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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 20.05.1999
Aktenzeichen: I ZR 172/97
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ZPO, ADSp
Vorschriften:
HGB § 417 Abs. 1 | |
HGB § 390 Abs. 1 | |
BGB § 278 | |
ZPO § 554 Abs. 3 Nr. 3 lit. b | |
ZPO § 320 | |
ZPO § 314 | |
ZPO § 565 Abs. 3 Nr. 1 | |
ADSp § 41 a.F. | |
ADSp § 64 a.F. | |
ADSp § 51 lit. b a.F. |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 20. Mai 1999
Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm und Pokrant
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des 12. Zivilsenats in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Berufungsgericht über einen Betrag von 2.345,-- DM nebst 6 % Zinsen seit dem 27. Dezember 1994 hinaus zum Nachteil der Klägerin entschieden hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, Versicherer des Speditionsunternehmens F. GmbH & Co. KG (im folgenden: Versicherungsnehmerin), nimmt die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht wegen Abhandenkommens von Computer-Modulen auf Schadensersatz in Anspruch. Die Beklagte betreibt ein als Handling-Unternehmen bezeichnetes Dienstleistungsunternehmen. Sie besorgt für Luftfrachtspediteure - unter anderem auch für die Versicherungsnehmerin - den Umschlag von für den Export bestimmten Luftfrachtsendungen.
Die Versicherungsnehmerin erhielt im April 1993 von einer französischen Spedition den Auftrag, einen Karton mit 5.000 Computer-Modulen von der S. GmbH in O. (im folgenden: S. GmbH) nach Frankreich zu versenden. Mit der Abholung und dem Transport der Sendung zur Beklagten beauftragte die Versicherungsnehmerin wie gewöhnlich die Firma A. GmbH (im folgenden: A.-GmbH). Deren Fahrer Sc. entnahm dem Paket nach dessen Erhalt von der S. GmbH 50 Module, die er später verkaufte. Anschließend gab er das Paket mit den darin verbliebenen Teilen und dem von der S. GmbH ausgestellten Lieferschein bei der Beklagten ab. Den Lieferschein legte die Beklagte nach Abfertigung der Sendung in ein Fach, aus dem sich die einlagernden Spediteure die für sie bestimmten Unterlagen selbst abholen.
Da sich die A.-GmbH seinerzeit in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befand, beschlossen deren Inhaber und einige ihrer Mitarbeiter das zur Beklagten beförderte Paket wieder herauszuholen, um dessen Inhalt auf dem Schwarzmarkt zu veräußern. Zwei Fahrer der A.-GmbH besorgten sich hierfür zunächst einen Karton mit Hohlblocksteinen. Dieses Paket sollte anschließend wegen einer vorgeblichen Verwechslung gegen das zuvor eingelieferte ausgetauscht werden. Zu diesem Zweck meldete sich einer der Täter bei dem für die Lagerverwaltung zuständigen Mitarbeiter H. der Beklagten. Da die ihm unbekannte Person keine zur Abholung des Originalpakets legitimierenden Papiere vorweisen konnte, verwies er sie an eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten. Diese schickte die Person zur Versicherungsnehmerin der Klägerin, die im selben Gebäude wie die Beklagte Betriebsräume unterhält. Nach einiger Zeit erschienen zwei Angestellte der A.-GmbH bei dem Lagerverwalter H. , der einen der beiden als Fahrer der A.-GmbH erkannte. Sie legten ihm die Ablichtung eines Lieferscheins der S. GmbH und das mit Hohlblocksteinen gefüllte Paket vor, das er entgegennahm. Anschließend wog der Lagerverwalter das präparierte Paket und hielt das von dem ursprünglich eingelieferten Paket abweichende Gewicht fest. Sodann nahm er den Umtausch vor, ohne den Inhalt des zweiten Pakets geprüft zu haben. Die in dem herausgegebenen Originalpaket enthaltenen Computer-Module wurden von Mitarbeitern der A.-GmbH wie geplant veräußert.
Die Klägerin hat den entstandenen Schaden reguliert. Sie hat behauptet, der Wert der in dem Originalpaket enthaltenen Ware habe 234.500,-- DM betragen, und ferner die Ansicht vertreten, die Beklagte habe mit dem Austausch der Pakete gegen ihre vertraglichen Sorgfaltspflichten verstoßen, die sich insbesondere aus einem mit der Versicherungsnehmerin geschlossenen Rahmenvertrag sowie aus Abmachungen über die Behandlung der eingelagerten Waren ergäben. Überdies habe die Beklagte ihren Betriebsablauf mangelhaft organisiert.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 234.500,-- DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem nach Grund und Höhe entgegengetreten. Sie hat in Abrede gestellt, daß es zwischen ihr und der Versicherungsnehmerin im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Vorfalls eine Rahmenvereinbarung gegeben habe. Sie habe mit der Versicherungsnehmerin auf der Grundlage der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) zusammengearbeitet. Sorgfaltspflichten habe sie nicht verletzt. Im übrigen müsse sich die Klägerin an den Versicherer halten, bei dem sie, die Beklagte, eine Speditions- und Rollfuhrversicherung abgeschlossen habe. Schließlich hat sich die Beklagte auf die Einrede der Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat eine Haftung der Beklagten verneint, weil sie gegenüber der Versicherungsnehmerin weder Sorgfaltspflichten verletzt noch zu dem eingetretenen Schaden durch ein Organisationsverschulden beigetragen habe und die Klägerin sich im Verhältnis zur Beklagten zudem das Verhalten der Erfüllungsgehilfin A.-GmbH ihrer Versicherungsnehmerin zurechnen lassen müsse. Dazu hat es ausgeführt:
Der von der Beklagten bei der Behandlung des eingelieferten Luftfrachtgutes zu beachtende Sorgfaltsmaßstab richte sich nach den besonderen Umständen des Falles. Diese seien entscheidend dadurch geprägt, daß die Beklagte zum Austausch der Pakete von Mitarbeitern der einliefernden A.-GmbH, bei der es sich nicht um einen außenstehenden Kunden, sondern um ein in die Transportkette eingegliedertes Unternehmen gehandelt habe, durch eine Trickstraftat veranlaßt worden sei. Aus der Sicht der Beklagten und eines objektiven Betrachters habe die Herausgabe des Originalpakets der Behebung eines innerbetrieblichen - vorgetäuschten - Versehens gedient, das der Erfüllungsgehilfin der Versicherungsnehmerin unterlaufen gewesen sein sollte. Der Lagerverwalter der Beklagten habe gewußt, daß die A.-GmbH laufend Transporte für die Versicherungsnehmerin vorgenommen habe und daß letztere Auftraggeberin der Beklagten gewesen sei. Er habe bei Vornahme des Umtausches nicht fahrlässig gehandelt. Die zuerst bei ihm erschienene unbekannte Person habe er mangels Vorlage von Legitimationsdokumenten an eine weitere Mitarbeiterin der Beklagten verwiesen. Er habe sich zu dem Umtausch der Pakete erst entschlossen, als die unbekannte Person einige Zeit später mit einem Paket und in Begleitung eines Mannes, den er als Mitarbeiter der A.-GmbH eingeordnet habe, erschienen sei und ihm nunmehr eine Ablichtung des das kurz zuvor eingelieferte Paket betreffenden Lieferscheins vorgelegt habe, der sich aus seiner, des Lagerverwalters, Sicht im Original oder in Original-Durchschrift nur bei der Versicherungsnehmerin habe befinden und dort auch nur habe fotokopiert werden können. Ein derartiges Verhalten des Lagerverwalters sei unter den gegebenen, ihm vorgespiegelten Umständen nicht zu beanstanden. Dem Lagerverwalter habe sich schon deshalb kein Verdacht aufdrängen müssen, weil das Originalpaket auch sogleich von den Mitarbeitern der A.-GmbH hätte zurückgehalten und durch ein wertloses ersetzt werden können.
II. Die Revision hat ganz überwiegend Erfolg. Sie führt - einen Betrag von 2.345,-- DM nebst Zinsen ausgenommen - zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. In Höhe eines Betrages von 2.345,-- DM nebst Zinsen ist die Klage im Ergebnis allerdings zu Recht abgewiesen worden. Die Klägerin verlangt für den Verlust von 5.000 Computer-Modulen, die sich in dem bei der S. GmbH abgeholten Paket befunden haben sollen, Ersatz in Höhe von 234.500,-- DM. Der Stückwert beträgt demnach 46,90 DM, da mangels gegenteiliger Anhaltspunkte von einem gleichen Wert aller Module auszugehen ist. Aus dem unstreitigen Tatbestand des Berufungsurteils ergibt sich, daß der Fahrer der A.-GmbH vor Ablieferung der Sendung bei der Beklagten bereits 50 Module aus dem Paket entwendet hatte, so daß nur 4.950 Teile in den Gewahrsam der Beklagten gelangt sind. Da die Beklagte für die von dem Fahrer entwendeten 50 Module nicht ersatzpflichtig ist, ist die Klage in dem genannten Umfang unbegründet.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Abweisung der weitergehenden Klage.
a) Dem Berufungsurteil läßt sich bereits nicht entnehmen, welchen Sorgfaltsmaßstab das Berufungsgericht seiner Beurteilung zugrunde gelegt hat. Es hat keine Feststellungen zum Inhalt der vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten getroffen, so daß offengeblieben ist, welche Haftungsordnung auf den streitgegenständlichen Schadensfall anzuwenden ist.
Entgegen der Ansicht der Revision kann allerdings - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten ein Lagervertrag zustande kommen ist und die Haftung der Beklagten sich daher nach § 417 Abs. 1, § 390 Abs. 1 HGB a.F. bestimmt. Die Beklagte ist unstreitig ein sogenanntes Handling-Unternehmen, das für Luftfrachtspediteure den Umschlag von für den Export bestimmten Luftfrachtsendungen besorgt (BU 3). Danach könnte es sich um einen gemischten Vertrag handeln, der Elemente verschiedener Verträge enthält, zu denen offensichtlich auch lagervertragliche gehören. In welchem Vertragsbereich der rechtliche oder wirtschaftliche Schwerpunkt liegt, ist aufgrund der bisherigen Tatsachengrundlage nicht ersichtlich. Sollte die vorübergehende Einlagerung nur eine Nebenpflicht sein, käme ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung in Betracht.
Ferner ist auch ungeklärt geblieben, ob auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp a.F.) anzuwenden sind (vgl. nachfolgend unter II 3).
b) Überdies hält aber auch die Annahme des Berufungsgerichts, der Klägerin stehe ein Schadensersatzanspruch schon deshalb nicht zu, weil die Beklagte der Versicherungsnehmerin gegenüber weder Sorgfaltspflichten verletzt noch zu dem eingetretenen Schaden durch irgendein Organisationsverschulden beigetragen habe und die Klägerin sich außerdem auch im Verhältnis zur Beklagten das Verhalten der A.-GmbH als Erfüllungsgehilfin ihrer Versicherungsnehmerin zurechnen lassen müsse, der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Revision macht mit Recht geltend, daß ein Verschulden des Mitarbeiters H. der Beklagten am Verlust des Originalpakets mit den darin enthaltenen Computer-Modulen, das der Beklagten nach § 278 BGB zuzurechnen ist, auf der Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht ausgeschlossen werden kann.
aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war dem Mitarbeiter H. der Beklagten bekannt, daß die A.-GmbH ständig Transporte für die Versicherungsnehmerin vornahm und daß letztere ausweislich der bei den angelieferten Sendungen befindlichen Dokumente Auftraggeberin der Beklagten war. Danach hätte es für die berechtigte Herausgabe des zuvor im Auftrag der Versicherungsnehmerin abgelieferten Paketes eines Nachweises bedurft, daß diese hiermit einverstanden war. Die H. vorgelegte Ablichtung des von der Versenderin S. GmbH ausgestellten Lieferscheines genügte dafür nicht.
Die Revision weist mit Recht darauf hin, daß H. entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts schon nicht annehmen durfte, die ihm vorgelegte Lieferscheinkopie sei von dem Originallieferschein der S. GmbH gefertigt worden, der sich nur im Gewahrsam der Versicherungsnehmerin befunden haben konnte. Dieser Annahme steht der Vortrag der Klägerin entgegen, ein Mitarbeiter der Beklagten habe bei Anlieferung des in Rede stehenden Paketes - wie es zwischen der Beklagten, der A.-GmbH und der Versicherungsnehmerin üblich gewesen sei - eine Kopie vom Originallieferschein gefertigt und diese dem anliefernden Fahrer mit Unterschrift als Einlieferungsquittung ausgehändigt. Eine Lieferscheinkopie hat sich danach im Besitz der A.-GmbH befunden und hätte dort nochmals abgelichtet werden können. Auf der von den Mitarbeitern der A.-GmbH präsentierten Ablichtung befand sich zudem die Unterschrift des die Sendung entgegennehmenden Mitarbeiters der Beklagten. Insbesondere hieran hätte H. erkennen können, daß die Kopie nicht von dem Originallieferschein gefertigt worden sein konnte, da dieser von einem Mitarbeiter der Beklagten üblicherweise nicht unterschrieben wird.
Es kommt entscheidend hinzu, daß die von den Tätern benutzte Ablichtung keinerlei Hinweis darauf enthielt, daß die Versicherungsnehmerin mit der Herausgabe des kurz zuvor angelieferten Paketes an Mitarbeiter der A.-GmbH einverstanden gewesen sein könnte. Unter diesen Umständen war es unerläßlich, vor Herausgabe des Paketes bei der Versicherungsnehmerin nachzufragen, ob das Herausgabeverlangen vorher mit ihr abgesprochen und von ihr gebilligt worden war, zumal die Versicherungsnehmerin im selben Gebäude wie die Beklagte Betriebsräume unterhält.
bb) Ohne Erfolg beanstandet die Revision dagegen, daß das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, H. habe einen der beiden Täter als "Mitarbeiter des Kurierdienstes A.-GmbH eingeordnet", wie es die Klägerin in der Klageschrift selbst vorgetragen habe. Die Revision weist zwar mit Recht darauf hin, daß die Klägerin ihren diesbezüglichen Vortrag nach Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten in der Berufungsbegründung dahingehend korrigiert hatte, aus der polizeilichen Vernehmung H. gehe hervor, daß er keinen der beiden Männer als Mitarbeiter der A.-GmbH erkannt habe. Das kann in der Revisionsinstanz jedoch nicht mehr berücksichtigt werden. Denn im unstreitigen Teil des Tatbestands des angefochtenen Urteils ist die Feststellung enthalten, H. habe einen der beiden Männer, denen er das zuvor eingelieferte Paket übergeben habe, als Fahrer der A.-GmbH erkannt.
Eine etwaige Unrichtigkeit des Tatbestands kann mit der Verfahrensrüge nach § 554 Abs. 3 Nr. 3 lit. b ZPO nicht richtiggestellt werden, weil derartige Mängel nur im Berichtigungsverfahren gemäß § 320 ZPO behoben werden können (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 18.10.1962 - II ZR 47/61, WM 1962, 1289, 1290; Urt. v. 29.4.1993 - IX ZR 215/92, NJW 1993, 1851, 1852; Urt. v. 3.3.1995 - V ZR 266/93, WM 1995, 1193, jeweils m.w.N.). Da eine Urteilsberichtigung nach § 320 ZPO nicht durchgeführt worden ist, sind die als Tatbestand wiedergegebenen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts gemäß § 314 ZPO für das weitere Verfahren bindend.
Die Feststellung, H. habe einen der beiden Täter als Mitarbeiter der A.-GmbH eingeordnet, steht der Annahme einer - wenn auch nicht besonders schwerwiegenden - Sorgfaltspflichtverletzung H. beim Austausch des ursprünglich von der A.-GmbH eingelieferten Pakets gegen ein anderes jedoch nicht entgegen. Bei den im Streitfall gegebenen besonderen Umständen (vgl. die Darlegungen unter II 2 b aa) hätte die Aushändigung des Pakets an die Täter, zumal sich unter ihnen nicht der einliefernde Fahrer befand, jedenfalls nicht ohne vorherige Rücksprache mit der Versicherungsnehmerin erfolgen dürfen, was angesichts der Tatsache, daß diese im selben Gebäude wie die Beklagte ihre Betriebsräume unterhält, auch ohne weiteres möglich gewesen wäre.
cc) Einer Haftung der Beklagten steht auch nicht entgegen, daß die Entwendung der Computer-Module von dem Inhaber und Mitarbeitern der A.-GmbH begangen wurde. Denn dem Berufungsgericht kann nicht darin beigetreten werden, daß sich die Versicherungsnehmerin und die Klägerin dieses Handeln gemäß § 278 BGB zurechnen lassen müssen. Die Anwendung dieser Bestimmung erfordert, daß das zu beurteilende Verhalten des Erfüllungsgehilfen - im Streitfall der strafbare Austausch des zuvor eingelieferten Paketes gegen ein von den Tätern präpariertes - in unmittelbarem sachlichen (inneren) Zusammenhang mit den Aufgaben steht, die ihm im Hinblick auf die Vertragserfüllung zugewiesen waren (BGH, Urt. v. 17.12.1992 - III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1705). Daran fehlt es im Streitfall. Die A.-GmbH hatte von der Versicherungsnehmerin den Auftrag erhalten, von der S. GmbH ein Paket abzuholen und dieses bei der Beklagten abzuliefern. Die übernommene Leistungspflicht war mit der Einlieferung des Paketes bei der Beklagten erfüllt und abgeschlossen. Das sich anschließende strafbare Handeln der Leute der A.-GmbH erfolgte daher nicht mehr "in Erfüllung" des von der Versicherungsnehmerin erteilten Beförderungsauftrages.
3. Auf der bisherigen Tatsachengrundlage ist dem Senat eine abschließende Entscheidung des Rechtsstreits (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) nicht möglich.
Die Beklagte hat geltend gemacht, im Zeitpunkt des Schadensfalles hätten im Verhältnis zwischen ihr und der Versicherungsnehmerin der Klägerin die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp a.F.) gegolten. Da sie eine Speditions- und Rollfuhrversicherung (SVS/RVS) gezeichnet habe - was die Klägerin allerdings bestritten hat -, sei sie nach § 41 ADSp a.F. nicht passivlegitimiert. Überdies hat sich die Beklagte auf Verjährung gemäß § 64 ADSp a.F. berufen.
Die Klägerin hat demgegenüber vorgebracht, die ADSp fänden auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis keine Anwendung. Die Beklagte und ihre Versicherungsnehmerin hätten am 4. Dezember 1992 einen Rahmenvertrag über die Abwicklung von Frachtabfertigungsleistungen abgeschlossen. Hierbei handele es sich nicht um einen Speditionsvertrag, sondern um einen solchen über die Erbringung von Dienstleistungen eigener Art. Die Vertragspflichten sowie die Haftung der Beklagten seien in § 3 des Vertrages umfassend geregelt. Insbesondere ergebe sich aus § 3 Ziffer 3, daß die Beklagte nicht auf der Grundlage der ADSp habe tätig werden wollen.
Die Vorinstanzen haben zum Inhalt der vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und der Versicherungsnehmerin der Klägerin bislang keine Feststellungen getroffen. Dies wird das Berufungsgericht in dem wiedereröffneten Berufungsrechtszug nachzuholen haben. Gegebenenfalls wird es - sofern es wegen der Regelungen in § 51 lit. b ADSp a.F. darauf ankommen sollte - auch zu prüfen haben, ob der Beklagten grobe Organisationsmängel zur Last fallen, weil sie - wie die Revision geltend macht - keine geeigneten Vorkehrungen getroffen habe, die eine Aushändigung von ihr anvertrauter Ware an Unbefugte verhindert hätten.
III. Danach war das angefochtene Urteil auf die Revision der Klägerin unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise aufzuheben und die Sache in diesem Umfang zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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