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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 29.04.1999
Aktenzeichen: I ZR 70/97
Rechtsgebiete: BGB, ADSp a.F.
Vorschriften:
BGB § 242 Cd | |
BGB § 254 Abs. 1 | |
ADSp Fassung 1.3.1989 (ADSp a.F.) § 51 lit. b Satz 2, |
Dem Auftraggeber eines Spediteurs ist es in einem Schadensersatzprozeß wegen Verlustes von Transportgut auch dann grundsätzlich nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf grobe Fahrlässigkeit des Spediteurs (§ 51 lit. b Satz 2 ADSp a.F.) zu berufen, wenn es vor dem streitgegenständlichen Schadensfall bereits wiederholt zu Verlusten von Sendungen gekommen ist, die dem Spediteur vom Auftraggeber zur Beförderung übergeben worden waren.
Wußte der Auftraggeber jedoch oder hätte er wissen müssen, daß die vorangegangenen Verluste ihre Ursache in groben Organisationsmängeln im Betrieb des Spediteurs hatten, so kann dies den Vorwurf des Mitverschuldens am eingetretenen Schaden nach § 254 Abs. 1 BGB begründen.
BGH, Urt. v. 29. April 1999 - I ZR 70/97 - OLG Köln - LG Köln
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 29. April 1999
Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Pokrant
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 18. Februar 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin, eine Versicherungsgesellschaft, ist nach ihrer Darstellung führender Transportversicherer der W. Vertriebs GmbH in Wü. (im folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte, die bundesweit einen Paket-Schnell-Lieferdienst betreibt, aus übergegangenem und abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen des Verlustes von Transportgut in Anspruch.
Die Beklagte, die täglich bundesweit 170.000 bis 250.000 Frachtstücke an ihre Bestimmungsorte befördert, bietet ihren Kunden neben einem "Standard-Dienst" einen "Vertraulich-Dienst" an, der sicherer, aber auch teurer ist. Die Versicherungsnehmerin nimmt den "Standard-Dienst" der Beklagten in Anspruch. Sie läßt seit Jahren ihr gesamtes Sendungsgut durch die Beklagte befördern.
Nachdem die Versicherungsnehmerin die Beklagte mit Schreiben vom 5. Januar 1993 davon unterrichtet hatte, daß ihr Transportversicherer für von der Beklagten durchgeführte Transporte eine Prämienerhöhung verlange, vereinbarte sie mit der Beklagten, daß diese ihr Transportschäden bis zu einem Warenwert von 2.000,-- DM ersetzt. Dieser Betrag entspricht der Selbstbeteiligung der Versicherungsnehmerin im Rahmen der Transportversicherung.
Im Mai 1995 schloß die Versicherungsnehmerin mit der Beklagten - unter Einbeziehung der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) - einen Speditionsvertrag über die Beförderung von 12 Kartons mit Tonträgern von Bielefeld nach Herzogenrath. Das Transportgut ging im Gewahrsam der Beklagten verloren, ohne daß nähere Einzelheiten dazu festgestellt werden konnten. Der Versicherungsnehmerin entstand dadurch ein Schaden von 14.445,30 DM, den die Beklagte vereinbarungsgemäß in Höhe von 2.000,-- DM reguliert hat.
Die Klägerin hat behauptet, an ihre Versicherungsnehmerin - abzüglich der vereinbarten Selbstbeteiligung von 2.000,-- DM - 12.445,30 DM Ersatz geleistet zu haben. Ihre Versicherungsnehmerin habe ihre Ersatzansprüche gegen die Beklagte an sie, die Klägerin, abgetreten. Zudem, so hat die Klägerin gemeint, sei sie als führender Transportversicherer aufgrund eines am Hamburger Versicherungsmarkt geltenden Handelsbrauches ermächtigt, die Beklagte aus übergegangenem Recht im eigenen Namen und in vollem Umfang wegen des streitgegenständlichen Schadensfalles in Anspruch zu nehmen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Beklagte schulde für den Verlust des in Rede stehenden Transportguts unter dem Gesichtspunkt des groben Organisationsverschuldens vollen Schadensersatz. Sie hat dazu behauptet, die Beklagte führe weder Ein- und Ausgangskontrollen noch Schnittstellenkontrollen durch. Zudem lasse sie die Güter unbewacht auf ihrem Lager. Sie erstatte bei Verlustschäden auch keine Diebstahlsanzeigen und könne keine konkreten Angaben dazu machen, wann und wie es zu dem jeweiligen Verlust gekommen sei.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur Zahlung von 12.445,30 DM nebst Zinsen zu verurteilen.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten, da sie nicht - jedenfalls nicht alleiniger - Transportversicherer ihrer angeblichen Versicherungsnehmerin sei. Ferner hat sie - unter Darlegung von Einzelheiten ihres Organisationsablaufes - den Vorwurf groben Organisationsverschuldens zurückgewiesen und die Auffassung vertreten, da die Versicherungsnehmerin ihre angeblich grob mangelhafte Organisation seit Beginn der Zusammenarbeit aufgrund regelmäßiger Besprechungen bestens gekannt und die Geschäftsbeziehung zu ihr dennoch in vollem Umfang aufrechterhalten habe, verstoße es gegen die Grundsätze von Treu und Glauben, wenn die Klägerin gegen sie den Vorwurf groben Organisationsverschuldens erhebe.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit der (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist, ob der Beklagten ein grobes Organisationsverschulden angelastet werden kann und ob der behauptete Schaden entstanden ist. Es hat die Auffassung vertreten, die Beklagte könne ihrer Inanspruchnahme jedenfalls den Einwand des Rechtsmißbrauchs in Form des Verbots widersprüchlichen Verhaltens entgegenhalten mit der Folge, daß der mit der Klage geltend gemachte Schadensersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt des groben Organisationsverschuldens ausgeschlossen sei. Dazu hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Das Verhalten der Versicherungsnehmerin vor dem streitgegenständlichen Schadensfall gebe Veranlassung, den Vorwurf eines groben Organisationsverschuldens als rechtsmißbräuchlich im Sinne von § 242 BGB zu bewerten. Hierfür seien insbesondere folgende Umstände von Bedeutung: Bei der Beklagten handele es sich um einen Paket-Schnell-Lieferdienst, der im Rahmen des preiswerten "Standard-Dienstes", den die Versicherungsnehmerin in Anspruch genommen habe, innerhalb von 24 Stunden bundesweit im Massenumsatz - täglich 170.000 bis 250.000 Sendungen - Frachtstücke transportiere. Die Versicherungsnehmerin unterhalte zur Beklagten langjährige Geschäftsbeziehungen, in deren Rahmen sie weiterhin ihr gesamtes Sendungsgut befördern lasse. Der Transportversicherer der Versicherungsnehmerin habe bereits vor dem 5. Januar 1993 für von der Beklagten durchgeführte Transporte eine Prämienerhöhung verlangt. In der Folgezeit sei es zu einer nicht unerheblichen Zahl von Schadensfällen gekommen, die ähnlich wie der streitgegenständliche Verlust gelagert gewesen seien (1993 bei einem Auftragsvolumen von 40.451 Colli 232 Schäden = 0,57 %, 1994 bei einem Auftragsvolumen von 26.755 Colli 42 Schäden = 0,16 % und 1995 bei einem Auftragsumfang von 24.820 Colli 33 Schäden = 0,13 %). Gleichwohl habe die Versicherungsnehmerin weder die Zusammenarbeit mit der Beklagten abgebrochen oder eingeschränkt noch den sichereren, aber teureren, "Vertraulich-Dienst" in Anspruch genommen. Sie habe vielmehr - offenbar im Hinblick auf die geringe Schadensquote - weiterhin ihr gesamtes Sendungsgut durch die Beklagte im Rahmen des "Standard-Dienstes" transportieren lassen. Unter diesen Umständen erscheine das Berufen der Versicherungsnehmerin auf grobes Organisationsverschulden der Beklagten zur Durchsetzung von über den vertraglich vereinbarten Haftungsumfang hinausgehenden Schadensersatzansprüchen als rechtsmißbräuchlich. Denn dieser Vorwurf beinhalte die Behauptung, der von der Beklagten organisierte Transportablauf weise derart schwerwiegende Mängel auf, daß Verlustschäden geradezu "vorprogrammiert" seien. Ein Auftraggeber, der Kenntnis davon habe, daß in der Vergangenheit wegen grober Organisationsmängel Verluste eingetreten seien und der dennoch weiterhin die Dienste des Spediteurs in Anspruch nehme, ohne von diesem eine Änderung der Organisation zu verlangen, erwecke bei dem Spediteur den Eindruck, grundsätzlich mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis und der damit verbundenen Qualität der in Anspruch genommenen Dienste zufrieden zu sein. Auf seiten des Speditionsunternehmens werde der Vertrauenstatbestand geschaffen, der Kunde erhebe trotz gewisser Verluste grundsätzlich keine Einwände gegen den Organisationsablauf und werde insbesondere unter diesem Gesichtspunkt keine Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Auftraggeber verhalte sich daher widersprüchlich, wenn er sich plötzlich doch auf eine Haftung wegen groben Organisationsverschuldens berufe. Gemäß §§ 404, 412 BGB könne die Beklagte diesen Einwand auch der Klägerin als neuer Gläubigerin entgegenhalten, weil diese Ansprüche aus angeblich abgetretenem (§ 398 BGB) und übergegangenem Recht (§ 67 VVG) geltend mache.
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Die Revision rügt mit Erfolg, daß das Berufungsgericht die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches wegen groben Organisationsverschuldens der Beklagten als rechtsmißbräuchlich angesehen hat.
Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, daß es gegen Treu und Glauben verstoßen kann, wenn ein Auftraggeber, der die Geschäftsbeziehung zu einem Spediteur, in dessen Betrieb es, wie er weiß, aufgrund grober Organisationsmängel zu Verlusten gekommen ist, zwar unbeanstandet und unverändert fortsetzt, von dem Spediteur aber wegen später infolge grober Organisationsmängel eintretender Verluste Schadensersatz verlangt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hätte ein solcher Verstoß gegen Treu und Glauben jedoch nicht zur Folge, daß ein Schadensersatzanspruch wegen Rechtsmißbrauchs nicht durchsetzbar ist.
Für den von Rechtsprechung und Lehre aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abgeleiteten Einwand des Rechtsmißbrauchs ist im allgemeinen kein Raum, wenn der zu beurteilende Sachverhalt von gesetzlich normierten Bestimmungen erfaßt wird. In § 254 BGB ist auch für den vertraglichen Bereich geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Geschädigter im Fall mitwirkenden Verschuldens auf Ersatzleistungen des Schädigers keinen oder nur einen verminderten Anspruch hat. Bei dieser Vorschrift handelt es sich um eine konkrete gesetzliche Ausprägung des in § 242 BGB enthaltenen allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben (vgl. BGHZ 34, 355, 363; 135, 235, 240; BGH, Urt. v. 12.1.1993 - X ZR 87/91, NJW 1993, 1191, 1192; Urt. v. 14.5.1998 - I ZR 95/96, TranspR 1998, 475, 477). Dem Geschädigten ist es danach verwehrt, seinen Vermögensschaden in dem Umfang von dem Schädiger ersetzt zu verlangen, wie er seinem eigenen früheren Verhalten zuzurechnen ist (BGH TranspR 1998, 475, 477). Im allgemeinen obliegt dem Unternehmer, der die entgeltliche Erbringung von Leistungen anbietet, im Verhältnis zu seinem Auftraggeber die alleinige Verantwortung für eine ordnungsgemäße Vertragsdurchführung. Somit war es ausdrücklich Sache der Beklagten, den Transportablauf - in den der Auftraggeber in der Regel keinen bis ins einzelne gehenden Einblick hat - so zu organisieren, daß dabei die ihm anvertrauten Güter weder Schaden nehmen noch in Verlust geraten (BGH TranspR 1998, 475, 477 f.).
In einen nach § 254 Abs. 1 BGB beachtlichen Selbstwiderspruch kann ein Auftraggeber etwa dann geraten, wenn er Arbeiten, von denen er weiß, daß sie mit Gefahren verbunden sind, die nur von einem Fachmann beherrscht werden können, an eine Person vergibt, deren mangelnde Sachkunde ihm bekannt ist oder an deren Fähigkeiten zu zweifeln auch aus seiner Sicht hinreichend konkreter Anlaß bestand (BGH NJW 1993, 1191, 1192; TranspR 1998, 475, 477). In gleicher Weise ist auch das Verhalten eines Auftraggebers zu werten, der mit der Transportdurchführung einen Spediteur beauftragt, von dem er weiß oder zumindest hätte wissen müssen, daß es in dessen Unternehmen aufgrund grober Organisationsmängel immer wieder zu Verlusten kommt. Die Auftragserteilung beinhaltet unter solchen Umständen die Inkaufnahme eines Risikos, dessen Verwirklichung allein dem Schädiger anzulasten unbillig erscheint und mit dem § 254 BGB zugrundeliegenden Gedanken von Treu und Glauben unvereinbar ist (vgl. BGH NJW 1993, 1191, 1192). Die Durchsetzbarkeit von Schadensersatzansprüchen des Auftraggebers bleibt hiervon jedoch grundsätzlich unberührt.
2. Auf der Grundlage der bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend darüber befinden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zusteht.
a) In dem wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird - soweit es darauf ankommen sollte - insbesondere auch die Aktivlegitimation der Klägerin zu prüfen sein, zu der das Berufungsgericht - aus seiner Sicht folgerichtig - bislang noch keine Feststellungen getroffen hat. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kann die Sachbefugnis der Klägerin nicht deshalb wegen Formunwirksamkeit verneint werden, weil das die Abtretungserklärung enthaltende Schreiben der Versicherungsnehmerin an die Klägerin vom 2. Oktober 1995 nicht von einem Vertretungsberechtigten unterschrieben worden sei. Allein aus dem Umstand, daß die Abtretungserklärung schriftlich abgegeben worden ist, folgt nicht zwingend, daß die Klägerin und ihre Versicherungsnehmerin zuvor für den grundsätzlich formfrei wirksamen Abtretungsvertrag nach § 127 Satz 1 BGB rechtsgeschäftlich Schriftform vereinbart hatten.
b) Beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand läßt sich auch nicht abschließend beurteilen, ob und in welcher Höhe der geltend gemachte Schadensersatzanspruch begründet ist.
Nach § 407 Abs. 2, § 390 Abs. 1 HGB a.F. i.V. mit § 51 lit. b Satz 2 ADSp a.F. haftet die Beklagte für den in ihrem Gewahrsam eingetretenen Schaden nur dann unbeschränkt, wenn dieser Schaden durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit des Spediteurs oder seiner leitenden Angestellten verursacht worden ist. Dazu hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen. Gegenwärtig kann eine Haftung der Beklagten, die die vereinbarte gewichtsunabhängige Höchstsumme von 2.000,-- DM je Schadensfall übersteigt, jedenfalls nicht ausgeschlossen werden. Ein weitergehender Schadensersatzanspruch läßt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht mit der Erwägung verneinen, daß die Versicherungsnehmerin auf weitergehende Schadensersatzansprüche verzichtet habe, indem sie mit der Beklagten eine Höchsthaftung von 2.000,-- DM je Schadensfall vereinbart habe. Denn mit dieser Vereinbarung sollte die Haftung der Beklagten nicht eingeschränkt, sondern erweitert werden. Gemäß § 51 lit. b Satz 2 ADSp a.F. hätte die Beklagte nur für die durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit ihrer Organe oder leitenden Angestellten verursachten Schäden in vollem Umfang gehaftet. Im übrigen hätte sie sich auf die Haftungsbeschränkungen nach § 51 lit. b Satz 1, § 54 lit. a ADSp a.F. berufen können, was angesichts des häufig geringen Gewichts der beförderten Güter möglicherweise zur Folge gehabt hätte, daß die Versicherungsnehmerin für den ihr entstandenen Verlustschaden keinen vollen Ersatz erlangt hätte, da sie mit ihrem Transportversicherer eine Selbstbeteiligung von 2.000,-- DM je Schadensfall vereinbart hatte. Die vor diesem Hintergrund zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten getroffene Vereinbarung einer gewichtsunabhängigen Höchsthaftung der Beklagten sollte daher sicherstellen, daß die Versicherungsnehmerin in jedem Verlustfall vollen Ersatz für den ihr dadurch entstandenen Schaden erhielt.
c) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann schließlich nicht abschließend beurteilt werden, ob der streitgegenständliche Schadensersatzanspruch wegen mitwirkenden Verschuldens der Versicherungsnehmerin insgesamt oder zumindest teilweise ausgeschlossen ist. Eine Anspruchsminderung käme etwa dann in Betracht, wenn es vor Erteilung des streitgegenständlichen Beförderungsauftrags im Betrieb der Beklagten wegen grober Organisationsmängel bereits zu Verlusten gekommen wäre und die Versicherungsnehmerin dies gewußt hätte oder hätte wissen müssen (vgl. oben unter II. 1.). Bislang fehlen jedoch Feststellungen dazu, ob die vor der Auftragserteilung im Mai 1995 eingetretenen Verluste auf groben Organisationsmängeln beruhten. Allein die Tatsache, daß es im Jahre 1993 bei einem Auftragsvolumen von 40.451 Packstücken zu 232 Schäden, im Jahre 1994 bei einem Auftragsvolumen von 26.755 Packstücken zu 42 Schäden und im Jahre 1995 bei einem Auftragsvolumen von 24.820 Packstücken zu 33 Schäden gekommen ist, rechtfertigt eine derartige Annahme nicht; denn auf das gesamte Auftragsvolumen bezogen handelt es sich noch um verhältnismäßig geringe Verluste (im Jahre 1994 nur 0,16 % und 1995 nur 0,13 %). Es ist auch nicht ersichtlich, ob die vor dem in Rede stehenden Schaden eingetretenen Verluste ähnlich wie der streitgegenständliche Schadensfall gelagert waren. Selbst wenn die in den Jahren 1993 bis 1995 eingetretenen Schäden auf groben Organisationsmängeln im Betrieb der Beklagten beruht hätten, fehlte es jedenfalls an Feststellungen dazu, daß dies der Versicherungsnehmerin bei Auftragserteilung im Mai 1995 bekannt war oder zumindest hätte bekannt sein müssen. Die Klägerin hat die Behauptung der Beklagten, die Versicherungsnehmerin habe ihre angeblich grob mangelhafte Organisation seit Beginn der Zusammenarbeit aufgrund regelmäßiger Besprechungen bestens gekannt, bestritten. Die Versicherungsnehmerin mußte auch nicht schon deshalb mit groben Organisationsmängeln rechnen, weil sie den "Standard-Dienst" eines Schnell-Lieferdienstes mit Massenumsatz in Anspruch genommen hat. Die Revision rügt daher mit Erfolg, daß keine tatsächlichen Anhaltspunkte für die Annahme des Berufungsgerichts ersichtlich sind, die Versicherungsnehmerin sei davon überzeugt gewesen, daß die in der Vergangenheit eingetretenen Verluste auf groben Organisationsmängeln beruht hätten.
III. Danach war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Ende der Entscheidung
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