500 Rollen Teppichboden" ein vielfältiges Teppichboden-Angebot unterbreitet.
III. Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene Urteil hinsichtlich der Verurteilung gemäß dem Klageantrag zu c aufzuheben und die Klage insoweit unter Abänderung des Urteils des Berufungsgerichts abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 und § 97 Abs. 1 ZPO.
Ende der Entscheidung
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