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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.02.2000
Aktenzeichen: II ZR 218/98
Rechtsgebiete: BGB
Vorschriften:
BGB § 626 |
Die fristlose Kündigung des Dienstverhältnisses eines GmbH-Geschäftsführers hat regelmäßig eine Abmahnung nicht zur Voraussetzung.
BGH, Urteil vom 14. Februar 2000 - II ZR 218/98 - OLG Köln LG Bonn
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 14. Februar 2000
Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly sowie die Richterin Münke
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 25. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 19. Juni 1998 aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn vom 6. November 1997 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war auf Grund eines auf zwölf Monate befristeten Anstellungsvertrages vom 20. Dezember 1995 seit dem 1. April 1996 als Geschäftsführer im Bereich Vertrieb/Marketing bei der Beklagten tätig. Nach kurzer Zeit kam es zwischen ihm und dem Alleingesellschafter der Beklagten zu Spannungen und Auseinandersetzungen. Der Alleingesellschafter der Beklagten erklärte dem Kläger am 25. Juli 1996 mündlich die fristlose Kündigung seines Dienstvertrages sowie seine Abberufung als Geschäftsführer und wiederholte diese Erklärung am 29. Juli 1996 in schriftlicher Form. Der Kläger hält die fristlose Kündigung des Anstellungsverhältnisses für unwirksam. Er hat im Urkundenprozeß Zahlung seines Gehalts für die Monate August bis Dezember 1996 in Höhe von 165.512,50 DM verlangt und ein seinem Antrag stattgebendes Vorbehaltsurteil erstritten. Im Nachverfahren hat das Landgericht Beweis erhoben und unter Aufhebung des Vorbehaltsurteils die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers führte zur Abänderung dieser Entscheidung und Aufrechterhaltung des Vorbehaltsurteils unter Wegfall des Vorbehalts. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihr Klagabweisungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die fristlose Kündigung des Anstellungsvertrages unwirksam. Der Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe sich bei unterschiedlichen Gelegenheiten und verschiedenen Personen gegenüber negativ über ihren Alleingesellschafter oder auch sie selbst geäußert und Vorstellungsgespräche in unangemessener Weise geführt, sei durch die Beweisaufnahme bestätigt worden. Er rechtfertige aber bei Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles und Abwägung der Interessen beider Parteien die sofortige Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht. Der Beklagten wäre es zumutbar gewesen, den Kläger zunächst zur Rede zu stellen und ihn aufzufordern, sein Verhalten zu unterlassen. Zumindest wäre eine Abmahnung geboten gewesen.
II. Das hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Die fristlose Kündigung eines Dienstverhältnisses ist gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann, § 626 Abs. 1 BGB. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger gegenüber Angestellten der Beklagten deren Alleingesellschafter als "Wurzel allen Übels" bezeichnet und ihn einen "ganz einfachen Mann, nicht besonders gebildet" genannt, gegenüber Bewerberinnen um einen Arbeitsplatz bei der Beklagten den Alleingesellschafter als Choleriker oder auch als schwierigen Menschen beschrieben sowie einer von ihnen erklärt, die Beklagte und ihr Alleingesellschafter hätten einen schlechten Ruf, und ihr geraten, sie solle über die Beklagte Erkundigungen einziehen, um ihr bei dem nächsten Gespräch mit unangemessenen Worten mitzuteilen, daß sie für die Stelle, für die sie sich beworben habe, ungeeignet sei.
Dieses Verhalten des Klägers rechtfertigt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei der gebotenen umfassenden Würdigung der Gesamtumstände die fristlose Kündigung seines Anstellungsverhältnisses. Das Berufungsgericht hat im wesentlichen darauf abgestellt, daß es nicht um Verfehlungen im Leistungsbereich gehe, das Verhalten des Klägers kaum eine Wirkung nach außen gehabt habe und auch innerbetrieblich ohne weitere Auswirkungen geblieben sei. Damit hat es erhebliche Aspekte außer Betracht gelassen: Der Kläger stand aufgrund seiner leitenden, gut dotierten Position in einem besonderen Vertrauensverhältnis zur Beklagten und ihrem Alleingesellschafter, die festgestellten Äußerungen fielen, als er erst kurze Zeit für die Beklagte tätig war. Der Kläger erging sich als Vorgesetzter nach nur kurzer Firmenzugehörigkeit Mitarbeitern und Bewerbern gegenüber in Äußerungen, die seiner abfälligen Meinung über die Beklagte und die Person ihres Alleingesellschafters Ausdruck verliehen. Sein Verhalten war illoyal und geeignet, den Alleingesellschafter der Beklagten jegliches Vertrauen in eine gute, reibungslose, sachorientierte und für das Unternehmen positive Zusammenarbeit verlieren zu lassen. Die Bemerkungen des Klägers geben zwar, wie das Berufungsgericht ausführt, persönliche Wertungen wieder. Das ändert aber nichts daran, daß sie unangemessen und ehrverletzend waren und ohne jede sachliche Veranlassung erfolgten.
Unter den gegebenen Umständen war der Beklagten eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu dessen vereinbarter Beendigung am 31. März 1997 entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht zuzumuten. Das Berufungsgericht stellt rechtsfehlerhaft darauf ab, ob die Geschäftsinteressen der Beklagten durch das Verhalten des Klägers gefährdet wurden oder ihr sogar ein Schaden drohte. Das ist hier ebenso wenig entscheidend, wie die Überlegung, daß der Beklagten aus ihrem eigenen wirtschaftlichen Interesse daran gelegen sein mußte, sich die Dienste des Klägers zu erhalten. Denn da die Beklagte nur einen Gesellschafter hat, kommt es maßgeblich darauf an, ob dieser für eine weitere Zusammenarbeit noch eine Basis sehen mußte. Das ist nach dem Vorstehenden nicht der Fall.
Eine Abmahnung des Klägers war nicht geboten. Das Institut der Abmahnung ist im Arbeitsrecht im Hinblick auf die soziale Schutzbedürftigkeit abhängig Beschäftigter entwickelt worden. Dieser Schutzgesichtspunkt kann bei Leitungsorganen von Kapitalgesellschaften nicht ausschlaggebend sein. Sie kennen regelmäßig die ihnen obliegenden Pflichten und sind sich über die Tragweite etwaiger Pflichtverletzungen auch ohne besondere Hinweise und Ermahnungen im klaren. Soweit Pflichtenverstöße so gravierend sind, daß sie - wie hier - zur Zerstörung des Vertrauensverhältnisses zu den Gesellschaftern oder anderen Organen der Gesellschaft geführt haben, kommt eine Abmahnung ohnehin nicht in Betracht (vgl. schon Senatsurteil vom 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, WM 1998, 1779, 1780).
III. Da es weiterer tatsächlicher Feststellungen nicht bedarf, kann der Senat die Frage der Zumutbarkeit der Fortsetzung des Dienstverhältnisses in Übereinstimmung mit dem erstinstanzlichen Urteil selbst entscheiden (Senatsurteil vom 26. Juni 1995 - II ZR 122/94, ZIP 1993, 1331, 1334).
Ende der Entscheidung
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