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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 10.01.2000
Aktenzeichen: II ZR 247/98
Rechtsgebiete: GKG, ZPO
Vorschriften:
GKG § 8 Abs. 1 Satz 1 | |
ZPO § 286 | |
ZPO § 565 Abs. 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 10. Januar 2000
Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Bremen vom 14. Juli 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an den 2. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Die Gerichtskosten des Revisionsverfahrens werden nicht erhoben (§ 8 Abs. 1 Satz 1 GKG).
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der inzwischen über 70 Jahre alte Kläger verlangt von der etwa 40 Jahre alten Beklagten nach der Beendigung ihrer seit 18 Jahren bestehenden nichtehelichen Lebensgemeinschaft einen Ausgleich der von ihm nach seinem Vortrag aufgewandten Kosten für die Renovierung eines Hausgrundstücks in Höhe von nunmehr 201.690,42 DM, das der Beklagten von ihrer Mutter im Jahre 1992 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen worden war. Am 10. Oktober 1992 wurde das Anwesen für 1.500,-- DM monatlich fremdvermietet. Im Frühjahr 1997 erhöhte sich der Mietzins im Rahmen eines neuen Mietverhältnisses auf 1.700,-- DM.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht geht zutreffend von den Grundsätzen aus, welche der Senat für den Ausgleich einer gescheiterten nichtehelichen Lebensgemeinschaft zugrunde legt. Danach bejaht der Senat, auch wenn ein ausdrücklich oder stillschweigend geschlossener Gesellschaftsvertrag nicht vorliegt, die Möglichkeit, im Bereich der nichtehelichen Lebensgemeinschaft unter Umständen gesellschaftsrechtliche Grundsätze anzuwenden. Das gilt unter anderem für den Fall, daß beide Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswertes von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere zum Bau und zur Erhaltung eines zwar auf den Namen des einen Partners eingetragenen, aber als gemeinsames Vermögen betrachteten Anwesens beigetragen hatten (Sen.Urt. v. 4. November 1991 - II ZR 26/91, WM 1992, 610, 611 m.w.N.). Mindestvoraussetzung dafür, derartige Regeln in Betracht zu ziehen, ist aber, daß die Parteien überhaupt die Absicht verfolgt haben, mit dem Erwerb des Vermögensgegenstandes einen - wenn auch nur wirtschaftlich - gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam benutzt werden würde, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte. Dabei kann die formaldingliche Zuordnung des betreffenden Gegenstandes nach außen aus verschiedenen Gründen in den Hintergrund treten. Soweit sich die Absicht der gemeinschaftlichen Wertschöpfung nicht bereits aus den getroffenen Absprachen oder etwa aus Äußerungen des dinglich allein berechtigten Partners gegenüber Dritten zweifelsfrei ergibt, können im Rahmen einer Gesamtwürdigung wesentliche Beiträge des Partners, der nicht (Mit-)Eigentümer ist, einen Anhaltspunkt für eine gemeinschaftliche Wertschöpfung bilden. Ob das der Fall ist und welche Beiträge im einzelnen eine solche Annahme nahelegen, läßt sich nicht generell entscheiden und hängt insbesondere von der Art des geschaffenen Vermögenswertes und den finanziellen Verhältnissen der beiden Partner in der konkreten Lebensgemeinschaft ab (Sen.Urt. v. 25. September 1997 - II ZR 269/96, ZIP 1997, 1962 f. m.w.N.; vgl. zu dem ähnlich gelagerten Fall der unbenannten Zuwendung unter Ehegatten BGH, Urt. v. 30. Juni 1999 - XII ZR 230/96, WM 1999, 1830).
II. Die Revision greift aber mit Erfolg die Feststellung des Berufungsgerichts an, aus dem Vortrag des Klägers ergebe sich nicht, daß er wesentliche Beiträge zu einer gemeinsamen Wertschöpfung der Parteien erbracht habe.
Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung genügt eine Partei ihrer Darlegungslast, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemachte Recht als in ihrer Person entstanden erscheinen zu lassen; genügt das Parteivorbringen diesen Anforderungen an die Substantiierung, so kann der Vortrag weiterer Einzeltatsachen nicht verlangt werden; es ist Sache des Tatrichters, bei der Beweisaufnahme die Zeugen oder die zu vernehmende Partei nach allen Einzelheiten zu fragen, die ihm für die Beurteilung der Zuverlässigkeit der Bekundungen erforderlich erscheinen (Sen.Urt. v. 16. März 1998 - II ZR 323/96, ZIP 1998, 956, 957 m.w.N.; v. 13. Juli 1998 - II ZR 131/97, NJW-RR 1998, 1409; BGH, Urt. v. 13. August 1997 - VIII ZR 246/96, NJW-RR 1998, 713 m.w.N.). Diesen Maßstab der Substantiierungslast hat das Berufungsgericht verkannt und dadurch schlüssiges, unter Beweis gestelltes Vorbringen des Klägers zu wesentlichen Umständen übergangen (§ 286 ZPO).
1. Sowohl erstinstanzlich als auch im Berufungsverfahren hat der Kläger vorgetragen, daß er die Ausbauarbeiten an dem im Eigentum der Beklagten stehenden Hausgrundstück organisiert, durchgeführt und allein finanziert habe. Im einzelnen hat er dargelegt, daß ab Herbst 1992 das Bad und die Gästetoilette vollständig erneuert, Flur und Küche neu gefliest und in allen drei Etagen des Hauses neue Türen eingesetzt worden seien. Im Winter 1995/1996 seien dann weitere Ausbauarbeiten erfolgt. Es sei eine Wendeltreppe zwischen der 2. und 3. Etage eingebaut, das Dachgeschoß mit Dämmplatten und vier neuen Velux-Fenstern sowie einer Lichtanlage ausgebaut, eine Begrenzungsmauer mit neuer Kassettentür zum Garteneingang hin und ein Mauerabschluß zum Garagenhof hin errichtet sowie der völlig verwilderte Garten vollständig erneuert worden. Hierfür hätten Sträucher, eine Dornenhecke, verwachsenen Bäume sowie tonnenweise Steine, alte zerbrochene Platten und ein betonierter Goldfischteich zunächst entfernt und danach Muttererde aufgetragen und ein neuer Rasen angelegt werden müssen.
Zum Beweis hat der Kläger dem Gericht bereits erstinstanzlich einen Ordner mit insgesamt 63 Ablichtungen vorgelegt, welche die vorstehend geschilderten Sanierungsarbeiten im einzelnen bildlich dokumentieren. Darüber hinaus hat der Kläger zum Beweis für die Richtigkeit seines Vortrages, daß er diese Ausbauarbeiten organisiert, durchgeführt und allein finanziert hat, die Vernehmung von insgesamt sieben Zeugen, die ihm bei der Renovierung geholfen haben sollen, beantragt. Ferner hat der Kläger zum Beweis dafür, daß sich die von ihm geschaffene Wertverbesserung auf mindestens 150.000,-- DM beläuft, bereits bei Erhebung der Klage die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens beantragt.
Zusätzlich hat der Kläger dem Berufungsgericht mit Schriftsatz vom 10. März 1998 ein Privatgutachten des Architekten Dipl.-Ing. G. H. vom März 1998 über die handwerklichen Leistungen und Bewertung der einzelnen Arbeiten nach Gewerken vorgelegt und diesen als sachverständigen Zeugen benannt. Der Privatgutachter H. ist nach eigener Inaugenscheinnahme sowie Darstellung der an den Arbeiten beteiligten Personen zu einer Kostenschätzung von insgesamt 148.500,-- DM gelangt. Hieraus hat der Kläger einen Ausgleichsanspruch in Höhe von 204.000,-- DM errechnet, von dem er 201.690,42 DM geltend macht.
Dieses Privatgutachten ist kein Beweismittel, sondern ein (qualifizierter) Parteivortrag (BGH, Urt. v. 11. Mai 1993 - VI ZR 243/92, NJW 1993, 2382, 2383 f. m.w.N.; OLG Frankfurt a.M., NJW-RR 1998, 870, 872). Die in ihm enthaltenen Tatsachenfeststellungen sind deshalb in der Regel als Behauptungen der das Privatgutachten vorlegenden Partei zu behandeln.
2. Damit hat der Kläger den an seinen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen Genüge getan. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird sein Klagevortrag nicht dadurch unschlüssig, daß die Beklagte im Berufungsrechtszug hinsichtlich der einzelnen vom Kläger vorgetragenen Renovierungsmaßnahmen behauptet und ebenfalls unter Zeugenbeweis gestellt hat, daß sie besonders kostengünstig zu ihren Lasten die Umbauarbeiten selber durchgeführt oder durch Mieter und Handwerker habe durchführen lassen. Für die Frage der Schlüssigkeit der Klage ist es unerheblich, ob der Gegner den Tatsachenvortrag bestreitet (Zöller/Greger, ZPO 20. Aufl. Vor § 253 Rdn. 23).
Ebensowenig ist es eine Frage der Schlüssigkeit des Klagevortrages, sondern vielmehr der tatrichterlichen Würdigung, ob die nach der unter Beweis gestellten Behauptung des Klägers bewirkte Wertsteigerung des Hausgrundstücks der Beklagten um 204.000,-- DM auch dann einen "wesentlichen Beitrag" im Sinne der Grundsätze des erkennenden Senats darstellt, wenn die Parteien nach Einschätzung des Berufungsgerichts in überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen lebten. Diese Frage wird angesichts der Höhe der Aufwendungen allerdings auch bei gut situierten Partnern in der Regel zu bejahen sein.
III. Für das weitere Verfahren ist noch auf folgendes hinzuweisen:
1. Ob und in welchem Umfang der Verkehrswert des Hausgrundstückes durch die Aufwendungen des Klägers erhöht worden ist, unterliegt (auch) der Schätzung des Gerichts. Eine solche Schätzung ist aufgrund des Vortrages des Klägers möglich. Auch insoweit erweist sich die Klage nicht als unschlüssig.
2. Das Berufungsgericht begründet seine Auffassung nicht, die Tatsache, daß die Mieteinnahmen aus dem Hausobjekt von den Parteien ganz oder teilweise für die gemeinsame Lebensführung verwendet wurden, sei kein Anhaltspunkt für die Absicht einer gemeinsamen Wertschöpfung. Dies wäre indes erforderlich gewesen, weil dieses Verhalten durchaus ein Indiz für diese Absicht bilden könnte.
3. Die erforderliche Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht (§ 565 Abs. 1 ZPO) gibt diesem Gelegenheit, gegebenenfalls in die vorzunehmende Gesamtwürdigung den Umstand einzubeziehen, daß die Parteien sich im Jahre 1994 gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt haben. Ferner wird es sich mit der Frage zu befassen haben, wie der Vortrag des Klägers zu bewerten ist, er habe die Beklagte über 18 Jahre finanziell erheblich unterstützt.
Ende der Entscheidung
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