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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 12.01.2006
Aktenzeichen: III ZR 138/05
Rechtsgebiete: SGB V, BGB, InsO


Vorschriften:

SGB V § 108
BGB § 134
BGB § 818 Abs. 2
BGB § 818 Abs. 3
InsO § 143 Abs. 1
InsO § 144 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES VERSÄUMNISURTEIL

III ZR 138/05

Verkündet am: 12. Januar 2006

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2006 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Streck, Dr. Kapsa, Galke und Dr. Herrmann

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 23. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Mai 2005 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herz- und Kreislaufzentrums D. e.V. (im Folgenden: Verein). Dieser betrieb ein Fachkrankenhaus zur Behandlung von Herz- und Kreislauferkrankungen. Der Verein war im Krankenhausplan des Freistaats Sachsen als Träger des Herz- und Kreislaufzentrums D. mit 160 Betten eingetragen. Da ihm diese Bettenzahl zunächst nicht zur Verfügung stand, übernahm es die Beklagte aufgrund mehrerer Verträge mit dem Verein, in einer von diesem unterhaltenen Außenstelle kardiologische Leistungen zu erbringen. Die Zusammenarbeit setzte sich auch über den Zeitpunkt hinaus fort, zu dem der Verein über die im Krankenhausplan enthaltene Bettenzahl verfügte. Im Außenverhältnis zu den Patienten trat der Verein auf, der die erbrachten Leistungen auch gegenüber den Kostenträgern abrechnete und im Innenverhältnis der Beklagten vergütete. In den Jahren 1998 bis 2000 zahlte er an die Beklagte für die Behandlung von gesetzlich krankenversicherten Patienten gegen Abrechnung der jeweils erbrachten Leistungen 54.500.533 DM. Unter dem 15. Dezember 2000 kündigte der Verein das Vertragsverhältnis mit der Beklagten.

Der Kläger ist der Auffassung, die zwischen der Beklagten und dem Verein geschlossenen Verträge seien unwirksam, da dieser nicht wirksam vertreten gewesen sei. Überdies verstießen die Vereinbarungen gegen § 108 SGB V, der ein gesetzliches Verbot gemäß § 134 BGB beinhalte. Weiter hält der Kläger die Zahlungen für insolvenzrechtlich anfechtbar. Er verlangt die geleisteten 54.500.533 DM zurück, von denen er im Klagewege aus Kostengründen zunächst nur jeweils 2.000.000 € für die Jahre 1998, 1999 und 2000 geltend gemacht hat.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Teilforderungen seien nicht hinreichend bestimmt auf die verschiedenen Rückforderungsansprüche verteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung blieb auch nach Änderung der Anträge und Erhöhung der Klageforderung auf 6.646.774,83 € erfolglos. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe:

Über die Revision ist antragsgemäß durch Versäumnisurteil zu entscheiden. Das Urteil beruht aber inhaltlich nicht auf der Säumnis, sondern auf der Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes (vgl. BGHZ 37, 79, 81 ff).

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht ist der Auffassung des Landgerichts beigetreten, die Klageforderung sei zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung nicht hinreichend bestimmt gewesen. Dieser Mangel sei auch im Berufungsrechtszug trotz Änderung der Klageanträge nicht behoben worden. Der Kläger habe nicht berücksichtigt, dass von seiner Erstattungsforderung nach der Saldotheorie der Wert der von der Beklagten erbrachten Leistungen von vornherein in Abzug zu bringen sei. Deshalb habe der Kläger zu jedem Einzelfall vortragen und im Einzelnen anrechnen müssen, was als Gegenleistung durch die Beklagte erbracht worden sei. Dies habe er nicht beachtet, so dass nicht zu erkennen sei, welcher konkrete Teil des Gesamtanspruchs Gegenstand der Klage sein solle.

II.

Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist die Klage spätestens seit Zustellung der Berufungsbegründung mit den neuen Anträgen an die Beklagte hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).

1. a) Wird mit der Klage ein Teilbetrag geltend gemacht, der sich aus mehreren selbständigen Ansprüchen zusammensetzt, muss der Kläger im Einzelnen angeben, wie er die Klagesumme ziffernmäßig auf die verschiedenen Ansprüche verteilt wissen will oder zumindest angeben, in welcher Reihenfolge er die Forderungen bis zur geltend gemachten Gesamthöhe beansprucht, da anderenfalls der Umfang der Rechtskraft des Urteils nicht festzustellen wäre (BGH, Urteil vom 8. Dezember 1989 - V ZR 174/88 - NJW 1990, 2068, 2069; siehe auch BGHZ 124, 164, 166 f; BGH, Urteile vom 19. Juni 2000 - II ZR 319/98 - NJW 2000, 3718, 3719 und vom 27. November 1996 - VIII ZR 311/95 - NJW-RR 1997, 441). Die Aufteilung der Klagesumme auf einzelne Positionen einer Rechnung ist allerdings dann nicht erforderlich, wenn es sich hierbei nur um unselbständige Rechnungsposten handelt (BGH, Urteil vom 19. Juni 2000 aaO und Urteil vom 13. März 2003 - VII ZR 418/01 - BGHR ZPO [31. Dezember 2001] § 253 Abs. 2 Nr. 2, Bestimmtheit 57, Teilklage).

b) Diesen Anforderungen genügt die Klage spätestens in der Fassung der Berufungsbegründung, in der die Forderung auf 6.646.774,83 € erhöht war.

Der Kläger hat angegeben, welche einzelnen Beträge er für das jeweilige Jahr zurückverlangt. Die Summen sind durch die Zuordnung zu einzelnen angeführten Monatsrechnungen, deren Beträge der Kläger jeweils in voller Höhe zurückverlangt, hinreichend individualisiert.

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts führt es nicht zur Unzulässigkeit der Klage, dass der Kläger bei seinen Forderungen nicht nach der Saldotheorie die als Gegenleistungen für die zurückverlangten Rechnungsbeträge erbrachten medizinischen Leistungen der Beklagten berücksichtigt hat.

a) Nach der Saldotheorie ist bei der kondiktionsrechtlichen Rückabwicklung gegenseitiger Verträge durch Vergleich der durch den Bereicherungsvorgang verursachten Vor- und Nachteile zu ermitteln, für welchen der Beteiligten sich ein Überschuss (Saldo) ergibt. Dieser Beteiligte ist Gläubiger eines einheitlichen, von vornherein durch Abzug der ihm zugeflossenen Vorteile beschränkten Bereicherungsanspruchs. Er darf sich nicht damit begnügen, das von ihm aufgrund des unwirksamen Vertrags Geleistete zurückzuverlangen, sondern muss bei der Darlegung seines Bereicherungsanspruchs sogleich das mitberücksichtigen, was die andere Partei geleistet hat, um den Vertrag zu erfüllen (BGHZ 109, 139, 148 m.w.N.; BGH, Urteil vom 10. Februar 1999 - VIII ZR 314/97 - NJW 1999, 1181).

b) Hierbei handelt es sich entgegen dem der Entscheidung des Berufungsgerichts zugrunde liegenden Ansatz um rein materiell-rechtliche Fragen. Ob der vom Kläger erhobene Anspruch nicht oder nicht in voller Höhe besteht, weil die Beklagte für die von ihr in Rechnung gestellten Beträge Gegenleistungen erbracht hat, deren Wert nach § 818 Abs. 2, 3 BGB von dem möglichen Kondiktionsanspruch des Klägers abzuziehen ist, ist deshalb eine Frage der Begründetheit der Klage. An der Bestimmtheit des Klageanspruchs ändert die unterbliebene Berücksichtigung der Gegenansprüche nichts. Es bleibt klar, welche Teile der insgesamt an die Beklagte entrichteten Beträge der Kläger zurückverlangt.

c) Dessen ungeachtet hätte das Berufungsgericht ohnehin nicht unbesehen die Saldotheorie heranziehen dürfen. Das Berufungsgericht hat unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger seine Rückzahlungsforderung nicht nur auf kondiktionsrechtliche Anspruchsgrundlagen stützt. Vielmehr verlangt er gemäß § 143 Abs. 1 InsO die Rückgewähr der Zahlungen des Gemeinschuldners an die Beklagte. Der Anfechtungsgegner ist, wenn er das Erlangte zurückgewährt, hinsichtlich seines Gegenanspruchs nach § 144 Abs. 2 InsO nur unter besonderen Umständen Massegläubiger. Ansonsten ist sein Anspruch eine einfache Insolvenzforderung, bei der eine Saldierung nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu MünchKommInsO-Kirchhof, § 144 Rn. 16; Uhlenbruck/Hirte, InsO, 12. Aufl., § 144 Rn. 13-15 m.w.N.). Das Berufungsgericht hätte sich hiermit befassen müssen.

3. Da der Rechtsstreit wegen der noch ausstehenden Klärung des Sachverhalts und der materiell-rechtlichen Fragen noch nicht zur Entscheidung reif ist, war die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

Ende der Entscheidung

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