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Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 14.03.2002
Aktenzeichen: III ZR 147/01
Rechtsgebiete: FStrG, GBBerG, BGB
Vorschriften:
FStrG § 8 | |
GBBerG § 9 | |
BGB § 1090 Abs. 2 | |
BGB § 1023 Abs. 1 Satz 1 |
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL
Verkündet am: 14. März 2002
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2002 durch die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick, Dr. Kapsa und Galke
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 19. April 2001 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsrechtszuges zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Im Zuge des 1998 erfolgten Ausbaus des Knotenpunkts Bundesstraße 190/K.-K.-Straße in der Ortslage S. mußten an der von G. C. zur Zentralstation St. führenden Erdgasleitung der Beklagten eine Schutzrohrverlängerung vorgenommen und eine Meßsäule versetzt werden.
Da zwischen der klagenden Bundesrepublik Deutschland und dem beklagten Energieversorgungsunternehmen unterschiedliche Auffassungen darüber bestanden, wer von ihnen die Kosten der im Zusammenhang mit dem Knotenausbau notwendig gewordenen Leitungsänderung zu tragen hat, vereinbarten die Parteien im September 1998, daß die Beklagte die Anlagenänderung unverzüglich in Auftrag geben, die Klägerin die Kosten einstweilen vorlegen und die endgültige Klärung der Kostentragungspflicht auf dem Rechtswege erfolgen solle.
Die Klägerin verlangt von der Beklagten Erstattung des von ihr entsprechend der getroffenen Vereinbarung aufgewendeten Betrages von 33.018,33 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der - zugelassenen - Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
1. a) Kann die Befugnis eines Energieversorgungsunternehmens, öffentliche Straßenflächen für Energiefortleitungsanlagen in Anspruch zu nehmen, nur auf einer (fortdauernden) straßenrechtlichen Sondernutzungsgenehmigung nach dem Recht der DDR (vgl. § 13 Abs. 1 Satz 1 der Straßenverordnung - StraßenVO - vom 22. August 1974, DDR-GBl. I S. 515) beruhen, so sind nach der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des Senats die Kosten für eine etwaige durch eine Straßenänderung nach der Wiedervereinigung notwendig gewordene Verlegung oder Sicherung der Versorgungsleitung entsprechend dem in § 8 Abs. 2 a, 8 und 10 FStrG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken regelmäßig nicht vom Träger der Straßenbaulast, sondern von dem Versorgungsunternehmen zu tragen (Senatsurteile BGHZ 148, 129, 135; 144, 29, 45; 138, 266, 274 f).
Diese Rechtsprechung, auf die sich die Revision in erster Linie beruft, ist, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, für die vorliegende Fallgestaltung nicht einschlägig.
§ 13 StraßenVO betrifft allein die Nutzung öffentlicher Straßen. Der Begriff der öffentlichen Straße wurde im Straßenrecht der DDR, nicht anders als dies im Straßenrecht der Bundesrepublik Deutschland geregelt ist, eigens definiert. Nach § 3 der Ersten Durchführungsbestimmung zur Straßenverordnung (Erste DVO) vom 22. August 1974 (DDR-GBl. I S. 522) sind Bestandteile der öffentlichen Straßen insbesondere der in § 4 Abs. 1, 4 und 5 der Ersten DVO näher umschriebene (Erdkörper, Verkehrsflächen einschließlich ihrer Befestigungen, Leit-, Seiten-, Rand-, Trenn-, Mittel- und Freistreifen) Straßenkörper und der von den öffentlichen Straßen bedeckte bzw. zwischen den Straßenbegrenzungslinien liegende Grund und Boden. Nach dem unstreitigen Parteivorbringen mußten im Zuge der Verbreiterung des Straßenkörpers um etwa 5 m das im ursprünglichen Kreuzungsbereich die Erdgasleitung umgebende Schutzrohr verlängert und die früher ebenfalls außerhalb des Straßengrundstücks gelegene Meßsäule versetzt werden. Der von der Schutzrohrverlängerung betroffene Leitungsteil und der bisherige Standort der Meßsäule befanden sich auf einem benachbarten, in Privateigentum stehenden Grundstück. Daß dieses Nachbargrundstück schon vor dem Straßenausbau, wenn auch nur teilweise, zum öffentlichen Straßenraum im Sinne der §§ 3 und 4 der Ersten DVO gehört haben könnte, ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht geltend gemacht worden.
b) Allerdings enthält § 16 Abs. 3 StraßenVO eine weitere Folgekostenregelung, wonach dann, wenn eine Energiefortleitungsanlage innerhalb der Schutzzone des § 16 Abs. 1 Buchst. c StraßenVO verlegt worden ist (die von 100 m bei Autobahnen bis zu 20 m bei Bezirks- oder Kreisstraßen reicht), die notwendige Zustimmung des Rechtsträgers der jeweiligen Straße nur unter der Bedingung erteilt werden darf, daß der begünstigte Rechtsträger die straßenbaubedingten Folgeänderungen auf seine Kosten vornimmt. Ob und inwieweit dieser Bestimmung auch nach dem Außerkrafttreten der Straßenverordnung der DDR noch Bedeutung zukommt, kann indes dahinstehen. Die Abstandsregelung des § 16 Abs. 1 Buchst. c StraßenVO gilt nur für Straßen außerhalb der Ortslage. Nach den tatrichterlichen Feststellungen befindet sich der vorliegend in Rede stehende Bereich der B 190 innerhalb der Ortslage.
2. Der auf dem benachbarten Privatgrundstück verlaufende Teil der Erdgasleitung der Beklagten war, wie das Berufungsgericht weiter rechtsfehlerfrei erkannt hat und von der Revision auch nicht in Frage gestellt wird, vor Durchführung der Ausbaumaßnahmen durch eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit dinglich gesichert.
a) Nach § 9 Abs. 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes (GBBerG) vom 20. Dezember 1993 (Art. 2 des Registerverfahrenbeschleunigungsgesetzes - RegVBG -, BGBl. I S. 2182, 2192) werden die im Beitrittsgebiet gelegenen Grundstücke, auf denen sich am 3. Oktober 1990 Energiefortleitungsanlagen befunden haben, außerhalb des Grundbuchs auf gesetzlichem Wege mit einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit belastet. Begünstigt ist das Unternehmen - hier die Beklagte -, das die betreffende Anlage bei Inkrafttreten des Grundbuchbereinigungsgesetzes am 25. Dezember 1993 (vgl. Art. 20 RegVBG) betrieben hatte.
Maßgeblich für das Entstehen der Dienstbarkeit und die Bestimmung des Rechteinhabers sind allein die am 3. Oktober 1990 bzw. 25. Dezember 1993 herrschenden tatsächlichen Verhältnisse. Der Nachweis, daß der Grundstückseigentümer mit dem begünstigten Energieversorgungsunternehmen oder dessen Rechtsvorgänger vor der Verlegung der Leitung eine Nutzungsvereinbarung getroffen hatte - wie dies nach der jeweils bei Errichtung der Leitung geltenden Energieverordnung der DDR für die Begründung eines energierechtlichen Mitbenutzungsrechts eigentlich notwendig war (vgl. eingehend hierzu Senatsurteil BGHZ 144, 29, 31 ff) -, muß nicht geführt werden (Senatsurteil aaO S. 48).
b) Allerdings ist nach § 9 Abs. 2 GBBerG das Entstehen einer Dienstbarkeit bei solchen Leitungen ausgeschlossen, die sich über oder in öffentlichen Verkehrswegen und Verkehrsflächen befinden.
Nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 FStrG gehört zu den Bundesfernstraßen vor allem der Straßenkörper, der insbesondere aus dem Straßengrund, dem Straßenunterbau sowie der Straßendecke nebst den Trenn-, Seiten-, Rand- und Sicherheitsstreifen besteht (vgl. zu diesen Begriffen Grupp, in: Marschall/Schroeter/Kastner, Bundesfernstraßengesetz, 5. Aufl., § 1 Rn. 35-37, 41). Diese Bestimmung ist im Kern deckungsgleich mit den §§ 3 und 4 der Ersten DVO. Es besteht kein Anhalt, daß die Zuordnung des von der Erdgasleitung der Beklagten in Anspruch genommenen Bodens zu öffentlichem Straßenraum vor dem 3. Oktober 1990 anders zu beurteilen sein könnte als nach Herstellung der deutschen Einheit. Die Klägerin hat derartiges auch nicht geltend gemacht.
3. Da die Parteien keine abweichenden vertraglichen Abreden getroffen haben, hat die Klägerin nach § 1090 Abs. 2 i.V.m. § 1023 Abs. 1 Satz 1 BGB die Kosten der straßenbaubedingten Leitungsänderung zu tragen (vgl. Senatsurteile BGHZ 144, 29, 50 f; 138, 266, 268 m.w.Rspr.Nachw.; zuletzt Senatsbeschluß vom 31. Januar 2002 - III ZR 136/01 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Dabei ist es aufgrund der dinglichen Wirkung des auf dem Leitungstrassengrundstück lastenden Rechts ohne Belang, daß die Änderung der Leitung nicht von dem Eigentümer des Grundstücks verlangt worden ist, sondern den Interessen eines Dritten (des Trägers der Straßenbaulast) gedient hat, dem der Grundstückseigentümer die Inanspruchnahme seines Grundstücks für Zwecke des Straßenausbaus bzw. der Straßenverbreiterung gestattet hat.
4. Allerdings würde der Beklagten die dingliche Sicherung ihrer Erdgasleitung nichts nützen, wenn die Absicherung der auf dem belasteten Privatgrundstück befindlichen Anlagenteile und die Verlegung der Meßsäule die notwendige Folge der Verlegung oder sonstigen Änderung von in oder auf öffentlichem Straßengrund befindlichen Leitungsteilen gewesen wäre, hinsichtlich der dem Versorgungsunternehmen keine enteignungsrechtlich geschützte Rechtsposition zugestanden hätte. Läge der Fall so, so handelte es sich bei den hier vorgenommenen Änderungen nur um tatsächliche Auswirkungen der Verpflichtung, die im Straßenbereich befindliche Leitung - ohne Kostenerstattungsanspruch - den geänderten Straßenverhältnissen anzupassen (vgl. Senatsurteil BGHZ 148, 129, 138).
Eine derartige Fallkonstellation liegt nicht vor.
Ende der Entscheidung
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