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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 12.01.1998
Aktenzeichen: II ZR 23/97
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 2205
BGB § 2212
BGB § 2213
BGB §§ 2205, 2212, 2213

Das Prozeßführungsrecht des Testamentsvollstreckers erstreckt sich nicht auf Rechtsstreitigkeiten über den Kreis der Gesellschafter, wenn der Anteil an einer Personengesellschaft zum Nachlaß gehört.

BGH, Beschl. v. 12. Januar 1998 - II ZR 23/97 - OLG Celle LG Verden


BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

II ZR 23/97

vom 12. Januar 1998

in dem Rechtsstreit

Der II Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 12. Januar 1998 durch den Vorsitzenden Richter Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kapsa und Dr. Kurzwelly beschlossen:

Die von den Testamentsvollstreckern des verstorbenen Klägers erklärte Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits wird zurückgewiesen.

Die durch das Aufnahmeverfahren verursachten Kosten werden den Klägern auferlegt.

Der Streitwert für die Revisionsinstanz wird in Abänderung des Senatsbeschlusses vom 27. Juli 1995 auf 140.000,-- DM festgesetzt (Klage: 50.000,-- DM, Widerklage: 90.000,-- DM; die Drittwiderklage gegen den Sohn F. des Erblassers bleibt wegen wirtschaftlicher Identität außer Ansatz).

Gründe:

I. Der ursprüngliche Kläger (im folgenden: Kläger) und der Beklagte waren Gesellschafter einer OHG. Der Gesellschaftsvertrag sieht in § 13 vor, bei Eignung den Sohn des Klägers in die Gesellschaft aufzunehmen, worüber allein der Kläger entscheiden sollte.

1991 teilte der Kläger dem Beklagten seine Absicht zur Aufnahme des Sohnes mit. Da der Beklagte widersprach, erhob der Kläger Klage auf Zustimmung zur Aufnahme und auf Mitwirkung des Beklagten bei der Anmeldung zum Handelsregister, hilfsweise auf Feststellung, daß der Kläger auch ohne Mitwirkung des Beklagten berechtigt sei, einen Aufnahmevertrag mit seinem Sohn abzuschließen. Das Landgericht gab den zuletzt genannten beiden Anträgen statt, die Berufung des Beklagten wies das Oberlandesgericht mit unwesentlichen Änderungen zurück. Auch die zweitinstanzlich vom Beklagten gegen den Kläger und dessen Sohn erhobene Widerklage - auf Feststellung, daß der zwischen dem Kläger und seinem Sohn geschlossene Aufnahmevertrag unwirksam sei, hilfsweise, erst nach Mitteilung wirksam werde, weiter hilfsweise, daß der Kläger dem Beklagten deswegen zum Schadensersatz verpflichtet sei, sowie auf Ausschluß des Sohnes aus der OHG hatte keinen Erfolg.

Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Revision eingelegt. Während des Revisionsverfahrens verstarb der beim Bundesgerichtshof noch nicht vertretene Kläger. Er wurde von seiner Ehefrau als Vorerbin beerbt; mit ihr sollte nach § 3 des Gesellschaftsvertrags auch die Gesellschaft fortgesetzt werden. Außerdem hatte der Kläger in seinem Testament vom 20. Juli 1993 Testamentsvollstreckung angeordnet, die insbesondere die Beendigung des anhängigen Rechtsstreits umfassen sollte. Die Widerklage gegen den Sohn des Klägers hat der Beklagte inzwischen nach außergerichtlicher Einigung zurückgenommen.

Die beiden Testamentsvollstrecker des Klägers haben nunmehr das unterbrochene Revisionsverfahren aufgenommen. Der Beklagte bestreitet ihre Prozeßführungsbefugnis und beantragt in erster Linie, den in der Aufnahme liegenden Antrag auf Fortsetzung des Rechtsstreits zurückzuweisen.

II. Die Aufnahme des gem. § 239 Abs. 1 ZPO unterbrochenen Rechtsstreits durch die Testamentsvollstrecker des Klägers ist unwirksam, da ihnen die zur Prozeßführung erforderliche (§§ 2212, 2213 BGB) Verwaltungsbefugnis für die streitigen Rechte fehlt. Nach § 2205 BGB hat der Testamentsvollstrecker den Nachlaß zu verwalten. Zum Nachlaß gehört allerdings auch ein im Gesellschaftsvertrag als vererblich bestimmter Anteil des Erblassers an einer Personengesellschaft, obwohl er im Wege der Sondererbfolge unmittelbar auf den oder die Nachfolger-Erben übergeht. Testamentsvollstreckung an einem solchen Anteil ist daher nicht schlechthin ausgeschlossen (BGHZ 98, 48, 50 ff.; 108, 187, 191 ff.; BGH, Beschl. v. 10. Januar 1996 - IV ZB 21/94, NJW 1996, 1284, 1286 = ZIP 1996, 327, 329 m.w.N.). Das Verwaltungsrecht des Testamentsvollstreckers wird in solchen Fällen aber aus im Gesellschaftsrecht wurzelnden Gründen begrenzt (BGH, Beschl. v. 10. Januar 1996 aaO). Nach der Rechtsprechung des Senats kann der Testamentsvollstrecker zwar über die mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Vermögensrechte, insbesondere den Anspruch auf das künftige Auseinandersetzungsguthaben, verfügen (vgl. BGHZ 47, 293, 296 für die Nachlaßverwaltung; BGHZ 91, 132, 136 f. für den Nachlaßkonkurs; BGHZ 108, 187, 192; Urt. v. 24. November 1980 - II ZR 194/79, NJW 1981, 748, 750 und vom 25. Februar 1985 - II ZR 130/84, NJW 1985, 1953; 1954), wegen der Besonderheiten der zwischen den Gesellschaftern gebildeten Arbeits- und Haftungsgemeinschaft jedoch nicht über solche Befugnisse, die unmittelbar die Mitgliedschaftsrechte der Erben berühren (BGHZ 47, 293, 296; 108, 187, 195). Das gilt auch dann, wenn nur ein Erbe vorhanden ist (BGHZ 91, 132, 137). Nichts anderes besagt die in dem angeführten Beschluß vom 10. Januar 1996 referierte, in Einzelfragen stärker die erbrechtliche Haftungsordnung betonende Rechtsprechung des Erbrechtssenats des Bundesgerichtshofs (dazu Goette, DStR 1996, 931; Lorz, ZEV 1996, 112).

Im vorliegenden Fall streiten die Parteien mit Klage und Widerklage in erster Linie über die Frage, ob der Erblasser berechtigt war, ohne Mitwirkung und gegen den Widerspruch des Beklagten seinen Sohn in die Gesellschaft aufzunehmen. Es geht damit im wesentlichen um den Kreis der Gesellschafter. Ein solcher Streit betrifft keine Vermögensrechte, sondern, wie die Revision mit Recht hervorhebt, die inneren Angelegenheiten der Gesellschaft, die der Verwaltungsbefugnis des Testamentsvollstreckers entzogen sind.

Ende der Entscheidung

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