Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Bundesgerichtshof
Urteil verkündet am 13.12.2001
Aktenzeichen: III ZR 155/00
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

-
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

III ZR 155/00

Verkündet am: 13. Dezember 2001

in dem Rechtsstreit

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2001 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Rinne und die Richter Dr. Wurm, Streck, Schlick und Dörr

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 10. Mai 2000 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechtszuges, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien schlossen am 9./17. Dezember 1993 einen Treuhand- und Steuerberatervertrag. In Ausführung dieses Vertrags kaufte die Beklagte für den Kläger mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 1993 Wohnungseigentum in M., schloß für ihn mit der B. H.- und W. AG, Filiale I., im März 1994 einen Darlehensvertrag und bestellte der Bank im Juni 1994 unter Übernahme der persönlichen Haftung des Klägers eine Grundschuld . Dem Darlehensvertrag lag eine vom Steuerberater P. des Klägers unterzeichnete Selbstauskunft zugrunde, in der die einzusetzenden Eigenmittel mit 21.130 DM angegeben waren; in Höhe dieses Betrags wies der Darlehensvertrag ein Damnum aus .

Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 6. April 1994 vom Kläger die Einzahlung der Eigenmittel von 21.130 DM verlangt hatte, machte dieser geltend, dem Abschluß des Treuhand- und Steuerberatervertrags habe die Beratung der Vertreiberfirma zugrundegelegen, er könne das Wohnungseigentum ohne jeglichen Einsatz von Eigenkapital erwerben. Der Kläger focht daher den Vertrag mit der Beklagten wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise wegen Irrtums, an . Nach weiteren Verhandlungen, die mit der Bestätigung der Beklagten vom 22. Dezember 1994 schlossen, mit Zahlung des angeforderten Eigenkapitals in Höhe von 21.130 DM würden auf den Kläger keine weiteren liquiditätsmäßigen Belastungen zukommen, zahlte der Kläger den angeforderten Betrag.

Der Kläger leitet aus der dem Schreiben der Beklagten vom 22. Dezember 1994 vorausgegangenen Vereinbarung her, die Beklagte müsse ihn von allen Ansprüchen Dritter, insbesondere der Bank, in Bezug auf das Wohnungseigentum freistellen, soweit diese nicht von gezogenen Mieteinnahmen, seinem Eigenkapitaleinsatz und erzielter Steuerersparnis gedeckt seien, und ihm Ersatz für Mietausfälle wegen Leerstands der Wohnung ab Mai 1997 leisten. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

1. Das Berufungsgericht entnimmt dem Treuhand- und Steuerberatervertrag unter anderem die Pflicht der Beklagten, für den Kläger das Wohnungseigentum zu einem als Festpreis ausgewiesenen Gesamtaufwand zu erwerben, die Finanzierung des Kaufpreises durch Abschluß eines Darlehensvertrags sicherzustellen und alle für die Durchführung des Vertrags erforderlichen Erklärungen abzugeben. Dem sei die Beklagte unstreitig nachgekommen. Die schriftliche Erklärung der Beklagten vom 22. Dezember 1994 beziehe sich auch nach dem, was der Kläger als Schriftwechsel vorgelegt habe, ausschließlich auf die Frage, welche Eigenmittel er für die Finanzierung des Kaufobjektes aufzuwenden habe. Mit Rücksicht hierauf habe Dr. G., der damalige anwaltliche Vertreter des Klägers, den Inhalt des Bestätigungsschreibens nicht weitergehend als Zusage verstehen dürfen, für die Finanzierung des Kaufpreises seien keine weiteren Eigenmittel des Klägers in dem Sinne erforderlich, daß die Beklagte für einen unbestimmten - bis zur vollständigen Tilgung des für die Eigentumswohnung aufgenommenen Kredits andauernden - Zeitraum sämtliche mit dem Eigentumserwerb zusammenhängenden Risiken übernehmen wolle. Soweit sich der Mitarbeiter K. der Beklagten in einem Telefongespräch zur weiteren Vermietbarkeit der Wohnung geäußert habe, habe es sich um eine unverbindliche Einschätzung gehandelt, die nicht als Übernahme einer Mietgarantie gewertet werden könne. Hieran scheitere auch die Inanspruchnahme der Beklagten, die nach dem Vertrag lediglich einen Verwalter für die Wohnung einzusetzen hatte, auf Ersatz des Mietausfalls.

2. Soweit es um den Inhalt der im Schreiben vom 22. Dezember 1994 enthaltenen Bestätigung geht, ergibt sich die vom Kläger vertretene Auslegung, die Beklagte sei zur Freistellung von den Darlehensverbindlichkeiten verpflichtet, zwar nicht unmittelbar aus ihrem Wortlaut. Die Revision rügt jedoch mit Recht, daß das Berufungsgericht die zu dieser Bestätigung führenden Begleitumstände und Verhandlungen nicht beachtet und angebotenen Zeugenbeweis hierfür übergangen hat.

a) Aus dem vom Berufungsgericht zitierten Schriftwechsel ergibt sich bereits, daß Gegenstand der Verhandlungen und Erörterungen nicht allein die Frage gewesen ist, welche Eigenmittel des Klägers für die Finanzierung der zu erwerbenden Eigentumswohnung aufzuwenden waren. Vielmehr ist dem Schreiben des Bevollmächtigten des Klägers vom 17. Oktober 1994 im Zusammenhang mit der Anforderung von Eigenmitteln in Höhe von 21.130 DM und weiterer Zahlungen von 78.668,70 DM nach Beginn der Erdarbeiten eine Anfechtung des Treuhand- und Steuerberatervertrags wegen arglistiger Täuschung, hilfsweise wegen Irrtums, zu entnehmen, die darauf gestützt wird, dem Kläger sei vor Vertragsabschluß zugesagt worden, daß die Finanzierung ausschließlich über steuerliche Ersparnisse möglich sein würde und ein Eigenkapitalaufwand letztlich nicht erforderlich sei. Das Berufungsgericht ist auf diesen Gesichtspunkt, den der Kläger durch Beweisantritt auch in Richtung auf eine Verantwortlichkeit der Beklagten für die Beratung durch die Vertreiberfirma verdeutlicht hat, nicht eingegangen.

b) Darüber hinaus rügt die Revision zu Recht den Beweisantritt als übergangen, die Beklagte habe bei den dem Schreiben vom 22. Dezember 1994 vorausgegangenen Verhandlungen Wert darauf gelegt, daß der Kläger die Anfechtung des Vertrags und den Widerruf der Vollmacht zurücknehme . Zwischen den Parteien sei vereinbart worden, der Kläger müsse nur eine einmalige Zahlung von 21.130 DM zum Erwerb der Immobilie leisten, der Restkaufpreis werde sich durch Steuerersparnisse und Mieten finanzieren. Dies gelte auch für die Rückzahlung des Kredits, was ausdrücklich zwischen den Parteien besprochen worden sei .

Da auch Vorverhandlungen grundsätzlich für die Auslegung einer Vereinbarung oder einer Erklärung von Bedeutung sein können (vgl. Senatsurteil vom 8. Juli 1999 - III ZR 5/98 - NJW 1999, 3191), durfte das Berufungsgericht dieses Beweisangebot - wie auch die Beweisangebote der Beklagten hierzu - nicht unbeachtet lassen.

3. Dem Senat ist eine abschließende Entscheidung in der Sache nicht möglich, weil das Berufungsgericht den Inhalt der Bestätigung vom 22. Dezember 1994 nach Durchführung der Beweisaufnahme erneut würdigen muß. Dabei wird auch im Hinblick auf die gestellten Beweisanträge zu klären sein, ob die Beklagte im Kontext mit der Behauptung des Klägers, das Objekt werde sich bei einem Eigenkapitaleinsatz von 21.130 DM durch Mieteinnahmen und erzielte Steuerersparnisse selbst finanzieren, Erklärungen abgegeben hat, die der anwaltliche Bevollmächtigte des Klägers dahin verstehen durfte, die Beklagte wolle auch für eine (künftige) Vermietung und eingehende Mietzahlungen einstehen. Daß die Beklagte nach dem Treuhand- und Steuerberatervertrag nicht verpflichtet war, die Tätigkeit der eingesetzten Verwaltungsgesellschaft zu überwachen, hat das Berufungsgericht ohne Rechtsverstoß festgestellt, so daß ihr eine mögliche Pflichtverletzung dieser Gesellschaft nicht zuzurechnen ist.

4. Der Kläger hat im weiteren Verfahren Gelegenheit, seinen Klageantrag im Hinblick auf das von ihm verfolgte Ziel zu überdenken. Sollte ihm daran liegen, daß die geschlossenen Verträge zeitlich wie vorgesehen abgewickelt werden und dem entsprechende steuerliche Auswirkungen eintreten, könnte es nahe liegen, die Verpflichtungen der Beklagten im Wege einer Feststellungsklage klären zu lassen.



Ende der Entscheidung

Zurück