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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.06.2004
Aktenzeichen: II ZR 121/02
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG


Vorschriften:

GmbHG § 5 Abs. 4
GmbHG § 56
AktG § 27 Abs. 2
a) Sacheinlagen können im GmbH-Recht - nicht anders als im Aktienrecht (vgl. § 27 Abs. 2 AktG) - nur Vermögensgegenstände sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist.

b) Obligatorische Nutzungsrechte haben jedenfalls dann einen im Sinne der Sacheinlagefähigkeit feststellbaren wirtschaftlichen Wert, wenn ihre Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit oder als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (vgl. BGHZ 144, 290). Der Zeitwert eines solchen Nutzungsrechts errechnet sich aus dem für die Dauer des Rechts kapitalisierten Nutzungswert.


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 121/02

Verkündet am: 14. Juni 2004

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 14. November 2001 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I, 3. Kammer für Handelssachen, vom 23. März 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger nimmt aufgrund einer vom Zentralfinanzamt M. am 29. April 1999 wegen einer Steuerforderung in Höhe von 259.185,61 DM gegen die E. B. GmbH (nachfolgend: Schuldnerin) erlassenen Pfändungs- und Einziehungsverfügung den Beklagten als deren Gesellschafter auf Einzahlung der Stammeinlage aus einer Kapitalerhöhung in Anspruch.

Die - im Frühjahr 1998 in die masselose Insolvenz geratene - Schuldnerin wurde im Jahre 1983 mit einem Stammkapital von 50.000,00 DM zu gleichen Teilen von dem Beklagten und seinem Bruder K. B. gegründet und in das Handelsregister des Amtsgerichts M. eingetragen; beide Gesellschafter waren seitdem zugleich alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer. Die Schuldnerin pachtete am 13. Februar 1986 das bebaute Grundstück P.straße 42 in M. von den Grundstückseigentümern zu einem - indexierten - monatlichen Pachtzins von 15.000,00 DM; der Vertrag hatte eine feste Laufzeit bis zum 31. Dezember 1996 und enthielt eine 10jährige Verlängerungsoption für die Pächterin zu gleichen Bedingungen. Auf dem ihm nicht gehörenden Grundstück hatte der Vater der beiden Gesellschafter zuvor auf seine Kosten eine Möbelverkaufshalle errichtet und alle daraus ableitbaren Ansprüche an seine Söhne abgetreten. Im Auftrag der Schuldnerin ermittelte das Ingenieurbüro F. mit Gutachten vom 18. Juli 1989 für das anteilige Nutzungsrecht an dieser Verkaufshalle ("Halle 2") auf der Grundlage des von ihm als günstig bezeichneten Pachtvertrages einen über den vereinbarten Pachtanteil hinaus erzielbaren Ertragswert von 600.000,00 DM und einen Verkehrswert von 625.000,00 DM. Durch Vereinbarung vom 7. August 1989 wurde der Pachtvertrag mit sofortiger Wirkung im Verhältnis zur Schuldnerin beendet und gleichzeitig zu denselben Bedingungen mit dem Beklagten abgeschlossen und fortgesetzt. Der Beklagte schloß seinerseits am 8. August 1989 mit der Schuldnerin einen Unterpachtvertrag über das Grundstück zu denselben Konditionen, zu denen er es von den Grundstückseigentümern gepachtet hatte.

Am 27. April 1990 beschlossen der Beklagte und sein Bruder, das Stammkapital der Schuldnerin von 50.000,00 auf 600.000,00 DM durch Ausgabe neuer Geschäftsanteile von je 275.000,00 DM zu erhöhen, die sie anteilig übernahmen. Dabei wurde u.a. folgendes bestimmt:

"Die Stammeinlage wird erbracht durch die Unterverpachtung gemäß Vertrag vom 8. August 1989. Kopien des Vertrages, einschließlich des Hauptpachtvertrages werden heute dem Notar übergeben und sind dieser Niederschrift als Beilage beigefügt. Die Sacheinlage bezieht sich jeweils auf die beiden Geschäftsanteile zu je 275.000,00 DM je in ihrem vollen Betrag."

Die Kapitalerhöhung wurde in das Handelsregister eingetragen.

Nachdem die Schuldnerin bereits Ende 1997 mit einem Räumungsverkauf ihr Geschäft aufgegeben hatte, wurde der Unterpachtvertrag zwischen ihr und dem Beklagten mit Wirkung zum 31. März 1998 aufgehoben; danach übernahm die C. Handels GmbH die Betriebsräume der Schuldnerin.

Das Landgericht hat die in Höhe der noch offenen Steuerforderung von 241.587,46 DM erhobene Klage wegen Verjährung abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht der Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich der Beklagte mit der Revision.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Landgerichts (§§ 564, 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).

I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dem Kläger stehe aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 29. April 1999 im Umfang der gegen die Schuldnerin noch bestehenden Steuerforderung ein - übergegangener - Anspruch gegen den Beklagten auf Einzahlung der noch nicht erbrachten anteiligen Stammeinlage aus der Kapitalerhöhung vom 27. April 1990 zu, weil die als Sacheinlage übernommene Einbringung des mit der Schuldnerin geschlossenen Unterpachtvertrages vom 8. August 1989 als völlig wertlose und daher zur Tilgung der Einlageschuld ungeeignete Scheineinlage anzusehen sei. Eine Scheineinlage liege auch dann vor, wenn das durch den Unterpachtvertrag vermittelte Nutzungsrecht nach dem vom Beklagten vorgelegten Gutachten des Ingenieurbüros F. einen den Wert des vereinbarten Pachtzinses um 600.000,00 DM übersteigenden wirtschaftlichen Wert gehabt haben sollte. Denn der Beklagte habe der Schuldnerin durch den Aufhebungsvertrag vom 7. August 1989 den bereits in ihrem Vermögen befindlichen Nutzungswert genommen und ihn einen Tag später durch den Abschluß des Unterpachtvertrages wieder zugeführt. Auch wenn er dabei im Einverständnis mit seinem Mitgesellschafter gehandelt habe, stelle die "Einverleibung" dieses Vermögenswertes in das eigene Vermögen ohne adäquate Gegenleistung eine Treuepflichtverletzung gegenüber der Schuldnerin dar. Daher sei bei der gebotenen Gesamtbewertung der Vorgänge das Vermögen der Schuldnerin wertgleich geblieben. Bei der hier anzunehmenden Scheineinlage bestehe nicht lediglich ein - nach § 9 Abs. 2 GmbHG verjährter - Differenzhaftungsanspruch, sondern ein unverjährter originärer Bareinlageanspruch gegen den Beklagten.

Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II. Die anläßlich der Kapitalerhöhung vom 27. April 1990 getroffene Sacheinlagevereinbarung ist nicht aufgrund von Mängeln, die aus der Art des Einlagegegenstandes oder ihres Vollzuges abzuleiten wären, nichtig mit der Rechtsfolge, daß die Schuldnerin gegen den Beklagten noch einen - unverjährten - Anspruch auf Erfüllung einer "wiederaufgelebten" primären Bareinlageverbindlichkeit hätte.

Das vom Beklagten im Zuge der Kapitalerhöhung in Form des Unterpachtvertrages vom 8. August 1989 in die GmbH eingebrachte obligatorische Nutzungsrecht an dem Betriebsgrundstück P.straße 42 in M. war jedenfalls bei einem - vom Berufungsgericht unterstellten und daher für die Revisionsinstanz zugrunde zu legenden - marktüblichen Wert von 600.000,00 DM über dem kapitalisierten vereinbarten Pachtzins sacheinlagefähig und stellte entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch keine Scheineinlage dar.

1. Nach § 27 Abs. 2 AktG können Sacheinlagen nur Vermögensgegenstände sein, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist; da es sich um eine Kodifizierung der im deutschen Kapitalgesellschaftsrecht allgemein anerkannten Grundsätze über Sacheinlagen handelt, ist diese Inhaltsbestimmung entsprechend auf das GmbH-Recht übertragbar (h.M.: vgl. Hachenburg/Ulmer, GmbHG 8. Aufl. § 5 Rdn. 30 m.w.N.; vgl. auch amtl. Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 8/1678, S. 12). Obligatorische Nutzungsrechte haben - wie der Senat bereits für das Aktienrecht entschieden hat - jedenfalls dann einen im Sinne der Einlagefähigkeit feststellbaren wirtschaftlichen Wert, wenn ihre Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit oder als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (vgl. BGHZ 144, 290, 294 m.w.N. - zu § 27 Abs. 2 AktG); der Zeitwert eines solchen Nutzungsrechts errechnet sich aus dem für die Dauer des Rechts kapitalisierten Nutzungswert.

Nach diesen auch für das GmbH-Recht gültigen Maßstäben kann die Sacheinlagefähigkeit des im vorliegenden Fall der Schuldnerin vom Beklagten eingeräumten obligatorischen Nutzungsrechts in Gestalt des Unterpachtvertrages an dem Betriebsgrundstück nicht zweifelhaft sein. Zwar besteht hier die Besonderheit, daß die im Unterpachtvertrag vereinbarte Gegenleistung in Form des laufenden Pachtzinses von 15.000,00 DM monatlich nicht vom Beklagten als Einleger, sondern (weiterhin) von der Schuldnerin aufzubringen war. Gleichwohl verblieb für die Gesellschaft ein wirtschaftlicher Vorteil in dem Umfang, in dem der kapitalisierte marktübliche Nutzungswert den auf Basis des vereinbarten Pachtzinses ermittelten konkreten Pachtwert überstieg. Dieser - im Gutachten F. mit 600.000,00 DM bewertete - wirtschaftliche Mehrwert war sacheinlagefähig und sollte bei objektiver Auslegung der Sacheinlagevereinbarung vom 27. April 1990 auch durch die "aufschlagfreie" Unterverpachtung als Sacheinlage in die Schuldnerin eingebracht werden (vgl. zu einer derartigen Konstellation allgemein auch Röhricht in Großkomm.z.AktG 4. Aufl. § 27 Rdn. 53, 57).

2. Durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet die Annahme des Berufungsgerichts, bei der Einbringung des Unterpachtvertrages handele es sich um eine (unwirksame) Scheineinlage, weil der Beklagte zunächst infolge der Kündigung des ursprünglichen Pachtvertrages mit den Grundstückseigentümern das Nutzungsrecht aus dem Gesellschaftsvermögen entnommen habe, um es sogleich am folgenden Tage - wertgleich - wiedereinzulegen. Zwar ist nach der rechtlichen Umstrukturierung des Pachtverhältnisses der effektiv von der Schuldnerin aufzuwendende Pachtzins mit 15.000,00 DM monatlich wegen des Gleichklangs der Nutzungsverträge in den unveränderten Vertragsregelungen im wirtschaftlichen Ergebnis gleich geblieben. Gleichwohl handelt es sich im vorliegenden Fall nicht - was dem Berufungsgericht vorgeschwebt haben mag - um eine dem unzulässigen Hin- und Herzahlen oder dem Ausschüttungs-Rückhol-Verfahren bei der Bareinlage vergleichbaren verdeckten Umgehungsvorgang der Einlagenaufbringung (vgl. dazu z.B. BGHZ 113, 335; 135, 381). Der Beklagte und sein Bruder haben vielmehr den gebotenen Weg der Sachkapitalerhöhung gewählt, bei dem nicht nur die gesamte Umstrukturierung des Pachtverhältnisses durch die Inbezugnahme und Beifügung auch des mit dem Änderungszusatz versehenen Hauptpachtvertrages offengelegt, sondern auch dem Registergericht im Eintragungsverfahren eine Werthaltigkeitskontrolle ermöglicht wurde (vgl. §§ 56, 57 a, 9 c GmbHG); daß hier offenbar das Registergericht keinen Anlaß zu einer besonderen Werthaltigkeitskontrolle gesehen hat, ist dem Beklagten nicht anzulasten. Der im Einvernehmen mit seinem Bruder handelnde Beklagte war auch - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht verpflichtet, der Beklagten das zunächst unmittelbar von den Grundstückseigentümern abgeleitete Nutzungsrecht an dem Grundstück in vollem Umfang zu den bisherigen, deutlich unter dem marktüblichen Wert liegenden Bedingungen zu belassen. Vielmehr blieb es den Gesellschaftern unbenommen, nach freiem kaufmännischen Ermessen zu ihren Gunsten über solche Vermögensteile der Schuldnerin zu verfügen, die nicht den Bindungen des § 30 Abs. 1 GmbHG (vgl. BGHZ 76, 327, 333) oder weitergehend dem Verbot des existenzvernichtenden Eingriffs unterlagen. So lag es hier bezüglich des den vereinbarten Pachtwert um 600.000,00 DM übersteigenden Mehrwertes des Nutzungsrechts. Diesen Mehrwert hat sich der Beklagte mit Zustimmung des Mitgesellschafters durch die Neukonstruktion der Pachtverhältnisse in zulässiger Weise "einverleibt" und ihn dann im Wege der aufschlagfreien Unterverpachtung aus seinem Vermögen der Schuldnerin wieder zugeführt, um ihn auf diesem Wege durch die spätere Einbringung als Sacheinlage bei der Kapitalerhöhung zu seinen und seines Bruders Gunsten nutzbar zu machen. Daß dabei die durch die Kapitalerhaltungsvorschriften und das Verbot des existenzvernichtenden Eingriffs gezogenen Grenzen nicht eingehalten worden wären, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich und scheidet auch deshalb aus, weil der Gesamtvorgang im Ergebnis nicht darauf angelegt war, der Gesellschaft einen Vermögenswert zu entziehen, sondern es lediglich darum ging, ihn als Bestandteil ihres Stammkapitals zu binden.

III. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen, die der Kläger mit der Revisionserwiderung im Wege der Gegenrüge geltend macht, als richtig dar (§ 563 ZPO a.F.).

1. Die am 27. April 1990 beschlossene Stammkapitalerhöhung gegen Sacheinlagen ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht wegen Fehlens eines Sacheinlageberichts unwirksam.

Ob bei der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen überhaupt ein Sachkapitalerhöhungsbericht im Rahmen des Eintragungsverfahrens vorgelegt werden muß, erscheint zweifelhaft, weil das Gesetz einen solchen mangels Verweisung auf § 5 Abs. 4 GmbHG in den einschlägigen Vorschriften der § 56 ff. GmbHG nicht verlangt und ein gesetzgeberisches Redaktionsversehen fernliegt (h.M., vgl. Hachenburg/Ulmer aaO § 56 Rdn. 49; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 17. Aufl. § 56 Rdn. 11 mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsstand). Letztlich kann dies jedoch offenbleiben. Denn selbst wenn eine solche Pflicht zur Vorlage eines Sachkapitalerhöhungsberichts grundsätzlich zu bejahen wäre, so würde dessen Fehlen nach erfolgter Eintragung keine materiellrechtlichen Folgen in Bezug auf die Sacheinlagevereinbarung oder gar die gesamte Kapitalerhöhung zeitigen, insbesondere nicht zu deren Unwirksamkeit führen (vgl. Fastrich in Baumbach/Hueck aaO § 5 Rdn. 54; Hachenburg/Ulmer aaO § 5 Rdn. 142).

2. Der Wirksamkeit der am 27. April 1990 beschlossenen Einbringung des Nutzungsrechts als Sacheinlage steht auch nicht entgegen, daß der Abschluß des Unterpachtvertrages bereits am 8. August 1989 - also geraume Zeit vor dem Kapitalerhöhungsbeschluß - erfolgte. Wie der Senat schon entschieden hat, können Gegenstände und Sachwerte, deren Besitz einer GmbH bereits vor dem Kapitalerhöhungsbeschluß überlassen worden ist, jedenfalls dann als Sacheinlage mit schuldtilgender Wirkung eingebracht werden, wenn sie zumindest im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses noch gegenständlich im Gesellschaftsvermögen vorhanden sind (BGHZ 145, 150, 154 im Anschluß an BGHZ 51, 157; vgl. auch für die Bareinlage: Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 210/01, ZIP 2004, 849 - z.V.b. in BGHZ). So lag es hier. Das bereits im August 1989 durch Abschluß des Unterpachtvertrages der Schuldnerin vom Beklagten zugewendete obligatorische Nutzungsrecht bestand im Zeitpunkt des Kapitalerhöhungsbeschlusses fort und konnte daher - mangels vorheriger Leistungsbestimmung - noch zum Gegenstand der Sacheinlage im Umfang des Mehrwertes ("aufschlagfreie" Unterverpachtung) gewidmet werden (vgl. BGHZ 51, 157, 162; Scholz/Priester, GmbHG 9. Aufl. § 56 a Rdn. 33; Roth/Altmeppen, GmbHG 4. Aufl. § 56 a Rdn. 26). Soweit aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Abschluß des Unterpachtvertrages und Kapitalerhöhungsbeschluß eine allenfalls geringfügige Minderung des eingebrachten Mehrwerts des Nutzungsrechts eingetreten sein sollte, würde dies - entgegen der Ansicht des Klägers - die Tilgungswirkung der Voreinbringung nicht vollständig beseitigen, sondern allenfalls in Höhe des - angesichts der langen Gesamtlaufzeit geringen - Fehlbetrages zu einer (verjährten) Differenzhaftung des Beklagten führen.

IV. Aufgrund der rechtsfehlerhaften Bewertung der vom Beklagten erbrachten Sacheinlage durch das Berufungsgericht unterliegt dessen Urteil der Aufhebung (§ 564 Abs. 1 ZPO a.F.). Eine Zurückverweisung kommt nicht in Betracht, weil der Senat wegen Endentscheidungsreife in bezug auf den festgestellten Sachverhalt in der Sache selbst zu entscheiden hat (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO a.F.).

Danach steht bereits jetzt fest, daß dem Kläger - selbst unter Berücksichtigung der für ihn günstigsten Sachverhaltskonstellation - aus der Kapitalerhöhung vom 27. April 1990 ein von der Schuldnerin abgeleiteter unverjährter primärer Bareinlageanspruch wegen Unwirksamkeit der Sacheinlagevereinbarung gegen den Beklagten nicht zusteht; ein allenfalls in Betracht kommender Differenzhaftungsanspruch der Schuldnerin gegen den Beklagten ist verjährt (§§ 56 Abs. 2, 9 Abs. 2 GmbHG).

1. Zwar hat das Berufungsgericht den vom Beklagten vorgetragenen Mehrwert des eingebrachten obligatorischen Nutzungsrechts von 600.000,00 DM entsprechend dem Privatgutachten F. nur zu dessen Gunsten unterstellt. Gleichwohl bedarf es vor einer - die Klage abweisenden - Endentscheidung keiner weiteren tatrichterlichen Aufklärung über den genauen Wert dieser Sacheinlage. Selbst wenn man - nunmehr zugunsten des Klägers - unterstellt, daß das Nutzungsrecht hinsichtlich der Halle 2 im Gutachten F. kraß überbewertet wurde, so hätte eine solche nachträglich offenbar gewordene Überbewertung der Sacheinlage nicht zur Unwirksamkeit der Sacheinlageverbindlichkeit, sondern nur zu einer - allerdings verjährten - Differenzhaftung des Beklagten nach § 9 GmbHG führen können (vgl. BT-Drucks. 8/1347, S. 35; vgl. auch inzidenter: Sen.Urt. v. 12. Oktober 1999 - II ZR 164/97, ZIP 1999, 84).

2. Einer Endentscheidung des Senats entgegenstehendes relevantes neues Tatsachenvorbringen ist auch nicht insoweit zu erwarten, als es um die Sacheinlagefähigkeit des eingebrachten Nutzungsrechts selbst geht. Sogar eine gravierende gutachterliche Fehlbewertung des Nutzungsrechts im Hinblick auf die preisbildenden Faktoren - wie sie vorstehend entsprechend dem Vortrag des Klägers zu dessen Gunsten unterstellt wurde - ändert an der grundsätzlichen Feststellbarkeit des wirtschaftlichen Wertes i.S. der Sacheinlagefähigkeit nichts, da nach den nicht angegriffenen Tatsachenfeststellungen des Berufungsgerichts zu den Pachtbedingungen die Nutzungsdauer in Form einer festen Laufzeit bzw. als konkret bestimmte Mindestdauer feststeht (BGHZ 144, 290, 294). Allenfalls könnten Bedenken gegen die Einlagefähigkeit des Nutzungsrechts bestehen, wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß dieses Recht auf der Grundlage des Unterpachtvertrages trotz dessen allgemeiner langer Laufzeit der Schuldnerin nur für die Dauer der Gesellschaftszugehörigkeit des Beklagten überlassen sein sollte (vgl. zu einer solchen Situation: Brandes, ZGR 1989, 244, 247; Bork, ZGR 1990, 205, 212 ff.). Da indessen dem Beklagten nach dem Gesellschaftsvertrag kein jederzeitiges, sondern nur ein mit einer Frist von neun Monaten zum Ablauf eines Geschäftsjahres auszuübendes ordentliches Kündigungsrecht zustand, konnte die Mitgliedschaft grundsätzlich nicht vor Ablauf dieser Mindestfrist gelöst werden. Auch in diesem Fall wäre aber die Sacheinlagefähigkeit des Nutzungsrechts zu bejahen, weil die Mindestdauer der Mitgliedschaft zugleich als Mindestdauer der Überlassung des Nutzungsrechts zu werten ist und insofern ein wirtschaftlicher Wert - wenngleich unter erheblichen Risikoabschlägen - grundsätzlich feststellbar ist (vgl. dazu: Röhricht aaO Rdn. 65; Bork aaO S. 234). Selbst unter diesen besonderen Umständen käme also eine Unwirksamkeit der Sacheinlagevereinbarung nicht in Betracht; vielmehr bewendete es nach der unbeanstandet erfolgten Eintragung der Kapitalerhöhung bei einem Differenzhaftungsanspruch gemäß § 9 Abs. 1 GmbHG, der hier jedoch in jedem Fall verjährt ist (§ 9 Abs. 2 GmbHG).

Ende der Entscheidung

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