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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 25.06.1998
Aktenzeichen: I ZR 75/96
Rechtsgebiete: UWG


Vorschriften:

UWG § 7 Abs. 1 und 2
Geburtstagswerbung III

UWG § 7 Abs. 1 und 2

Ein Unternehmen kündigt durch eine Werbebeilage mit der Titelüberschrift "28 Jahre. Wir feiern Geburtstag!" nicht eine unzulässige Sonderveranstaltung an, wenn es in der Beilage nur in der auch sonst bei ihm üblichen Art und Weise für Sonderangebote wirbt.

BGH, Urt. v. 25. Juni 1998 - I ZR 75/96 - OLG Hamm LG Bochum


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

I ZR 75/96

Verkündet am: 25. Juni 1998

Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 1998 durch die Richter Prof. Dr. Ullmann, Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck und Dr. Bornkamm

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Februar 1996 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Bochum - Kammer für Handelssachen - vom 27. Juni 1995 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Rechtsmittel.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Beklagte vertreibt in ihrem Einzelhandelsgeschäft in B. elektrotechnische Geräte, insbesondere solche der Unterhaltungselektronik und für den Haushalt. Mit einer achtseitigen Zeitungsbeilage vom 11. Oktober 1995 warb sie für eine Vielzahl von Waren. Auf der Titelseite des Werbeblatts war in einem roten Balken als Überschrift fett gedruckt: "28 Jahre. Wir feiern Geburtstag!". Die Preisangaben waren in Rotdruck gehalten und teilweise durchgestrichenen Preisen (als den bisher geforderten Preisen oder der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers) gegenübergestellt.

Der klagende Wettbewerbsverein beanstandet diese Werbung als Ankündigung einer nach § 7 UWG unzulässigen Sonderveranstaltung. Er hat beantragt,

der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, unter Bezugnahme auf einen Zeitraum des Bestehens ihres Unternehmens, bei welchem es sich nicht um einen Zeitraum von 25 Jahren oder ein Vielfaches hiervon handelt, anzukündigen:

"Wir feiern Geburtstag!"

und im Zusammenhang damit Geräte der Unterhaltungselektronik und/oder sonstige elektronische Geräte unter Preisangaben zu bewerben, wobei diese in Rotdruck gehalten sind und teilweise eine Gegenüberstellung des früheren Preises mit dem jetzt geforderten Preis erfolgt, insbesondere wenn dies geschieht wie aus der Anlage K 1 zur Klageschrift [= Werbebeilage vom 11. Oktober 1995] ersichtlich.

Die Beklagte hat geltend gemacht, sie habe mit ihrer Werbebeilage lediglich in zulässiger Weise Sonderangebote beworben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht dem Klageantrag stattgegeben, dabei allerdings in seinem Urteilsausspruch das Wort "insbesondere" entfallen lassen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Revision der Beklagten. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die Werbung der Beklagten in der Zeitungsbeilage als eine wettbewerbswidrige Ankündigung einer Sonderveranstaltung angesehen. Das angesprochene Publikum entnehme der Überschrift der Titelseite "28 Jahre. Wir feiern Geburtstag!" nicht lediglich eine Alterswerbung im Sinne eines Hinweises auf die besondere Leistungsfähigkeit und Solidität des Unternehmens, sondern die Ankündigung, daß mit einer einmaligen Verkaufsveranstaltung - gerade nur aus Anlaß des 28. Geburtstags - mit besonderen Angeboten gefeiert werde.

II. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Die beanstandete Werbung ist nicht als Ankündigung einer nach § 7 Abs. 1 UWG unzulässigen Sonderveranstaltung zu werten.

1. Einem Unternehmen ist es durch § 7 Abs. 1 UWG nicht verwehrt, auch außerhalb des 25-Jahres-Rhythmus des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu Werbezwecken auf ein Firmenjubiläum hinzuweisen und dies auch mit einer Werbung für die angebotenen Waren zu verbinden. Die Werbung mit besonderen Angeboten im Zusammenhang mit dem Hinweis auf ein Firmenjubiläum ruft beim Publikum allerdings häufig den Eindruck hervor, es handele sich um eine außergewöhnliche, auf die Zeit des Begehens des Jubiläums beschränkte Veranstaltung mit einem aus dem Rahmen des Üblichen fallenden, aus dem gegebenen Anlaß im Preis reduzierten Angebot (vgl. BGH, Urt. v. 10.7.1997 - I ZR 62/95, GRUR 1998, 483, 485 = WRP 1998, 296 - Der M.-Markt packt aus; Urt. v. 10.7.1997 - I ZR 201/95, GRUR 1998, 486 = WRP 1998, 301 - Geburtstags-Angebot, jeweils m.w.N.). Zwingend ist dies jedoch nicht. Es ist auch möglich, daß unter Hinweis auf die Wiederkehr des Jahrestages des Bestehens des Unternehmens lediglich Sonderangebote, wie sie im Geschäftsbetrieb des Unternehmens üblich sind, beworben werden (vgl. BGH, Urt. v. 14.11.1996 - I ZR 164/94, GRUR 1997, 476, 477 = WRP 1997, 439 - Geburtstagswerbung II).

Für die Beurteilung, ob bei einer Werbung mit dem "Geburtstag" des Unternehmens eine (unzulässige) Sonderveranstaltung angekündigt wird oder lediglich Sonderangebote gemacht werden, kommt es nach § 7 Abs. 1 UWG auf das Erscheinungsbild der Werbung insgesamt an. Eine Sonderveranstaltung ist maßgeblich dadurch gekennzeichnet, daß sie außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfindet. Sie muß sich deshalb aus der Sicht des Verkehrs von den Verkaufsformen absetzen, die sonst in der betreffenden Branche üblich sind. Auch wenn dies der Fall ist, kann bei Angeboten einzelner nach Güte oder Preis gekennzeichneter Waren gemäß § 7 Abs. 2 UWG nur dann eine unzulässige Sonderveranstaltung angenommen werden, wenn sich die Angebote auch nicht in den regelmäßigen Geschäftsbetrieb des werbenden Unternehmens einfügen, d.h. sich nicht nur von dem in der Branche Üblichen, sondern auch von den sonst üblichen Angeboten des werbenden Unternehmens abheben (vgl. BGH GRUR 1997, 476, 477 - Geburtstagswerbung II).

2. Nach dem für die revisionsrechtliche Beurteilung zugrundezulegenden Sachverhalt hat die Beklagte aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise keine unzulässige Sonderveranstaltung angekündigt, sondern lediglich in der Art und Weise, wie es bei ihr üblich ist, für Sonderangebote geworben. Die in einem roten Balken herausgestellte Werbeaussage "Wir feiern Geburtstag!" spricht allerdings, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, als solche dafür, daß mit besonderen Angeboten gefeiert werden soll, zumal andere Geburtstagsaktivitäten nicht angekündigt werden. Das Berufungsgericht hat jedoch nicht hinreichend beachtet, daß die Frage, ob eine unzulässige Sonderveranstaltung anzunehmen ist, nach der Gesamtheit der Umstände zu prüfen ist. Ebenso wie sonst ein Geburtstag gefeiert werden kann, ohne daß eine besondere, den Alltag unterbrechende Feier stattfindet, kann auch der "Geburtstag" eines Unternehmens ohne eine den üblichen Geschäftsverkehr unterbrechende Verkaufsveranstaltung gefeiert werden, etwa dadurch, daß das Ereignis zum Anlaß genommen wird, in der branchen- oder unternehmensüblichen Art Sonderangebote zu machen. So liegt der Fall hier.

Auf den "Geburtstag" des Unternehmens wird hier nur durch die Überschrift auf der Titelseite der Werbebeilage hingewiesen. Dem Eindruck, daß sonst nicht gewährte günstige Preise erwartet werden können, wirkt bereits der Umstand entgegen, daß der gefeierte Geburtstag als 28. Geburtstag keine Besonderheiten erkennen läßt. Vor allem aber kann der Verkehr dem weiteren Text der Werbebeilage nicht entnehmen, daß einmalige, unwiederholbare Angebote gemacht werden sollen. Die Werbebeilage unterscheidet sich - von der Überschrift auf der Titelseite abgesehen - nicht von den sonstigen, von der Beklagten regelmäßig verbreiteten Prospekten (von denen die Beklagte einige zu den Akten gereicht hat), in denen in gleicher Art und Weise für eine Vielzahl von Sonderangeboten geworben wird. Diese in erster Instanz bestrittene Tatsache ist im weiteren Verfahren unstreitig geworden, nachdem sie vom Landgericht in seinem klageabweisenden Urteil auch anhand der vorgelegten Prospekte der Beklagten festgestellt worden war. Der Kläger hat im Berufungsverfahren die Beurteilung des Landgerichts, daß sein Bestreiten insoweit ins Leere gehe, nicht angegriffen und ist den wiederholten entsprechenden Behauptungen der Beklagten nicht entgegengetreten. Der Eindruck einer Sonderveranstaltung wird auch nicht durch den Vermerk "Verkauf nur solange der Vorrat reicht" auf der letzten Seite der Werbebeilage erweckt, auf den die Revisionserwiderung hingewiesen hat. Ein solcher Vermerk ist dem Verkehr bei Sonderangeboten als üblicher Hinweis auf eine beschränkte Vorratshaltung bekannt.

III. Auf die Revision der Beklagten war das Berufungsurteil danach aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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