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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 17.06.1999
Aktenzeichen: I ZR 36/97 (2)
Rechtsgebiete: UrhG, ZPO


Vorschriften:

UrhG § 17 Abs. 2
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 36/97

Verkündet am: 17. Juni 1999

Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Juni 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Pokrant

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 12. Dezember 1996 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als der Beklagten untersagt worden ist, Tonträger, die von der Klägerin hergestellt und nach dem 30. Juni 1995 von der Beklagten erworben worden sind, im geschäftlichen Verkehr zur Vermietung anzubieten oder zu vermieten.

Im Umfang der Aufhebung wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 30. Mai 1996 im Kostenpunkt und in der Fassung, die es durch den Tenor des Berufungsurteils erhalten hat, abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen.

Die Kosten des ersten und zweiten Rechtszuges tragen die Klägerin zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.

Die Gerichtskosten der Revision werden der Klägerin zu 7/20, der Beklagten zu 13/20 auferlegt.

Die außergerichtlichen Kosten der Revision haben die Klägerin zu 6/25 und die Beklagte zu 19/25 zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin stellt Tonträger her und verbreitet diese. Die Beklagte vermietete gewerblich unter anderem CDs, die sie (auch) von der Klägerin erworben hatte. Nachdem die gewerbliche Vermietung von CDs aufgrund der am 30. Juni 1995 in Kraft getretenen Neufassung des § 17 Abs. 2 UrhG nicht mehr ohne Zustimmung des Berechtigten zulässig war, änderte die Beklagte ihre Geschäftspraxis. Neben dem Handel mit neuen CDs hat sie nach ihren Angaben auch den mit gebrauchten CDs intensiviert und ihren Kunden die Möglichkeit eines Kaufs auf Probe angeboten. Die Interessenten konnten die Tonträger auf ihren eigenen Anlagen probeweise abspielen und hatten bei Billigung den vereinbarten Kaufpreis zu entrichten. Wollten sie die geprüfte CD nicht erwerben, hatten sie eine Bearbeitungsgebühr zu zahlen.

Die Klägerin hat diese Geschäftspraxis der Beklagten mit von ihr hergestellten und nach dem 30. Juni 1995 erworbenen Tonträgern als einen Verstoß gegen das ausschließliche Vermietungsrecht beanstandet und Unterlassung begehrt.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, im Rahmen eines Kaufs auf Probe gebrauchter CDs räume sie ihren Kunden lediglich eine - in ihren Geschäftsräumen nur beschränkt durchführbare - Testmöglichkeit ein. Die pauschale Bearbeitungsgebühr sei ohne Rücksicht auf die Dauer oder die Art der überlassenen CD zu entrichten.

Das Landgericht hat der Beklagten untersagt, Tonträger der Klägerin, die nach dem 30. Juni 1995 erworben wurden, im geschäftlichen Verkehr zur Vermietung anzubieten oder im Wege der Vermietung in den Verkehr zu bringen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten unter Neufassung der Urteilsformel zurückgewiesen und der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt,

Tonträger, die von der Klägerin hergestellt und nach dem 30. Juni 1995 von der Beklagten erworben worden sind, im geschäftlichen Verkehr zur Vermietung anzubieten oder zu vermieten und/oder durch einen sogenannten Probekauf auf Zeit gegen eine Gebühr anzubieten oder in den Verkehr zu bringen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten.

Der Senat hat durch Beschluß vom 25. September 1997 die Revision nicht angenommen, soweit der Beklagten in dem angefochtenen Urteil verboten worden ist, Tonträger, die von der Klägerin hergestellt und nach dem 30. Juni 1995 von der Beklagten erworben worden sind, durch einen sog. Probekauf auf Zeit gegen eine Gebühr anzubieten oder in den Verkehr zu bringen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit die Revision angenommen worden ist. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat, soweit das Urteil noch zur revisionsrechtlichen Überprüfung steht, ausgeführt:

Durch die von der Beklagten gewählte und praktizierte Verbreitungsform der CDs im Wege des "Kaufs auf Probe" werde jedenfalls wegen der von der Beklagten verlangten "Bearbeitungsgebühr" im Falle der Rückgabe der CD das urheberrechtliche Vermietungsrecht verletzt. Die Beklagte rüge zwar im Ansatz zu Recht die Fassung des Verbotstenors, da dort ausschließlich der Begriff der Vermietung zum Kern des Verbots gemacht worden sei. Wenn die Parteien - wie hier - gerade darum stritten, ob die von der Beklagten praktizierte Vertragsgestaltung eines "Kaufs auf Probe" mit Bearbeitungsgebühr bei Rückgabe der überlassenen CD unter den Begriff der "Vermietung" im Sinne des § 17 Abs. 3 UrhG falle, könne dieser Begriff nicht seinerseits ausschließlich zum Inhalt des Verbots gemacht werden. Die Beklagte könne sich von ihrer Rechtsauffassung her auf den Standpunkt stellen, daß sie das ausgeurteilte Verbot nicht betreffe, weil sie die CDs nicht "vermiete", sondern im Wege des "Kaufs auf Probe" ihren Kunden überlasse. Deshalb sei zusätzlich zu dem Begriff der Vermietung die von der Beklagten praktizierte Vertragsgestaltung mit ihren Kunden in die Verbotsformel aufzunehmen gewesen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision hat Erfolg. Sie führt im Umfang der Annahme zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

Gegenstand der Revision ist allein noch das in der Urteilsformel, wie das Berufungsgericht sie gefaßt hat, enthaltene Verbot der Vermietung. Das Berufungsgericht hat die Vermietung und die von der Beklagten praktizierte Abgabe der Tonträger im Wege des Probekaufs als unterschiedliche Handlungen gewertet. Denn es hat das Angebot zur Vermietung und die Vermietung einerseits und den Probekauf andererseits verboten. Für ein Verbot der Vermietung zusätzlich zu dem Verbot des Verkaufs auf Probe bestand aber kein Anlaß. Den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß die Beklagte nach Inkrafttreten der Vorschriften über das ausschließliche Vermietungsrecht in anderer Weise als durch einen Kauf auf Probe Tonträger angeboten hätte. Das Berufungsgericht hat seiner Beurteilung auch nur die von der Beklagten praktizierte Verbreitung im Wege des Kaufs auf Probe zugrunde gelegt. Die Revisionserwiderung zeigt nicht auf, daß das Berufungsgericht insoweit Vorbringen der Klägerin übersehen hätte.

III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Verbot auf die Vermietung oder das Angebot zur Vermietung erstreckt worden ist. Im Umfang der Aufhebung war unter Abänderung des Urteils des Landgerichts auf die Berufung der Beklagten die Klage abzuweisen. Es kam dabei nur eine teilweise Abänderung des Urteils des Landgerichts in Frage, denn das Berufungsgericht hat die Urteilsformel des Landgerichts, die nur ein "Vermieten" umfaßte, klarstellend neu gefaßt und darunter die unterschiedlichen Tatbestände des Vermietens und des Verkaufs auf Probe eingeordnet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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