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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.07.1997
Aktenzeichen: I ZR 75/95
Rechtsgebiete: HGB, BGB
Vorschriften:
HGB § 414 Abs. 1 | |
HGB § 429 Abs. 1 | |
HGB § 439 | |
HGB § 414 | |
BGB § 195 | |
BGB § 852 Abs. 1 |
Der Annahme eines Verlustes i.S. von § 414 Abs. 1, § 429 Abs. 1 HGB steht nicht entgegen, daß der (Spediteur-) Frachtführer das in seine Obhut gelangte Transportgut aufgrund eines von ihm angenommenen Pfandrechts unberechtigt verwertet hat.
HGB §§ 439, 414; BGB §§ 195, 852 Abs. 1
Zur Frage der Verjährung von Ersatzansprüchen gegen den (Spediteur-)Frachtführer, der im Eigentum seines Auftraggebers stehendes Transportgut pfandrechtswidrig verwertet hat.
BGH, Urt. v. 10. Juli 1997 - I ZR 75/95 OLG Frankfurt a.M. LG Limburg
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 10. Juli 1997
Walz Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juli 1997 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Starck, Dr. Bornkamm und Pokrant
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 10. Februar 1995 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen unterlassener Auslieferung und unberechtigter Pfandveräußerung übernommenen Transportgutes. Die Parteien streiten darüber, ob die von der Klägerin geltend gemachten vertraglichen und deliktischen Schadensersatzansprüche verjährt sind.
Die Klägerin beauftragte die Beklagte im April 1989 mit der Beförderung von Gegenständen von Berlin nach Westerburg. Nach den Angaben der Klägerin handelte es sich bei dem Ladegut um Ladeneinrichtungsgegenstände und sonstiges Zubehör im Werte von 35.515,-- DM sowie Bettwaren im Werte von 37.300,-- DM, nach den Angaben der Beklagten bestand die Fracht größtenteils aus synthetischen Decken. Die Beklagte hielt das übernommene Transportgut wegen behaupteter offener Frachtvergütungsansprüche gegen die Klägerin in Höhe von 8.668,46 DM zurück. Sie teilte der Klägerin mit Schreiben vom 24. April 1989 mit, daß die Auslieferung des zurückgehaltenen Gutes erfolgen könne, wenn ein bankbestätigter Scheck oder Bargeld in Höhe von 5.500,-- DM übergeben werde, was die Klägerin mit Schreiben vom 3. Mai 1989 ablehnte. In einem weiteren Schreiben vom 10. Mai 1989 kündigte die Beklagte unter Hinweis auf ein ihr nach den Bestimmungen der Allgemeinen Deutschen Spediteur-Bedingungen (ADSp) zustehendes Pfandrecht an, daß eine Pfandverwertung vorgenommen werde, wenn die geltend gemachten Forderungen nicht bis zum 17. Mai 1989 ausgeglichen würden. Die Klägerin leistete innerhalb der von der Beklagten gesetzten Frist keine Zahlung. Die Beklagte ließ den mit dem Transportgut der Klägerin beladenen Anhänger daraufhin öffnen und nahm die dort vorgefundenen Waren in ihren Besitz, was sie der Klägerin am 19. Mai 1989 auch schriftlich mitteilte. Ferner wies sie darauf hin, daß die Gegenstände (vornehmlich die Bettdecken) nach Ermittlung des Schätzwertes zum Besterlös verkauft würden; die Klägerin könne den Verkauf nur durch unverzügliche Zahlung der Restverbindlichkeiten verhindern.
Am 16. November 1989 wandte sich der damalige Bevollmächtigte der Klägerin an die Bevollmächtigten der Beklagten und bat um Mitteilung, welche Erlöse aus dem freihändigen Verkauf erzielt worden seien. Die Beklagte übersandte dem Bevollmächtigten der Klägerin am 21. Dezember 1989 eine Aufstellung, die Erlöse aus Verkäufen von 7.409,85 DM und eine Restforderung der Beklagten von 1.740,52 DM aufwies. In einem weiteren Schreiben vom 1. März 1990, das dem Bevollmächtigten der Klägerin am 2. März 1990 zuging, wies sie u.a. auf folgendes hin:
"...
Weiterhin wird mitgeteilt, daß derzeit eine offene Restforderung von 1.740,52 DM besteht und noch Restpositionen an Decken vorhanden sind, die offensichtlich nicht verkäuflich sind."
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe gegen die Beklagte wegen der unterlassenen Auslieferung und unberechtigten Pfandveräußerung des Transportgutes ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 72.815,-- DM zu, der bei Einreichung der Klage am 4. März 1993 noch nicht verjährt gewesen sei. Die Verjährung sei aufgrund von Verhandlungen zwischen den Parteien bis zum 23. August 1991 gehemmt gewesen. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, das übernommene Gut zu veräußern. Sie müsse deshalb für den Verlust der Ware unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung haften. Daneben sei ihr die Beklagte auch aus § 1243 Abs. 2 BGB - ebenfalls unter dem Gesichtspunkt einer positiven Vertragsverletzung zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie ihr, der Klägerin, Eigentum unter Wert veräußert habe. Diese Ansprüche unterlägen der 30jährigen Regelverjährung des § 195 BGB.
Unter Einbeziehung einer weiteren Schadensersatzforderung von 3.530,61 DM, die nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, hat die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 76.345,61 DM nebst Zinsen zu zahlen.
Die Beklagte ist dem nach Grund und Höhe entgegengetreten. Sie hat die Auffassung vertreten, die Verwertung des Transportgutes durch freihändigen Verkauf sei rechtmäßig gewesen, da ihr an der veräußerten Ware ein Pfandrecht nach § 50 ADSp zugestanden habe. Darüber hinaus hat sie den von der Klägerin behaupteten Umfang des beförderten Gutes und dessen Wert bestritten. Außerdem hat sie sich auf Verjährung berufen.
Das Landgericht hat die Klage wegen Verjährung der geltend gemachten Ansprüche abgewiesen. Die Berufung ist erfolglos geblieben.
Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren in Höhe von 72.815,-- DM nebst Zinsen weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der Klägerin der geltend gemachte Schadensersatzanspruch wegen Zurückhaltung und Pfandveräußerung des Transportgutes zusteht, weil dieser Anspruch bei Einreichung der Klage am 4. März 1993 hinsichtlich aller in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen verjährt gewesen sei. Dazu hat es ausgeführt:
Die allgemeinen Grundsätze über die positive Vertragsverletzung und die Verjährungsregelung des § 195 BGB seien im Streitfall nicht anwendbar. Diese würden durch die spezielle Anspruchsnorm des § 429 HGB, die sämtliche Sorgfaltverletzungen zwischen Annahme und Ablieferung des Gutes erfasse, und die hierfür geltenden besonderen Verjährungsregelungen der §§ 414, 439 HGB verdrängt. Die Klägerin leite ihre Schadensersatzforderung unter anderem aus einem zwischen der Annahme und Ablieferung (durch pfandrechtswidrigen Verkauf) eingetretenen Verlust des Transportgutes her. Hierbei handele es sich um einen vertraglichen Schadensersatzanspruch, der innerhalb eines Jahres verjähre. Bei Einreichung der Klage sei daher bereits Verjährung eingetreten gewesen. Aber auch wenn man den von der Klägerin behaupteten Verstoß der Beklagten gegen gesetzliche Pfandverwertungsvorschriften nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung beurteile, ändere sich nichts am Eintritt der Verjährung vor Klageeinreichung, weil die §§ 414, 439 HGB alle vertraglichen Schadensersatzansprüche erfaßten, die sich auf den Verlust des Transportgutes gründeten. Ob die Verjährungsregelung des HGB vorliegend durch die der KVO oder der ADSp verdrängt werde, könne dahinstehen; denn deren Anwendung führe zu keiner längeren Verjährungsfrist.
Die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB für die von der Klägerin ebenfalls geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung habe spätestens am 2. März 1990 zu laufen begonnen, weil der damalige Prozeßbevollmächtigte der Klägerin an diesem Tag das Schreiben der Beklagten vom 1. März 1990, aus dem die Klägerin habe ersehen können, daß ihr durch die Veräußerung des Transportgutes ein Schaden entstanden sei, erhalten habe. Die Verjährung sei danach am 2. März 1993 abgelaufen und habe durch Einreichung der Klage am 4. März 1993 nicht mehr unterbrochen werden können.
Eine Hemmung der Verjährung aufgrund schwebender Verhandlungen über den von der Beklagten zu leistenden Schadensersatz (§ 852 Abs. 2 BGB) sei nicht eingetreten. Zum einen sei Gegenstand der behaupteten Verhandlungen lediglich der mit dem geltend gemachten Wertersatzanspruch nicht identische Herausgabeanspruch gewesen. Sodann habe die Klägerin aber auch nicht hinreichend dargelegt, welche (natürlichen) Personen Gespräche mit welchem Inhalt geführt hätten.
II. Die hiergegen gerichtete Revision hat im Ergebnis Erfolg. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
1. Das Berufungsgericht (BU 7) hat - ebenso wie das Landgericht (LGU 6) - offengelassen, ob zwischen den. Parteien ein Fracht- oder ein Speditionsvertrag zustandegekommen ist. Für das Revisionsverfahren ist aufgrund des vom Berufungsgericht unterstellten Selbsteintritts der Beklagten davon auszugehen, daß die Beklagte gem. § 412 Abs. 2 HGB jedenfalls zugleich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers hat.
Das Berufungsgericht (BU 10) hat es weiter dahinstehen lassen, welche Haftungsordnung (HGB, KVO oder ADSp) für das Vertragsverhältnis der Parteien gilt und ob vertragliche - ebenso wie deliktische - Schadensersatzansprüche dem Grunde und der Höhe nach bestehen. Denn sämtliche Ansprüche seien - auf welcher Grundlage auch immer - jedenfalls verjährt. Diese Annahme hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht hinsichtlich aller in Betracht zu ziehenden Anspruchsgrundlagen stand.
2. Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht angenommen, daß ein vertraglicher Schadensersatzanspruch gem. § 429 Abs. 1 HGB wegen (zumindest teilweisen) Verlustes des Transportgutes aufgrund - für das Revisionsverfahren zu unterstellender - rechtswidriger Pfandveräußerung bei Einreichung der Klage am 4. März 1993 nach §§ 439, 414 Abs. 1 HGB bereits verjährt war.
Näher liegt im Streitfall allerdings die Annahme einer Haftung nach den Vorschriften der KVO, die als Spezialregelung die Haftungs- und Verjährungsbestimmungen nach dem HGB verdrängen. Denn das Berufungsgericht hat selbst darauf hingewiesen (BU 7, ebenso LGU 6), die Beklagte habe das Gut nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin und der Aussage einer Zeugin mit einem eigenen Lkw befördert, so daß gem. § 1 Abs. 5 KVO die Vorschriften dieser Verordnung über die Haftung aus dem Beförderungsvertrag in Betracht kämen. Der sich aus § 29 KVO ergebende Schadensersatzanspruch wäre aber - wie das Berufungsgericht im Ergebnis zutreffend angenommen hat - gem. § 40 KVO ebenfalls verjährt.
a) Hinsichtlich des Verjährungseintritts nach §§ 439, 414 Abs. 1 HGB rügt die Revision ohne Erfolg, die Verjährungsvorschrift sei im Streitfall nicht anwendbar, weil eine pfandrechtswidrige Veräußerung nicht als Verlust im Sinne dieser Regelung anzusehen sei. Die Revision meint unter Berufung auf eine auch im Schrifttum teilweise vertretene Auffassung, daß Fälle der willentlichen Besitzaufgabe durch den Spediteur schon nach dem üblichen Sprachgebrauch nicht als Verlust bezeichnet werden könnten (MünchKommHGB-Bydlinski, § 414 Rdn. 15; im Ergebnis ebenso Baumbach/Duden/Hopt, HGB, 29. Aufl., § 414 Rdn. 2; Heymann/Honsell, HGB, § 414 Rdn. 8). Dem kann nicht beigetreten werden.
Für die Beurteilung, ob ein Verlust des Transportgutes eingetreten ist, ist eine wirtschaftliche Betrachtung maßgebend, wobei auf die Sicht des Geschädigten abzustellen ist. Dementsprechend ist ein Verlust in der Regel dann anzunehmen, wenn der Frachtführer aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht nur vorübergehend, sondern auf unabsehbare Zeit nicht in der Lage ist, das Gut weisungsgemäß an den berechtigten Empfänger auszuliefern (vgl. auch Koller, Transportrecht, 3. Aufl., HGB § 429 Rdn. 3; MünchKommHGB-Dubischar, § 429 Rdn. 6 ff.; Staub/ Helm, HGB, 4. Aufl., HGB § 429 Rdn. 12; Willenberg, KVO, 4. Aufl., § 29 Rdn. 33 zur KVO). Ob der Besitz freiwillig oder unfreiwillig aufgegeben wird, ist dabei grundsätzlich unbeachtlich. Auch die Auslieferung an einen Nichtberechtigten kann zum Verlust führen (vgl. BGH, Urt. v. 27.10.1978 - I ZR 30/77, TranspR 1982, 108 = NJW 1979, 2473; Urt. v. 13.7.1979 - I ZR 1.08/77, VersR 1979, 1154). Nichts anderes gilt für die rechtswidrige Pfandverwertung (vgl. auch Staub/Helm aaO HGB § 429 Rdn. 26 m.w.N.). Davon ist der Senat bereits in seiner Rechtsprechung zu Art. 17 Abs. 1 CMR ausgegangen (BGH, Urt. v. 18.5.1995 - I ZR 151/93, TranspR 1995, 383, 384 = NJW 1995, 2917). Dies muß auch vorliegend gelten; denn der Verlustbegriff ist im HGB und in der KVO kein anderer als in der CMR (vgl. Thume, CMR, Art. 17 Rdn. 63 m.w.N.). Das Berufungsgericht hat daher zu Recht in der - unterstellt - pfandrechtswidrigen Veräußerung des Transportgutes einen Verlust im Sinne der §§ 414, 429 HGB gesehen. Anders wäre es lediglich bei der rechtmäßigen Pfandveräußerung, bei der der Eigentumsverlust eine vom Gesetz gewollte Folge ist (vgl. § 1242 Abs. 1 BGB).
Ohne Rechtsverstoß hat das Berufungsgericht auch angenommen, daß die einjährige Verjährungsfrist des § 41.4 Abs. 1 HGB bei Einreichung der Klage am 4. März 1.993 bereits abgelaufen war. Denn nach g 414 Abs. 2 HGB beginnt die Verjährung im Falle des Verlustes mit dem Ablaufe des Tages zu laufen, an welchem die Ablieferung hätte bewirkt sein müssen. Daß das Berufungsgericht insoweit keine näheren Feststellungen getroffen hat, ist entgegen der Ansicht der Revision nicht zu beanstanden. Da der Transportauftrag vom April 1989 stammte, konnte das Berufungsgericht mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, daß die Auslieferung auch alsbald nach Durchführung des Transportes erfolgen sollte.
b) Auch die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe zum Verjährungseintritt nach § 40 Abs. 1 KVO keine hinreichenden Feststellungen getroffen, greift nicht durch. Das Berufungsgericht hat insoweit darauf verwiesen, daß das Landgericht die Verjährungsfrage nach der KVO zutreffend beurteilt und die Klägerin dagegen in der Berufungsinstanz nichts vorgebracht habe. Da die Verjährungsfrist auch hier ein Jahr beträgt und die Verjährung spätestens mit Ablauf des 30. Tages nach Beendigung der Lieferfrist begonnen hat (vgl. § 40 Abs. 2 lit. d KVO), bestehen auch insoweit keine Bedenken. Eine Hemmung der Verjährung nach § 40 Abs. 3 KVO hat das Landgericht mangels einer schriftlichen Anmeldung verneint. Dem hat sich das Berufungsgericht ersichtlich anschließen wollen. Ein Rechtsfehler wird von der Revision insoweit nicht aufgezeigt.
3. Das Berufungsgericht hat weiter zutreffend und von der Revision insoweit auch unbeanstandet angenommen, daß der Klägerin neben einem etwaigen Anspruch gem. § 429 Abs. 1 HGB wegen des Verlustes des Transportgutes aufgrund pfandrechtswidriger Veräußerung kein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung zusteht, so daß sich die Verjährungsfrage hier gar nicht erst stellt. Die Haftungsvorschrift des § 429 Abs. 1 HGB stellt für die während der Obhutszeit (von der Annahme bis zur Ablieferung des Gutes) durch Verlust oder Beschädigung entstehenden Güterschäden grundsätzlich eine abschließende Regelung dar (vgl. Staub/Helm aaO HGB § 429 Rdn. 233 ff.). Nichts anderes würde für die Haftung wegen Verlustes nach § 29 Abs. 1 KVO gelten.
4. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht, daß das Berufungsgericht ungeprüft gelassen hat, ob im Streitfall unverjährte Schadensersatzansprüche in Betracht kommen, die die Klägerin nicht wegen des Verlustes aufgrund pfandrechtswidriger Veräußerung, sondern wegen der Art und Weise der Pfandverwertung geltend gemacht hat. Sie beruft sich darauf, die Klägerin habe in ihrer Berufungsbegründung vorgetragen, die Beklagte habe Transportgut im Werte von 72.815,-- DM für nur insgesamt etwa 7.000,-- DM veräußert und dabei elementare Pfandverwertungsvorschriften unbeachtet gelassen (§ 1233 Abs. 1 i.V. mit § 1235 Abs. 1 BGB).
Das Berufungsgericht hat unerörtert gelassen, ob der Beklagten ein Pfandrecht zustand. Aus der vorgerichtlichen Korrespondenz zwischen den Parteien ergibt sich, daß die Beklagte die von ihr beanspruchte Pfandverwertung offenbar in der Annahme vorgenommen hat, ihr stehe an den veräußerten Gegenständen entweder ein (vertragliches) Pfandrecht nach § 50 ADSp oder ein solches aus Gesetz gemäß §§ 410, 440 HGB zu. Auf das gesetzliche Pfandrecht nach §§ 410, 440 Abs. 1 HGB finden gemäß § 1257 BGB die Vorschriften über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht (§§ 1204 ff. BGB) entsprechende Anwendung.
Danach könnte vor allem ein Verstoß gegen die in § 1243 Abs. 1 BGB genannten Pfandverwertungsbestimmungen in Betracht kommen, der die verschiedensten Schadensersatzansprüche auslösen kann (vgl. dazu Staudinger/Wiegand, BGB, 13. Bearb., § 1243 Rdn. 3; Soergel/Mühl, BGB, 12. Aufl., § 1243 Rdn. 3; Palandt/Bassenge, BGB, 56. Aufl., § 1243 Rdn. 2). Diese Ansprüche unterfallen grundsätzlich nicht den kurzen Verjährungsfristen nach den frachtrechtlichen Bestimmungen, sondern den für die jeweilige Anspruchsgrundlage geltenden besonderen Verjährungsvorschriften (vgl. Heymann/Honsell, HGB, § 439 Rdn. 4; Koller aaO HGB § 439 Rdn. 2; MünchKommHGB-Dubischar aaO § 439 Rdn. 4).
Beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand ist auch ein Schadensersatzanspruch nach § 1243 Abs. 2 BGB wegen ordnungswidriger Veräußerung nicht ausgeschlossen, der grundsätzlich der dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB unterliegt. Diese Anspruchsgrundlage setzt an sich aber voraus, daß die Pfandverwertung als solche rechtmäßig war und nur die Veräußerung in ordnungswidriger Weise erfolgt ist. Zur Rechtmäßigkeit der Pfandverwertung hat das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen getroffen. Die Anwendung des § 1243 Abs. 2 BGB kann aber auch in Betracht kommen, wenn der Berechtigte die gegen die in § 1243 Abs. 1 BGB genannten Pfandverwertungsbestimmungen verstoßende Veräußerung genehmigt und lediglich die Verletzung pfandrechtlicher Ordnungsvorschriften nicht gegen sich gelten lassen will (arg. § 1245 BGB). Bei Anwendung des § 1243 Abs. 2 BGB wäre allerdings zu beachten, daß der nach dieser Bestimmung zu ersetzende Schaden nicht in dem Rechtsverlust infolge Pfandverwertung besteht, sondern in der Vermögenseinbuße, die der Schuldner gegenüber einer formal ordnungsgemäßen Verwertung erleidet (vgl. OLG Frankfurt WM 1986, 75, 76).
Ob der Klägerin wegen der von der Beklagten vorgenommenen freihändigen Veräußerung daneben noch ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung wegen schuldhafter Verletzung einer der Beklagten gegenüber der Klägerin obliegenden Interessenwahrungspflicht zustehen könnte, kann beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand auf sich beruhen. Da im Streitfall in erster Linie eine KVO-Haftung in Betracht zu ziehen ist (vgl. vorstehend unter II. 1.), wären vorliegend die Grundsätze über die positive Vertragsverletzung neben § 31 Abs. 1 lit. c KVO grundsätzlich nicht anwendbar (näher BGHZ 32, 194 ff.; Koller aaO KVO § 31 Rdn. 4 und 5; Piper, Höchstrichterliche Rechtsprechung zum Speditions- und Frachtrecht, 7. Aufl., Rdn. 292; Staub/Helm aaO KVO § 31 Rdn. 16 f.). Denn bei Prüfung im derzeitigen Verfahrensstadium sind die Voraussetzungen dieser Bestimmung hinsichtlich des (auch) geltendgemachten Mindererlöses wegen "Verschleuderung", der kein Güterschaden ist, gegeben, da der Schaden nach dem zu unterstellenden Vorbringen der Klägerin im Zuge der Beförderung des Gutes durch schuldhafte, nicht ordnungsgemäße Ausführung des Beförderungsvertrages i.S. des § 31 Abs. 1 lit. c KVO entstanden ist.
5. Die Revision wendet sich weiter mit Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, auch Schadensersatzansprüche der Klägerin nach § 823 Abs. 1 und 2 BGB seien vor Einreichung der Klage am 4. März 1993 bereits verjährt gewesen.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die dreijährige Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB habe mit Zugang des Schreibens der Beklagten vom 1. März 1990 bei dem damaligen Bevollmächtigten der Klägerin am 2. März 1990 zu laufen begonnen. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Verjährungsfrist des § 852 Abs. 1 BGB, die ungeachtet der kürzeren vertraglichen Verjährungsfrist nach § 414 Abs. 1, § 439 Abs. 1 HGB und § 40 Abs. 1 KVO für deliktische Ansprüche gilt (BGHZ 116, 297, 299 f.; 123, 394, 399; Piper aaO Rdn. 318), beginnt mit der Kenntnis des Betroffenen vom Eintritt eines Schadens, von seiner eigenen Schadensbetroffenheit und von der Person des Ersatzpflichtigen. Diese Kenntnis ist vorhanden, wenn dem Geschädigten zuzumuten ist, aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage, zu erheben, die bei verständiger Würdigung der vorgetragenen Tatsachen Erfolgsaussicht bietet (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.1992 - IX ZR 43/92, NJW 1993, 648, 653; Urt. v. 17.10.1995 - VI ZR 246/94, NJW 1996, 117, 118 m.w.N.).
Die Revision rügt mit Recht, daß die Klägerin - entgegen. der Annahme des Berufungsgerichts - dem Inhalt des Schreibens der Beklagten vom 1. März 1990 unter Berücksichtigung der von ihr behaupteten Verhandlungen zwischen den Parteien nicht mit der erforderlichen Gewißheit entnehmen konnte, daß ihr zu jenem Zeitpunkt bereits ein Schaden entstanden war. Die Beklagte hat der Klägerin in dem genannten Schreiben lediglich mitgeteilt, daß noch eine Restforderung gegen die Klägerin in Höhe von 1.740,52 DM bestehe und noch ein "offensichtlich nicht verkäuflicher Restposten an Decken" vorhanden sei. Die Klägerin konnte der Mitteilung der Beklagten weder entnehmen, in welchem Umfang die Beklagte die Bettwaren bis dahin verwertet hatte noch welche konkreten Erlöse dabei erzielt worden waren. Damit war für sie aus den ihr gutgeschriebenen Veräußerungserlösen nicht ersichtlich, ob die Beklagte das Gut zu angemessenen Preisen verwertet hatte. Dem Schreiben vom 1. März I990 konnte die Klägerin lediglich entnehmen, daß die Beklagte ihr Eigentum teilweise verwertet hatte. Ob dies zu Recht und unter Beachtung der Pfandverwertungsbestimmungen erfolgt war, ergab sich aus dem genannten Schreiben nicht, da über die Art und Weise der Pfandveräußerung keinerlei Einzelheiten mitgeteilt wurden. Zweifel an der Widerrechtlichkeit der Pfandverwertung konnten sich für die Klägerin daraus ergeben, daß dem Frachtführer nach § 440 Abs. 1 HGB grundsätzlich ein gesetzliches Pfandrecht am Transportgut zusteht.
Ebensowenig stand für die Klägerin fest, ob und in welchem Umfang die nach ihrer Darstellung der Beklagten übergebenen Einrichtungsgegenstände, die nach ihren Angaben etwa die Hälfte des Gesamtwertes des Transportgutes ausmachten, noch vorhanden waren. Sie hat mit Schriftsatz vom 11. Mai 1994 und in der Berufungsbegründung vom 9. September 1994 unter Beweisantritt vorgetragen, sie habe mit dem Geschäftsführer der Beklagten auch nach Erhalt des Schreibens vom 1. März 1990 mehrfach über die Herausgabe des von der Beklagten zurückgehaltenen Transportgutes verhandelt. Es seien auch zwei konkrete Termine (24. September 1990 und 23. August 1991) für die Abholung der Einrichtungsgegenstände vereinbart worden. Danach mußte die Klägerin auch nach Erhalt des Schreibens vom 1. März 1990 annehmen, daß die Beklagte die ihr übergebenen Einrichtungsgegenstände jedenfalls noch teilweise in ihrem Besitz hatte und in der Lage sein würde, diese gegebenenfalls an die Klägerin herauszugeben. Unter diesen Umständen war es der Klägerin bis zur Mitteilung vom 23. August 1991, daß auch die Einrichtungsgegenstände nicht mehr vorhanden seien, nicht zumutbar, eine Schadensersatzklage, auch nicht als Feststellungsklage, gegen die Beklagte zu erheben.
b) Da schon der vom Berufungsgericht angenommene Beginn der Verjährung nach den vorangegangenen Ausführungen keinen Bestand haben kann, kommt es auf die weitere, von der Revision ebenfalls beanstandete Annahme des Berufungsgerichts, die Klägerin habe die Voraussetzungen für eine Hemmung der Verjährungsfrist nach § 852 Abs. 2 BGB nicht hinreichend substantiiert dargelegt, nicht mehr an. Denn der Lauf der Verjährungsfrist. hat nach dem der revisionsrechtlichen Beurteilung zugrundezulegenden Sachvortrag der Klägerin jedenfalls nicht vor dem 23. August 1991 eingesetzt, so daß die Dreijahresfrist des § 852 Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage am 4. März 1993 noch nicht verstrichen war.
c) Eine andere Beurteilung könnte sich allerdings dann ergeben, wenn - was das Berufungsgericht offengelassen hat - auf das streitgegenständliche Vertragsverhältnis die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) oder wenn - was beim gegenwärtigen Sach- und Streitstand noch nicht ausgeschlossen ist - die Bestimmungen des Güterkraftverkehrstarifs für den Umzugsverkehr und die Beförderung von Handelsmöbeln in besonders für die Möbelbeförderung eingerichteten Fahrzeugen im Güterfernverkehr und. Güternahverkehr (GüKUMT) zur Anwendung kämen.
aa) Nach § 64 Satz 1 ADSp verjähren alle Ansprüche gegen den Spediteur, gleichviel aus welchem Rechtsgrunde, in acht Monaten. Diese Verjährungsfrist würde auch außervertragliche (deliktische) Schadensersatzansprüche der Klägerin erfassen. Denn durch vertragliche Vereinbarungen können die Verjährungsfristen einheitlich sowohl für vertragliche als auch für außervertragliche Ansprüche verkürzt werden (BGHZ 123, 394, 399; vgl. auch Koller aaO ADSp § 64 Rdn. 1; Piper aaO Rdn. 187). Bei der Prüfung, ob das streitgegenständliche Vertragsverhältnis den Bestimmungen der ADSp unterliegt, wird allerdings zu berücksichtigen sein, daß die ADSp nach deren § 2 lit. c Satz 2 in. der zum Zeitpunkt der Transportdurchführung geltenden Fassung (April 1989) nicht zur Anwendung kämen, wenn der Spediteur die Beförderung des Gutes kraft Selbsteintritts oder Frachtvertrages mit eigenen Kraftfahrzeugen im Güterfernverkehr (§ 1 Abs. 5 KVO) ausführte (vgl. dazu vorstehend unter II. 2.).
bb) Sollte der GüKUMT (jetzt GüKUMB) anwendbar sein, so wäre zu beachten, daß nach § 15 Abs. 1 GüKUMT die im GüKUMT enthaltenen Haftungsausschlüsse und -beschränkungen, zu denen auch die einjährige Verjährungsfrist gem. § 14 Abs. 1 GüKUMT gehört, auf alle Ersatzansprüche ungeachtet des Rechtsgrundes der Haftung Anwendung finden. Aufgrund des § 14 Abs. 1 GüKUMT erscheint es nicht ausgeschlossen, daß die von der Klägerin geltend gemachten vertraglichen und außervertraglichen Schadensersatzansprüche bei Einreichung der Klage am 4. März 1993 bereits verjährt waren.
III. Danach war das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann
Mees
Starck
Bornkamm
Pokrant
Ende der Entscheidung
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