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Gericht: Bundesgerichtshof
Beschluss verkündet am 26.02.2009
Aktenzeichen: III ZR 135/08
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 286 | |
ZPO § 543 Abs. 2 |
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat
am 26. Februar 2009
durch
den Vorsitzenden Richter Schlick,
den Richter Wöstmann,
die Richterin Harsdorf-Gebhardt sowie
die Richter Hucke und Seiters
beschlossen:
Tenor:
Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin gemäß § 552a ZPO durch Beschluss zurückzuweisen. Die Klägerin hat Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe:
1.
Der Rechtssache fehlt die grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO), da sie keine entscheidungserhebliche klärungsbedürftige Frage aufwirft, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einheitlicher Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. z.B.: BGHZ 151, 221, 223 ; 152, 182, 190 ; Zöller/Heßler, ZPO, 27. Aufl., § 543 Rn. 11 jeweils m.w.N.).
Die vom Berufungsgericht als rechtsgrundsätzlich bezeichnete Frage stellt sich in dieser Form nicht. Da es auf der Hand liegt, dass ein Notar nicht verpflichtet ist, organisatorische Vorkehrungen zu treffen, aufgrund derer ihm der Inhalt jedweder Urkunde bei späteren Amtshandlungen gegenwärtig ist, kann die aufgeworfene Frage nur als Ausnahmetatbestand im Zusammenhang mit den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles beantwortet werden. Hierzu lassen sich allgemein gültige konkrete Maßstäbe nicht benennen.
Auch im Übrigen sind Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) nicht gegeben.
2.
Der Revision der Klägerin fehlt die Aussicht auf Erfolg.
a)
Die Frage, ob ein Notar generell über eine ihm bekannte Innenprovision, jedenfalls wenn diese 15 % des Erwerbspreises übersteigt, aufklären muss, kann dahinstehen. Gemessen am Maßstab eines durchschnittlich erfahrenen und pflichtbewussten Notars (BGHZ 145, 265, 275) hat der Beklagte - wie das Berufungsgericht ohne revisionserhebliche Fehler festgestellt hat - damals jedenfalls nicht schuldhaft gehandelt.
Zwar kann sich - wie der Bundesgerichtshof bereits früher betont hat (Urteile vom 24. Februar 1976 - VI ZR 118/74 - VersR 1976, 730 f; vom 20. September 1977 - VI ZR 180/76 - NJW 1978, 219, 220 ; vom 14. Mai 1992 - IX ZR 262/91 - NJW-RR 1992, 1178, 1180 ; vom 27. Mai 1993 - IX ZR 66/92 - NJW 1993, 2744, 2745) - die sog. erweiterte Belehrungspflicht eines Notars in Ausnahmefällen auch auf die wirtschaftlichen Folgen eines Rechtsgeschäftes erstrecken, wenn nach den besonderen Umständen des Einzelfalles - vor allem der rechtlichen Anlage oder vorgesehenen Durchführung des Geschäftes - Anlass zu der Vermutung besteht, einem Beteiligten drohe ein Schaden vor allem deswegen, weil er sich infolge mangelnder Kenntnis der Rechtslage der Gefahr wirtschaftlich nachteiliger Folgen des zu beurkundenden Geschäftes nicht bewusst ist. Damit war aber nicht eine Aufklärung über die Werthaltigkeit des Kaufobjekts bzw. die Angemessenheit des Kaufpreises gemeint, um die sich der Notar grundsätzlich nicht zu kümmern hatte (Senatsurteil vom 25. Juni 1959 - III ZR 69/58 - VersR 1959, 743 f; BGH, Urteil vom 22. November 1966 - VI ZR 39/65 - DNotZ 1967, 323, 324).
Die von der Revision in diesem Zusammenhang angesprochenen Entscheidungen sind bereits deshalb nicht einschlägig, weil es dort nicht um die Aufklärungspflicht eines Notars ging. Sie sind - weil andere Fallgestaltungen betreffend - auch nicht geeignet, in revisionserheblicher Weise die Feststellung des Berufungsgerichtes in Frage zu stellen, dass der Beklagte unter Berücksichtigung der damals veröffentlichten Rechtsprechung keinen Anlass zu der Annahme hatte, die am Projekt Beteiligten müssten die Klägerin ungefragt über die Innenprovision aufklären. Deshalb kann dahinstehen, ob letzteres überhaupt Einfluss auf die Beurteilung einer eigenen Amtspflichtverletzung des Beklagten hätte.
b)
Die Feststellung des Berufungsgerichts, dem Beklagten sei die fehlende Aufklärung der Klägerin auch nicht aufgrund der besonderen Umstände des Falles als Pflichtverletzung anzulasten, greift die Revision ohne Erfolg an.
aa)
Die Auslegung der Regelung zum Kaufpreis (§ 2 Nr. 2 und 3 KV) ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Revisionsrechtlich relevante Fehler liegen nicht vor.
bb)
Die Rüge, das Berufungsgericht habe im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Beklagten zum Zeitpunkt der Beurkundung der sog. Stammurkunde am 11. August 1994 die im "Bau- und Verkaufsverpflichtungsvertrag mit Erlösgarantie" vom 25. November 1993 enthaltene Regelung über die Innenprovision "präsent" gewesen sei, die Beweislast verkannt, greift nicht durch. Die diesbezügliche Kenntnis betrifft nicht erst das Verschulden des Beklagten, sondern bereits das Vorliegen eines besonderen Umstandes, der für das Bestehen einer notariellen Aufklärungspflicht und damit für den Tatbestand der Amtspflichtverletzung von Bedeutung ist, und den die Klägerin beweisen muss. Soweit das Berufungsgericht nach Maßgabe der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewonnen hat, dass eine solche Kenntnis vorlag, wendet sich die Revision nur gegen die dem Tatrichter obliegende Würdigung. Revisionsrechtlich relevante Fehler werden nicht aufgezeigt. Deshalb kann letztlich auch dahinstehen, ob sich - wie das Berufungsgericht meint - die in der Rechtsprechung zur Aufklärungspflicht im Zusammenhang mit unklaren bzw. irreführenden Angaben in einem Prospekt entwickelten Grundsätze überhaupt auf die sog. Stammurkunde eines Geschäftsbesorgers übertragen lassen.
cc)
Der Einwand der Revision, der Beklagte müsse sich wegen Organisationsverschuldens so behandeln lassen, als habe er Kenntnis gehabt, geht fehl.
Zwar darf ein Notar seinem Büropersonal nicht die Entscheidung darüber überlassen, welche von den Parteien eingereichten Unterlagen ihm im Hinblick auf eine Beurkundung vorgelegt werden, sodass ihn seine Unkenntnis anlässlich der Beurkundung nicht entlastet (BGH, Urteil vom 10. November 1988 - IX ZR 31/88 - NJW 1989, 586 ). Zu der Beurkundung eines Nachtrags zum Vertrag vom 25. November 1993 ist es aber im Sommer 1994 nicht gekommen, sodass dem Beklagten nicht vorgehalten werden kann, er müsse sich so behandeln lassen, als habe er zeitnah zur Beurkundung der Stammurkunde anlässlich einer anderen Amtshandlung erneut Kenntnis von der Innenprovision erhalten.
Der Beklagte war - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat - nicht verpflichtet, im Zusammenhang mit der Beurkundung des Vertrages vom 25. November 1993 sicherzustellen, dass ihm die darin enthaltene Innenprovisionsabrede auch im Zeitpunkt späterer Amtshandlungen präsent sein würde. Ob eine schuldhafte notarielle Pflichtverletzung dann vorliegt, wenn das frühere Ereignis so bedeutsam und die Gefahr, dass es zu einem Nachspiel kommen wird, so nahe liegend ist, dass organisatorische Maßnahmen, die eine spätere Erinnerung gewährleisten, erwartet werden müssen (so Ganter in: Zugehör/Ganter/Hertel, Handbuch der Notarhaftung, 2004, Rn. 2164), kann dahinstehen. Denn ein solcher Fall lag nicht vor, da der Beklagte angesichts der damaligen Rechtsprechung kein besonderes Problembewusstsein bezüglich der Vereinbarung von Innenprovisionen haben musste.
c)
Die Rüge, das Berufungsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 ZPO eine Verletzung der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) verneint, da es "auf der Hand liege", dass die M. GmbH die von der Klägerin und ihrem Ehemann geleisteten Geldbeträge vor Fertigstellung der Wohnanlage zur Begleichung der Provisionsansprüche der H. GmbH verwandt habe, ist unbegründet. Die Klägerin und ihr Ehemann haben die streitgegenständliche Wohnung zu einem Zeitpunkt gekauft, als das Bauvorhaben bis auf Teile der Außenanlage bereits vollständig fertig gestellt war (§ 3 Nr. 1 KV). Dass unter Berücksichtigung der Fälligkeitsregelung für den Kaufpreis (§ 2 Nr. 5 KV) dieser tatsächlich zu einem Zeitpunkt gezahlt wurde, zu dem das Bauvorhaben noch nicht endgültig fertig gestellt war und im Übrigen Handwerkerrechnungen noch offen standen, und die M. GmbH dann keine anderweitigen Mittel, sondern Teile dieses Kaufpreises dazu verwandt hat, Ansprüche der H. GmbH zu befriedigen, ist - wie das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt hat -weder konkret vorgetragen noch aus der Akte ersichtlich. Allein der Hinweis in der Revisionsbegründung auf die - im Übrigen nicht an die Zahlung des Kaufpreises anknüpfende - Fälligkeitsregelung in § 4 Abs. 4 des Vertrages vom 25. November 1993 besagt nichts über die späteren tatsächlichen Zahlungsabläufe. Dahinstehen kann deshalb auch, ob - vor dem Hintergrund, dass § 4 MaBV eine Verwendung von Vermögenswerten des Auftraggebers für anderweitige Zwecke nicht grundsätzlich, sondern nur bis zur Fertigstellung des Bauvorhabens und der Bezahlung der Handwerkerrechnungen verbietet - es an einem ersatzfähigen Schaden nicht bereits deshalb fehlt, weil nicht ersichtlich ist, dass das Bauvorhaben nicht fertig gestellt wurde bzw. Handwerkerrechnungen offen geblieben sind.
Ende der Entscheidung
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