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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 17.09.2008
Aktenzeichen: III ZR 129/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
ZPO § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

III ZR 129/07

vom 17. September 2008

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 17. September 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dörr, Dr. Herrmann, die Richterin Harsdorf-Gebhardt und den Richter Hucke

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 4. April 2007 - I-18 U 70/06 - wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten des beklagten Landes haben die Kläger zu 55,4 % und die Klägerin zu 1 allein zu weiteren 44,6 % zu tragen. Die Kläger haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Streitwert: 859.832,47 €

Gründe:

1. Die Revision ist nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 2. Alt. ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen, soweit das Berufungsgericht angenommen hat, dass die von den Klägern erhobenen Amtshaftungsansprüche in Bezug auf sämtliche Amtspflichtverletzungen spätestens im Mai 1999 verjährt seien. Damit hat das Berufungsgericht weder den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt noch willkürlich entschieden noch die rechtlichen Ansatzpunkte zur Bestimmung der Verjährungsfrist bei Amtshaftungsansprüchen grundlegend missverstanden. Das Berufungsgericht hat beachtet, dass mehrere unerlaubte Handlungen zu einer gesonderten verjährungsrechtlichen Betrachtung führen, weil jede Verletzungshandlung eine neue Schädigung und einen neuen Schadensersatzanspruch erzeugt (Senatsurteile BGHZ 97, 97, 110; 98, 77, 83; vom 20. Februar 2003 - III ZR 224/01 - NJW 2003, 1308, 1313 unter III. 3.; Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2006 - III ZR 144/05 - NVwZ 2007, 362, 367 Rn. 37; jeweils m.w.N.). Das Berufungsgericht hat nicht einen einheitlichen Verjährungsbeginn im Mai 1996 festgestellt, sondern den Beginn der Verjährungsfrist für die einzelnen, in Betracht kommenden Amtspflichtverletzungen gesondert bestimmt und dabei jeweils auf die hinreichende Kenntnis der Kläger von den anspruchsbegründenden Umständen abgestellt. Dabei ist das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon ausgegangen, dass der Geschädigte wissen muss, dass die Amtshandlung widerrechtlich und schuldhaft war und deshalb eine Amtspflichtverletzung darstellt. Dafür genügt es im Allgemeinen, dass der Verletzte die tatsächlichen Umstände kennt, die eine schuldhafte Amtspflichtverletzung als nahe liegend und eine Amtshaftungsklage - sei es auch nur als Feststellungsklage - als so aussichtsreich erscheinen lassen, dass ihm die Klageerhebung zugemutet werden kann (Senatsurteile, BGHZ 138, 247, 252; 170, 260, 271; Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2006 aaO S. 365 f Rn. 27, 30; jeweils m.w.N.).

Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler in tatrichterlicher Würdigung aus den Stellungnahmen des von den Klägern beauftragten Rechtsanwalts und des Klägers zu 2 entnommen, dass die Kläger bereits im Jahre 1995 mit hinreichender Sicherheit um das Vorliegen ganz erheblicher Fehler in den Prüfberichten der Steuerfahndung Düsseldorf wussten. Diese Kenntnis hat das Berufungsgericht auch in Bezug auf die Ankündigung des Finanzamts Düsseldorf-Nord, den steuerrechtlichen Bericht der Steuerfahndung Düsseldorf der Veranlagung zugrunde zu legen, bejaht. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, selbst wenn die Kläger erst durch die Akteneinsicht am 5. Mai 1999 erfuhren, dass das Finanzamt Düsseldorf-Nord die Prüfung des Abschlussberichts der Steuerfahndung Düsseldorf hinsichtlich der zugrunde liegenden Berechnungen insgesamt unterlassen hatte. Aus welchem Grund die Berechnungsfehler dem Finanzamt Düsseldorf-Nord vor Versendung des Abschlussberichts nicht aufgefallen waren, ist für die Kenntnis von einer unsorgfältigen Prüfung ohne Belang.

Ohne Erfolg machen die Beschwerdeführer geltend, ihnen sei die Erhebung einer Amtshaftungsklage frühestens im Oktober 1996 nach Zustellung des steuerrechtlichen Berichts der Steuerfahndung Wuppertal vom 13. September 1996, durch den "Entwarnung" gegeben worden sei, zumutbar gewesen. Dadurch wurde die nach den tatrichterlichen Feststellungen bereits vorher erlangte Überzeugung der Kläger von der Fehlerhaftigkeit der Prüfberichte allenfalls bestätigt, aber nicht begründet. Schließlich sind die Erwägungen, mit denen der Senat eine Amtshaftungsklage erst dann für zumutbar erachtet hat, wenn das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt hat (BGHZ 138, 247, 255 f), hier nicht einschlägig, weil es nicht um eine amtspflichtwidrige Anklageerhebung ging. Die von der Staatsanwaltschaft erhobene Anklage war nicht auf den fehlerhaften Bericht der Steuerfahndung Düsseldorf, sondern auf den strafrechtlichen Ergänzungsbericht der Steuerfahndung Wuppertal gestützt. Mit Blick darauf musste das Berufungsgericht die für eine zumutbare Klageerhebung hinreichende Kenntnis nicht daran knüpfen, dass den Klägern im Juni 1997 die Rechtskraft des Beschlusses des Landgerichts, mit dem die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt worden war, bekannt wurde.

2. Eine Zulassung der Revision ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO geboten, soweit das Berufungsgericht eine Unterbrechung der Verjährung nach den Grundsätzen über die Inanspruchnahme von Primärrechtsschutz verneint hat. Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats der Inanspruchnahme des Primärrechtsschutzes verjährungsunterbrechende Wirkung grundsätzlich auch bezüglich der zivilrechtlichen Geltendmachung des Amtshaftungsanspruchs zuerkannt (Senatsurteile, BGHZ 138, 247, 250 f; vom 6. Juli 1995 - III ZR 145/94 - NJW 1995, 2778, 2779 unter I. 3. a); Senatsbeschluss vom 12. Oktober 2006 aaO Rn. 31; jeweils m.w.N.). Eine Möglichkeit, durch den Primärrechtsschutz noch Abhilfe hinsichtlich der unrichtigen Tatsachenfeststellungen der Steuerfahndung Düsseldorf zu schaffen, hat das Berufungsgericht in den Klagen gegen die Steuerbescheide nicht gesehen, weil diese im Wesentlichen auf dem korrigierenden Bericht der Steuerfahndung Wuppertal beruhten. Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wirft keine über den Einzelfall hinausreichende klärungsbedürftige Frage auf. Das gilt auch, soweit das Berufungsgericht den Gegenvorstellungen der Kläger gegen die Prüfberichte der Steuerfahndung Düsseldorf keine verjährungsunterbrechende Wirkung zugebilligt hat.

Im Übrigen wird von einer Begründung abgesehen (§ 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO).

Ende der Entscheidung

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