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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 07.12.1998
Aktenzeichen: II ZR 266/97
Rechtsgebiete: DMBilG, ZPO


Vorschriften:

DMBilG § 56 e Abs. 1
DMBilG § 56 b Abs. 6
ZPO § 138 Abs. 3
ZPO § 138 Abs. 3; DMBilG §§ 56 e Abs. 1, 56 b Abs. 6

a) Zur Frage, wann ein prozessual zulässiges pauschaliertes Bestreiten vorliegt.

b) § 56 e Abs. 1 DMBilG ist mit dem Grundgesetz vereinbar.

c) Die Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse im Sinne des § 56 e Abs. 1 Satz 2 DMBilG ist erst bewirkt, wenn sie in das Handelsregister eingetragen ist (§ 56 b Abs. 6 DMBilG).

BGH, Urt. v. 7. Dezember 1998 - II ZR 266/97 - Brandenburgisches OLG LG Cottbus


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Verkündet am: 7. Dezember 1998

Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

II ZR 266/97

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Dezember 1998 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 15. Januar 1997 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als Forderungen der Klägerin in Höhe von mehr als 2.939.261,20 DM zum Gesamtvollstreckungsverzeichnis der Gemeinschuldnerin festgestellt worden sind.

In diesem Umfang wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin macht gegen den Beklagten als Gesamtvollstreckungsverwalter über das Vermögen der G. mbH i.L. (im folgenden: Gemeinschuldnerin) Ansprüche auf Feststellung von Forderungen zum Gesamtvollstreckungsverzeichnis in Höhe von insgesamt 23.714.755,10 DM geltend. Die Treuhandanstalt soll die diesem Betrag zugrunde gelegten Einzelleistungen in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin für die (spätere) Gemeinschuldnerin erbracht haben.

Das Landgericht hat der Klage durch die Feststellung eines Betrages von 12.356.944,80 DM zum Gesamtvollstreckungsverzeichnis teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht diesen Betrag auf 16.483.267,57 DM erhöht; die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Der Beklagte verfolgt mit der Revision seinen Antrag, die Klage abzuweisen, weiter.

Der Senat hat die Revision angenommen, soweit Forderungen der Klägerin in Höhe von mehr als 2.939.261,20 DM zum Gesamtvollstreckungsverzeichnis der Gemeinschuldnerin festgestellt worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt in dem angenommenen Umfang zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, der Beklagte habe die Forderungen der Klägerin in prozessual nicht erheblicher Weise bestritten. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision sind zum größten Teil begründet.

1. Ein Geständnis im Sinne des § 288 Abs. 1 ZPO liegt nicht vor.

Allerdings kann auch ein schlüssiges Verhalten zu der Annahme führen, die Prozeßpartei habe ein gerichtliches Geständnis abgegeben. Es kann unter Umständen in der Erklärung liegen, die Behauptung der Gegenseite nicht bestreiten zu wollen. Doch genügt ein Stillschweigen auf gegnerische Behauptungen nicht (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 1991 - XI ZR 85/90, BGHR ZPO § 288 - Geständniswille 1 m.w.N.). Ob die Prozeßhandlung einer Partei die von dem Gesetz aufgestellten Voraussetzungen für ein Geständnis erfüllt, kann von dem Revisionsgericht selber und auch erstmalig geprüft werden (vgl. BGH, Urt. v. 7. Juli 1994 - IX ZR 115/93, BGHR ZPO § 288 - Geständniswille 3 m.w.N.; v. 29. März 1995 - XII ZR 177/94, BGHR ZPO § 288 - Grundstückswert 1).

Im vorliegenden Fall fehlt es für die Annahme eines Geständnisses an einer ausdrücklichen Erklärung des Beklagten, die Forderungen nicht bestreiten zu wollen. Ein Geständniswille läßt sich aus seinem Verhalten in erster Instanz auch nicht konkludent entnehmen. Der Beklagte ließ sich dort - im Rahmen der Erörterung der Forderungen der Treuhandanstalt als eigenkapitalersetzende Darlehen - dahingehend ein, daß es sich um Beträge handele, die der Gemeinschuldnerin zu einem Zeitpunkt zur Verfügung gestellt worden seien, in der ihr ein außenstehender Dritter das konkrete Darlehen nicht gewährt hätte. Er erbat im übrigen Fristverlängerung, um weitere Prüfungen vornehmen zu können, da in der Klage im Vergleich zum vorausgegangenen Schriftwechsel Forderungen ausgetauscht worden seien. Dies bezog sich auf eine Differenz von 47.044,88 DM zwischen den in der Klage aufgeführten Beträgen und den bei dem Beklagten zum Gesamtvollstreckungsverzeichnis angemeldeten Forderungen. Damit hat der Beklagte die Forderungen zum einen mit Rechtsausführungen bekämpft, denen ein Geständniswille nicht entnommen werden kann, und zum anderen eine nochmalige Überprüfung in Aussicht gestellt. Auch wenn es dabei vordergründig um einen verhältnismäßig geringen Betrag ging, so mußte er doch das gesamte Zahlenmaterial durcharbeiten, wobei es durchaus möglich war, daß er auf weitere Ungereimtheiten stieß. Dieses Verhalten schließt einen Geständniswillen aus.

2. Ein Zugeständnis im Sinne des § 138 Abs. 3 ZPO, das trotz eines fehlenden Geständnisses in Betracht kommen könnte (vgl. BGH, Urt. v. 12. März 1991 - XI ZR 85/90 aaO), ist ebenfalls nicht ersichtlich.

Der Beklagte hat in zweiter Instanz "die vermeintlichen Forderungen der Klägerin ... dem Grunde und der Höhe nach" bestritten, ohne allerdings die Gründe hierfür im einzelnen darzulegen. Dazu war er indes von Rechts wegen nicht gehalten. Ein unzulässiges pauschaliertes Bestreiten liegt hierin nicht.

Ein substantiiertes Bestreiten kann vom Prozeßgegner nur gefordert werden, wenn der Beweis dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (BGHZ 86, 23, 29; 12, 49, 50; BGH, Urt. v. 17. März 1987 - VI ZR 282/85, ZIP 1987, 865 = NJW 1987, 2008, 2009). Dies ist anzunehmen, wenn eine darlegungspflichtige Partei außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht und keine nähere Kenntnis der maßgebenden Tatsachen besitzt (vgl. Sen.Urt. v. 11. Juni 1990 - II ZR 159/89, WM 1990, 1844, 1846 = NJW 1990, 3151, 3152 m.w.N.), was insbesondere dort der Fall ist, wo das materielle Recht das Nichtvorliegen von Tatsachen zur Anspruchsvoraussetzung erhebt oder sonst nach den Gegebenheiten im konkreten Rechtsstreit das Nichtvorliegen eines Umstandes bewiesen werden muß. In diesen Fällen kann vom Prozeßgegner im Rahmen des Zumutbaren das substantiierte Bestreiten der negativen Tatsache unter Darlegung der für das Positivum sprechenden Tatsachen und Umstände verlangt werden (BGH, Urt. v. 8. Oktober 1992 - I ZR 220/90, NJW-RR 1993, 746, 747; v. 17. März 1987 - VI ZR 282/85, NJW 1987, 2008, 2009).

Darum geht es im vorliegenden Fall aber nicht. Bei den von der Klägerin vorgetragenen Auszahlungen von Darlehen an die Gemeinschuldnerin und Befriedigungen der Gläubiger aus den Bürgschaften handelt es sich sämtlich um Handlungen aus dem Wahrnehmungsbereich der Klägerin, die diese auch zu beweisen hat. Durch die Vorlage der Überweisungaufträge in Kopie ergibt sich keine Verschiebung hinsichtlich einer Substantiierung zu Lasten des Beklagten, da diese keinen Beweiswert haben; die Überweisungsaufträge konkretisieren lediglich den Vortrag der Klägerin hinsichtlich der aus ihnen ersichtlichen genauen Daten der behaupteten Zahlungsanweisungen.

Aus diesen Gründen hat der Beklagte die angeblichen Darlehen (11. Mai 1993: 236.280,-- DM; 7. Juli 1993: 199.018,86 DM) und die angebliche Ablösung der Bankkredite (über 10.891.515,03 DM und über 2.217.192,54 DM) in prozessual zulässiger Weise pauschal bestritten. Das Berufungsgericht hätte daher die von der Klägerin angebotenen Beweise erheben müssen. Demgegenüber hat der Beklagte zu dem Darlehen über 2.939.261,10 DM lediglich Rechtsausführungen gemacht; bestritten hat er es nicht. Daher hat der Senat seine Revision insoweit nicht angenommen.

II. Dagegen kann die Revision keinen Erfolg haben, soweit sie die Auffassung vertritt, der Anmeldung der Forderungen ständen die Vorschriften der §§ 32 a, 32 b GmbHG und die Rechtsprechungsregeln zu den §§ 30, 31 GmbHG entgegen. Das Berufungsgericht geht zutreffend davon aus, daß § 56 e Abs. 1 DMBilG zum Zuge kommt, wonach diese Vorschriften nicht auf Kredite anzuwenden sind, welche die Treuhandanstalt gewährt oder für die sie sich verbürgt hat.

1. Gegen die Bestimmung des § 56 e Abs. 1 DMBilG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. BGHZ 127, 212, 221 - obiter dictum; KG, ZIP 1993, 1575, 1580; Bommel/Wißmann, ZGR 1997, 206, 218 ff.; Hommelhoff/Spoerr, DZWiR 1995, 89, 90 ff.; Matthiesen, DZWiR 1994, 29, 31; Spoerr, Treuhandanstalt und Treuhandunternehmen zwischen Verfassungs-, Verwaltungs- und Gesellschaftsrecht, 1993, S. 302 ff.).

a) Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor.

Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches willkürlich ungleich und wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. Dabei kann der Gesetzgeber grundsätzlich selber diejenigen Sachverhalte auswählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinne als gleich ansehen will. Er muß allerdings seine Auswahl sachgerecht treffen. Was dabei in Ansehung des Gleichheitssatzes sachlich vertretbar oder sachfremd ist, läßt sich nicht abstrakt und allgemein feststellen, sondern stets nur in bezug auf die Eigenart des konkreten Sachbereichs, der geregelt werden soll. Der normative Gehalt der Gleichheitsbindung erfährt daher seine Präzisierung jeweils im Hinblick auf die Eigenart des zu regelnden Sachbereichs. Der Gleichheitssatz verlangt, daß eine vom Gesetz vorgenommene unterschiedliche Behandlung sich - sachbereichsbezogen - auf einen vernünftigen oder sonstwie einleuchtenden Grund zurückführen läßt (vgl. BVerfGE 93, 319, 348 f. m.w.N.).

Ein solcher vernünftiger Grund liegt § 56 e DMBilG zugrunde. Das Haftungsprivileg der Treuhandanstalt und der Klägerin als deren Rechtsnachfolgerin trägt den Besonderheiten Rechnung, die bei der Überführung der ihr unterstellten Unternehmen in die Marktwirtschaft auftraten. Die Treuhandanstalt durfte, um ihren gesetzlichen Aufgaben gerecht werden zu können, in ihren Entscheidungen, ob sie solchen Unternehmen im Einzelfall weiteres Kapital zuführen sollte, nicht in einer Weise eingeschränkt werden, welche wirtschaftlich nicht mehr vertretbar war. Wären die §§ 32 a, 32 b GmbHG uneingeschränkt für anwendbar erklärt worden, so wäre ein solcher Fall eingetreten. Das Haftungsrisiko der Treuhandanstalt wäre unüberschaubar geworden; flexible Reaktionen auf die Anforderungen der Praxis wären nicht zu erwarten gewesen. Dieser Umstand unterscheidet die von der Treuhandanstalt durchgeführte Kapitalzufuhr an die von ihr betreuten Unternehmen wesentlich von den im Einzelfall von dem Gesellschafter seiner Gesellschaft gewährten Darlehen.

b) Auch Art. 14 Abs. 1 GG ist nicht verletzt.

Schuldrechtliche Ansprüche können in den Kreis der Eigentumsrechte des Art. 14 Abs. 1 GG fallen (vgl. BVerfGE 68, 193, 222). Das gilt auch für die Forderung eines Gläubigers aus Darlehen, die er im Gesamtvollstreckungsverfahren gegen den Schuldner geltend macht (vgl. BVerfGE 92, 262, 271) und damit für die entsprechenden Darlehensansprüche der Treuhandanstalt. Da sie aus vernünftigen Sachgründen aus dem Regelungsbereich der §§ 32 a, 32 b GmbHG herausgenommen worden sind, konkurrieren sie im Gesamtvollstreckungsverfahren notwendigerweise mit den Ansprüchen anderer Gläubiger. Ein Vorrang der Forderungen anderer Gläubiger gegenüber den Ansprüchen der Treuhandanstalt kann aus Art. 14 Abs. 1 GG nicht abgeleitet werden; sie sind als gleichrangig anzusehen. Diese Gleichwertigkeit und Gleichrangigkeit verbieten es, einer dieser Forderungsgruppen im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 GG den Vorzug zu geben.

c) Endlich enthält § 56 e Abs. 1 DMBilG keine verfassungsrechtlich unannehmbare Rückwirkung. Dabei kann dahinstehen, ob diese Bestimmung eine echte oder bloß eine unechte Rückwirkung entfaltet.

Allerdings ist eine echte Rückwirkung grundsätzlich unzulässig. Sie liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingreift. Auch in diesem Fall tritt das Rückwirkungsverbot, das seinen Grund im Vertrauensschutz hat, aber zurück, wenn sich ausnahmsweise kein Vertrauen auf den Bestand des geltenden Rechts bilden konnte. Davon ist unter anderem dann auszugehen, wenn der Betroffene schon im Zeitpunkt, auf den die Rückwirkung bezogen war, nicht mit dem Fortbestand der Regelung rechnen durfte (vgl. BVerfGE 95, 64, 86 f. m.w.N.). Ferner kommt ein Vertrauensschutz nicht in Betracht, wenn die Rechtslage so unklar und verworren war, daß eine Klärung erwartet werden mußte (vgl. BVerfGE 88, 384, 404). So liegt der Fall hier. Wegen der Ausnahmesituation bei der Privatisierung des Volkseigentums der DDR war zunächst unklar, ob die Treuhandanstalt den Regeln der §§ 32 a, 32 b GmbHG unterworfen war. Angesichts der Bedeutung dieser Frage für die gesamtwirtschaftliche Lage nach der Wiedervereinigung war der Gesetzgeber gehalten, ein klärendes Wort zu sprechen. Dabei konnten die Gläubiger der Treuhandunternehmen nicht darauf vertrauen, daß die Treuhandanstalt im Insolvenzfall als Konkurrentin bei der Verteilung des Vermögens der jeweiligen Gemeinschuldnerin ausgeschaltet wird oder bleibt.

Kommt § 56 e Abs. 1 DMBilG - was ohnehin näherliegt - nur eine unechte Rückwirkung zu, wirkt sie also nur auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft ein (vgl. BVerfGE 72, 175, 196), wäre diese Bestimmung erst recht nicht zu beanstanden. Ein schützenswertes Vertrauen der übrigen Gläubiger konnte sich angesichts der vorher unklaren Rechtslage nicht entwickeln. Ein solches Vertrauen hätte auch im Hinblick auf die außerordentliche Bedeutung einer den Aufgaben der Treuhandanstalt Rechnung tragenden Regelung zurückstehen müssen.

2. Die Privilegierung der Treuhandanstalt gilt nicht für Kredite, welche die Treuhandanstalt nach einer Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse gewährt oder für die sie sich nach diesem Zeitpunkt verbürgt (§ 56 e Abs. 1 Satz 2 DMBilG).

a) Das Verfahren der Neufestsetzung des Kapitals ist in den durch das Hemmnisbeseitigungsgesetz vom 22. März 1991 (BGBl. I S. 766, 787) in das DMBilG eingefügten Vorschriften der §§ 56 a bis 56 d geregelt. Die Kapitalneufestsetzung setzt einen entsprechenden Beschluß der Gesellschafterversammlung voraus (§ 56 a DMBilG). Da gleichzeitig mit der erforderlichen Anmeldung dieses Beschlusses neben dem Bericht des Vorstandes oder der Geschäftsführer die festgestellte DM-Eröffnungsbilanz einzureichen ist, kann die Kapitalneufestsetzung erst nach oder zeitlich mit der Feststellung der Eröffnungsbilanz erfolgen (vgl. OLG Brandenburg, VIZ 1997, 59, 60).

b) Die Kapitalneufestsetzung ist erst bewirkt, wenn sie in das Handelsregister eingetragen ist (§ 56 b Abs. 6 DMBilG). Die von der Revision vertretene Ansicht, die Privilegierung des § 56 e Abs. 1 DMBilG entfalle bereits mit der förmlichen Feststellung der Eröffnungsbilanz durch die Gesellschafterversammlung, findet im Gesetz keine Stütze und kann auch nicht mit allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erwägungen begründet werden.

aa) Das Gesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen der Beschlußfassung über die Kapitalneufestsetzung (§ 56 d Abs. 1 Satz 1 DMBilG), der Anmeldung der Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse zur Eintragung in das Handelsregister (§ 57 Abs. 1 DMBilG) und der Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse (§ 56 e Abs. 1 Satz 2 DMBilG). Während § 56 d Abs. 1 Satz 1 DMBilG für die Pflicht zur Stellung des Gesamtvollstreckungsantrags bei Überschuldung auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Kapitalneufestsetzung abstellt, läßt § 56 e Abs. 1 DMBilG die bloße Beschlußfassung nicht genügen, sondern setzt mit der im Vergleich zu § 56 d unterschiedlichen Formulierung "nach einer Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse" die Eintragung voraus.

§ 57 DMBilG, der in der ursprünglichen Fassung die Zwangsauflösung von Kapitalgesellschaften anordnete, "die ihre Kapitalverhältnisse bis zum 31. Dezember 1991 nicht nach diesem Gesetz neu festgesetzt haben", ging nach der Begründung des Gesetzgebers davon aus, daß die Neufestsetzung, um wirksam zu werden, fristgemäß im Handelsregister eingetragen sein mußte (vgl. BT-Drucks. 11/7817, S. 99). Demgegenüber stellt § 57 DMBilG in der durch das Gesetz zur Änderung des DMBilG vom 20. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2290) geltenden Fassung ausdrücklich auf die fristgemäße Anmeldung des Neufestsetzungsbeschlusses zum Handelsregister ab. In der Begründung zu dem Entwurf wird ausgeführt, der Neufestsetzungsbeschluß müsse, um wirksam zu werden, fristgemäß, d.h. bis zum 31. Dezember 1992 ordnungsgemäß zur Eintragung im Handelsregister angemeldet werden; auf die Eintragung komme es insoweit nicht mehr an (BT-Drucks. 12/1467, S. 3). Demgegenüber wurde in dem erst nach dieser Änderung des § 57 DMBilG durch das Zweite VermRÄndG vom 14. Juli 1992 (BGBl. I S. 1247) neu eingeführten § 56 e DMBilG wieder auf die "Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse" abgestellt. Es ist aufgrund der Entwicklung des DMBilG und der differenzierten Regelungen in § 56 d und § 57 DMBilG kaum vorstellbar, daß der Gesetzgeber bei Einführung des § 56 e DMBilG den Unterschied zwischen Beschlußfassung, Anmeldung und Eintragung verkannt haben sollte.

Der Wegfall der Privilegierung erst mit Eintragung entspricht auch dem Gesetzeszweck des § 56 e DMBilG, nämlich der Minimierung, wenn nicht gar dem Ausschluß möglicher Haftungsfolgen für die Treuhandanstalt (vgl. auch Weimar, BB 1993, 1399, 1402).

bb) Das gleiche ergibt sich aus allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Erwägungen.

Da die Festlegung des Stammkapitals gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG Teil des Gesellschaftsvertrages sein muß, kann die Neufestsetzung nur durch die Änderung des Gesellschaftsvertrages erfolgen. Diese wird gemäß § 54 Abs. 3 GmbHG erst mit Eintragung in das Handelsregister wirksam. Zwar sollten die Regelungen in den §§ 56 a ff. DMBilG eine Erleichterung der Kapitalneufestsetzung gegenüber den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Regeln bewirken (vgl. BT-Drucks. 12/103, S. 53). Für die Wirksamkeit der Neufestsetzung ist aber an dem Erfordernis der Eintragung festgehalten worden.

3. Die Treuhandanstalt hat der Gemeinschuldnerin nach der Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse keine Kredite gewährt; eine wirksame Neufestsetzung liegt nicht vor. Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Feststellung ihrer Forderungen zum Gesamtvollstreckungsverzeichnis.

a) Am 28. November 1991 fand eine Gesellschafterversammlung der (späteren) Gemeinschuldnerin statt, in welcher die DM-Eröffnungsbilanz mit der Maßgabe festgestellt wurde, daß der uneingeschränkte Bestätigungsvermerk durch den Wirtschaftsprüfer erteilt werde. In Verbindung damit wurde eine Entschuldung der Gesellschaft von Altkrediten in Höhe von 4.924.044,86 DM beschlossen. Die Herabsetzung des Stammkapitals auf der Grundlage der DM-Eröffnungsbilanz und des Feststellungsbeschlusses wurde am 26. November 1992 notariell beurkundet. In das Handelsregister wurde sie jedoch nicht eingetragen. Damit ist die Neufestsetzung des Stammkapitals nicht wirksam erfolgt.

b) Hieran ändert der Umstand nichts, daß die Treuhandanstalt die Fristen der §§ 35 Abs. 1, 24 Abs. 1, 57 Abs. 1 DMBilG versäumt hat (vgl. OLG Dresden, ZIP 1994, 1393).

Die durch § 35 Abs. 1 Satz 3 DMBilG gesetzte Frist für die Feststellung der DM-Eröffnungsbilanz, die spätestens am 30. September 1991 abgelaufen war (§ 4 Abs. 1 Satz 2 DMBilG), schließt nach ihrem erfolglosen Ablauf die Anwendung des § 56 e Abs. 1 DMBilG nicht aus. Diese Bestimmung stellt auf die Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse ab, nicht aber darauf, wann die Bilanzfeststellung oder die Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse hätte erfolgen müssen. Sie beendet die Rechtsunsicherheit dadurch, daß sie den Bereich, in dem die §§ 32 a, 32 b GmbHG nicht anwendbar sind, klar umschreibt. Dem Gesetzgeber war bei Einführung des § 56 e DMBilG bekannt, daß die DM-Eröffnungsbilanzen der ehemaligen volkseigenen Betriebe zu einem erheblichen Teil nicht innerhalb der Frist des § 35 Abs. 1 Satz 3 DMBilG festgestellt worden waren. Gleichwohl hat er darauf verzichtet, an diese Fristüberschreitung eine für die Treuhandanstalt nachteilige Sanktion zu knüpfen. Maßgebend hierfür war, daß die Fristen offenbar zu knapp bemessen waren und deshalb schwerwiegende Entscheidungen der Treuhandanstalt über die Sanierung von Treuhandunternehmen nicht an diese Fristen gekoppelt werden konnten (vgl. BT-Drucks. 12/103 S. 48 zu Nr. 13 Buchst. a, cc; Niederleithinger, ZIP 1991, 213).

Aus diesem Grunde wurde die endgültige Festlegung des Kapitaleinsatzes der öffentlichen Hand nicht mehr mit dem Ablauf der Frist für die Aufstellung der DM-Eröffnungsbilanz (so die ursprüngliche Fassung des § 24 Abs. 1 DMBilG), sondern mit der Einreichung der festgestellten DM-Eröffnungsbilanz verknüpft. Dementsprechend kann ein Verstoß gegen § 57 Abs. 1 DMBilG (Anmeldung der Neufestsetzung der Kapitalverhältnisse zum Handelsregister bis 31. Dezember 1994) grundsätzlich nicht dazu führen, daß §§ 32 a, 32 b GmbHG wieder Geltung erlangen.

III. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin aus Zweckzuwendungen für die Erfüllung der Sozialpläne verneint, weil die den Rückzahlungsverpflichtungen zugrundeliegenden Bedingungen nicht eingetreten seien. Die Revision vertritt die Ansicht, dies müsse auch für die vom Berufungsgericht zur Tabelle festgestellten Ansprüche aus Darlehensverträgen gelten. Dem kann nicht gefolgt werden.

1. Nach § 3 der Darlehensverträge waren die Darlehen aus Verwertungserlösen zurückzuführen; sie hatten eine Laufzeit längstens bis zum Abschluß der Liquidation. Demgegenüber bestand für die Zuwendungen für die Erfüllung der Sozialpläne eine "bedingte Rückzahlungsverpflichtung", wenn und soweit Veräußerungserlöse erzielt werden sollten.

2. Es handelt sich nicht um zwei gleichartige Regelungen, welche das Berufungsgericht ohne sachlichen Grund unterschiedlich ausgelegt hätte. Das Berufungsgericht stellt bei den Darlehensverträgen entscheidend darauf ab, daß die Darlehen längstens bis zum Abschluß der Liquidation gewährt werden sollten. Da diese Bedingung nach der Eröffnung des Gesamtvollstreckungsverfahrens nicht mehr habe eintreten können, sei sie dahin auszulegen, daß die Rückzahlung vor Beendigung der Gemeinschuldnerin erfolgen sollte. Der Rückzahlung aus Verwertungserlösen hat das Berufungsgericht im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeutung zugemessen, insbesondere nicht im Sinne einer Bedingung, daß Verwertungserlöse tatsächlich erzielt werden mußten. Damit liegen zwei nicht miteinander identische Regelungen vor, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Soweit die Revision diese Auslegung in Frage stellt, ersetzt sie diese lediglich durch ihre eigene Auslegung, ohne revisionsrechtlich erhebliche Fehler aufzeigen zu können.

IV. Die von der Klägerin zu den einzelnen Forderungen angebotenen Beweise wird das Berufungsgericht nunmehr zu erheben haben. Aus diesem Grunde ist die Sache an dieses Gericht zurückzuverweisen.



Ende der Entscheidung

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