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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 15.05.2006
Aktenzeichen: II ZB 5/05
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 253 | |
ZPO § 519 Abs. 2 |
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS
vom 15. Mai 2006
in dem Rechtsbeschwerdeverfahren
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Mai 2006 durch die Richter Dr. Kurzwelly, Kraemer, Dr. Strohn, Caliebe und Dr. Reichart
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 27. Januar 2005 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung gegen die Beklagte zu 2 - F. Vertrieb und Service AG & Co. KG - verworfen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin erwarb von der F. GmbH eine Frankiermaschine. Nachdem sie beschlossen hatte, von der Möglichkeit des Freistempelns keinen Gebrauch mehr zu machen, schickte sie die Maschine zurück, damit die Stempelteile ausgebaut werden konnten. Als Empfänger der Sendung vermerkte die Klägerin "F. , T.weg 21-26, B. ". Der Eingang wurde bestätigt von der "F. Vertriebs & Service AG & Co. KG, T.weg 21-26, B. ", wie sich aus dem von der Klägerin als Anlage K 1 überreichten Schreiben ergibt.
Da die Maschine nicht zurückgegeben wurde, hat die Klägerin gegen die "F. Direkt Vertriebs GmbH" (Beklagte zu 1) Klage erhoben mit dem Antrag, diese zur Herausgabe der Maschine und - für den Fall der Nichtherausgabe binnen 14 Tagen - zur Zahlung von 1.682,18 € zu verurteilen. Die Beklagte zu 1 hat ihre Passivlegitimation bestritten. Daraufhin hat die Klägerin - unter Berufung auf die Anlage K 1 - ihre Klage auf die als "F. AG & Co. KG, T.weg 21-26, B. " bezeichnete Beklagte zu 2 erweitert. Auch diese Beklagte hat ihre Passivlegitimation bestritten. Daraufhin hat die Klägerin als Anlage K 7 eine Rechnung der "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG, T.weg 21-26, B. " über die Kosten der postalischen Abmeldung vorgelegt und dazu behauptet, diese Rechnung stamme - ebenso wie die Empfangsbestätigung Anlage K 1 - von der nunmehrigen weiteren Beklagten "F. AG & Co. KG". Das Amtsgericht hat mit einer - offenbar versehentlich nur an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten gerichteten - Verfügung darauf hingewiesen, dass nach dem bisherigen Vortrag der Klägerin nicht ersichtlich sei, wer genau verklagt werden solle.
In der mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht die Klägerin darauf hingewiesen, dass sowohl die Beklagte zu 1 als auch die Beklagte zu 2 hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs nicht die zutreffenden Vertragspartner sein dürften und dass sich aus der Anlage K 1 ergebe, dass mit der Stilllegung der Frankiermaschine die "F. Vertriebs und Service AG & Co. KG" beauftragt worden sei.
Das Amtsgericht hat die Klage mangels Passivlegitimation der Beklagten zu 1 und 2 abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin beantragt, die "Beklagte zu 2 (F. Vertriebs- und Service AG & Co. KG)" zur Herausgabe der Maschine und zur Zahlung zu verurteilen. Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin - soweit die Beklagte zu 2 betroffen ist - mit der Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet. Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin hinsichtlich der Beklagten zu 2 zu Unrecht als unzulässig verworfen. Die Berufung ist zulässig.
1. Noch zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Berufung nicht schon deshalb unzulässig ist, weil in der Berufungsschrift als Berufungsbeklagte die "F. GmbH" angegeben ist, also eine Gesellschaft, die bislang an dem Rechtsstreit noch nicht beteiligt war und insbesondere in dem Rubrum des angefochtenen Urteils nicht mit aufgeführt ist.
Allerdings muss gemäß § 519 Abs. 2 ZPO in der Berufungsschrift angegeben werden, gegen welches Urteil sich die Berufung richten soll. Dazu gehört die Angabe, von wem und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll. Diese Information muss sich aber nicht aus der Rechtsmittelschrift allein ergeben. Vielmehr können dafür auch die mit dem Schriftsatz eingereichten sonstigen Unterlagen herangezogen werden, insbesondere die beigefügte Abschrift des erstinstanzlichen Urteils. Lässt sich daraus innerhalb der Berufungsfrist für das Gericht und für den Gegner mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, für und gegen wen das Rechtsmittel eingelegt werden soll, reicht das aus (BGH, Urt. v. 6. Februar 1985 - I ZR 235/83, NJW 1985, 2651; Beschl. v. 31. März 1992 - VI ZB 7/92, VersR 1992, 761; Urt. v. 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832).
So liegt der Fall hier. Der Berufungsschrift der Klägerin war eine Abschrift des amtsgerichtlichen Urteils beigefügt. Daraus war zu ersehen, dass die Firma der Beklagten zu 1 "F. Direkt Vertriebs GmbH" lautete und nicht - wie in der Berufungsschrift angegeben - "F. GmbH". Zwar existiert auch eine Gesellschaft mit dem letztgenannten Namen - von dieser Gesellschaft hatte die Klägerin die Frankiermaschine gekauft. Dennoch konnte aus dem Gesamtzusammenhang der Berufungsschrift mit dem beigefügten Urteil nicht zweifelhaft sein, dass die Berufung nicht gegen diese, sondern gegen die in dem Urteil genannte GmbH geführt werden sollte.
2. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich die Berufung nicht nur gegen die "F. Direkt Vertriebs GmbH" (Beklagte zu 1), sondern auch gegen die Beklagte zu 2 - in dem angefochtenen Urteil als "F. AG & Co. KG" bezeichnet - richten sollte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind an die Bezeichnung des Rechtsmittelbeklagten keine strengen Anforderungen zu stellen. Bei - wie hier - mehreren obsiegenden Streitgenossen ist im Zweifel davon auszugehen, dass sich das Rechtsmittel gegen alle Streitgenossen richtet, es sei denn, dass die Rechtsmittelschrift - wie hier nicht - eine Beschränkung der Anfechtung erkennen lässt (BGH, Urt. v. 8. November 2001 - VII ZR 65/01, NJW 2002, 831, 832; v. 15. März 2005 - XI ZR 297/04, Urteilsumdruck S. 8).
3. Zutreffend ist auch noch die Annahme des Landgerichts, dass die Berufung nur zulässig ist, wenn sie sich gegen die Partei(en) richtet, die an dem erstinstanzlichen Verfahren beteiligt und dort - ganz oder teilweise - erfolgreich war(en). Diese Voraussetzung ist hier aber - anders als das Landgericht gemeint hat - bezüglich der Beklagten zu 2 erfüllt. Die Berufungsbegründung richtet sich gegen die "Beklagte zu 2 (F. Vertriebs und Service AG & Co. KG)", womit erkennbar die in der Rechnung Anlage K 7 genannte "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" gemeint war. Schon im ersten Rechtszug war diese Gesellschaft neben der "F. Direkt Vertriebs GmbH" (Beklagte zu 1) als weitere Beklagte beteiligt - und nicht die in dem Rubrum des amts- und landgerichtlichen Urteils als Beklagte zu 2 genannte "F. AG & Co. KG".
Allerdings hatte die Klägerin in dem Klageerweiterungsschriftsatz vom 26. Mai 2004 als neue Beklagte zu 2 die "F. AG & Co. KG" angegeben. Die Bezeichnung einer Partei ist aber als Teil einer Prozesshandlung auslegungsfähig (BGHZ 4, 328, 334). Entscheidend ist, welchen Sinn die Erklärung aus der Sicht des Gerichts und des Prozessgegners hat. Demgemäß ist bei einer dem Wortlaut nach unrichtigen Bezeichnung grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Prozesserklärung als Partei gemeint ist. Dabei können als Auslegungsmittel auch spätere Prozessvorgänge herangezogen werden (BGH, Urt. v. 26. Februar 1987 - VII ZR 58/86, WM 1987, 739, 740; v. 12. Oktober 1987 - II ZR 21/87, ZIP 1988, 571, 574; Beschl. v. 3. Februar 1999 - VIII ZB 35/98, ZIP 1999, 616, 617; zur Auslegung von Prozesshandlungen allgemein Urt. v. 2. Juli 2004 - V ZR 290/03, NJW-RR 2005, 371, 372).
Danach ist hier davon auszugehen, dass nicht die "F. AG & Co. KG", sondern die "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" mit der Klageerweiterung als neue Beklagte in den Prozess hineingezogen werden sollte. Die Klägerin hat sich in dem Klageerweiterungsschriftsatz auf die mit der Klageschrift als Anlage K 1 überreichte Empfangsbestätigung bezogen und deutlich gemacht, dass die darin genannte Gesellschaft die Frankiermaschine empfangen habe und deshalb nun auf Herausgabe (mit-)verklagt werden solle. Es heißt dort zwar:
"Richtig ist, dass die Bestätigung des Erhalts der Frankiermaschine nicht von der F. GmbH, sondern von der F. AG & Co. KG kam (Anlage K 1)."
Aus der Anlage K 1 ging aber klar hervor, dass der Absender dieses Schreibens nicht die "F. AG & Co. KG", sondern die "F. Vertriebs & Service AG & Co. KG" (richtig: "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG") war.
Diese Tatsache wird bestätigt durch den Schriftsatz der Klägerin vom 29. Juni 2004, mit dem die Rechnung über die postalische Abmeldung der Frankiermaschine als Anlage K 7 überreicht worden ist. Auch daraus ergibt sich als Absender die "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG", vertreten durch die "F. AG & Co." als Komplementärin. Da nichts dafür sprach, dass die Klägerin statt der Empfängerin der Frankiermaschine deren Komplementärin auf Herausgabe in Anspruch nehmen wollte, war für das Gericht und den Prozessgegner klar, dass nicht die Komplementärin, sondern die "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" als Beklagte zu 2 verklagt werden sollte. Dementsprechend war diesem Umstand, was der Senat nunmehr nachgeholt hat, durch eine einfache Rubrumsberichtigung Rechnung zu tragen.
Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob auch die "F. AG & Co. KG" als die Komplementärin der "F. Vertrieb und Service AG & Co. KG" gemäß §§ 128, 161 Abs. 2 HGB auf Herausgabe der Frankiermaschine haftet (vgl. BGHZ 73, 217, 221 f.; BGH, Urt. v. 1. April 1987 - VIII ZR 15/86, ZIP 1987, 842, 844).
III.
Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.682,18 € festgesetzt.
Ende der Entscheidung
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