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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 18.12.2000
Aktenzeichen: II ZR 31/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 364 Abs. 1
BGB § 364 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 31/99

Verkündet am: 18. Dezember 2000

Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und Kraemer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Beklagten werden das Urteil des 4. Zivilsenats des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 9. Dezember 1998 aufgehoben und das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 22, vom 16. Januar 1997 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kläger werden auf die Widerklage verurteilt, der Auszahlung des bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Hamburg unter dem Aktenzeichen 57 HL 229/96 (GHB Nr. 252/96) hinterlegten Betrages in Höhe von 120.570,10 DM zuzüglich Hinterlegungszinsen an die Beklagten als Gesamtgläubiger zuzustimmen.

Die Kläger werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagten als Gesamtgläubiger 4 % Zinsen aus 120.570,10 DM seit dem 18. April 1996 - abzüglich der ausgezahlten Hinterlegungszinsen - zu zahlen.

Die Berufung und die Anschlußrevision der Kläger werden zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Rechtsstreits.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Freigabe eines von den Beklagten hinterlegten Betrages von 120.570,10 DM.

Sie waren zu je 50 Prozent Miteigentümer eines Geschäftsgebäudes, das von der Fr. F. GmbH & Co. KG (im folgenden: F. KG) genutzt wurde, deren Gesellschafter die Kläger waren. Nach einem Rechtsstreit zwischen den Parteien über die Zustimmung der jetzigen Kläger zur Geltendmachung erhöhten Nutzungsentgelts gegen die F. KG verklagten die jetzigen Beklagten die F. KG auf Zahlung restlichen Nutzungsentgelts für die Zeit vom 1. Juli 1988 bis 28. Februar 1992 an die Eigentümergemeinschaft. Nachdem die F. KG mit erstinstanzlichem Urteil vom 4. Mai 1994 zur Zahlung von ca. 1,6 Mio. DM verurteilt worden war, wurde mit Mitteln des Klägers zu 1 ein Festgeldguthaben von 1,9 Mio. DM als Sicherheit zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zur Verfügung gestellt. Das Berufungsgericht setzte mit dem inzwischen rechtskräftigen Berufungsurteil vom 27. September 1995 die Forderung auf ca. 1,02 Mio. DM fest. Den entsprechenden Betrag erhielten die Beklagten aus dem abgetretenen Festgeldguthaben.

Unterdessen hatten die Kläger ihren Miteigentumsanteil an dem Grundstück und ihre Gesellschafterrechte an der F. KG an die Eheleute Dr. J. S. und C. S. -G. verkauft und übertragen. In dem Unternehmenskaufvertrag vom 29. Oktober 1991 hatten sie sich den Eheleuten S. gegenüber zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der diesen durch die von den hier Beklagten betriebene Zahlungsklage entstehen könnte. Im Zuge der Abwicklung des Vertrages traten die Kläger mit Vereinbarung vom 12. Juli 1993 ihren hälftigen Anteil an dem eventuellen Zahlungsanspruch gegen die F. KG an die Eheleute S. ab. Wegen der zweiten Anspruchshälfte stellten sie Bürgschaften.

Inzwischen sind sowohl über das Vermögen der Eheleute S. als auch über das der F. KG Konkursverfahren eröffnet worden.

Aufgrund der Abtretungsvereinbarung vom 12. Juli 1993 machte der Konkursverwalter der Eheleute S. die Hälfte des aus dem Festgeld auszukehrenden Betrages geltend. Da die Beklagten deshalb die Auszahlung an die Kläger verweigerten und die Auszahlung an den Konkursverwalter der Eheleute S. ankündigten, erwirkten die Kläger am 12. Januar 1996 einen Beschluß des Berufungsgerichts, mit dem im Wege der einstweiligen Verfügung den Beklagten aufgegeben wurde, die Hälfte des eingezogenen Festgeldbetrages zu hinterlegen. Am selben Tag überwiesen die Beklagten unter im einzelnen streitigen Umständen einen Teilbetrag an den Konkursverwalter der Eheleute S. , während sie den hier streitigen Betrag wegen der ihnen entstandenen Kosten zunächst einbehielten und dann hinterlegten.

Mit Urteil vom 16. Januar 1997 hat das Landgericht die Beklagten zur Zustimmung in die Auszahlung von 25.044,57 DM an die Kläger und auf die Widerklage die Kläger in die Auszahlung des Restbetrages von 95.525,53 DM an die Beklagten verurteilt. Auf die Berufungen der Parteien hat das Oberlandesgericht die Beklagten verurteilt, der Auszahlung von 64.169,89 DM aus dem hinterlegten Betrag an die Kläger zuzustimmen; die Kläger hat es auf die Widerklage verurteilt, der Auszahlung von 56.400,21 DM an die Beklagten zuzustimmen. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag, die Berufung der Kläger zurückzuweisen und diese zur Zustimmung zur Auszahlung des gesamten hinterlegten Betrages an sie zu verurteilen, weiter. Die Anschlußrevision der Kläger richtet sich gegen die teilweise Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittelverfahren führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Die Anschlußrevision der Kläger wird zurückgewiesen.

Das Berufungsgericht hat einen Auszahlungsanspruch der Kläger dem Grunde nach bejaht. Die Abtretungsvereinbarung der Kläger mit den Eheleuten S. vom 12. Juli 1993 sei als eine der Sicherungsabtretung im üblichen Sinne vergleichbare Leistung erfüllungshalber zu verstehen. Die zugrundeliegende Verpflichtung der Kläger, im Wege des Schadensersatzes oder der Minderung einen Teil des Kaufpreises zurückzuzahlen, falls noch Ansprüche der Miteigentümergemeinschaft gegen die F. KG festgestellt würden, sei jedoch durch die Sicherheitsleistung aus dem Vermögen des Klägers zu 1 und die daraus bewirkte Befriedigung erloschen, so daß der Zweck der Abtretung entfallen sei. Damit habe der Konkursverwalter der Eheleute S. den Klägern die Aussonderung zu gestatten und sei deshalb gehindert, den Forderungserlös geltend zu machen. Diese Ausführungen greift die Revision mit Erfolg an, weil das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft von einem Rückfall der an die Eheleute S. abgetretenen Forderung an die Kläger ausgeht.

1. Die Abtretung des hälftigen Anteils der Kläger an dem eventuellen Zahlungsanspruch gegen die F. KG erfolgte in Erfüllung der von den Klägern in dem Unternehmenskaufvertrag vom 29. Oktober 1991 eingegangenen Verpflichtungen (§ 362 Abs. 1 BGB).

a) Der vorliegende Fall ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, daß die abgetretene Forderung der Sache nach mit der Schuld der Kläger deckungsgleich ist. Die Ersatzpflicht der Kläger folgt dem Zahlungsanspruch der Miteigentümergemeinschaft gegen die F. KG. In Höhe des hälftigen Anteils der Kläger an der gegen die F. KG gerichteten Forderung stellt der abgetretene Anspruch daher ein vollwertiges Äquivalent für den Zahlungsanspruch der Eheleute S. gegen die Kläger dar. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts wird der mit der Formulierung in Abs. 2 des Bürgschaftsvertrages ("reduziert sich ihre oben bezeichnete Pflicht zur Schadensersatzleistung auf die andere, von der Abtretung nicht betroffene Hälfte der Klageforderung") zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille den Interessen beider Vertragsparteien daher durchaus gerecht, so daß der vom Berufungsgericht unter diesem Gesichtspunkt für erforderlich gehaltenen einschränkenden Auslegung des Wortlauts der Abtretungsvereinbarung eine tragfähige Grundlage fehlt.

b) Das Berufungsgericht verkennt überdies, daß eine etwaige Zweckbindung der Abtretung allein auf die Erfüllung der von den Klägern gegenüber den Eheleuten S. übernommenen Verpflichtung gerichtet ist. Der Zweck der Abtretung konnte in keinem Fall dadurch erreicht werden, daß der Kläger zu 1 die Verbindlichkeiten der F. KG gegenüber der Miteigentümergemeinschaft getilgt hat. Die Befreiung der F. KG von ihrer Verbindlichkeit führte nicht zur Erfüllung der von den Klägern gegenüber den Eheleuten S. eingegangenen Verpflichtung. Aus seiner Zahlung auf die Verbindlichkeit der F. KG erwarb der Kläger zu 1 deshalb lediglich einen Rückgriffsanspruch gegen die F. KG, dessen Realisierung genau zu jener Verminderung des Vermögens der KG führen mußte, gegen die die Eheleute S. durch die Abtretung gesichert werden sollten. Im Konkurs der KG stellt dieser Rückgriffsanspruch allerdings nur noch eine Konkursforderung dar.

2. Nichts anderes hätte im übrigen für eine erfüllungshalber abgetretene Forderung bei einer anderweiten Erledigung des Abtretungsanspruchs zu gelten. Auch in diesem Falle fiele die Forderung in Ermangelung einer abweichenden Vereinbarung über eine auflösend bedingte Abtretung nicht automatisch an die Kläger zurück. Es hätte also einer - von den Klägern nicht behaupteten - Rückabtretung bedurft (vgl. dazu GSZ BGHZ 137, 212, 218 f. m.w.N.).

Darüber hinaus beruht die Annahme des Berufungsgerichts, es handele sich um eine der Sicherheitsabtretung vergleichbare Leistung erfüllungshalber auf einer - wie dargelegt - Verkennung des Zweckes der Abtretung und des mit ihr verbundenen Willens der Parteien. Das Berufungsgericht hat festgestellt, daß die Abtretung nach dem Willen der Parteien die Ersatz- oder Rückzahlungspflicht der Kläger "selbsttätig" reduzieren sollte. Sollte die Ersatzpflicht demnach bereits mit der Abtretung abgegolten werden, liegt ein Fall des § 364 Abs. 1 BGB vor, da eine Leistung erfüllungshalber nur angenommen werden kann, wenn erst die Erfüllung der abgetretenen Forderung zur Erfüllung der Hauptschuld führen soll. Der Rückgriff auf eine tatsächliche Vermutung entsprechend § 364 Abs. 2 BGB steht deshalb im Widerspruch zu den eigenen Feststellungen des Berufungsgerichts.

Ende der Entscheidung

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