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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 22.03.2004
Aktenzeichen: II ZR 7/02
Rechtsgebiete: GmbHG
Vorschriften:
GmbHG § 19 Abs. 1 | |
GmbHG § 19 Abs. 2 | |
GmbHG § 19 Abs. 5 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 22. März 2004
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2004 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly, Münke und Dr. Gehrlein
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 7. November 2001 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Durch Gesellschaftsvertrag vom 4. Mai 1993 wurde die M. Vertriebs GmbH errichtet. Einziger Gesellschafter der mit einem Stammkapital von 100.000,00 DM ausgestatteten GmbH war der Beklagte, der seinen Geschäftsanteil treuhänderisch für W. B., den Geschäftsführer der Gesellschaft, hielt. Ein unter dem Namen der GmbH eröffnetes Konto wies am 30. April 1993 ein Guthaben von 100.000,00 DM auf. Über dieses Konto - die zeitliche Reihenfolge ist streitig - wurden am 4. Mai 1993 durch den Treugeber B. eine Einzahlung und eine Auszahlung von 100.000,00 DM abgewickelt.
Der zum Insolvenzverwalter der GmbH bestellte Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung seiner Stammeinlage von 100.000,00 DM in Anspruch. Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist die Einlage ordnungsgemäß erbracht worden. Falls nach der Einzahlung von 100.000,00 DM eine Auszahlung in gleicher Höhe erfolgt sei, berühre dies nicht die Wirksamkeit der Stammeinlageleistung, weil auf dem Konto auch nach der Barabhebung ein Betrag von 100.000,00 DM vorhanden gewesen sei. Im umgekehrten Fall einer zunächst bewirkten Auszahlung sei die Stammeinlage durch die spätere Einzahlung erbracht worden, weil kein Verbot bestanden habe, das auf dem Konto befindliche Guthaben zu entnehmen.
II. Diese Würdigung des Oberlandesgerichts hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Dies gilt ungeachtet dessen, ob die Einzahlung oder die Auszahlung zuerst erfolgte. In beiden Fällen fehlt es an einer Bewirkung der Einlage zur endgültig freien Verfügung des Geschäftsführers (§ 8 Abs. 2 Satz 1 GmbHG).
1. Wurde der am 4. Mai 1993 auf das Konto eingezahlte Betrag anschließend noch am selben Tage abgehoben, so wurde die Einlageschuld des Beklagten nicht erfüllt.
An einer Leistung der geschuldeten Bareinlage zur endgültigen freien Verfügung der Geschäftsführer fehlt es jedenfalls bei einer reinen Scheinzahlung, bei der die im voraus abgesprochene Rückzahlung keinen außerhalb dieser Abrede liegenden Rechtsgrund hat (BGHZ 113, 335, 347). Ebensowenig tilgt die Hin- und Herzahlung des Einlagebetrags binnen weniger Tage die Einlageschuld, weil in einem solchen Falle vermutet wird, daß die Leistung nicht zur endgültig freien Verfügung der Geschäftsführung gestanden hat (BGHZ 113, 335, 348; Sen.Urt. v. 17. September 2001 - II ZR 275/99, ZIP 2001, 1997 m.w.N.; Sen.Urt. v. 16. März 1998 - II ZR 303/96, ZIP 1998, 780, 782). Eine Erfüllungswirkung kommt, ohne daß der naheliegenden Möglichkeit eines Scheingeschäfts näher nachgegangen zu werden braucht, angesichts des überaus engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Ein- und Auszahlung nicht in Betracht. Es fehlt an einer effektiven Zufuhr der Bareinlage, durch die der Einleger seine Verfügungsmacht über die Barmittel endgültig und ohne Vorbehalte zugunsten der Gesellschaft aufgibt.
2. Ebenso scheidet eine Tilgung der Einlageschuld aus, wenn der am 4. Mai 1993 dem Konto entnommene Betrag von 100.000,00 DM unmittelbar danach dem Konto zwecks Begleichung der Einlageschuld wieder zugeführt wurde.
Die Stammeinlage kann von einem Dritten (§ 267 BGB) oder durch den Gesellschafter mit Hilfe von Mitteln eines Dritten erbracht werden. Zahlungen aus dem Vermögen der GmbH, die dem Gesellschafter als Darlehen oder in sonstiger Weise überlassen werden, sind jedoch zur Tilgung der Einlageschuld nicht geeignet (BGHZ 153, 107, 110; 28, 77 f.). Durch die Einzahlung des zuvor abgehobenen Betrags wurde die Einlage aus Mitteln der GmbH erbracht. Diese Transaktion steht einem verbotenen Erlaß der Einlageschuld (§ 19 Abs. 2 GmbHG) gleich, weil der Gesellschafter von seiner Einlageschuld befreit wird, ohne selbst etwas aufgewendet zu haben. Selbst wenn der Abhebung ein gegen die (Vor-)Gesellschaft gerichteter Entnahmeanspruch zugrunde gelegen haben sollte, hätte die Erbringung der Einlage mit Hilfe der auf diese Weise erlangten Mittel unter den gegebenen Umständen nur unter Beachtung besonderer, im vorliegenden Fall nicht erfüllter Bedingungen (BGHZ 113, 335; Sen.Urt. v. 26. Mai 1997 - II ZR 69/96, ZIP 1997, 1337) schuldbefreiende Wirkung erlangen können.
III. Im Rahmen der neuen mündlichen Verhandlung wird das Berufungsgericht zu prüfen haben, ob die Einlageverpflichtung des Beklagten durch eine vor Abschluß des notariellen Gesellschaftsvertrages geleistete Zahlung von 100.000,00 DM beglichen wurde. Eine die Einlageschuld tilgende Wirkung könnte eine solche Zahlung allerdings nur haben, wenn der Zahlungsbetrag als Einlage geleistet wurde und soweit er unversehrt auf die Vorgesellschaft überging. War allerdings unter Verwendung dieses Geldbetrages bereits ein Geschäftsbetrieb eröffnet und mit seinen Aktiva und Passiva auf die Vorgesellschaft übertragen worden, so scheidet eine Begleichung der Bareinlageverpflichtung aus (vgl. Sen.Urt. v. 15. März 2004 - II ZR 210/01, z.V. in BGHZ bestimmt; Sen.Urt. v. 22. Juni 1992 - II ZR 30/91, NJW 1992, 2698 f.).
Ende der Entscheidung
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