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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 05.07.2007
Aktenzeichen: III ZR 143/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, GVGA
Vorschriften:
BGB § 839 Fi | |
ZPO § 826 Abs. 3 | |
GVGA § 136 Nr. 2 | |
GVGA § 136 Nr. 3 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 5. Juli 2007
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2007 durch den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 26. April 2006 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage in Höhe eines Betrags von 26.413,76 € nebst 5 v. H. Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juni 2002 abgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt vom beklagten Land Schadensersatz wegen der Versteigerung einer ihm gehörenden Jagdwaffe.
Der Kläger überließ die im Jahr 2001 erworbene Jagdwaffe am 15. Juni 2002 dem Zeugen M. (im Folgenden: Schuldner) leihweise zur Ausübung der Jagd und stellte diesem hierüber eine Urkunde aus. Am 21. Juni 2002 pfändete die Gerichtsvollzieherin beim Schuldner im Auftrag von acht Gläubigern mehrere Gegenstände, darunter die Jagdwaffe, und setzte den Termin für die öffentliche Versteigerung auf den 26. Juli 2002 fest. Mit Schreiben vom 2. Juli 2002, in welchem der Kläger auf diese Terminsbestimmung Bezug nahm, zeigte er der Gerichtsvollzieherin sein Eigentum an der Jagdwaffe an und übermittelte ihr eine beglaubigte Kopie der als "Kaufvertrag" bezeichneten Urkunde vom 18. Oktober 2001, seiner Waffenbesitzkarte, in der die Waffe eingetragen war, und der Urkunde über die leihweise Überlassung der Waffe an den Schuldner. Am 8. Juli 2002 nahm die Gerichtsvollzieherin auf den Vollstreckungsauftrag eines weiteren Gläubigers an den bereits gepfändeten Gegenständen eine Anschlusspfändung vor und unterrichtete hiervon nach dem Vorbringen des beklagten Landes den Schuldner. Bis zum Versteigerungstermin gelang es dem Kläger, von sechs Gläubigern in Bezug auf die Jagdwaffe eine Freigabeerklärung zu erlangen. Gegen die beiden weiteren Gläubiger, in deren Auftrag die Erstpfändung vorgenommen wurde, erwirkte er einen Beschluss über die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung. Die Jagdwaffe wurde auf der Grundlage der Anschlusspfändung im Termin vom 26. Juli 2002 zu einem Erlös von 4.000 € versteigert.
Der Kläger ist der Auffassung, die Pfändung habe nicht vorgenommen werden dürfen und die Gerichtsvollzieherin habe ihn von der Anschlusspfändung informieren müssen. Seine - ursprünglich in Höhe von 50.731,84 € nebst Zinsen erhobene - Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner vom Senat in Höhe des behaupteten Werts der Jagdwaffe (30.413,76 €) abzüglich des Versteigerungserlöses von 4.000 € nebst Zinsen zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren nur noch in diesem eingeschränkten Umfang weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt im Umfang ihrer Zulassung zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht verneint eine Amtspflichtverletzung der Gerichtsvollzieherin.
Ein Verstoß gegen das in § 119 Nr. 2 der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher (im Folgenden: GVGA) enthaltene Verbot, das Gewehr zu pfänden, liege nicht vor. Abgesehen davon, dass diese Bestimmung keine Amtspflichten gegenüber dem dritten Eigentümer der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen begründe, sondern den Schutz des Gläubigers vor unergiebigen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bezwecke, habe die Gerichtsvollzieherin die Jagdwaffe zu Recht nach § 808 Abs. 1 ZPO in Besitz genommen. Der Gerichtsvollzieher habe im Allgemeinen nicht zu prüfen, ob die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen Sachen zu dessen Vermögen gehörten. Von der Pfändung seien nur Gegenstände auszunehmen, die offensichtlich nicht zum Vermögen des Schuldners gehörten. Eine solche Offenkundigkeit sei jedoch nicht gegeben gewesen, wie auch im gerichtlichen Verfahren des Klägers gegen den Ersteher der Jagdwaffe festgestellt worden sei.
Der Kläger habe auch nicht bewiesen, dass die Gerichtsvollzieherin - entgegen § 826 Abs. 3 ZPO - den Schuldner nicht von der Anschlusspfändung benachrichtigt habe. Eine Pflicht, den Kläger von der Anschlusspfändung zu unterrichten, sehe § 826 Abs. 3 ZPO gerade nicht vor. Das stehe in Einklang damit, dass die Gerichtsvollzieherin nach § 120 Nr. 2 GVGA nicht befugt gewesen sei, die Anschlusspfändung selbständig wieder aufzuheben.
II.
Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem maßgebenden Punkt nicht stand. Eine Amtspflichtverletzung der Gerichtsvollzieherin, für die das beklagte Land nach Maßgabe des § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG einzustehen hätte, lässt sich nämlich nicht verneinen.
1. Das Berufungsgericht geht allerdings zutreffend davon aus, dass die Pfändung der Jagdwaffe durch die Gerichtsvollzieherin nicht zu beanstanden war. Grundsätzlich gilt, dass der Gerichtsvollzieher bei der Pfändung körperlicher Sachen nur zu prüfen hat, ob sie sich im Gewahrsam des Schuldners befinden (§ 808 Abs. 1 ZPO). Hingegen hat er nicht zu prüfen, ob diese Sachen auch zum Vermögen des Schuldners gehören. Dem entspricht auch die Regelung in § 119 Nr. 1 GVGA. Hiervon nimmt § 119 Nr. 2 GVGA lediglich Gegenstände aus, die offensichtlich zum Vermögen eines Dritten gehören, z.B. dem Handwerker zur Reparatur, dem Frachtführer zum Transport und dem Pfandleiher zum Pfand übergebene Sachen. Auch dies gilt allerdings dann nicht, wenn der Gläubiger die Pfändung ausdrücklich verlangt, was ein Hinweis darauf sein mag, dass der Gerichtsvollzieher bei seiner Entscheidung gegen eine Pfändung solcher Gegenstände vor allem den Gläubiger vor Kosten und Risiken einer Inanspruchnahme aus § 771 ZPO bewahren soll. Im Übrigen hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass von einer Offenkundigkeit im Sinn des § 119 Nr. 2 GVGA keine Rede sein konnte. Auch die Revision sieht dies nicht anders.
2. Indes war die Gerichtsvollzieherin unter den Umständen des Falles verpflichtet, den Kläger von der von ihr vorgenommenen Anschlusspfändung zu benachrichtigen.
a) Eine solche Pflicht lässt sich allerdings dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen. Nach § 808 Abs. 3, § 826 Abs. 3 ZPO hat der Gerichtsvollzieher den Schuldner von den Pfändungen in Kenntnis zu setzen, was vor allem dann von erheblicher Bedeutung ist, wenn sie in seiner Abwesenheit vorgenommen werden. Belange des Dritten werden im Zusammenhang mit der Pfändung nicht angesprochen. Der Dritte wird nur in § 809 ZPO erwähnt, der die Pfändung von Sachen betrifft, die sich im Gewahrsam eines zur Herausgabe bereiten Dritten befinden. Auch die Bestimmung des § 816 Abs. 1 ZPO, die in der Regel für die Versteigerung eine Wartefrist von einer Woche seit dem Tag der Pfändung vorsieht, spricht nicht unmittelbar den Dritten an. Vielmehr gestalten die Pfändungsvorschriften insgesamt das Verhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner näher aus.
b) Sieht sich ein Dritter durch Pfändungsmaßnahmen beeinträchtigt, kann dieser Interessenkonflikt nach dem der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden System nicht durch den Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht aufgelöst werden. Vielmehr ist der Dritte gehalten, entweder vom Gläubiger eine Freigabe des in Rede stehenden Gegenstandes zu erwirken oder dies mit einer Klage nach § 771 ZPO gegenüber dem Gläubiger durchzusetzen. Diese Rechte kann der Dritte freilich nur wahrnehmen, wenn ihm die eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bekannt sind, er also hierüber unterrichtet worden ist. Im vorliegenden Fall ist dies hinsichtlich der Erstpfändung durch den Schuldner geschehen. Dem Kläger ist es daraufhin gelungen, von sechs Gläubigern eine Freigabeerklärung zu erwirken und hinsichtlich der beiden anderen im Rahmen einer Klage nach § 771 ZPO eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung herbeizuführen. Hätte der Kläger auch von der Anschlusspfändung Kenntnis gehabt, spricht einiges dafür, dass er auch insoweit eine Versteigerung seines Jagdgewehrs hätte verhindern können.
c) Der Umstand, dass der Dritte im Rahmen der Pfändungsvorschriften nicht eigens angesprochen wird, bedeutet aber nicht, dass seine rechtliche Stellung für die Zwangsvollstreckung ohne Bedeutung wäre. Dagegen spricht schon die Gewährleistung aus Art. 14 GG, die dem Rechtsinhaber die Möglichkeit geben muss, sich gegen einen Verlust seiner Rechtsstellung zur Wehr zu setzen. Darüber hinaus ist die Rechtsstellung Dritter auch außerhalb seiner Rechte aus § 771 ZPO Gegenstand verschiedener höchstrichterlicher Urteile gewesen.
In einem Fall, in dem der Eigentümer einer Pfandsache von dem Versteigerungstermin mangels einer hinreichenden Bekanntmachung nichts erfahren hatte, hat bereits das Reichsgericht (JW 1931, 2427, 2428) ausgeführt: Diene die Hinausschiebung des Versteigerungstermins um eine gewisse Frist auch den Interessen des Dritten, so müssten auch die weiteren Vorschriften, welche die Bekanntgabe des Versteigerungstermins sicherten, als seinen Rechtskreis berührend erachtet werden. Denn wenn ihm Gelegenheit gegeben werden solle, seine Rechte durch Widerspruchsklage zu wahren, so müsse er auch die Möglichkeit haben, sich über Pfändung und Versteigerungstermin zu unterrichten. Zwar werde der Drittberechtigte oft erwarten können, von dem Schuldner über die Einleitung einer Zwangsversteigerung unterrichtet zu werden. Er könne aber nicht lediglich auf diesen vom Willen des Schuldners abhängigen Weg angewiesen erscheinen. Die Tatsache, dass der Dritte lediglich auf den Weg der Widerspruchsklage beschränkt sei, um sein die Versteigerung hinderndes Recht geltend zu machen, und dass der Gerichtsvollzieher seinen Widerspruch grundsätzlich unberücksichtigt lassen könne, spreche nicht dagegen, dass er ein Interesse habe, von dem Versteigerungstermin Kenntnis zu erhalten, um sein Recht im Wege der Widerspruchsklage oder durch einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu verfolgen. In der Kommentarliteratur wird daher zu § 816 Abs. 1 ZPO einhellig die Auffassung vertreten, der Grund für die Wartefrist von regelmäßig einer Woche sei es unter anderem, dem Dritten eine Gelegenheit zu geben, Widerspruchsklage zu erheben (vgl. Musielak/Becker, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 816 Rn. 1; Schilken, in MünchKommZPO, 2. Aufl. 2001, § 816 Rn. 2; Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 816 Rn. 1; Baumbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 816 Rn. 4; Gottwald, Zwangsvollstreckung, 4. Aufl. 2002, § 816 Rn. 2). Hier war der Kläger zwar aufgrund der Benachrichtigung des Schuldners über die Erstpfändung von dem Versteigerungstermin informiert, wusste aber nicht, dass er aufgrund der Anschlusspfändung weitere Bemühungen entfalten musste, um einer Versteigerung seiner Jagdwaffe entgegenzuwirken.
Der Senat hat zu § 327 Satz 3 AO entschieden, Adressat der dort geregelten Bekanntgabepflicht sei nur der Vollstreckungsschuldner; in deren Schutzbereich seien jedoch auch die Eigentümer von Waren einbezogen, die der Sachhaftung nach § 76 AO unterliegen (vgl. Urteil vom 3. März 2005 - III ZR 273/03 - NJW 2005, 1865, 1866).
d) Da der Gerichtsvollzieher im Allgemeinen einer Prüfung enthoben ist, ob im Gewahrsam des Schuldners befindliche Sachen zu dessen Vermögen gehören, und er deswegen Einwände des Schuldners in dieser Beziehung unbeachtet lassen kann (vgl. § 119 Nr. 1 GVGA), bestehen im Regelfall keine Bedenken dagegen, dass die in § 808 Abs. 3, § 826 Abs. 3 ZPO normierte Benachrichtigungspflicht nur gegenüber dem Schuldner besteht und diesem überlassen bleibt, den wahren Rechtsinhaber von Pfändungsmaßnahmen zu unterrichten. Hier ging es jedoch nicht um Einwände des Schuldners, sondern um solche des Klägers als Dritten, der die Gerichtsvollzieherin mit Schreiben vom 2. Juli 2002 davon unterrichtete, dass er das Eigentum an der Jagdwaffe beanspruche. Zugleich legte er Ablichtungen von Urkunden vor, die das zwar nicht beweisen mochten, aber so glaubhaft machten, dass verschiedene Gläubiger die Jagdwaffe freigaben und durch das Prozessgericht eine vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung erwirkt werden konnte. Unter diesen Umständen durfte sich die Gerichtsvollzieherin nicht mit einer Benachrichtigung des Schuldners nach § 826 Abs. 3 ZPO begnügen, sondern musste dem Kläger selbst Gelegenheit geben, sich vor der Versteigerung um eine Freigabe zu bemühen. Diese Pflicht ergibt sich hinreichend deutlich aus § 136 Nr. 2 GVGA. Diese Bestimmung sieht vor, dass der Gerichtsvollzieher auf den Widerspruch eines Dritten befugt ist, von der Pfändung Abstand zu nehmen, wenn die sonst vorhandene, von einem Widerspruch nicht betroffene bewegliche Habe des Schuldners zur Deckung der beizutreibenden Forderung ausreicht. Ist dies nicht der Fall, hat er allerdings die Pfändung ohne Rücksicht auf den Widerspruch des Dritten durchzuführen, aber die Beteiligten darauf hinzuweisen, ihre Ansprüche bei dem Gläubiger und gegebenenfalls bei dem Gericht geltend zu machen. Wenn die Bestimmung daher für diesen Fall nicht nur von dem "Schuldner", sondern von den "Beteiligten" spricht, kann dies nur so verstanden werden, dass damit auch der Dritte gemeint ist, der sich auf ein die Veräußerung hinderndes Recht beruft. Dem Gerichtsvollzieher wird für eine solche Fallgestaltung sogar die Befugnis gegeben, die Pfändung über die in § 132 Nr. 7 GVGA bezeichnete Wertgrenze hinaus zu erstrecken, also gewissermaßen eine Überpfändung vorzunehmen, weil sich nicht im voraus übersehen lässt, welcher Teil der Pfandstücke nach Durchführung des Widerspruchs zur Befriedigung des Gläubigers verwendbar bleiben wird. Dass die Gerichtsvollzieherin den Kläger auf die beschriebene Geltendmachung seiner Rechte "verwiesen" hätte, ist nicht erkennbar. Ebenso wenig ist durch das beklagte Land geltend gemacht worden, die Gerichtsvollzieherin habe, wie es § 136 Nr. 3 GVGA vorsieht, im Protokoll über die Anschlusspfändung den ihr bereits nach der Erstpfändung bekannt gewordenen Widerspruch des Klägers festgehalten und den Gläubiger unter näherer Angabe der Person des Berechtigten und des Rechtsgrunds seines Anspruchs hiervon unverzüglich benachrichtigt. Der Revisionserwiderung kann daher nicht darin beigetreten werden, ein Verstoß gegen § 136 Nr. 2 GVGA sei hier zu verneinen, weil der Kläger erst im Versteigerungstermin Widerspruch erhoben habe. Der Widerspruch war der Gerichtsvollzieherin bereits im Zeitpunkt ihrer Anschlusspfändung bekannt, und hieraus ergab sich die Pflicht, den Kläger auf seine Ansprüche gegen den Gläubiger zu verweisen, gegebenenfalls sie bei dem Gericht geltend zu machen (§ 136 Nr. 2 GVGA), und die Pflicht zur Beurkundung des Widerspruchs und einer entsprechenden Unterrichtung des Gläubigers (§ 136 Nr. 3 GVGA). Ein Verständnis der Bestimmung des § 136 Nr. 2 GVGA im Sinn der Revisionserwiderung würde im Übrigen die "Verweisung" des Dritten ins Leere gehen lassen, da er im Versteigerungstermin in der Regel nicht mehr in der Lage wäre, eine Freigabe des von ihm beanspruchten Gegenstands herbeizuführen.
3. Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab ist auch von einem schuldhaften Verhalten der Gerichtsvollzieherin auszugehen. Sie musste die auf den Widerspruch eines Dritten (§§ 771 bis 774, 805, 815 ZPO) bezogene Bestimmung des § 136 GVGA kennen. Es entlastet sie auch nicht, dass das Berufungsgericht als Kollegialgericht ihre Amtstätigkeit als rechtmäßig angesehen hat (vgl. hierzu Senatsurteil BGHZ 117, 240, 250). Der Grundsatz der "Kollegialgerichts-Richtlinie" ist nämlich dann nicht anwendbar, wenn die Beurteilung - wie hier - auf einer unzureichenden rechtlichen Grundlage beruht, weil sie die für den Widerspruch eines Dritten zentrale Bestimmung der Geschäftsanweisung für Gerichtsvollzieher nicht in den Blick nimmt.
4. Unter diesen Umständen kommt eine Haftung des beklagten Landes für den Verlust der Jagdwaffe in Höhe deren Werts unter Abzug des bei der Versteigerung erzielten, aber während des anhängigen Verfahrens in den Tatsacheninstanzen noch nicht verteilten Erlöses in Betracht, auf den der Kläger zugreifen kann, da seine Widerspruchsklage gegen den Gläubiger Erfolg hatte. Da Feststellungen zum bestrittenen Wert der Jagdwaffe fehlen, muss die Sache zur weiteren Klärung zurückverwiesen werden.
5. Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass sich ein Anspruch schwerlich mit der Begründung verneinen ließe, der Kläger habe das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit (§ 839 Abs. 1 Satz 2 BGB) nicht hinreichend dargelegt. Mit Recht weist die Revision darauf hin, dass eine anderweitige Ersatzmöglichkeit regelmäßig dann fehlt, wenn ein solcher Anspruch nicht in absehbarer oder angemessener Zeit durchzusetzen wäre (vgl. Senatsurteil BGHZ 120, 124, 126). Es erscheint eher fern liegend, ob man angesichts der hier in Rede stehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner ohne weiteres davon ausgehen kann, dem Kläger sei die Durchsetzung eines - grundsätzlich wegen unterlassener Information des Klägers in Betracht kommenden - Schadensersatzanspruchs gegen den Schuldner nach §§ 604, 280 BGB zumutbar. Es kommt hier hinzu, dass der Kläger bis zur Beweisaufnahme im anhängigen Amtshaftungsverfahren davon ausgehen durfte, die Gerichtsvollzieherin habe den Schuldner ebenso wenig wie ihn über die Ausbringung der Anschlusspfändung unterrichtet. Da für die Frage, ob eine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht, grundsätzlich auf den Zeitpunkt der Erhebung der Amtshaftungsklage abzustellen ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 120, 124, 131), muss das Berufungsgericht die angesprochenen Gesichtspunkte bei seiner erneuten Entscheidung beachten.
Ende der Entscheidung
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