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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 27.02.2003
Aktenzeichen: III ZB 29/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 661a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZB 29/02

vom

27. Februar 2003

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 27. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke

beschlossen:

Tenor:

Auf die Rechtsmittel der Antragstellerin werden der Beschluß des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 23. Mai 2002 aufgehoben und der Beschluß der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 18. März 2002 abgeändert.

Der Antragstellerin wird für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 17.847,28 € (= 34.906,25 DM) nebst 9,26 % Zinsen seit dem 18. August 2001 Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt.

Der Antragstellerin wird im vorbeschriebenen Umfang für die Verfolgung ihrer Rechte im Rechtsbeschwerderechtszug Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung bewilligt; ihr wird insoweit Rechtsanwalt Dr. P. beigeordnet.

Die weitergehenden Rechtsmittel und die weitergehenden Anträge auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe werden zurückgewiesen.

Eine Gebühr ist nicht zu erheben.

Gründe:

I.

Im Januar 2001 ging der Antragstellerin ein Versandhandelskatalog der H. & F. bv. zu. Der Sendung war ein Schreiben der "K. & P. . Steuerberatung. Wirtschaftsprüfer" vom 22. Januar 2001 beigefügt, in dem es unter anderem hieß:

"Benachrichtigung über die Vergabe von DM 35.000,-/DM 34.906,25, für Frau W. S. <= Antragstellerin> ...

Sehr geehrte Frau S. , hiermit teilen wir Ihnen mit, dass Sie auszahlungsberechtigt sind.

Um Ihren Betrag ordnungsgemäß auszahlen zu können, benötigen wir umgehend das auf der beiliegenden offiziellen Computer-Bestätigung befindliche Abruf-Siegel ... als Bestätigung Ihrerseits zurück ..."

In einem weiteren, der Antragstellerin mitübersandten Schriftstück ohne Datum und Briefkopf, auf dem ein Fernseher abgebildet war, stand:

"Dieses Gerät kann schon bald Ihnen gehören!

Wir vergeben 10 x diesen Fernseher oder 4390,- DM in bar ..."

Die Antragstellerin macht geltend, in den Schreiben sei eine Gewinnzusage im Sinne des § 661a BGB zu sehen. Da es sich bei der H. & F. bv. um eine Briefkastenfirma der Antragstellerin handele, müsse letztere den Preis leisten.

Die Antragstellerin begehrt für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 39.296,25 DM (= 34.906,25 DM + 4.390 DM) nebst Zinsen gegen die Antragsgegnerin Prozeßkostenhilfe. Landgericht und Oberlandesgericht haben die Prozeßkostenhilfe verweigert. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Gesuch um Prozeßkostenhilfe für die Klage weiter; sie beantragt ferner Prozeßkostenhilfe für das Verfahren der Rechtsbeschwerde.

II.

1. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts und Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zur Auslegung des § 661a BGB zugelassen; das war nicht zulässig.

Im Verfahren der Prozeßkostenhilfe kommt eine Zulassung der Rechtsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) - oder dem der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO) - nur in Betracht, wenn es um Fragen des Verfahrens der Prozeßkostenhilfe oder der persönlichen Voraussetzungen ihrer Bewilligung geht (vgl. BGH, Beschluß vom 21. November 2002 - V ZB 40/02 Umdruck S. 3 f). Um solche Fragen ging es hier nicht; der Senat ist aber an die - rechtsfehlerhafte - Zulassung gebunden (§ 574 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

2. Die Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. Der Antragstellerin ist für die beabsichtigte Klage auf Zahlung von 17.847,28 € (= 34.906,25 DM) nebst Zinsen Prozeßkostenhilfe ohne Zahlungsverpflichtung zu bewilligen (§ 577 Abs. 5 ZPO); der weitergehende Antrag ist unbegründet.

a) Das Oberlandesgericht hat der Antragstellerin die Prozeßkostenhilfe versagt, weil die beabsichtigte Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Nach § 661a BGB hafte nur derjenige Unternehmer, der als Versender eines täuschenden Gewinnversprechens nach außen in Erscheinung trete. Dem Vorbringen der Antragstellerin sei nicht zu entnehmen, daß dies bei der Antragsgegnerin der Fall gewesen sei.

Hinsichtlich des Teilbetrages von 4.390 DM liege nicht einmal eine Gewinnzusage vor.

b) Die Entscheidung des Oberlandesgerichts hält der rechtlichen Prüfung nicht in allen Punkten stand.

aa) Das Oberlandesgericht hat die Erfolgsaussicht zu Unrecht verneint, soweit die beabsichtigte Klage auf die "Benachrichtigung über die Vergabe von DM 35.000,-/DM 34.906,25" vom 22. Januar 2001 gestützt und Zahlung von 17.847,28 € (= 34.906,25 DM) nebst Zinsen verlangt wird.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hat in aller Regel bereits dann hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 ZPO), wenn die Entscheidung von der Beantwortung schwieriger Rechts- oder Tatfragen abhängt. Die Prüfung der Erfolgsaussicht darf nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung in das Nebenverfahren der Prozeßkostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Das Prozeßkostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern zugänglich machen (BVerfGE 81, 347, 357 ff; BVerfG NJW 1994, 241, 242 und 2000, 1936, 1937; Senatsbeschluß vom 12. September 2002 - III ZB 43/02 - NJW 2002, 3554; BGH, Beschluß vom 9. September 1997 - IX ZB 92/97 - NJW 1998, 82 und vom 26. April 2001 - IX ZB 25/01 - MDR 2001, 1007). Im Streitfall ist das Oberlandesgericht im Grunde selbst davon ausgegangen, daß eine schwierige, bislang ungeklärte Frage des materiellen Rechts zu entscheiden ist. Denn es hat die Rechtsbeschwerde unter anderem mit der Erwägung zugelassen, der Fall gebe Veranlassung, Grundsätze für die Auslegung des § 661a BGB zu entwickeln und zwar dazu, wer als (Ver-)Sender der Gewinnzusage anzusehen sei. Eine solche grundsätzliche Frage ist nicht in dem summarischen Prozeßkostenhilfeverfahren, sondern im ordentlichen Klageverfahren auf der Grundlage der dort nach vertiefter Erörterung getroffenen Feststellungen zu entscheiden.

bb) Die in Aussicht genommene Klage bietet hingegen keine Aussicht auf Erfolg, soweit sie auf Zahlung von 4.390 DM (nebst Zinsen) gerichtet ist. Insoweit hat das Oberlandesgericht - unbeanstandet von der Rechtsbeschwerde - festgestellt, daß in der Ankündigung "Dieses Gerät kann schon bald Ihnen gehören! Wir vergeben 10 x diesen Fernseher oder 4390,- DM in bar." weder eine Gewinnzusage noch eine vergleichbare Mitteilung (§ 661a BGB) gesehen werden kann. Auf die vorbeschriebene grundsätzliche Frage kommt es hier nicht an.

cc) Die Antragstellerin hat belegt, daß sie nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen kann.

III.

Der Antragstellerin ist, weil sie nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten ihrer Rechtsverfolgung im Rechtsbeschwerderechtszug nicht aufbringen kann, im selben Umfang wie für die beabsichtigte Klage Prozeßkostenhilfe für den Rechtsbeschwerderechtszug zu bewilligen. Der Grundsatz, daß für das Prozeßkostenhilfeverfahren Prozeßkostenhilfe nicht gewährt werden kann (BGHZ 91, 311), steht nicht entgegen (vgl. Senatsbeschluß vom 19. Dezember 2002 - III ZB 33/02, Umdruck S. 5 f).

Ende der Entscheidung

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