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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 30.04.1998
Aktenzeichen: I ZR 40/96
Rechtsgebiete: PAngV F. 14.03.1985, UWG
Vorschriften:
PAngV § 1 Abs. 1, Abs. 6 Satz 3 F. 14. März 1985 | |
UWG § 13 Abs. 2 Nr. 2 |
Flaschenpfand II
Zur Frage, ob ein Verstoß gegen § 1 UWG i.V. mit § 1 Abs. 6 Satz 3 PAngV geeignet ist, den Wettbewerb auf dem maßgeblichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG).
BGH, Beschl. v. 30. April 1998 - I ZR 40/96 - OLG Schleswig LG Itzehoe
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom
30. April 1998
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 30. April 1998 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Dr. Bornkamm und Pokrant
beschlossen:
Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.
Der Streitwert für die Revisionsinstanz beträgt bis zur übereinstimmenden Erledigungserklärung 75.000,-- DM, für die Zeit danach 35.000,-- DM.
Gründe
I. Die Beklagte betreibt in Schleswig-Holstein 31 Verbrauchermärkte. Sie warb am 17. August 1994 in dem Anzeigenblatt "H. " u.a. für Bier in Mehrweggebinden in der nachstehend wiedergegebenen Weise:
Der Kläger, ein in Düsseldorf ansässiger Wettbewerbsverein, zu dessen Mitgliedern u.a. die Kaufhausunternehmen , die M. -Gruppe mit ihrer Tochtergesellschaft R. , die Brauereien H. und D. sowie die Industrie- und Handelskammer D. zählen, hat die Werbung wegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1, Abs. 6 Satz 3 PAngV 1985 i.V. mit § 1 UWG beanstandet, weil in ihr nicht die Endpreise für das beworbene Bier - Getränkepreis zuzüglich Pfand - hervorgehoben würden.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Klagebefugnis des Klägers bestritten und darüber hinaus die Auffassung vertreten, ein Wettbewerbsverstoß liege nicht vor, da die Preisangabenverordnung bei dem Erfordernis des "Hervorhebens" nur auf den Warenpreis und nicht auf den Pfandbetrag abstelle. Jedenfalls fehle die nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG n.F. erforderliche wettbewerbliche Relevanz.
Das Landgericht hat die Klage mangels Klagebefugnis des Klägers als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht (NJWE-WettbR 1996, 139) hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt.
In der Revisionsinstanz haben die Parteien den Rechtsstreit nach Inkrafttreten der Änderung der Preisangabenverordnung vom 22. Juli 1997 (BGBl. I, 1910) übereinstimmend für erledigt erklärt und widerstreitende Kostenanträge gestellt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits sind dem Kläger aufzuerlegen, da dies unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands der Billigkeit entspricht (§ 91a ZPO).
1. Entgegen der Auffassung der Revision war die Klage allerdings nicht wegen Fehlens der Klagebefugnis des Klägers unzulässig. Dabei kann offenbleiben, ob seine Prozeßführungsbefugnis sich daraus ergab, daß die Industrie- und Handelskammer D. zu seinen Mitgliedern zählt. Denn der Kläger war jedenfalls aufgrund unmittelbarer Mitgliedschaft zweier Brauerei- und mehrerer Kaufhausunternehmen mit Filialbetrieben in Schleswig-Holstein klagebefugt. Unstreitig gehören zu den Mitgliedern des Klägers die großen Kaufhausunternehmen sowie die M. -Gruppe mit ihrer Tochtergesellschaft R. . Die Firma K. unterhält jeweils eine Filiale in Itzehoe, Neumünster, Schleswig, Rendsburg, Kiel, Husum, Flensburg und Lübeck. Filialen des Unternehmens H. befinden sich in Elmshorn, Neumünster, Kiel und Flensburg. Niederlassungen der Firma R. existieren in Schleswig, Rendsburg und Kiel. Darüber hinaus gehören die H. Brauerei und die Brauerei D. zu den Mitgliedern des Klägers.
Die Handelsketten H. und K. unterhalten in ihren Schleswig-Holsteinischen Filialbetrieben überwiegend auch Lebensmittelabteilungen. Sie sind damit auf demselben räumlichen und sachlichen Markt wie die Beklagte tätig, weil sie dort jedenfalls auch Getränke vertreiben. Gleiches gilt für die in Schleswig-Holstein betriebenen R. -Märkte der M. - Gruppe. Die Produkte der dem Kläger angehörenden Brauereien H. und D. werden (auch) in Schleswig-Holstein flächendeckend vertrieben. Als Getränkehersteller gehören sie zwar einer anderen Handelsstufe als die Beklagte an. Das steht ihrer Berücksichtigung im Rahmen der Klagebefugnis jedoch nicht entgegen (vgl. BGH, Urt. v. 11.7.1996 - I ZR 79/94, GRUR 1996, 804 = WRP 1996, 1034 - Preisrätselgewinnauslobung III). Danach kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger auf dem einschlägigen Markt für Getränke in Schleswig-Holstein nach Anzahl und Marktbedeutung genügend Unternehmen vertritt, um sein Klagebegehren nicht als mißbräuchlich erscheinen zu lassen.
2. Die Klage hätte, wenn über sie entschieden worden wäre, jedoch in der Sache keinen Erfolg gehabt. Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbung zwar gegen die Bestimmungen der Preisangabenverordnung in der bis zum 30. September 1997 geltenden Fassung verstoßen. Dieser Verstoß ist auch als wettbewerbswidrig i.S. von § 1 UWG, der vorliegend allein als Klagegrundlage in Betracht kommt, zu beurteilen. Jedoch fehlt dem Handeln der Beklagten die nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG erforderliche Eignung, den Wettbewerb auf dem maßgeblichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen.
a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV hat der Kaufmann, der dem Letztverbraucher Waren oder Leistungen anbietet oder unter Angabe von Preisen (Preisbestandteilen) wirbt, die Endpreise anzugeben. Aufgrund der gemäß § 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV zu beachtenden Grundsätze von Preisklarheit und Preiswahrheit war die Beklagte zudem verpflichtet, den Endpreis in seine Einzelpreisbestandteile (Getränkepreis und Pfandbetrag) aufzugliedern (vgl. BGH, Urt. v. 14.10.1993 - I ZR 218/91, GRUR 1994, 222, 224 = WRP 1994, 101 - Flaschenpfand I). Dies ist in der streitgegenständlichen Werbeanzeige zwar geschehen. Denn die Anzeige enthält sowohl die für das Getränk und die Verpackung aufzuwendenden Einzelpreise als auch den Gesamtbetrag. Gemäß § 1 Abs. 6 Satz 3 PAngV mußte der Endpreis bei der Aufgliederung von Preisen jedoch hervorgehoben werden. Hiergegen hat die Beklagte verstoßen, indem sie den für das Getränk und die Verpackung zu zahlenden Gesamtbetrag in wesentlich kleineren Ziffern darstellte als den für das Getränk allein geforderten Nettopreis.
b) Die beanstandete Werbeanzeige war jedoch nicht geeignet, den Wettbewerb auf dem relevanten örtlichen und sachlichen Markt wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Ob ein Wettbewerbsverstoß diese Voraussetzung erfüllt, bestimmt sich im Einzelfall nach Art und Schwere des jeweiligen Verstoßes und den von ihm zu erwartenden Auswirkungen auf den Wettbewerb. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen einschließlich des Interesses der Mitbewerber, der Allgemeinheit und vor allem auch der betroffenen Verbraucherkreise an der Unterbindung des in Rede stehenden Wettbewerbsverhaltens (vgl. BGH, Urt. v. 29.9.1994 - I ZR 138/92, GRUR 1995, 122, 123 = WRP 1995, 104 - Laienwerbung für Augenoptiker; Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 422 = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln).
Bei der hiernach vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ist von maßgeblicher Bedeutung, daß es sich bei dem festgestellten Verstoß nicht um den typischen Fall einer unzulässigen Preisangabe handelt. Dem Verbraucher wird keine nach den Preisvorschriften erforderliche Information vorenthalten, da in der Anzeige das Nettoentgelt für das Getränk, der Pfandbetrag und der Endpreis, bestehend aus Getränkepreis und Pfandentgelt, genannt werden. Allerdings wird der Endpreis nicht - wie nach § 1 Abs. 6 Satz 3 PAngV erforderlich - hervorgehoben. Zu der konkret beanstandeten Anzeige ist aber aufgrund der engen Zuordnung der Preise zueinander der Endpreis für den Verbraucher trotz der Hervorhebung des Preises ohne Pfand auf einen Blick ohne weiteres erkennbar. Die Möglichkeit, die Preise der Beklagten mit denjenigen der Mitbewerber zu vergleichen, ist daher für den Verbraucher nur geringfügig erschwert. Eine echte Preisverschleierung findet nicht statt, so daß Verbraucher- und Allgemeininteressen kaum ernsthaft betroffen sind. Gegen den von der Preisangabenverordnung verfolgten Zweck, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preisvergleichsmöglichkeiten zu schaffen (vgl. BGH GRUR 1994, 222, 224 - Flaschenpfand I), wird durch die im Streitfall allein unterlassene besondere Hervorhebung des Endpreises unter den hier gegebenen Umständen nur geringfügig verstoßen.
Die Annahme eines nur geringen Unlauterkeitsgehalts des von dem Kläger gerügten Wettbewerbsverstoßes wird dadurch gestützt, daß nach § 1 Abs. 3 PAngV in seiner ab 1. Oktober 1997 gültigen Fassung die Angabe eines Gesamtbetrags nicht mehr erforderlich ist, wenn außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert wird. In einem derartigen Fall können der Waren- bzw. Leistungspreis und der Pfandbetrag künftig getrennt voneinander angegeben werden, ohne daß ein Gesamtbetrag gebildet wird.
Ende der Entscheidung
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