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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 27.09.1999
Aktenzeichen: II ZR 377/98
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB § 138 Abs. 1 Aa
GG Art. 12 Abs. 1
BGB § 138 Abs. 1 Aa; GG Art. 12 Abs. 1

Die in Art. 59 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3 Abs. 4 Satz 1 der Spielordnung des Deutschen Eishockeybundes i.V.m. den Transferbestimmungen für den Bereich der Bundesliga I und II (Fassung 1992) getroffene Regelung über die "Aus- und Weiterbildungsentschädigung" bei der Verpflichtung eines Amateurspielers durch einen Verein der Bundesliga ist wegen Verstoßes gegen § 138 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 12 Abs. 1 GG nichtig.

BGH, Urt. v. 27. September 1999 - II ZR 377/98 - OLG Stuttgart LG Ravensburg


BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 377/98

Verkündet am: 27. September 1999

Boppel Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. September 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Dr. Hesselberger, Prof. Dr. Henze, Kraemer und die Richterin Münke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 12. August 1998 aufgehoben.

Der Beklagte wird zur Zahlung von 46.000,-- DM sowie 9,5 % Zinsen hieraus seit dem 2. September 1997 verurteilt.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung von 46.000,-- DM. Diesen Betrag hat sie aufgrund einer am 22. September 1995 geschlossenen Vereinbarung an den Beklagten gezahlt.

Der Sohn der Klägerin, D. V. , spielte bei dem beklagten Verein seit seinem 5. Lebensjahr Eishockey. Dabei durchlief er sämtliche Altersklassen der Nachwuchsmannschaften und war etwa 20 mal in die deutsche Jugendnationalmannschaft berufen worden.

Im Sommer 1995 bot der EHC F. D. V. einen Profivertrag an. Verhandlungen des Beklagten mit dem EHC F. über die Höhe einer "Aus- und Weiterbildungsentschädigung" (Art. 59 der Spielordnung des Deutschen Eishockeybundes; im folgenden: SpO-DEB) scheiterten.

Daraufhin einigten sich die Klägerin und der Vorstand des Beklagten darauf, daß die Klägerin (und ihr Ehemann) an den beklagten Verein 46.000,-- DM einschließlich Mehrwertsteuer zahlen und dieser im Gegenzug die Freigabe ihres Sohnes erklären werde. Beide Vertragsparteien erfüllten diese Vereinbarung.

Die Klägerin ist der Meinung, dieser Vertrag verstoße gegen die guten Sitten, und verlangt den gezahlten Betrag zurück. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt sie ihren Klageantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 46.000,-- DM sowie der geltend gemachten Zinsen (§§ 812 Abs. 1 Satz 1, 284 Abs. 1, 288 Abs. 2 BGB).

A.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die Regelung des Art. 59 SpO-DEB verstoße jedenfalls in den Fällen nicht gegen die guten Sitten, in denen ein von dem Verein ausgebildeter Jugendspieler zu einem anderen Verein wechselt. Dementsprechend sei die Vereinbarung vom 22. September 1995 nicht nichtig. Dies hält den Angriffen der Revision nicht stand.

B.

Art. 59 SpO-DEB, die gemäß § 1 der DEB-Satzung deren Bestandteil ist, unterliegt als Verbandsnorm der gerichtlichen Inhaltskontrolle gemäß §§ 138, 242 BGB. Nach ständiger Senatsrechtsprechung ist eine derartige Kontrolle verbandsinterner, die Rechtsstellung der Mitglieder regelnder Normen jedenfalls für Vereine oder Verbände mit überragender Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich zulässig und erforderlich (BGHZ 105, 306, 318; Sen.Urt. v. 28. November 1994 - II ZR 11/94, NJW 1995, 583, 585 = WM 1994, 802, 804). Der Deutsche Eishockey-Bund hat eine derartige Machtstellung. Er ist nach dem Ein-Platz-System aufgebaut, organisiert die Amateurvereine, ist Franchisegeber der Bundesligaclubs und führt den Spielbetrieb durch (vgl. dazu PHB Sport/Summerer, 2/66 f. m.w.N.). Er verfügt über eine beträchtliche Mitgliederzahl, hat inzwischen eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung und nimmt eine Monopolstellung ein.

C.

Die in Art. 59 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3 Abs. 4 Satz 1 SpO-DEB in Verbindung mit den Transferbestimmungen für den Bereich der Bundesliga I und II (Fassung 1992) getroffene Regelung über die "Aus- und Weiterbildungsentschädigung" bei der Verpflichtung eines Amateurs durch einen Eishockey-Bundesligaverein hält der Inhaltskontrolle nicht stand. Sie verstößt gegen § 138 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 12 Abs. 1 GG und ist daher nichtig.

I. Bei der Auslegung und Anwendung der zivilrechtlichen Generalklauseln, vor allem der §§ 138 und 242 BGB, ist zu beachten, daß das Grundgesetz in seinem Grundrechtsabschnitt verfassungsrechtliche Grundentscheidungen für alle Bereiche des Rechts enthält. Diese Grundentscheidungen entfalten sich durch das Medium derjenigen Vorschriften, die das jeweilige Rechtsgebiet unmittelbar beherrschen, und haben vor allem auch Bedeutung bei der Interpretation zivilrechtlicher Generalklauseln (BVerfGE 7, 198, 205; 42, 143, 148). Indem § 138 BGB und § 242 BGB ganz allgemein auf die guten Sitten, die Verkehrssitte sowie Treu und Glauben verweisen, verlangen sie von den Gerichten eine Konkretisierung am Maßstab von Wertvorstellungen, die in erster Linie von den Grundsatzentscheidungen der Verfassung bestimmt werden. Deshalb sind die Zivilgerichte von Verfassungs wegen verpflichtet, bei der Auslegung und Anwendung der Generalklauseln die Grundrechte als "Richtlinien" zu beachten (BVerfGE 89, 214, 229; s. auch BGH in st. Rspr., vgl. z.B. Sen.Urt. v. 28. April 1986 - II ZR 254/85, NJW 1986, 2944).

II. Die Berufsfreiheit kann nach Art. 12 Abs. 1 GG durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden. Solche Regelungen können auch durch Satzungen getroffen werden, wenn eine hierzu ermächtigende Norm vorliegt (BVerfGE 98, 106, 117). Satzungsbestimmungen ohne Ermächtigungsnorm genügen dann, wenn sie innerhalb bestimmter Grenzen von einer mit Autonomie begabten Körperschaft erlassen werden (BVerfGE 33, 125, 155 f.; 54, 224, 234). Diese Grenzen werden mit Art. 59 SpO-DEB in bezug auf die betroffenen Amateurspieler überschritten.

1. Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als "Beruf" zu ergreifen, das heißt, zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen (BVerfGE 7, 377, 397; 54, 301, 313; 97, 228, 253). Der Schutz des Grundrechts auf freie Wahl des Berufes umfaßt auch die Tätigkeit von professionellen Sportlern (PHB Sport/Fritzweiler, 1/6; Turner, MDR 1991, 570; Krogmann, Grundrechte im Sport 1998, S. 36 f.). Dabei ist zu beachten, daß diese Freiheit grundsätzlich auch das Recht umfaßt, mehrere Berufe zu wählen und nebeneinander auszuüben (BVerfGE 87, 287, 316 m.w.N.).

Der Sohn der Klägerin hat eine solche Berufswahl getroffen. Unstreitig wollte er beim EHC F. als Berufseishockeyspieler tätig werden und damit das Eishockeyspiel - ganz oder teilweise - zur Grundlage seiner Lebensführung machen.

2. Art. 59 SpO-DEB schränkt die Möglichkeit der betroffenen Amateure unzulässig ein, den Beruf des Eishockeyspielers sowie einen entsprechenden Arbeitsplatz zu wählen.

a) Diese Verbandsnorm führt dazu, daß Amateurspieler den Beruf des Eishockeyspielers nur ergreifen und ausüben können, wenn sie einen Verein finden, der sie nicht nur hinsichtlich ihrer spielerischen (sportlichen) Fähigkeiten akzeptiert und ihnen dafür ein Gehalt zahlt, sondern der darüber hinaus bereit ist, für sie eine "Aus- und Weiterbildungsentschädigung" zu leisten. Finden die betroffenen Amateure lediglich interessierte Vereine, denen die Entschädigung vom Ansatz her unangemessen hoch erscheint oder die sie nicht zahlen können, besteht für sie im Geltungsbereich der Rahmenbedingungen für die Eishockey-Bundesligen keine Möglichkeit, als Berufsspieler tätig zu werden.

b) Die in den Transferbestimmungen für den Bereich der Bundesliga I und II vorgesehene Entschädigung ist geeignet, einen interessierten Verein davon abzuhalten, Amateure eines anderen Vereins als Berufsspieler zu übernehmen. Die Höhe dieser Entschädigung hat der Beklagte aufgrund dieser Bestimmung mit 117.500,-- DM errechnet. Dieser Betrag hat eine "abschreckende" Wirkung und ist geeignet, den Wunsch eines Jugendspielers, Berufssportler zu werden, im Keime zu ersticken.

c) Soweit das Berufungsgericht argumentiert, im Streitfall sei die Ausbildungsentschädigung für den Sohn der Klägerin nicht nach den Transferbestimmungen bemessen worden, übergeht es den Sachvortrag der Parteien: Der Beklagte hat sich im Laufe des Verfahrens ausdrücklich auf die "Transferbestimmungen" des DEB als Grundlage für die Berechnung der nach Art. 59 SpO-DEB zu zahlenden Entschädigung berufen und erklärt, man habe sich lediglich im Hinblick auf die Verdienste des Vaters des Spielers für den Verein und die finanziellen Verhältnisse der Eltern "entgegenkommenderweise" mit einem geringeren Betrag zufriedengegeben. Der Beklagte hat daher zu keinem Zeitpunkt Zweifel daran gelassen, daß er in den "Transferbestimmungen" des DEB die Basis für die Berechnung der Entschädigung sieht; über die tatsächlich angefallenen Kosten der Ausbildung ist zwischen den Beteiligten niemals verhandelt worden. Dadurch hat der Beklagte das Argument, es solle lediglich ein Ausgleich für getätigte Ausbildungsaufwendungen erreicht werden, selbst widerlegt. Im übrigen handelt es sich bei dem gezahlten Betrag von 46.000,-- DM immer noch um eine Entschädigung, die geeignet ist, interessierte Vereine davon abzuhalten, Amateure eines anderen Vereins als Berufsspieler zu übernehmen. Die abschreckende Wirkung zeigt sich im vorliegenden Fall schon daran, daß der EHC F. offenbar auch nicht bereit war, diese reduzierte Entschädigung zu leisten.

d) Die einschränkende Wirkung des Entschädigungsbetrages auf die Möglichkeiten der Berufs- und Arbeitsplatzwahl von Amateuren wird nicht dadurch abgemildert oder gar beseitigt, daß die Erteilung der Spielerlaubnis für den übernehmenden Verein rechtlich unabhängig von der Entschädigungszahlung erfolgt (Art. 59 Nr. 1 Abs. 3 SpO-DEB). Schließt ein Spieler, mit dem der abgebende Verein keinen Arbeitsvertrag geschlossen hatte, mit dem aufnehmenden Verein einen solchen Vertrag, ist der abgebende Verein nach Art. 57 Nr. 1 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 SpO-DEB zwar zur sofortigen Freigabe verpflichtet. Insoweit kommt es aber entscheidend auf die faktische Wirkung des Entschädigungsbetrages an. Für die Entscheidungsfindung des übernehmenden Vereins ist es unabhängig von einer rechtlichen Verknüpfung zwischen Spielerlaubnis und Entschädigungszahlung von maßgeblicher Bedeutung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe er finanzielle Verpflichtungen eingeht, wenn er einen Amateurspieler eines anderen Vereins als Berufsspieler übernimmt (vgl. hierzu: EuGH, Urt. v. 15. Dezember 1995 - C - 415/93 - Bosman - EuGHE I, 1995, 4921-5082 = NJW 1996, 505, 510; BAGE 84, 344, 355).

e) Die durch Art. 59 SpO-DEB bewirkte Einschränkung der Möglichkeit, den Beruf des Eishockeyspielers zu ergreifen und einen entsprechenden Arbeitsplatz zu wählen, ist nicht gerechtfertigt. Sie wirkt wie eine objektive Zulassungsschranke. Solche Einschränkungen der Berufsfreiheit sind grundsätzlich nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut gerechtfertigt (BVerfGE 7, 377, 408, 409; 84, 133, 148). Diese Voraussetzungen liegen für die Verbandsnorm des Art. 59 SpO-DEB nicht vor.

Mannschaftssportarten wie Fußball, Handball oder Eishockey können angesichts ihrer beträchtlichen Popularität und sozialen Bedeutung in der heutigen Zeit als ein wichtiges Gemeinschaftsgut (PHB Sport/Fritzweiler, 1/8, spricht von einem überragend wichtigen "Sportgut") angesehen werden; die Aufrechterhaltung ihrer Funktionsfähigkeit, insbesondere durch Förderung und Sicherung einer guten Jugendarbeit und Jugendausbildung, ist auch im Interesse der Allgemeinheit sinnvoll. Ob darüber hinaus diese Sportarten gar eine überragende Bedeutung für die Gemeinschaft haben und zur Sicherung und Förderung der genannten Ziele geeignete Maßnahmen im Interesse der Allgemeinheit notwendig sind, kann offenbleiben. Selbst wenn man dies annehmen wollte, so stellte die in Art. 59 SpO-DEB in Verbindung mit den Transferbestimmungen vorgesehene Entschädigung hierfür keine hinreichende Grundlage dar. Da die sportliche Zukunft junger Amateurspieler nicht mit Sicherheit vorhersehbar ist und sich nur eine begrenzte Zahl von ihnen einer entsprechenden beruflichen Tätigkeit widmet, sind die Entschädigungen durch einen Eventualitäts- und Zufallscharakter gekennzeichnet; entsprechende Zahlungen an die in der Jugendarbeit tätigen Vereine sind nämlich davon abhängig, daß sich unter ihren Mitgliedern mit Blick auf eine Berufstätigkeit förderungsgeeignete Talente befinden. Der Entschädigungsbetrag ist zudem grundsätzlich pauschal und ohne Anknüpfung oder Anpassungsmöglichkeit an die finanziellen Gegebenheiten und Bedürfnisse der betroffenen Vereine festgelegt; er bezieht sich auch nicht konkret auf die dem betroffenen Spieler zuteil gewordene Ausbildung und Förderung (vgl. auch: EuGH aaO S. 510 unter Nr. 109). Maßnahmen in diesem Zusammenhang vermögen jedenfalls dann Eingriffe in die Berufsfreiheit betroffener Spieler durch objektive Zulassungsschranken nicht zu rechtfertigen, wenn sie eher wirtschaftlichen Zielen einzelner Vereine als ideellen Zwecken und der Gemeinschaft dienen (vgl. hierzu: PHB Sport/Fritzweiler, 1/8). Art. 59 SpO-DEB dient aber - zumindest in erster Linie - nicht ideellen Zielen und der Gemeinschaft, sondern wirtschaftlichen Zwecken.

Letztlich erscheint es nicht einleuchtend, zur Sicherung und Förderung der Jugendarbeit eine Maßnahme wie die der Ausbildungs- und Förderungsentschädigungsregelung zu ergreifen, die dazu führt, daß ein möglicher Erfolg besonders gut gelungener Jugendarbeit, nämlich der Wechsel vom Amateur zum Berufsspieler, eingeschränkt wird.

3. Die Behinderung, den Beruf des Eishockeyspielers zu ergreifen, wird durch den vorliegenden Rechtsstreit besonders deutlich: Die latente Zahlungspflicht hat den EHC F. davon abgehalten, mit dem Sohn der Klägerin eine Vereinbarung zu treffen oder einen Arbeitsvertrag abzuschließen, was nach Art. 57 Nr. 1 SpO-DEB den Beklagten zwar zur sofortigen Freigabe verpflichtet, andererseits aber die Zahlungspflicht nach Art. 59 Nr. 1 SpO-DEB ausgelöst hätte. Eine entschädigungslose Übernahme wäre angesichts der fehlenden Bereitschaft des EHC F., eine Transferentschädigung zu bezahlen, nur möglich gewesen, wenn der Beklagte die Freigabe mit einer Frist von zwölf Monaten erklärt hätte (Art. 57 Nr. 1 Abs. 1 Satz 1; Art. 59 Nr. 1 Abs. 2 Satz 2 SpO-DEB). Ohne das "Erkaufen" der sofortigen Freigabe durch die vorliegend in Streit stehende Zahlung wäre der Sohn der Klägerin also zumindest auf die Dauer eines Jahres daran gehindert gewesen, vom Amateurlager in das Lager des Profisports zu wechseln und den Beruf des Eishockeyspielers zu ergreifen. Diese Wartezeit ist im Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG unzumutbar lang. Sie umfaßt einen Gutteil der selten länger als ein Jahrzehnt dauernden "sportlicher Lebenserwartung" des Sportlers (vgl. Fritzweiler aaO, 1/8) und minimiert die beruflichen Chancen des Spielers. Angesichts der erheblichen personellen Fluktuationen im Profisportbereich kann der Spieler zudem nicht erwarten, daß der zu seiner Übernahme bereite Profiverein das zu einem bestimmten Zeitpunkt gemachte, auf einem konkreten Leistungsstand beruhende Angebot für die Dauer eines Jahres aufrechterhält, so daß er damit rechnen muß, nach Ablauf der Jahresfrist vor dem "Aus" zu stehen.

III. Dem Beklagten stehen keine Grundrechte zu, die mit der Freiheit der Berufswahl konkurrieren könnten.

1. Auf das Grundrecht auf Vereinigungsfreiheit (Art. 9 Abs. 1 GG) kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

a) Das Grundrecht des Art. 9 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit, sich zu Vereinigungen des privaten Rechts zusammenzuschließen. Mit dem Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden, garantiert Art. 9 Abs. 1 GG das Prinzip freier sozialer Gruppenbildung. Der Schutz des Grundrechts umfaßt sowohl für Mitglieder als auch für die Vereinigung die Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung ihrer Geschäfte sowie - unbeschadet der Frage der Rechtsfähigkeit - das Recht auf Entstehen und Bestehen (BVerfGE 80, 244, 252 f.; 84, 372, 378).

b) Dieses Grundrecht des Beklagten ist nicht tangiert.

Zwar wird die Jugendarbeit und die Heranbildung fähiger Sportler bei einem Sportverein regelmäßig in den Bereich der grundrechtlich geschützten Vereinigungsfreiheit fallen. Anders liegt es aber, wenn es darum geht, ob und von wem der Verein für seine Bemühungen ein Entgelt verlangen kann. Eine solche "Aufwandsentschädigung" mag für den Verein eine wirtschaftliche Bedeutung haben; mit dem Vereinszweck ist sie jedoch nicht notwendigerweise verbunden. Eine Forderung dieser Art knüpft nicht an die Intensität und Qualität der Jugendarbeit an. Es ist vielmehr weitgehend dem Zufall überlassen, ob ein Jugendspieler, auch wenn er das Trainingsprogramm mit großem Einsatz absolviert, den Sprung in das sog. "Profilager" schafft.

c) Im übrigen kommt der Vereinsautonomie nicht derselbe Stellenwert zu wie der Berufsfreiheit. Dem gemeinsam verfolgten Vereinszweck wird durch die Vereinsautonomie kein weiterreichender Schutz vermittelt als einem individuell verfolgten Zweck (BVerfGE 54, 237, 251). Privatrechtliche Beziehungen eines Vereins zu anderen Privatrechtssubjekten sind nicht anders zu beurteilen als entsprechende Beziehungen unter natürlichen Personen (BVerfG 2. Kammer des Ersten Senats, Beschl. v. 12. Oktober 1995 - 1 BvR 1938/93, NJW 1996, 1203). Nimmt eine Vereinigung wie jedermann am Rechtsverkehr teil, so ist für den Grundrechtsschutz dieser Betätigung nicht Art. 9 Abs. 1 GG maßgebend; die Vereinigung und ihre Tätigkeit bedürfen insoweit nicht als solche des Grundrechtsschutzes. Dieser richtet sich vielmehr nach den materiellen (Individual-)Grundrechten (BVerfGE 70, 1, 25).

d) Selbst wenn Art. 9 Abs. 1 GG zugunsten des Beklagten Anwendung fände, würde dies ihm nicht weiterhelfen. Der Freiheit der Berufswahl käme eindeutig der Vorrang zu, weil sie nur zur Abwehr nachweisbarer oder höchstwahrscheinlich schwerwiegender Gefahren für ein überragend wichtiges Gemeinschaftsgut eingeschränkt werden könnte (BVerfGE 7, 377, 408; 85, 360, 374; vgl. auch oben II 2).

2. Auch Art. 12 Abs. 1 GG kommt nicht zugunsten des Beklagten zum Zuge.

a) Die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsfreiheit umfaßt jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Aufrechterhaltung einer Lebensgrundlage dient. Beruf ist danach nicht nur die aufgrund einer persönlichen "Berufung" ausgewählte und aufgenommene Tätigkeit, sondern jede auf Erwerb gerichtete Beschäftigung, die sich nicht in einem einmaligen Erwerbsakt erschöpft. Bei diesem weiten, nicht personal gebundenen Berufsbegriff ist das Grundrecht gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf juristische Personen des Privatrechts anwendbar. Handelt es sich bei der juristischen Person um einen Verein, schützt Art. 12 Abs. 1 GG dessen Tätigkeit allerdings nur dann, wenn die Führung des Geschäftsbetriebes zu seinen satzungsmäßigen Zwecken gehört (BVerfGE 97, 228, 253 = NJW 1998, 1627 f. m.w.N.). Ein solcher satzungsmäßig geführter Geschäftsbetrieb scheidet im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil es sich bei dem Beklagten um einen Amateurverein handelt. Ein derartiger Verein ist ein Idealverein im Sinne des § 21 BGB; sein (Haupt-)Zweck ist nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, sondern darauf, den Mitgliedern die geeigneten Bedingungen für die sportliche Betätigung zu schaffen. Soweit es sein Nebenzweck ist, Einnahmen aus Punkt- und Freundschaftsspielen zu erzielen, nimmt ihm dies nicht die Eigenschaft als Idealverein (MünchKomm.-Reuter, BGB 3. Aufl. Rdn. 17 ff. zu §§ 21, 22; vgl. dort auch Rdn. 36 a zu den Bundesligavereinen).

b) Ob es sich bei einem Amateurverein um eine Ausbildungsstätte im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG handeln könnte, bedarf keiner näheren Erörterung. Träger des Grundrechts ist nur der Auszubildende, nicht aber der Inhaber der Ausbildungseinrichtung (Gubbelt in: v. Münch/Kunig, GG-Kommentar 3. Aufl. Art. 12 Rdn. 27; Jarass/Pieroth, GG-Kommentar 3. Aufl. Art. 12 Rdn. 45; Tettinger in: Sachs, GG-Kommentar 2. Aufl. Art. 12 Rdn. 58; vgl. auch Krogmann, Grundrechte im Sport 1998, S. 42 f.).

3. Endlich scheidet auch Art. 2 Abs. 1 GG aus.

Zwar schützt dieses Grundrecht als Ausfluß der allgemeinen Handlungsfreiheit auch die Freiheit im wirtschaftlichen Verkehr und die Vertragsfreiheit (BVerfGE 98, 218, 259 m.w.N.). Doch schließen die besonderen Grundrechtsnormen für ihren Bereich die Anwendung des Art. 2 Abs. 1 GG aus (BVerfGE 67, 157, 171 m.w.N.). Eine Norm, die Art. 12 Abs. 1 GG verletzt, kann daher nicht unter Hinweis auf Art. 2 Abs. 1 GG aufrechterhalten werden.

IV. An dieser am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG ausgerichteten Entschädigungsregelung als nichtig sieht sich der Senat nicht durch die Entscheidung des III. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes vom 13. November 1975 (III ZR 106/72, NJW 1976, 565 ff.) gehindert. Die dortigen Ausführungen zu einer Ablöseentschädigung im Zusammenhang mit der Geschäftsgrundlage für den Transfer eines in den sogenannten Bundesligaskandal verwickelten Lizenzspielers bezogen sich ohne nähere Auseinandersetzung und insbesondere ohne grundrechtliche Überprüfung auf die inzwischen nicht mehr aktuellen damaligen Statuten des DFB sowie die ebenfalls nicht mehr aktuellen Anschauungen und Begleitumstände des damaligen Profi-Spielertransfers; sie sind bereits deshalb nicht auf die hier zur Entscheidung anstehenden Fragen übertragbar.

Die am Maßstab des Art. 12 GG vorgenommene Bewertung der vorliegenden Verbandsnorm steht im übrigen in Einklang mit den Wertmaßstäben, die sich aus der in Art. 48 EGV gewährleisteten Freizügigkeit innerhalb der europäischen Gemeinschaft ergeben (so auch: BAGE 84, 344, 359). Nach der vom EuGH im Fall Bosman (aaO) getroffenen Entscheidung steht Art. 48 EGV a.F. (= Art. 39 EGV n.F.) der Anwendung von durch Sportverbände aufgestellten Regeln entgegen, nach denen ein Berufsfußballspieler, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, bei Ablauf seines Vertrages nur dann von einem anderen Verein beschäftigt werden kann, wenn dieser dem bisherigen eine Transfer-, Ausbildungs- oder Förderungsentschädigung gezahlt hat. Diese Wertentscheidung läßt sich auf Eishockeyspieler und auf die am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG orientierte Bewertung der in Art. 59 SpO-DEB (mit-)geregelten Fallkonstellation des jungen Amateurs übertragen: So wie der Berufsspieler durch eine Entschädigungsregelung an der Möglichkeit des Arbeitsplatzwechsels gehindert wird, wird der Amateur in seiner durch Art. 12 GG geschützten Berufswahl und der Wahl seines ersten Arbeitsplatzes unzulässig beeinträchtigt.

V. Da Art. 59 Nr. 1 Abs. 1, Nr. 3 Abs. 4 Satz 1 SpO-DEB in Verbindung mit den Transferbestimmungen für den Bereich der Bundesliga I und II bereits wegen Verstoßes gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG zum Ausdruck kommende Wertentscheidung des Grundgesetzes sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB und damit nichtig ist, bedarf die Frage, ob diese Verbandsnorm zudem mit dem im Art. 3 GG verankerten Diskriminierungsverbot unvereinbar ist sowie wettbewerbsrechtlichen Bedenken begegnet und auch deshalb unwirksam ist, keiner Entscheidung.

D.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 46.000,-- DM. Diesen Betrag hat der Beklagte ohne rechtlichen Grund von ihr erlangt (§ 812 Abs. 1 Satz 1 BGB).

I. Der Rückzahlung kann der Beklagte nicht den Wegfall der Bereicherung entgegenhalten. Er macht geltend, er habe mit der Aus- und Weiterbildungsentschädigung den Spieler J. H. verpflichtet, dessen Ablösung 25.000,-- DM gekostet habe und der 5.000,-- DM netto monatlich erhalte. Für diese Verpflichtung mag die Zahlung der Aus- und Weiterbildungsentschädigung ursächlich gewesen sein. Der Beklagte hat jedoch nicht behauptet, daß der Spieler J. H. die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt habe. Nur wenn er sich für die Mannschaft des Beklagten als wertlos erwiesen hätte, wäre der Beklagte im Sinne des § 818 Abs. 3 BGB entreichert.

II. Die Voraussetzungen des § 814 BGB liegen nicht vor. Der darlegungspflichtige Beklagte hat nicht vorgetragen, daß die Klägerin das Fehlen des Rechtsgrundes im Zeitpunkt der Leistung gekannt hat (vgl. dazu MünchKomm.-Lieb, BGB 3. Aufl. § 814 Rdn. 3, 10, 16).

Ende der Entscheidung

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