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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.02.2008
Aktenzeichen: I ZR 183/05
Rechtsgebiete: CMR
Vorschriften:
CMR Art. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 14. Februar 2008
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Koch für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 27. September 2005 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerinnen sind Transportversicherer der B. AG in Köln (im Weiteren: Versicherungsnehmerin). Sie nehmen die Beklagte aus abgetretenem und übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin sowie aus abgetretenem Recht der Warenversenderin wegen des Verlustes von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch.
Die in Angers (Frankreich) ansässige Tochtergesellschaft der P. Europe B.V. (im Weiteren: Versenderin) erteilte der Beklagten im November 1996 im Namen ihrer Muttergesellschaft telefonisch den Auftrag, 20 Paletten mit Notebooks zu festen Kosten von Angers zur Versicherungsnehmerin nach Köln bzw. Langen bei Frankfurt am Main zu befördern. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte als Spediteurin mit der Besorgung des Transports oder als Frachtführerin beauftragt wurde. Die Beklagte führte den Transport nicht selbst durch, sondern betraute damit ihre Streithelferin. Deren Fahrer holte die Ware am 22. November 1996 bei der Z. (im Weiteren: Verkäuferin), einer französischen Tochter- oder Schwestergesellschaft der Versenderin, in der Nähe von Angers ab. In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1996 wurden auf einem unbewachten Parkplatz an einer Tankstelle zwischen Paris und Maubeuge während der Ruhepause des Fahrers, der sich zur Tatzeit in der Fahrerkabine aufhielt, 158 Kartons mit Notebooks aus dem LKW entwendet. Das gestohlene Gut hatte einen Wert von 582.911 DM (= 298.037,64 €). Die Klägerinnen haben behauptet, sie hätten an ihre Versicherungsnehmerin für den Verlust des Gutes eine Entschädigung in Höhe von 639.667,60 DM gezahlt. Die Beklagte, die einen eigenen Fuhrpark unterhalte, sei - ebenso wie bei vorangegangenen Transporten - als Frachtführerin beauftragt worden. Sie unterliege daher der Haftung nach den Vorschriften der CMR. Die Klägerinnen sind des Weiteren der Auffassung, dass die Beklagte für den eingetretenen Schaden unbeschränkt hafte. Das Abstellen des mit besonders diebstahlgefährdetem Transportgut beladenen LKW auf einem unbewachten Parkplatz sei grob fahrlässig gewesen, weil das Fahrzeug lediglich verplombt gewesen sei und über keine Sicherheitsvorkehrungen (Alarmanlage o.Ä.) verfügt habe. Der Fahrer habe die Möglichkeit gehabt, zwei im näheren Umkreis gelegene bewachte Parkplätze anzufahren. Die Klägerinnen haben beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie insgesamt 298.037,64 € nebst Zinsen zu zahlen. Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, der streitgegenständliche Auftrag sei ihr als "commissionaire de transport" erteilt worden. Frachtführerin sei die Streithelferin gewesen, die auch den CMR-Frachtbrief ausgestellt habe. Die Nebenstraßen rund um Paris seien seinerzeit aufgrund von Blockaden der Autobahnen durch streikende LKW-Fahrer derart überlastet gewesen, dass es dem Fahrer der Streithelferin nicht zuzumuten gewesen sei, weitere 20 km bis zu einem angeblich bewachten Parkplatz zurückzulegen, um dort die vorgeschriebene Ruhepause zu verbringen. Unter den damals gegebenen Umständen könne das Verhalten des Fahrers nicht als grob fahrlässig eingestuft werden. Die Beklagte hat weiterhin behauptet, die Verkäuferin habe der Versicherungsnehmerin nach Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift in Höhe des Handelsrechnungsbetrages erteilt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerinnen hat das Berufungsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt (OLG Köln TranspR 2007, 316). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Die Klägerinnen beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat den geltend gemachten Schadensersatzanspruch aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin gemäß Art. 17 Abs. 1, Art. 29 i.V. mit Art. 13 Abs. 1 CMR für begründet erachtet. Dazu hat es - soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung - ausgeführt:
Die Klägerinnen seien aktivlegitimiert. Die Ersatzansprüche der Versicherungsnehmerin seien gemäß Art. L 121-12 Code des Assurances auf die Klägerinnen übergegangen, da sie die Versicherungsleistung in Höhe von 639.667,60 DM an die Versicherungsnehmerin gezahlt hätten. Für die Anspruchsberechtigung der Klägerinnen komme es nicht darauf an, ob die Versicherungsnehmerin oder die Versenderin bzw. die Verkäuferin durch den Verlust der Computer geschädigt worden seien, da die Versicherungsnehmerin den Kaufpreis gezahlt habe. Die zwischen den Parteien streitige Frage, ob die Verkäuferin sofort nach Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift in Höhe des Handelsrechnungsbetrages erteilt habe, brauche nicht geklärt zu werden, weil die Versicherungsnehmerin auch einen Schaden der Verkäuferin im Wege der Drittschadensliquidation geltend machen könne. Dieses Recht sei auf die Klägerinnen übergegangen, da es von der Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin vom 27. Mai 1997 erfasst werde.
Der auf die Klägerinnen übergegangene Schadensersatzanspruch sei gemäß Art. 13 Abs. 1, Art. 17 Abs. 1 CMR begründet. Der Streitfall unterliege dem Anwendungsbereich der CMR, weil die Beklagte unstreitig zu fixen Kosten auf eigene Rechnung tätig geworden sei und ein Speditionsauftrag zu festen Kosten als Beförderungsvertrag i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR gelte. Da die Computeranlagen während des Obhutszeitraums der Beklagten abhandengekommen seien, hafte sie gemäß Art. 17 Abs. 1 CMR für den Verlust.
Die Beklagte könne sich nicht auf Haftungsausschlüsse oder -beschränkungen nach Art. 17 bis 28 CMR berufen, weil dem Fahrer der Streithelferin ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden zur Last falle, das sich die Beklagte gemäß Art. 3 und Art. 29 Abs. 2 CMR zurechnen lassen müsse. Da das Schuldverhältnis, aus dem die Klägerinnen ihre Ansprüche herleiteten, vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes am 1. Juli 1998 begründet worden sei, stelle die grobe Fahrlässigkeit ein dem Vorsatz gleichstehendes Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR dar. Es könne offenbleiben, ob nicht schon das Abstellen des mit diebstahlgefährdetem Gut beladenen LKW auf einem unbewachten Parkplatz grob fahrlässig gewesen sei. Jedenfalls sei das weitere Verhalten des Fahrers als grob fahrlässig zu bewerten. Dieser habe ein kontinuierliches Wackeln des LKW wahrgenommen. Dadurch hätte sich ihm der Eindruck aufdrängen müssen, dass ein Einbruch in das Fahrzeug versucht werde. Auch wenn der Fahrer eine persönliche Auseinandersetzung mit den Einbrechern gescheut habe und deshalb nicht sofort ausgestiegen sei, um nachzuschauen, so hätte er doch nicht ganz untätig bleiben dürfen, sondern versuchen müssen, die Täter durch Starten des LKW und Hupen zu vertreiben.
Die Beklagte müsse gemäß Art. 23 Abs. 1 und 2 CMR den Wert des in Verlust geratenen Gutes ersetzen, den es bei der Übernahme gehabt habe. Dieser Wert habe 582.911 DM (= 298.037,64 €) betragen. Der Zinsanspruch folge aus Art. 27 CMR.
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist durch das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 1. Juni 1999 (9 U 147/98) festgestellt. Die Revision erhebt insoweit auch keine Rügen.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, der zwischen der Versenderin und der Beklagten geschlossene Vertrag unterliege dem Geltungsbereich der CMR.
a) Das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) gilt nach seinem Art. 1 Abs. 1 Satz 1 für jeden Vertrag, der eine entgeltliche Beförderung von Gütern auf der Straße mittels Fahrzeugen zum Gegenstand hat, wenn der im Vertrag vorgesehene Ort der Übernahme des Gutes und der vertraglich vereinbarte Ablieferungsort in zwei verschiedenen Staaten liegen, von denen mindestens einer ein Vertragsstaat ist. Die Anwendbarkeit der CMR erfordert mithin einen grenzüberschreitenden Straßentransport sowie den Abschluss eines entgeltlichen Güterbeförderungsvertrags. Dagegen findet die CMR auf Speditionsverträge i.S. des § 453 HGB grundsätzlich keine Anwendung, weil sich der Spediteur - anders als von der CMR vorausgesetzt - nicht zur Ausführung der Beförderung, das heißt zur Verbringung des Gutes von Ort zu Ort für eigene Rechnung (§ 407 HGB), sondern zur Organisation der Versendung für fremde Rechnung im eigenen Namen verpflichtet (OLG Düsseldorf TranspR 1990, 440, 441; OLG Hamm TranspR 2000, 29; OLG Karlsruhe TranspR 2002, 344, 345; Koller, Transportrecht, 6. Aufl., Art. 1 CMR Rdn. 2; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 5; Helm, Frachtrecht II: CMR, 2. Aufl. [2002], Art. 1 Rdn. 22; Ferrari/Ferrari, Internationales Vertragsrecht [2007], Art. 1 CMR Rdn. 7; Herber/Piper, CMR, Art. 1 Rdn. 25).
Das bedeutet indes nicht, dass alle von einem Spediteur geschlossenen Verträge von vornherein aus dem Anwendungsbereich der CMR ausscheiden. Entscheidend ist, ob der Spediteur lediglich für Rechnung seines Auftraggebers tätig werden oder den Transport als eigene Verpflichtung übernehmen wollte, was im jeweiligen Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln ist. Dabei sind insbesondere das Auftreten des Spediteurs nach außen - etwa seine Eintragung im Frachtbrief als Beförderer - und das eigene Interesse an der Beförderung - beispielsweise durch die Vereinbarung eines festen Satzes für das Entgelt - von Bedeutung. Ergibt die Auslegung, dass der Spediteur sich gegenüber seinem Auftraggeber verpflichtet hat, für die Beförderung und deren Erfolg einzustehen, so handelt es sich um einen Beförderungsvertrag. Für diesen gelten, wenn er einen grenzüberschreitenden Straßengütertransport zum Gegenstand hat, unabhängig von der Bezeichnung des Vertrags und der Parteien zwingend die Regeln der CMR (MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 5; Herber/Piper aaO Art. 1 Rdn. 26; Piper, TranspR 1990, 357, 358).
b) Das Berufungsgericht ist zutreffend und von der Revision auch unbeanstandet davon ausgegangen, dass im Streitfall der räumliche Anwendungsbereich der CMR eröffnet ist, weil die Beförderung des Gutes von Angers/Frankreich nach Köln bzw. Langen erfolgen sollte und sowohl Frankreich als auch Deutschland zu den Vertragsstaaten der CMR gehören.
c) Das Berufungsgericht hat des Weiteren angenommen, zwischen der Versenderin und der Beklagten sei ein Beförderungsvertrag i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR zustande gekommen, so dass auch der sachliche Geltungsbereich der CMR eröffnet sei. Der Abschluss eines Frachtvertrags könne nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme zwar nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Es sei aber unbestritten, dass die Beklagte zu fixen Kosten auf eigene Rechnung tätig geworden sei. Ein Speditionsvertrag zu festen Kosten stelle einen Beförderungsvertrag i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR dar, auch wenn es im französischen Recht, das im Streitfall zur Anwendung komme, eine dem § 459 HGB entsprechende Regelung nicht gebe und in Frankreich die Ansicht vertreten werde, dass der auf eigene Rechnung handelnde "commissionaire de transport" nicht der CMR unterworfen sei. Denn der Fixkostenspediteur sei unabhängig von dem jeweils ergänzend anzuwendenden nationalen Recht als Frachtführer ("carrier") im Sinne der CMR anzusehen. Dies ergebe sich aus der autonomen Auslegung der CMR. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision stand.
aa) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Begriff "Beförderungsvertrag", für den sich in der CMR keine Definition findet, nicht auf der Grundlage des ergänzend anwendbaren nationalen Rechts (hier: des französischen Rechts), sondern autonom und damit losgelöst von den nationalen Begrifflichkeiten zu bestimmen ist, da das Ziel einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung in den Vertragsstaaten anderenfalls gefährdet würde (vgl. BGHZ 84, 339, 343 = VersR 1982, 1100; 115, 299, 302 = TranspR 1992, 100; 157, 66, 68 = TranspR 2004, 77; MünchKomm.HGB/Basedow, Einleitung CMR Rdn. 19; Koller aaO vor Art. 1 CMR Rdn. 4; Ferrari/Ferrari aaO Art. 1 CMR Rdn. 7).
bb) Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei das Zustandekommen eines Beförderungsvertrags i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR zwischen der Versenderin und der Beklagten bejaht. Nach den unangegriffen gebliebenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte den in Rede stehenden Auftrag der Versenderin auf eigene Rechnung zu festen Kosten, also als Fixkostenspediteurin, ausgeführt.
Die Fixkostenspedition unterfällt dem Geltungsbereich der CMR, unabhängig davon, ob dies in nationalen (unvereinheitlichten) Rechtsvorschriften ausdrücklich bestimmt ist oder auf nationalen Grundsätzen über die Behandlung gemischter Verträge beruht. Maßgeblich hierfür ist die gebotene autonome, vom ergänzend anwendbaren nationalen Recht losgelöste Auslegung der CMR (OLG München TranspR 1997, 33, 34; OLG Hamm TranspR 2000, 29, 30; OLG Köln TranspR 2005, 472, 473; Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 3; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 5; Helm aaO Art. 1 Rdn. 28; Ferrari/Ferrari aaO Art. 1 CMR Rdn. 7). Der Wortlaut der verbindlichen (Art. 51 CMR) englischen und französischen Originalfassungen der CMR steht dem nicht entgegen. Der von der CMR erfasste Vertragstyp wird im englischen Originaltext als "contract for the carriage of goods by road" und in der französischen Originalfassung als "contract de transport" bezeichnet. Kennzeichnend für die dem Art. 1 Abs. 1 CMR unterfallende Vertragsgestaltung ist also, dass sie eine entgeltliche Beförderung von Gütern zum Gegenstand hat. Dies trifft aber auch für den Fixkostenspediteur zu, der auf eigene Rechnung tätig wird. Ebenso wie bei einem Selbsteintritt (§ 458 HGB), bei dem der Spediteur freiwillig die Beförderungspflicht übernimmt, liegt auch bei der Fixkostenspedition, die auf eigene Rechnung durchgeführt wird, wirtschaftlich ein Frachtgeschäft vor. Der Fixkostenspediteur kann sein Angebot zu festen Sätzen nur dann machen, wenn er seine Kosten überschauen kann. Das setzt aber voraus, dass er die organisatorische Verfügungsgewalt über die nachgefragte Beförderung innehat. Er ist dann vertraglicher Beförderer i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR, der seinem Auftraggeber nach Durchführung des Transports nicht zur Rechnungs- und Rechenschaftslegung verpflichtet ist (MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 1 CMR Rdn. 8; Helm aaO Art. 1 Rdn. 28; Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 3).
Die Annahme, dass der auf eigene Rechnung handelnde Fixkostenspediteur kraft autonomer Auslegung der CMR als Beförderer i.S. von Art. 1 Abs. 1 CMR anzusehen ist, steht auch in Einklang mit der Rechtspraxis verschiedener Vertragsstaaten der CMR. So wird in England und in Belgien die Auffassung vertreten, dass der für eigene Rechnung Handelnde und nicht zur Rechenschaftslegung verpflichtete "Spediteur" als "carrier" anzusehen bzw. der CMR zu unterwerfen sei (Queen's Bench Division ETR 1984, 411; Hof van Beroep te Brussel ETR 1969, 937; 1969, 943; 1973, 503; 1974, 608). In Frankreich wird diese Auffassung allerdings abgelehnt (Cour de Cassation ETR 1983, 207; 1983, 217), während in den Niederlanden die Ansichten geteilt sind (Frachtführerhaftung des Fixkostenspediteurs bejahend: Arrondissementsrechtbank te Rotterdam ETR 1971, 273; verneinend: Gerechtshof te Amsterdam ETR 1969, 151; vgl. dazu auch Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 2).
Eine autonome Auslegung des Frachtführerbegriffs der CMR ist auch deshalb geboten, weil dadurch vermieden wird, dass bereits im Kernbereich der CMR - hier bei einem Anspruch aus Art. 17 Abs. 1 CMR - die ergänzende Heranziehung nationalen Rechts erforderlich wird (vgl. OLG Hamm TranspR 2000, 29, 30). Schließlich wäre das Ziel der Rechtsvereinheitlichung auf dem Transportsektor nur unvollkommen erreicht, wenn schon der Umstand, dass ein Vertrag in gewissem Umfang auch Elemente eines Speditionsvertrags enthält, zur Verneinung der Frachtführereigenschaft des Fixkostenspediteurs führte (Koller aaO Art. 1 CMR Rdn. 3).
3. Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Versicherungsnehmerin sei als frachtbriefmäßige Empfängerin des Gutes zur Liquidation des durch den Diebstahl entstandenen Schadens berechtigt.
a) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Verkäuferin der Versicherungsnehmerin nach dem Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift in Höhe des Rechnungsbetrags erteilt hat. Es hat gemeint, dass es hierauf nicht ankomme, weil die Versicherungsnehmerin berechtigt sei, einen der Verkäuferin entstandenen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen. Dieses Recht sei durch Abtretung der Versicherungsnehmerin auf die Klägerinnen übergegangen.
b) Die Revision rügt im Ergebnis erfolglos, das Berufungsgericht habe bei seiner Beurteilung übersehen, dass die CMR keine Anhaltspunkte für die Annahme biete, der frachtbriefmäßige Empfänger des Gutes sei auch berechtigt, fremde Schäden geltend zu machen. Auf die Frage, ob Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR dem Empfänger das Recht einräumt, Schadensersatzansprüche aus dem Beförderungsvertrag gegen den Frachtführer im Wege der Drittschadensliquidation geltend zu machen, wenn das ergänzend anzuwendende nationale Recht das Institut der Drittschadensliquidation nicht kennt, kommt es im Streitfall nicht entscheidend an.
Der frachtbriefmäßige Empfänger ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR berechtigt, die Rechte aus dem Beförderungsvertrag im eigenen Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Verlust des Gutes festgestellt ist. Der Umstand, dass der Empfänger neben dem Absender ebenfalls ein Recht zur Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen den Frachtführer hat, führt zur Doppellegitimation von Absender und Empfänger (BGH, Urt. v. 28.4.1988 - I ZR 32/86, TranspR 1988, 338, 339 = VersR 1988, 825; Urt. v. 6.7.2006 - I ZR 226/03, TranspR 2006, 363, 365 = NJW-RR 2006, 1544; MünchKomm.HGB/Basedow, Art. 13 CMR Rdn. 23; Herber/Piper aaO Art. 13 Rdn. 31). Empfänger und Absender sind im Verhältnis zum Frachtführer Gesamtgläubiger i.S. von § 428 BGB. Dementsprechend lässt auch nur die Leistung des Frachtführers an einen der beiden Ersatzberechtigten die Anspruchsberechtigung des anderen Gläubigers entfallen (BGH TranspR 1988, 338, 339; TranspR 2006, 363, 365; Herber/Piper aaO Art. 13 Rdn. 34). Die Rechtsbeziehungen zwischen dem Absender und dem Empfänger der Ware sind für den Schädiger grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 1.6.2006 - I ZR 200/03, TranspR 2006, 308, 310; BGH TranspR 2006, 363, 365). Danach kommt es nicht darauf an, ob die Verkäuferin der Versicherungsnehmerin nach dem Bekanntwerden des Diebstahls eine Gutschrift erteilt hat. Sollte dies geschehen sein, so wäre dadurch der eigene Anspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR nicht erloschen. Der eigene Schadensersatzanspruch der Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte aus Art. 13 Abs. 1 Satz 2 CMR konnte daher noch an die Klägerinnen abgetreten werden, was durch die Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin vom 27. Mai 1997 geschehen ist.
4. Mit Erfolg wendet sich die Revision aber gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dem Fahrer der Streithelferin sei ein für den gesamten Schaden ursächlich gewordenes grob fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.
a) Das Berufungsgericht ist im rechtlichen Ansatz zutreffend davon ausgegangen, dass sich der Frachtführer nach Art. 29 Abs. 1 CMR, der insoweit auf das Recht des angerufenen Gerichts verweist, nicht auf Haftungsbeschränkungen berufen kann, wenn er den Schaden durch grobe Fahrlässigkeit verursacht hat. Entsprechendes gilt gemäß Art. 29 Abs. 2 CMR, wenn der Schaden durch seine Bediensteten oder Verrichtungsgehilfen grob fahrlässig herbeigeführt worden ist (BGH, Urt. v. 16.7.1998 - I ZR 44/96, TranspR 1999, 19, 21 m.w.N.). An dieser Beurteilung hat sich für den Streitfall durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Neuregelung des Fracht-, Speditions- und Lagerrechts (Transportrechtsreformgesetz) vom 25. Juni 1998 (BGBl. I S. 1588 ff.) nichts geändert. Denn die Frage, welches Verschulden i.S. von Art. 29 Abs. 1 CMR dem Vorsatz gleichsteht, ist bei Gütertransportschäden aus der Zeit vor dem Inkrafttreten des Transportrechtsreformgesetzes im Falle der Anrufung eines deutschen Gerichts nach dem alten nationalen Recht zu beurteilen (BGH TranspR 1999, 19, 21).
b) Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob bereits der Umstand, dass der Fahrer der Streithelferin für die nächtliche Ruhepause einen unbewachten Parkplatz gewählt hat, den Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens zu begründen vermag. Es ist daher für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass in der Wahl des unbewachten Parkplatzes kein grob fahrlässiges Verhalten liegt.
c) Das Berufungsgericht hat das Verhalten des Fahrers während der Ruhepause als grob fahrlässig gewertet. Mit Erfolg rügt die Revision, dass die insofern getroffenen Feststellungen diese Annahme nicht begründen können. Rechtsfehlerhaft ist darüber hinaus die Annahme, dass das Unterlassen der vom Berufungsgericht als geeignet und zumutbar angesehenen Schadensabwendungsmaßnahmen für den gesamten Schaden ursächlich war.
Das Berufungsgericht hat das grobe Verschulden des Fahrers darin gesehen, dass er es nach der Wahrnehmung eines kontinuierlichen Wackelns des LKW unterlassen habe, die Täter durch Starten des Fahrzeugs und durch Hupen zu vertreiben. Diese Beurteilung rügt die Revision mit Erfolg als rechtsfehlerhaft.
Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Fahrer - nachdem er das Wackeln des LKW bemerkt und sich angezogen hatte - aus dem Führerhaus ausgestiegen ist, um nach dem Rechten zu sehen. Er ist also nicht untätig geblieben. Auch wenn es geeignetere Maßnahmen gab, um mögliche Diebe von der weiteren Tatbegehung abzuhalten, kann dem Fahrer unter den gegebenen Umständen jedenfalls nicht der Vorwurf eines grob fahrlässigen Unterlassens gemacht werden. Zu berücksichtigen ist, dass der Fahrer gerade durch die verdächtigen Bewegungen geweckt worden war. Auch eine gewisse Angst und Aufregung, die das Fassen klarer Entschlüsse erschweren, wird man ihm zubilligen müssen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen, wie viel Zeit gewonnen worden wäre, wenn der Fahrer, statt sich anzuziehen und auszusteigen, die Diebe sofort durch Hupen und Starten des Motors vertrieben hätte. Der Vorwurf eines grob fahrlässigen Verhaltens lässt sich unter diesen Umständen nicht rechtfertigen.
Auf der bisherigen Tatsachengrundlage kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Unterlassen von geeigneten und zumutbaren Diebstahlsabwendungsmaßnahmen für den gesamten Schaden ursächlich war. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, wieweit der Diebstahl schon vorangeschritten war, als der aus dem Schlaf gerissene Fahrer das verdächtige Wackeln des LKW bemerkte. Die getroffenen Feststellungen erlauben daher keine Aussage darüber, ob und in welchem Umfang das Unterlassen der vom Berufungsgericht als geeignet und zumutbar angesehenen Maßnahmen zur Schadensabwendung für den eingetretenen Schaden ursächlich war.
III. Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der Beklagten aufzuheben. Da das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - zur Frage der Parkplatzwahl noch keine abschließenden Feststellungen getroffen hat, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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