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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.02.2006
Aktenzeichen: II ZR 200/04
Rechtsgebiete: GmbHG, AktG
Vorschriften:
GmbHG § 51 Abs. 1 | |
AktG § 241 Nr. 1 |
Entscheidung wurde am 22.05.2006 korrigiert: unter II. 1. muß es im 2. Absatz statt "§ 51 Abs. 3 GmbHG" richtig "§ 51 Abs. 4 GmbHG" lauten
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 13. Februar 2006
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Goette und die Richter Kraemer, Prof. Dr. Gehrlein, Dr. Strohn und Caliebe
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 21. Juli 2004 aufgehoben.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neubrandenburg vom 15. August 2002 teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
1. Der Gesellschafterbeschluss der C. Gesellschaft mbH vom 26. November 2001 wird für nichtig erklärt.
2. Die Gesellschafterbeschlüsse der C. Gesellschaft mbH vom 27. November, 29. November und 3. Dezember 2001 sind nichtig.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die C. Gesellschaft mbH (künftig: Gemeinschuldnerin), über deren Vermögen im Laufe des Berufungsverfahrens das Insolvenzverfahren eröffnet und die Beklagte zur Insolvenzverwalterin bestellt wurde, ist eine zweigliedrige Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Gesellschafter und jeweils alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren der Kläger und Herr J. D.. Beide hielten Geschäftsanteile von je 50 %.
Der Gesellschaftsvertrag der Gemeinschuldnerin enthält in § 7 Nr. 2 hinsichtlich der Durchführung der Gesellschafterversammlung folgende Regelung:
"Die Gesellschaft ist beschlussfähig, wenn nach ordnungsgemäßer Ladung oder Verzicht hierauf mehr als 3/4 der Stimmen repräsentiert sind."
Ende des Jahres 2001 beabsichtigte der Kläger, seinen Geschäftsanteil zu veräußern. Bei einer Besprechung am 26. November 2001 zwischen dem Kläger, Herrn D. und dem potentiellen Erwerber wurde keine Einigkeit erzielt. Im Anschluss an die Besprechung wollte Herr D. eine Gesellschafterversammlung durchführen. Der Kläger verweigerte seine Teilnahme. Herr D. führte gleichwohl in Abwesenheit des Klägers eine Gesellschafterversammlung durch und beschloss die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer.
Am Abend des 26. November 2001 um 20.37 Uhr übersandte Herr D. dem Kläger eine E-Mail, mit der er diesen auf den 27. November 2001 10.00 Uhr, zu einer Gesellschafterversammlung einlud mit dem Tagesordnungspunkt "Abberufung des Geschäftsführers ... (Kläger)". Der Kläger behauptet, von dieser E-Mail erst am 29. November 2001 Kenntnis erlangt zu haben. Er nahm dementsprechend an der Versammlung, auf der Herr D. die Abberufung des Klägers aus wichtigem Grund beschloss, nicht teil.
Am 29. November und 3. Dezember 2001 führte Herr D. weitere Gesellschafterversammlungen durch, bei denen er beschloss, den Geschäftsanteil des Klägers einzuziehen.
Das Landgericht hat den Beschluss der Gemeinschuldnerin vom 26. November 2001 für nichtig erklärt und die Nichtigkeit der Beschlüsse vom 29. November und 3. Dezember 2001 festgestellt. Den Beschluss vom 27. November 2001 über die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer aus wichtigem Grund hat es für wirksam erachtet. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Hiergegen wendet er sich mit seiner vom Senat zugelassenen Revision.
Entscheidungsgründe:
Die Revision des Klägers ist begründet und führt unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur teilweisen Abänderung des landgerichtlichen Urteils und zur Feststellung der Nichtigkeit des Beschlusses vom 27. November 2001.
I. Das Berufungsgericht hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - ausgeführt: Die Ladung vom 26. November 2001 weise keinen zur Nichtigkeit führenden Ladungsmangel auf. Bei der Ladung sei lediglich die Einhaltung der Ladungsfrist gemäß § 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG missachtet worden, was den Kläger nur zur Anfechtung des Beschlusses berechtige. Der Beschluss beruhe jedoch nicht auf dem formalen Einberufungsmangel. Es komme bei vernünftiger Beurteilung unter keinen Umständen in Betracht, dass der Kläger als der von dem Mangel betroffene Gesellschafter das Ergebnis des Beschlusses hätte beeinflussen können. Mangels Kausalität des Mangels für die Beschlussfassung sei die Anfechtungsklage unbegründet.
II. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Der in der Gesellschafterversammlung vom 27. November 2001 von Herrn D. gefasste Abberufungsbeschluss ist analog § 241 Nr. 1 AktG, der im GmbH-Gesetz entsprechend anwendbar ist (BGHZ 36, 207, 210 f.; BGHZ 100, 264, 265), nicht nur anfechtbar, sondern mit Rücksicht auf die Vielzahl und das Gewicht der Einberufungsmängel, die einer Nichtladung des Klägers gleichkommen, nichtig. Die Nichtladung eines Gesellschafters ist ein Einberufungsmangel, der nach der vom Schrifttum geteilten gefestigten Rechtsprechung des Senats zur Nichtigkeit der in der Versammlung gefassten Gesellschafterbeschlüsse führt (BGHZ 36, 207, 211; Sen.Urt. v. 24. Juni 1996 - II ZR 56/95, GmbHR 1997, 165 f.; v. 20. September 2004 - II ZR 334/02, ZIP 2004, 2186, 2189; Roth in Roth/Altmeppen, GmbHG 5. Aufl. § 47 Rdn. 102; Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG 18. Aufl. § 51 Rdn. 28; Hachenburg/Raiser, GmbHG 8. Aufl. Anh. § 47 Rdn. 37; Koppensteiner in Rowedder/Schmidt-Leithoff, GmbHG 4. Aufl. § 47 Rdn. 96; Lutter/Hommelhoff, GmbHG 16. Aufl. § 51 Rdn. 15; Scholz/K. Schmidt, GmbHG 9. Aufl. § 51 Rdn. 28).
1. Die Ladung des Klägers am Vorabend des 27. November 2001 um 20.37 Uhr per E-Mail ohne Unterschrift erfüllt nicht die gesetzlichen Mindestanforderungen, die an die ordnungsgemäße Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu stellen sind.
Mangels abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag der Gemeinschuldnerin, der in § 7 Nr. 2 nur die "ordnungsgemäße" Ladung voraussetzt und damit auf die gesetzlichen Vorschriften (§ 51 GmbHG) verweist, hatte die Ladung des Klägers durch eingeschriebenen, unterschriebenen Brief (Sen.Urt. v. 17. Oktober 1988 - II ZR 18/88, ZIP 1989, 634, 636) zu erfolgen (§ 51 Abs. 1 Satz 1 GmbHG), war mit einer Frist von einer Woche zu bewirken (§ 51 Abs. 1 Satz 2 GmbHG; BGHZ 100, 264, 265 ff.) und die Tagesordnung musste dem Kläger gemäß § 51 Abs. 4 GmbHG - ebenfalls durch eingeschriebenen Brief - mindestens drei Tage vor der Gesellschafterversammlung mitgeteilt werden.
2. Das Berufungsgericht verkennt die Bedeutung des Partizipationsinteresses des Klägers, wenn es diesen Einberufungsmangel als einen nur zur Anfechtung berechtigenden Ladungsmangel wertet, dem es zudem fehlerhaft die Kausalität für die Beschlussfassung vom 27. November 2001 abspricht.
Die Ladung des Gesellschafters zur Gesellschafterversammlung dient der Sicherung eines für jeden Gesellschafter unverzichtbaren Gesellschafterrechts, seines Teilnahmerechts an der Gesellschafterversammlung und der damit verbundenen Einflussmöglichkeit auf die Willensbildung der Gesellschaft (Sen.Urt. v. 12. Juli 1971 - II ZR 127/69, WM 1971, 1150, 1151). Das Teilnahmerecht geht über das Recht, an der Abstimmung der Gesellschaft mitzuwirken, hinaus und ist auch dann unentziehbar und deshalb zu gewährleisten, wenn - wie hier - der Gesellschafter in der Versammlung nicht stimmberechtigt ist (Sen.Urt. v. 12. Juli 1971 - II ZR 127/69, WM 1971, 1150, 1151; v. 28. Januar 1985 - II ZR 79/84, WM 1985, 567, 568). Erschwert eine Ladung dem Gesellschafter seine Teilnahme in einer Weise, die der Verhinderung seiner Teilnahme gleichkommt, wird ihm die Ausübung dieses unverzichtbaren Gesellschafterrechts ebenso entzogen wie im Fall der Nichtladung.
So liegt der Fall hier. Selbst wenn der Kläger, was er bestreitet, die E-Mail noch am Abend des 26. November 2001 zur Kenntnis genommen hätte, war ihm eine sachgerechte Ausübung seines Teilnahmerechts in einer seiner Nichtladung gleichkommenden Weise unmöglich.
3. Gleichgültig ist, ob der Beschluss auch ohne den nichtigkeitsbegründenden Einberufungsmangel zustande gekommen wäre (RGZ 92, 409, 411 f.; BGHZ 11, 231, 239), so dass es selbst vom Standpunkt des Berufungsgerichts, der Beschluss sei lediglich anfechtbar, auf die der Sache nach verfehlten Kausalitätserwägungen (s. hierzu BGHZ 160, 385, 391 f.) nicht ankommt.
III. Da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden und auf die Revision des Klägers die Nichtigkeit des Abberufungsbeschlusses vom 27. November 2001 feststellen (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Ende der Entscheidung
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