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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 15.11.1999
Aktenzeichen: II ZR 98/98
Rechtsgebiete: BGB, KO


Vorschriften:

BGB § 135 Abs. 2
BGB § 136
BGB § 932 Abs. 2
KO § 106
BGB §§ 135 Abs. 2, 136, 932 Abs. 2; KO § 106

Zu den Anforderungen an die tatrichterliche Feststellung der groben Fahrlässigkeit beim Erwerb beweglicher Sachen, die einem gerichtlichen Verfügungsverbot nach § 106 KO unterliegen.

BGH, Urt. v. 15. November 1999 - II ZR 98/98 - OLG Hamm LG Essen


In der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 9. Dezember 1999

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

II ZR 98/98

Verkündet am: 15. November 1999

Vondrasek Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 1999 durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter Prof. Dr. Henze, Prof. Dr. Goette, Dr. Kurzwelly und die Richterin Münke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 26. Januar 1998 aufgehoben, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt worden ist.

Die Sache wird insoweit zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger wurde am 31. Januar 1997 zunächst zum Sequester und am 29. September 1997 zum Konkursverwalter über das Vermögen der M. Bauträgergesellschaft mbH (nachfolgend: Gemeinschuldnerin) bestellt. Diese hatte Ende 1993 zwei Personenkraftwagen - und zwar einen M. SL Roadster zum Preis von 148.594,-- DM und einen M. C für 65.431,-- DM - erworben, die der den Kauf finanzierenden.

W. bank in K. (nachfolgend: W. ) sicherungsübereignet wurden. Nachdem im Verlaufe des Jahres 1996 mehrere Gläubiger der Gemeinschuldnerin Konkursantrag gestellt hatten, verkaufte sie - vertreten durch ihren Geschäftsführer T. - mit schriftlichem Vertrag vom 10. Januar 1997 die beiden Fahrzeuge an den Beklagten zum Gesamtpreis von 66.000,-- DM, der "in bar an die finanzierende Bank" entrichtet werden sollte. Am 31. Januar 1997, 15.00 Uhr, wurde gegen die Gemeinschuldnerin ein allgemeines Verfügungsverbot erlassen und Sequestration angeordnet; der Beschluß wurde ihr am 4. Februar 1997 bekannt gegeben. Am 7. Februar 1997 begab sich der Beklagte in Begleitung des Zeugen T. zum Zwecke der weiteren Abwicklung des Kaufvertrages nach K. und zahlte dort auf ein Konto der W. bei der B. Bank bar den noch offenen Restdarlehensbetrag aus der Kfz-Finanzierung von 58.906,24 DM ein; anschließend wurden gegen Vorlage der Einzahlungsquittung von der W. die Kfz-Briefe ausgehändigt. Am selben Tage beglich der Beklagte - ebenfalls im Einvernehmen mit dem Zeugen T. - unter Anrechnung auf den Kaufpreis eine Rechnung des Autohauses L. gegen die Gemeinschuldnerin über 6.290,20 DM für die Reparatur des Pkw M. SL; dieses gab daraufhin das von ihr bis dahin zurückgehaltene reparierte Fahrzeug heraus. Den Restkaufpreis von 803,56 DM will T. dem Beklagten erlassen haben. Die Übertragung des Besitzes an beiden Fahrzeugen auf den Beklagten als Erwerber erfolgte nach dessen Behauptung am 7. Februar 1997, nach Darstellung des Klägers jedoch erst nach der Bekanntgabe des Veräußerungsverbots an den Beklagten am 20. Februar 1997. Mit der im Mai 1997 erhobenen Klage verlangte der Kläger - noch als Sequester - Herausgabe der Fahrzeuge, verbunden mit einem Antrag nach § 283 BGB. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Nachdem in der Berufungsinstanz - nach Konkurseröffnung - unstreitig geworden ist, daß der Beklagte nicht mehr im Besitz der von ihm zwischenzeitlich weiterveräußerten Fahrzeuge ist, haben die Parteien übereinstimmend das Herausgabebegehren für erledigt erklärt. Der Kläger, der als Konkursverwalter mit Schreiben vom 15. Oktober 1997 die Erfüllung des Kaufvertrages abgelehnt hat, begehrt seitdem mit der Klage Schadensersatz in Höhe von 87.250,-- DM. Das Oberlandesgericht hat - unter Zurückweisung der Berufung im übrigen - den Beklagten in Höhe des unstreitig gewordenen Gesamtwertes beider Fahrzeuge von 80.000,-- DM zum Schadensersatz verurteilt. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagte sei dem Kläger zum Schadensersatz in Höhe von 80.000,-- DM gemäß §§ 990, 989 BGB verpflichtet. Er habe von der Gemeinschuldnerin, der im Anschluß an die Tilgung des Restdarlehens von der W. das Eigentum an beiden Fahrzeugen zurückübertragen worden sei, nicht seinerseits daran wirksam Eigentum erworben. Die Verfügung sei nämlich, auch wenn sie bereits am 7. Februar 1997 - dem zu unterstellenden frühesten Zeitpunkt des Besitzerwerbs - vollzogen worden sei , wegen des am 31. Januar 1997 verhängten Verfügungsverbots nach § 106 KO relativ unwirksam, weil der Beklagte insoweit als bösgläubig im Sinne der §§ 136, 135 Abs. 2, 932 Abs. 2 BGB anzusehen sei. Ihm sei jedenfalls grob- fahrlässige Unkenntnis von dem Verfügungsverbot vorzuwerfen, da verschiedene Umstände des Geschäfts - Veräußerung zweier Pkw, Bezahlung durch Kreditablösung in bar und "Auslösung" des reparierten Pkw, eilige Abwicklung - so auffällig gewesen seien, daß sich ihm der Verdacht habe aufdrängen müssen, es könne bereits Konkurs beantragt und ein gerichtliches Verfügungsverbot ergangen sein. Im Falle weiterer - gebotener - Nachforschungen - etwa bei der Gemeinschuldnerin, dem Konkursgericht oder der Schufa - würde er Kenntnis von der Sequestration und dem Verfügungsverbot erlangt haben. Diese Ausführungen zur groben Fahrlässigkeit halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

II. 1. Die Feststellung der Voraussetzungen des Rechtsbegriffs der groben Fahrlässigkeit kann als tatrichterliche Würdigung durch das Revisionsgericht nur darauf überprüft werden, ob dieser Rechtsbegriff verkannt wurde oder ob Verstöße gegen § 286 ZPO, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen (Sen.Urt. v. 13. April 1994 - II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023 m.w.Nw.). Derartige Rechtsfehler sind dem Berufungsgericht hier unterlaufen. Es hat seine Würdigung des Grades der Fahrlässigkeit teils auf lückenhafter Tatsachengrundlage, teils unter Außerachtlassung wesentlicher Umstände und unter Verkennung der Ambivalenz von Indiztatsachen vorgenommen und letztlich auch die Anforderungen an die Nachforschungspflicht des Beklagten überspannt.

2. Eine besonders schwere Sorgfaltspflichtverletzung liegt nach den in der Rechtsprechung entwickelten - und vom Berufungsgericht im Ansatz auch zugrunde gelegten - Grundsätzen vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt wurde, wenn ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder beiseite geschoben wurden und dasjenige unbeachtet geblieben ist, was im gegebenen Fall sich jedem aufgedrängt hätte (Sen., aaO, S. 2023). Dieser Vorwurf wäre nur gerechtfertigt, wenn das Geschäft zwischen der Gemeinschuldnerin und dem Beklagten nach den besonderen Umständen des Falles ungewöhnlich erschienen wäre oder besondere Gründe in der Person des Veräußerers vorgelegen hätten, die einen sorgfältigen Kaufmann zur Vorsicht oder zu weiteren Nachforschungen in bezug auf das Verfügungsverbot nach § 106 KO veranlaßt hätten. Solche Besonderheiten hat das Berufungsgericht nicht fehlerfrei festgestellt.

a) Zu Unrecht hält das Oberlandesgericht bereits den Abschluß des Kaufvertrags und dessen Ausgestaltung für ungewöhnlich. Es übersieht dabei, daß der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ca. 3 Wochen vor der Sequestration für sich genommen unverdächtig ist, weil der Vertrag weder gegen ein gesetzliches noch gegen ein behördliches Verbot verstößt; wäre der Kaufvertrag alsbald beiderseits vollzogen worden, so stünde selbst die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts - zumindest mit Blick auf § 106 KO - außer Zweifel. An diesem Befund ändert sich auch nichts dadurch, daß "auf einen Schlag" zwei Fahrzeuge verkauft wurden, daß diese finanziert und demzufolge sicherungsübereignet waren und daß nach den Vereinbarungen der Beklagte den Kaufpreis in Form der Ablösung des Restkredits durch Barzahlung erbringen sollte. Da es sich um in der Anschaffung kostspielige Fahrzeuge handelte, ist eine Finanzierung des Kaufpreises und eine im Zusammenhang damit erfolgte Sicherungsübereignung nach der Lebenserfahrung - zumal bei Kaufleuten - eher die Regel als die Ausnahme. Nicht ungewöhnlich ist auch die Vereinbarung, den Kaufpreis zur Tilgung der noch offenen Restverbindlichkeiten des Verkäufers einzusetzen, anstatt zunächst - umständlich - eine Ablösung durch den Verkäufer herbeizuführen. Das Berufungsgericht läßt bei seiner - gegenteiligen - Würdigung zudem außer Betracht, daß die praktizierte Form der Ablösung des Kredits - auch durch Barzahlung des vorgesehenen Erwerbers der Fahrzeuge - nach dem bisherigen Ergebnis der Beweisaufnahme mit der W. nicht nur abgesprochen, sondern von dieser sogar so konzipiert war. Daß die Gemeinschuldnerin beide Fahrzeuge verkaufte, die sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an sich zur Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebes benötigte, mag objektiv zutreffen. Es ist jedoch nicht ersichtlich und wird auch seitens des Berufungsgerichts nicht dargelegt, aus welchem Grund dieser Umstand für den Beklagten erkennbar oder sogar offensichtlich gewesen sein könnte. Dagegen spricht bereits die Tatsache, daß es sich um Personenkraftwagen der Ober- bzw. Luxusklasse handelte, die - jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht des mit den internen Verhältnissen der Gemeinschuldnerin nicht vertrauten Erwerbers - nicht regelmäßig für den Betrieb einer Bauträgergesellschaft erforderlich sind. Soweit aus der konkreten Ausgestaltung des Kaufvertrages für den unbefangenen Käufer der Verdacht eines Liquiditätsengpasses des Verkäufers entstehen konnte, drängte dies nicht - wie das Oberlandesgericht meint - den weitergehenden Gedanken an einen bevorstehenden Konkurs oder eine entsprechende Sequestration mit Verfügungsverbot auf. Offenbar hat das Berufungsgericht nicht bedacht, daß nicht jeder Zahlungsengpaß eines Unternehmens, ja nicht einmal zwangsläufig ein Konkursantrag, die Verbotswidrigkeit eines Veräußerungsgeschäfts der vorliegenden Art unter dem Blickwinkel des § 106 KO nahelegen muß; dies ergibt sich jedenfalls vorliegend daraus, daß seit dem ersten Konkursantrag im August 1996 bis zur Sequestration immerhin ein Zeitraum von ca. einem halben Jahr vergangen ist, ohne daß deswegen Geschäftsleuten, die mit der späteren Gemeinschuldnerin in dieser Zeit kontrahierten, eine gesteigerte Nachforschungspflicht hinsichtlich der Bonität ihres Vertragspartners oblegen hätte. Entsprechend ambivalent ist auch der Umstand, daß die Gemeinschuldnerin zwei Fahrzeuge "auf einen Schlag" veräußerte; gerät nämlich ein Unternehmen auch nur durchschnittlicher Größe in Liquiditätsschwierigkeiten, so kann es sich - zumal aus der Sicht des nicht mit den Verhältnissen vertrauten Käufers - bei einer solchen Veräußerung um eine naheliegende "Sparmaßnahme" handeln, etwa um betriebliche Abläufe zu straffen, den Fuhrpark zu verkleinern oder ihn umzustrukturieren, beispielsweise durch Anschaffung oder Leasing von Kraftwagen der Mittel- oder Unterklasse anstelle der vorhandenen größeren.

b) Soweit das Berufungsgericht aus der Vollziehung des Kaufvertrages am 7. Februar 1997 eine Verdacht erregende ungewöhnliche Dringlichkeit und Eile ableiten will, fehlt es an tragfähigen Indizien dafür zumindest aus der Sicht des Beklagten als außenstehendem Erwerber. Das Oberlandesgericht zieht dabei ersichtlich schon nicht den naheliegenden Umstand in Betracht, daß zwischen dem Abschluß des Kaufvertrages und seiner Vollziehung der nicht unbeträchtliche Zeitraum von fast einem Monat lag. Es stellt nicht fest, daß in der Zwischenzeit für den Beklagten irgendwelche Umstände aufgetreten wären, die - sei es in bezug auf das abgeschlossene Geschäft, sei es im Hinblick auf die Person des Veräußerers - den Verdacht gesteigerter Zahlungsschwierigkeiten bis hin zur Insolvenz oder einem unmittelbar bevorstehenden oder gar schon erlassenen Verfügungsverbot nahelegten. Soweit der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin nach Aktenlage offenbar den Kläger getäuscht und statt eines vorgespiegelten Sanierungsversuchs in Be. die Zeit bis zum Ingangsetzen der ersten Sequestrierungsmaßnahmen genutzt hat, um die Durchführung des Kaufvertrages mit dem Beklagten zu bewirken, läßt sich eine diesbezügliche Erkenntnismöglichkeit für den Beklagten, die als Grundlage der Überzeugungsbildung des Berufungsgerichts hätte dienen können, nicht belegen. Daher ist auch der Rückschluß des Berufungsgerichts aus der gemeinsamen Fahrt des Beklagten und des Geschäftsführers T. nach K. auf eine ungewöhnliche Eile der Vollziehung des Vertrages spekulativ. Es stellt nämlich nicht fest, aufgrund welcher Umstände die beiden den Entschluß zur Durchführung des Geschäfts gerade am 7. Februar 1997 gefaßt haben; nach den Bekundungen des Zeugen T. entsprach die Art und Weise der konkreten Abwicklung den Vorgaben, die er von der Zweigstelle der W. in E. erhalten hatte. Das Berufungsgericht hat ferner nicht in seine Betrachtung einbezogen, daß auch das Verhalten der Bank - Abwicklung der Formalitäten der Kreditablösung im normalen Geschäftsgang - für den Beklagten nicht auf die - bereits erfolgte - Sequestration mit Anordnung des Verfügungsverbots hindeutete; offensichtlich hatte auch die Bank davon weder Kenntnis noch bestand für sie Veranlassung, sich Gedanken in dieser Richtung zu machen.

c) Schließlich hat das Oberlandesgericht vorschnell die Tatsache, daß der Beklagte die Reparatur des M. SL bezahlte und dadurch dessen Herausgabe durch die Reparaturwerkstatt bewirkte, als Indiz für eine dem Beklagten erkennbare desolate Vermögenssituation der Gemeinschuldnerin angesehen. Da die Restkreditschuld offenbar geringer war, als bei Vertragsabschluß angenommen, war die kurzerhand getroffene Abrede der Verwendung restlicher Zahlungsmittel des Beklagten zur Begleichung der zwischenzeitlich entstandenen Reparaturkostenverbindlichkeit der Gemeinschuldnerin eine naheliegende Vereinfachung des Zahlungsweges. Ob und gegebenenfalls wie die Firma L. die finanzielle Situation der Gemeinschuldnerin einschätzte, konnte der Beklagte nicht wissen; jedenfalls fehlen entsprechende Feststellungen des Berufungsgerichts dazu. Daß etwa die Herausgabe des Fahrzeugs gegen Rechnung ansonsten bei der Firma L. die Regel gewesen wäre, ist eine durch nichts belegte Mutmaßung. Ein allgemeiner Erfahrungssatz über eine generelle Üblichkeit einer solchen Zahlungsmodalität im Kraftfahrzeugreparaturgewerbe existiert nicht; vielmehr gibt es zumindest eine nicht unerhebliche Anzahl von Reparaturbetrieben, die Fahrzeuge selbst bei Stammkunden nicht gegen Rechnung, sondern nur gegen Bezahlung aushändigen, zumal wenn - wie hier - die Kosten mit über 6.000,-- DM nicht unbeträchtlich sind.

d) Weitere Indizien, die allein oder im Zusammenwirken mit anderen Umständen den dringenden Verdacht hinsichtlich eines Verfügungsverbots für den Beklagten bereits am 7. Februar 1997 nahegelegt hätten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Zwar hat der Kläger pauschal behauptet, dem Beklagten seien zur Zeit der Vornahme des vorliegenden Geschäfts (Kaufvertrag/Einigung/Übergabe) sowohl die Einstellung der Zahlungen seitens der Gemeinschuldnerin als auch die Konkursanträge verschiedener Gläubiger aus dem Jahre 1996 bekannt gewesen; das Berufungsgericht hat jedoch den hierzu vom Kläger angetretenen Beweis durch Parteivernehmung des Beklagten nicht erhoben, so daß die Beurteilung des Grades etwaiger Fahrlässigkeit des Beklagten auch nicht ergänzend darauf gestützt werden kann.

e) Ließ sich nach alledem anhand der durch das Berufungsgericht angeführten "Indizien" für einen neutralen Dritten in der Situation des Beklagten als Erwerber lediglich eine angespannte finanzielle Situation bei der Gemeinschuldnerin vermuten, während ansonsten die Handhabung des vorgenommenen Rechtsgeschäfts - gerade auch mit Bezug auf die sonstigen daran beteiligten Geschäftspartner der Gemeinschuldnerin - eher unauffällig war, so war für den Beklagten bei nur durchschnittlichem Merk- und Erkenntnisvermögen ohne besondere Aufmerksamkeit und besonders gründliche Überlegungen eine Nachforschung bei der Schufa oder gar dem Konkursgericht hinsichtlich eines Verfügungsverbots nicht veranlaßt. Die Beschränkung des Eigentumserwerbs an beweglichen Sachen durch ein Verfügungsverbot gemäß § 106 KO ist in bezug auf die Frage der Bösgläubigkeit - verglichen mit dem in § 932 BGB geregelten "Normalfall" - eher eine Seltenheit, so daß sich diesbezügliche Nachforschungen im Geschäftsverkehr nur bei Vorliegen besonderer Anhaltspunkte, die hier jedenfalls bislang nicht hinreichend festgestellt sind, aufdrängen müssen. Entsprechendes gilt auch für etwaige Nachforschungen bei der Gemeinschuldnerin. Insoweit kommt hinzu, daß - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - entsprechende Nachforschungen bei ihr nicht einmal Erfolg versprechend gewesen wären. Nach Aktenlage war es gerade der Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin, der sich gegenüber dem Sequester an jenem Tag verleugnen ließ, um heimlich das Geschäft noch "unter Dach und Fach" zu bringen. Daher ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht tragfähig, der Beklagte hätte bei Nachfrage ausgerechnet durch den Geschäftsführer die Information erhalten, daß ein Verfügungsverbot bestand.

3. Läßt sich mithin auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts eine Bösgläubigkeit des Beklagten in bezug auf das Verfügungsverbot nicht begründen, so muß für den für das Revisionsverfahren zu unterstellenden Zeitpunkt des 7. Februar 1997 von einem gutgläubig unbeschränkten Eigentumserwerb des Beklagten an den beiden Fahrzeugen ausgegangen werden; Schadensersatzansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis gemäß §§ 989, 990 BGB entfallen dann.

a) Die Verurteilung des Beklagten läßt sich in diesem Fall auch nicht mit anderer Begründung aufrechterhalten (§ 563 ZPO). Hat nämlich der Beklagte seinerzeit gutgläubig im Hinblick auf das am 31. Januar 1997 durch das Amtsgericht E. angeordnete Verfügungsverbot Eigentum an den beiden Pkw erworben, so ist die vom Kläger ausgesprochene Erfüllungsablehnung nach § 17 KO unwirksam, weil die Gemeinschuldnerin dann die ihr nach dem Kaufvertrag vom 11. Januar 1997 obliegende Leistung (Übereignung der beiden Pkw) bereits vor der Eröffnung des Konkursverfahrens erbracht hat. Vollständige Erfüllung auch nur von seiten einer Vertragspartei schließt die Anwendung des § 17 KO aus (BGH, Urt. v. 24.Oktober 1979 - VIII ZR 298/78, NJW 1980, 226, 227 m.N.). Damit verbliebe die Leistung der Gemeinschuldnerin - vorbehaltlich einer vom Kläger nur hilfsweise geltend gemachten Konkursanfechtung - dem anderen Teil; lediglich ein - nicht bereits erfüllter - Anspruch auf die Gegenleistung wäre vom Konkursverwalter noch zur Masse einzuziehen (vgl. Jaeger/Henckel, KO 9. Aufl. § 17 Rdn. 3). Da der vom Beklagten behauptete Erlaß des von dem vereinbarten Kaufpreis von 66.000,-- DM ausstehenden Restes von 803,56 DM wegen des Verfügungsverbots unwirksam war, bestünde die Kaufpreisforderung noch in diesem geringen Umfang. Der Senat sieht sich indessen daran gehindert, der Klage im Wege einer die Revision insoweit zurückweisenden Endentscheidung zugunsten des Klägers stattzugeben, weil dieser sein Klagebegehren bislang ausschließlich auf einen Schadensersatzanspruch, nicht jedoch auch nur hilfsweise auf den davon zu unterscheidenden Klagegrund der Erfüllung gestützt hat.

b) Andererseits ist der Rechtsstreit im übrigen auch nicht im Sinne endgültiger Klageabweisung endentscheidungsreif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ), weil die bisherige Entscheidung des Oberlandesgerichts lediglich auf der Unterstellung des - streitigen - Übergabezeitpunkts entsprechend dem Beklagtenvortrag beruht, während der Kläger die Besitzübertragung erst für einen Zeitpunkt behauptet hat, in dem der Beklagte bereits Kenntnis von dem Verfügungsverbot hatte.

III. Die Sache ist danach zur weiteren Sachaufklärung, insbesondere zur umstrittenen Frage des Übergabezeitpunkts, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit es die erforderlichen Feststellungen - gegebenenfalls auch ergänzend zur Frage der Bösgläubigkeit - treffen kann.

Sollte das Oberlandesgericht aufgrund der wiederholten Berufungsverhandlung erneut eine Schadensersatzforderung oder einen sonstigen Ersatzanspruch des Klägers auf der Grundlage einer Erfüllungsablehnung gemäß § 17 KO dem Grunde nach feststellen, wird es sich mit den hilfsweise erhobenen Einwänden der Revision zur Anspruchshöhe und zu etwaigen Gegenrechten des Beklagten zu befassen haben, die im vorliegenden Revisionsverfahren nicht mehr entscheidungserheblich waren.

Ende der Entscheidung

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